TE Vwgh Erkenntnis 2008/3/27 2004/13/0141

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Veröffentlicht am 27.03.2008
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §115 Abs2;
BAO §276 Abs1;
BAO §284 Abs1;
BAO §323 Abs12 idF 2002/I/097;
EStG 1988 §20;
EStG 1988 §4 Abs4;
VwGG §39 Abs2 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. Rainer Kornfeld, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 1d, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 7. November 2003, GZ. RV/0533- W/02, betreffend Einkünftefeststellung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Steuerberater und ermittelte für das Streitjahr 1996 seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG 1988.

In einem Bericht vom 24. September 1998 über das Ergebnis einer abgabenbehördlichen Prüfung (Prüfungszeitraum 1993 bis 1996) wird unter "Tz. 19 Schaden 1996" ausgeführt, im Jahr 1995 habe ein Klient (Mag. H.) des Beschwerdeführers drei Kredite aufgenommen, um eine Tankstelle zu betreiben. Der Beschwerdeführer habe für diese Kredite eine "Garantie" übernommen und sei wegen Insolvenz des Schuldners am 19. Dezember 1996 entsprechend dieser "Garantieerklärung" durch die Bank in Anspruch genommen worden. Da der Beschwerdeführer die dafür erforderlichen Mittel nicht zur Verfügung gehabt habe, sei ihm mit Schreiben der Bank vom 28. Jänner 1997 ein "Einmalkredit" in der erforderlichen Höhe eingeräumt und mit diesem Kredit sodann die Bürgschaftsverpflichtung erfüllt worden. Die Inanspruchnahme aus der "Garantie" in Höhe von 1,475.913,54 S habe der Beschwerdeführer im Jahr 1996 als Schadensfall geltend gemacht. Der Beschwerdeführer ermittle seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG 1988, sodass für den Zeitpunkt der Geltendmachung von Betriebsausgaben die "Zufluss-Abfluss-Grundsätze" anzuwenden seien. Die "Bezahlung der Garantieverpflichtung gegenüber der Bank" sei durch die Aufnahme des Kredites am 28. Jänner 1997 erfolgt. Nach Ansicht des Betriebsprüfers sei erst durch die schriftliche Zusage des "Einmalkredites" und dessen zeitgleichen Einsatz zur Abdeckung der "Garantieverpflichtung" der Abfluss bewirkt worden. Die "Darlehensaufnahme" stelle eine bloße Vermögensumschichtung und keinen steuerlich beachtlichen Abfluss dar. Auch könne ein Abfluss nicht aus dem Titel des Ausfalles einer Regressforderung gegenüber dem Klienten im Jahr 1996 angenommen werden, weil zu diesem Zeitpunkt ein Forderungsausfall noch nicht endgültig festgestanden sei, zumal erst im Mai 1997 die Regressforderung im Klagswege (wenn auch letztendlich ohne Erfolg) geltend gemacht worden sei. Mangels Abflusses sei daher der "Schaden 1996" nicht als Betriebsausgabe anzuerkennen gewesen. Die Geltendmachung als Betriebsausgabe aus dem Titel der "Garantieverpflichtung" könnte daher erst 1997 erfolgen, wobei für die Absetzung als Betriebsausgabe zusätzlich zum Abfluss weiters deren betriebliche Veranlassung gegeben sein müsste.

