TE Vwgh Beschluss 2008/3/17 AW 2008/05/0012

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Veröffentlicht am 17.03.2008
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82009 Bauordnung Wien;
L82109 Kleingarten Wien;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

BauO Wr §129 Abs10;
KlGG Wr 1996 §8 Abs10;
KlGG Wr 1996 §8 Abs6;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der G GmbH in Wien, vertreten durch O O K H Rechtsanwälte GmbH, der gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 3. Dezember 2007, Zl. BOB- 546 und 547/06, betreffend Untersagung von Bauführungen, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden Bauführungen, nämlich die Errichtung von Kleingartenwohnhäusern, gemäß § 8 Abs. 6 des Wiener Kleingartengesetzes 1996 (KGG) untersagt.

Kleingartenwohnhäuser bedürfen gemäß § 8 Abs. 1 KGG einer Baubewilligung. § 8 Abs. 2 und Abs. 3 KGG normieren, dass der Baubehörde dafür näher genannten Unterlagen, insbesondere Baupläne, vorzulegen sind. Nach Vorlage der vollständigen Unterlagen darf nach Anzeige des Baubeginns gemäß § 8 Abs. 4 KGG mit der Bauführung begonnen werden.

§ 8 Abs. 6 KGG sieht vor, dass dann, wenn die Prüfung der Angaben in den Bauplänen ergibt, dass die Bauführung unzulässig ist, die Behörde binnen drei Monaten ab tatsächlicher Vorlage der vollständigen Unterlagen die Bauführung mit schriftlichem Bescheid unter Anschluss einer Ausfertigung der Unterlagen zu untersagen hat. Wird die Bauführung untersagt, ist sie einzustellen.

§ 8 Abs. 8 und 9 KGG normieren die Versagung einer Baubewilligung auf Grund von Einwendungen der Nachbarn.

Erfolgt keine rechtskräftige Untersagung der Bauführung oder Versagung der Baubewilligung oder erlangen die Nachbarn keine Parteistellung, gilt das Bauvorhaben gemäß § 8 Abs. 10 KGG hinsichtlich der Angaben in den Bauplänen als gemäß § 70 der Bauordnung für Wien bewilligt.

Im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird darauf verwiesen, dass hinsichtlich der gegenständlichen Baulichkeiten mit Bescheiden des Magistrates der Stadt Wien vom 29. November 2002 gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien Abbruchaufträge erteilt worden sind. Alle dagegen erhobenen ordentlichen und außerordentlichen Rechtsmittel seien erfolglos geblieben (Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 27. April 2004, Zl. 2003/05/0104).

Des Weiteren wird in dem vorliegenden Antrag ausgeführt, es seien nicht nur jene Bescheide, die unmittelbar zwangsvollstreckt werden können, einer aufschiebenden Wirkung zugänglich, sondern auch alle Bescheide, die die verbindliche Grundlage eines anderen vollstreckbaren Bescheides in gleichem Vollzugsbereich bildeten. Dies sei hier der Fall. Ein Abbruchauftrag dürfe so lange nicht vollstreckt werden, als ein Verfahren auf Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung anhängig sei. Ein der gegenständlichen Beschwerde stattgebendes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes würde also die Vollstreckung der Abbruchaufträge bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf nachträgliche Baubewilligung verhindern. Im Fall der nachträglichen Erteilung der Baubewilligung wären die Abbruchaufträge sogar als nicht mehr dem Rechtsbestand angehörig zu bewerten und somit hinfällig. Zwischen dem bekämpften Bescheid und den rechtskräftigen und vollstreckbaren Abbruchaufträgen bestehe daher ein so enger Zusammenhang, dass die Vollziehbarkeit des hier bekämpften Bescheides gegeben sei. Zwingende öffentliche Interessen an einer sofortigen Umsetzung des bekämpften Bescheides seien nicht ersichtlich. Die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung und die damit verbundene sofortige Vollstreckung der baupolizeilichen Beseitigungsaufträge würde aber einen unverhältnismäßigen Nachteil für die Beschwerdeführerin bedeuten. Abgesehen davon, dass der Erfolg der gegenständlichen Beschwerde praktisch vereitelt würde, würde der Beschwerdeführerin im Fall des Vollzuges des baupolizeilichen Abbruchauftrages ein unwiederbringlicher wirtschaftlicher Schaden in Höhe von etwa EUR 2.100.000,-- (Buchwert der Gebäude: EUR 2.027.384,-- und Abbruch- und Entsorgungskosten erfahrungsgemäß in der Höhe von mindestens EUR 60.000,--) entstehen.

Die belangte Behörde legte in einer Stellungnahme vom 4. März 2008 dar, dass nach ihrer Ansicht der angefochtene Bescheid einem Vollzug nicht zugänglich sei. Im Übrigen habe die Beschwerdeführerin, wie bereits mehrmals erfolgt, neuerlich abgeänderte Einreichpläne zwecks Erwirkung von Baubewilligungen eingereicht, die derzeit infolge der Untersagung im Berufungsverfahren anhängig seien. Auch mit diesen eingereichten Bauführungen solle offensichtlich eine teilweise Sanierung des Bestandes angestrebt werden.

Im vorliegenden Fall ist zunächst festzuhalten, dass die Baulichkeiten bereits fertiggestellt sind. Eine Einstellung der Bauführung im Sinne des § 8 Abs. 6 KGG ist daher nicht mehr möglich.

Der vorliegende Bescheid läuft im Ergebnis, wie dies auch die belangte Behörde zutreffend hervorhebt, im Hinblick auf § 8 Abs. 10 KEG darauf hinaus, dass damit jener Rechtszustand rechtskräftig nicht erwirkt werden kann, der der Erteilung einer Baubewilligung gleichkommt. Dennoch ist der Bescheid einer Vollstreckung zugänglich:

Die drohende Vollstreckung des Abbruchbescheides ist zwar keine Folge des angefochtenen Bescheides, wie dies die Beschwerdeführerin selbst zutreffend zum Ausdruck bringt. Im Hinblick darauf aber, dass nach der hg. Judikatur ein Abbruchauftrag so lange nicht vollstreckt werden darf, solange ein Verfahren auf Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung anhängig ist, kommt die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im vorliegenden Beschwerdeverfahren in Betracht.

Der Abbruch des bereits bestehenden Baues würde für die Beschwerdeführerin einen unverhältnismäßigen Nachteil bewirken. Zwingende öffentliche Interessen, die dagegenstehen, wurden von der belangten Behörde nicht vorgetragen (vgl. die hg. Beschlüsse vom 29. September 1999, Zl. AW 99/06/0037, vom 9. Dezember 1997, Zl. AW 97/06/0038, und vom 2. November 2006, Zl. AW 2006/06/0046).

Dem Antrag war daher Folge zu geben.

Wien, am 17. März 2008

Schlagworte

Vollzug Besondere Rechtsgebiete Baurecht Unverhältnismäßiger Nachteil Begriff der aufschiebenden Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:AW2008050012.A00

Im RIS seit

01.08.2008

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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