Gegen den auf der Grundlage des Prüfungsberichtes ergangenen Bescheid vom 9. Oktober 1998 über die gesonderte Feststellung von Einkünften gemäß § 187 BAO für das Jahr 1996 erhob der Beschwerdeführer Berufung. Die Berufung richte sich ausschließlich gegen die Nichtberücksichtigung des Schadens gemäß Tz. 19 des Betriebsprüfungsberichtes vom 24. September 1998. Zur "Chronik" der abgelaufenen Betriebsprüfung sei zu sagen, dass diese zunächst die Berücksichtigung des Schadensfalles als Betriebsausgabe "einmal ablehnte". In der Folge habe der Beschwerdeführer die Stellungnahme vom 12. August 1998 verfasst, worauf ihm von der Betriebsprüfung "einige Scheinargumente" entgegengehalten worden seien, welche der Beschwerdeführer wiederum mit Schreiben vom 11. September 1998 habe entkräften können. Da der Betriebsprüfer somit, "insbesondere auch auf Grund der VwGH Zl. 95/15/0092 und Zl. 92/14/0232" habe erkennen müssen, dass die Betriebsausgaben nicht zu verwehren seien, habe man sich in der Folge eines "eleganten Tricks" bedient, um doch noch ein entsprechendes Mehrergebnis im Betriebsprüfungszeitraum zu erreichen. Wie dies auch im Betriebsprüfungsbericht zum Ausdruck komme, werde nunmehr behauptet, dass wegen Fehlens des Abflusses der Schaden im Jahr 1996 nicht als Betriebsausgabe anerkannt werden könne. Zu diesem Streitpunkt habe der Beschwerdeführer bereits einen Aktenvermerk über den Abflusszeitpunkt verfasst, in dem er u. a. darauf hingewiesen habe, dass ihm der zur Abdeckung der Bürgschaft notwendige Kredit bereits im Jahr 1996 von der Bank mündlich zugesagt worden sei und nur die Durchführung bis Mitte Jänner 1997 gedauert habe. Die Regressforderung gegenüber Mag. H. sei gleichzeitig mit ihrer Entstehung uneinbringlich geworden, weil Mag. H. nur mehr über ein Arbeitslosenentgelt verfügt habe. Der Verlust der wirtschaftlichen Verfügungsmacht und der Vermögensabgang seien daher eindeutig im Jahr 1996 gegeben gewesen. Es werde daher beantragt, den Schadensfall mit 1,475.913,54 S als Betriebsausgabe im Jahr 1996 zu berücksichtigen.

Zur Berufung wurde seitens der Betriebsprüfung am 17. Dezember 1998 Stellung genommen. Zur Darstellung der "Chronik" des Betriebsprüfungsverfahrens lt. Berufung wurde ausgeführt, Ausgangspunkt des Prüfungsverfahrens sei die Frage der betrieblichen Veranlassung der "Garantieübernahme" gewesen, wobei sich erst auf Grund der vorgelegten Unterlagen auch die Frage der zeitlichen Zuordnung des Schadensfalles gestellt habe. Eine rechtsrichtige Beurteilung des Sachverhaltes habe somit folgerichtig nur in der Weise erfolgen können, dass zuerst über die Zuordnung zur zutreffenden Gewinnermittlungsperiode abzusprechen gewesen sei und erst danach die Betriebsausgabeneigenschaft zu beurteilen gewesen wäre. Mit der Inanspruchnahme aus einer Haftung könne noch kein Ausscheiden aus der wirtschaftlichen Verfügungsmacht vorliegen, weil - wie der Beschwerdeführer selbst ausgeführt habe - die notwendigen Mittel zu diesem Zeitpunkt nicht vorhanden gewesen seien. Aber auch aus einer mündlichen Kreditzusage lasse sich ein Abfluss nicht ableiten, weil in der "Darlehensaufnahme" eine bloße Vermögensumschichtung zu sehen sei und erst der Einsatz dieser Mittel die steuerliche Konsequenz der Verausgabung habe. Die Abdeckung der Kredite durch den Beschwerdeführer sei erst im Februar 1997 erfolgt, sodass auch eine Regressforderung erst in diesem Jahr hätte entstehen können. Auch der Versuch einer klagsweisen Einbringung der Regressforderung im April 1997 lasse darauf schließen, dass Ende 1996 noch keine endgültige Uneinbringlichkeit vorgelegen sei. Tatsächlich manifest sei der Forderungsausfall erst "mit der gemeinsamen Ruhensanzeige über die klagsweise Einbringung vom 25. 3. 1998" geworden.

Sollte die Berufungsbehörde jedoch hinsichtlich des Abflusszeitpunktes - so die weiteren Ausführungen in der Stellungnahme der Betriebsprüfung - nicht der Ansicht im Betriebsprüfungsbericht folgen und den Eintritt des Schadensfalles dem Jahre 1996 zuordnen, werde in eventu zur Beurteilung der betrieblichen Veranlassung zum Sachverhalt mitgeteilt, dass zwischen dem Beschwerdeführer und Mag. H. im Oktober 1995 eine Vereinbarung über den geplanten Betrieb einer Pachttankstelle abgeschlossen worden sei. Nach dieser Vereinbarung vom 11. Oktober 1995 hätte Mag. H. diese Tankstelle betreiben müssen, wobei der Beschwerdeführer als Kapitalgeber, Steuerberater und wirtschaftlicher Berater aufgetreten sei. Die Eigenschaft als Kapitalgeber habe in der Übernahme einer "Garantie" gegenüber der Bank durch den Beschwerdeführer bestanden (Punkt 3 der Vereinbarung vom 11. Oktober 1995 und Vereinbarung über den Haftungskredit vom 19. Oktober 1995 zwischen Mag. H. und der Bank). In der zwischen dem Beschwerdeführer und Mag. H. getroffenen Vereinbarung vom 11. Oktober 1995 seien dem Beschwerdeführer umfangreiche Entscheidungsbefugnisse eingeräumt worden (Auswahl der Tankstelle, Bankzeichnungsvollmacht, Zustimmungsrecht bei Personalentscheidungen). Für den Fall der Kündigung der Vereinbarung und den Weiterbestand der Haftung sei die Verpflichtung des Mag. H. vorgesehen gewesen, den Pachtvertrag mit der Mineralölgesellschaft zu kündigen, sodass der Beschwerdeführer einen neuen Partner hätte finden können. Diese Vereinbarung sei somit über die typische Tätigkeit eines Steuerberaters hinausgegangen und habe dem Beschwerdeführer wesentliche Eingriffe in die Unternehmensführung ermöglicht. Dass mit der Haftungsübernahme wirtschaftlich das gemeinsame Betreiben eines Unternehmens beabsichtigt gewesen sei, sei vom Vertragspartner Mag. H. in seiner Klagebeantwortung vom 1. September 1997 im vom Beschwerdeführer angestrengten Gerichtsverfahren auch zum Ausdruck gebracht worden. In einem Schreiben an die Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom 25. September 1996 und in einem weiteren Schreiben an einen Rechtsanwalt vom 10. Dezember 1996 habe der Beschwerdeführer diese Vereinbarung auch als "Zusammenarbeitsvertrag" bezeichnet. Zur Frage, inwieweit diese Haftungsübernahme dazu gedient haben sollte, einen neuen Klienten zu gewinnen oder zu behalten, sei darauf hinzuweisen, dass Mag. H. - wie dies auch aus der Klagebeantwortung vom 1. September 1997 hervorgehe - seit Jahren bereits Klient des Beschwerdeführers gewesen sei. Klienten des Beschwerdeführers seien weiters sowohl der Vorpächter der Tankstelle als auch der Nachfolger gewesen, "dies jeweils ohne Haftungsübernahme". Die Veranlassung für die Haftungsübernahme habe der Beschwerdeführer auch mehrmals schriftlich zum Ausdruck gebracht, nämlich dass einem "alten Freund und Studienkollegen, einem langjährigen Freund finanziell ermöglicht wurde einen Betrieb zu übernehmen" (Schreiben an die Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom 25. September 1996 und Schreiben an den Rechtsanwalt Dr. K. vom 10. Dezember 1996) und dass der Beschwerdeführer die Vertragsbeziehung "als Freund und Studienkollege, nicht als Steuerberater aufgenommen" habe (vorbereitender Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 7. Oktober 1997 im Gerichtsverfahren).

Dieser zweifelsfrei aus den während des Betriebsprüfungsverfahrens vorgelegten Unterlagen und den Schriftsätzen des Gerichtsaktes hervorgehende Sachverhalt sei rechtlich vor dem Hintergrund zu würdigen, dass nach der Rechtsprechung davon auszugehen sei, dass die Übernahme von Bürgschaften nicht zu den beruflichen Aufgaben eines Steuerberaters zähle. Die Anerkennung als Betriebsausgabe könnte nur dann erfolgen, wenn sich aus anderen Gründen die Veranlassung der Übernahme der Bürgschaft durch den Betrieb ergeben hätte. Aus dem dargestellten Sachverhalt ergebe sich allerdings, dass die Veranlassung zur Übernahme der Haftung einerseits in der langjährigen Freundschaft zu Mag. H. bestanden habe und andererseits die Zielrichtung der gemeinsame (nach außen nicht in Erscheinung tretende) Betrieb einer Pachttankstelle gewesen sei. Es sei damit nicht davon auszugehen, dass "die Erhaltung des Klienten" nur durch die Übernahme der Haftung möglich gewesen wäre. Wenn sich aus der abgeschlossenen Vereinbarung auch die weitere steuerliche Vertretung ergeben habe, sei allenfalls von einem mittelbaren Zusammenhang mit dem Betrieb auszugehen, der für die Betriebsausgabeneigenschaft nicht ausreiche, wenn diese in erster Linie durch in der persönlichen Sphäre liegende Faktoren überlagert werde. Weiters sei das Missverhältnis der zu erwartenden Einnahmen von jährlich 100.000 S bei einer voraussichtlichen Dauer des Vollmachtsverhältnisses von 15 Jahren (somit insgesamt 1,5 Mio. S) zum übernommenen Risiko von 1,850.000 S zu berücksichtigen. In dem vom Beschwerdeführer herangezogenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 1996, 95/15/0092, sei die Haftungsübernahme durch den Rechtsanwalt ausdrücklich als Gegenleistung für seine Beauftragung als Syndikus vereinbart worden. Ein derartiger eindeutiger und ausschließlicher Zusammenhang liege bei dem im Beschwerdefall zu beurteilenden Sachverhalt nicht vor. Nach Ansicht der Betriebsprüfung überwiege die nichtbetriebliche Veranlassung und sei daher auch die Anerkennung als Betriebsausgaben 1997 (in eventu 1996) zu versagen.

Die Stellungnahme der Betriebsprüfung wurde dem Beschwerdeführer zur Gegenäußerung übermittelt.

Neben Ausführungen zum "Verfahrensrecht" und zum "Abflusszeitpunkt" nahm der Beschwerdeführer in seiner Gegenäußerung vom 8. Februar 1999 unter lit. C auch zum "Schaden als Betriebsausgabe" Stellung. Dass sich der Beschwerdeführer, wenn er schon als Kapitalgeber auftrete, die steuerliche und wirtschaftliche Beratung mitsamt der Honorierung ausschließlich vorbehalten habe (natürlich nur für den Zeitraum der Haftung), sei wohl selbstverständlich. Die Realität habe auch gezeigt, dass dem Beschwerdeführer "gerade wesentliche Eingriffe" überhaupt nicht möglich gewesen seien, ansonsten wäre es nicht "zu diesem Desaster gekommen". Wie der Beschwerdeführer bereits im Schreiben vom 11. September 1998 mitgeteilt habe, sei die Vermutung einer beabsichtigten Beteiligung am Unternehmen unberechtigt. Auch sei es ihm von der Berufsordnung strengstens verwehrt, sich an einem Gewerbebetrieb zu beteiligen oder als gewerberechtlicher Geschäftsführer zu fungieren. Dass Mag. H. in seiner Klagebeantwortung seinerzeit das gemeinsame Betreiben angeführt habe, sei "wohl klar, weil er mir einen Teil des Schadens in die Schuhe schieben wollte". Grundsätzlich bezeichne der Beschwerdeführer die Tätigkeit mit allen seinen Klienten als "Zusammenarbeit", sodass die Betriebsprüfung aus der Bezeichnung "Zusammenarbeitsvertrag" nichts gewinnen könne. Der Beschwerdeführer habe Mag. H. als Klienten nur gewinnen und behalten können, indem er ihn mit der Bankgarantie unterstützt habe. Mag. H. sei zwar bereits seit Jahren sein Klient gewesen, aber nur ein "Steuerberater-Minimalfall". Erst durch seine finanzielle Hilfestellung habe er sich um einen "vernünftigen Betrieb bewerben" können. Zum wiederum erhobenen "Vorwurf", wonach der Beschwerdeführer auch den Vor- und den Nachpächter - ohne Haftungsübernahme - betreut habe, sei nochmals - wie bereits im Schreiben vom 11. September 1998 - darauf hinzuweisen, dass diese Personen "eben keine finanzielle Unterstützung benötigt" hätten. Es sei auch nicht verboten, Freunde oder Studienkollegen als Klienten zu haben. Mag. H. sei von seiner Ausbildung her ("Ing. und Magister der Betriebswirtschaft") für den Betrieb einer Tankstelle prädestiniert erschienen und "da er nur finanziell unterstützt werden musste, leistete ich die Bankgarantie, ansonsten hätte ich nie und nimmer (Mag. H.) als Klienten erhalten und behalten". Aus Freundschaft riskiere man auch nicht 1,4 Mio. S. Die vorliegende Vereinbarung zeige ganz deutlich, dass es sich hier um die Akquirierung eines Klienten gehandelt habe. Der Beschwerdeführer habe auch nur Kontrollrechte "aber weder Mitarbeit-Kontroll oder Managementpflichten" gehabt ("als jemand der im Schnitt 100 Pachttankstellen vertritt, der langjährige Erfahrungen mit den Mineralölgesellschaften und somit mit der Branche hat" und weil Ing. H. finanziell zu unterstützen gewesen sei, seien natürlich etliche Kontrollrechte eingeräumt worden). Wenn die Betriebsprüfung ein Missverhältnis zwischen den zu erwartenden Einnahmen und dem übernommenen Risiko ins Spiel bringe, übersehe sie, dass man grundsätzlich nicht mit einer Inanspruchnahme aus der Bürgschaft rechne und auch bei einem Bankkredit ein Missverhältnis zwischen den auflaufenden Zinsen und dem zur Verfügung gestellten Kapitalbetrag bestehe.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. In der Begründung des angefochtenen Bescheides gibt die belangte Behörde zunächst die im Verwaltungsverfahren erstatteten Schriftsätze wieder. Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides wird der Inhalt der am 11. Oktober 1995 zwischen dem Beschwerdeführer und Mag. H. abgeschlossenen Vereinbarung im Wesentlichen referiert. Im Beschwerdefall sei - so die belangte Behörde weiter in ihren Erwägungen - zu prüfen gewesen, ob eine eindeutige und unmittelbare Verknüpfung zwischen der künftigen Einnahmenerzielung als Steuerberater und der Übernahme der Garantenstellung bestanden habe. Nach Ansicht der belangten Behörde erscheine schon die Relation zwischen den zu erwartenden Einnahmen von jährlich 100.000 S über 15 Jahre hinweg zum mit der Bürgschaft übernommenen Risiko von 1,8 Mio. S bzw. tatsächlich 1,4 Mio. S in einem auffallenden Missverhältnis zu stehen. Da ein Bürge in der Regel mit der Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft rechnen müsse, werde sich dieser auch über die Höhe der Risiken und die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme informieren. Dies sei im Beschwerdefall auch geschehen, zumal in der Vereinbarung vom 11. Oktober 1995 auch auf eine Überschuldung bzw. Altschulden des Mag. H. Bezug genommen worden sei. Bereits aus diesen Gründen spreche die Übernahme der Bürgschaft gegen ein kaufmännischen Grundsätzen entsprechendes Verhalten des Beschwerdeführers, das somit nur im Zusammenhang mit dem Vorliegen von privaten bzw. persönlichen Gründen Erklärung finden könne. Aus den Anfragen an die Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom 25. September 1996 und an den Rechtsanwalt Dr. K. sowie der Klagseinbringung vom 28. April 1997 gehe eindeutig hervor, dass es sich bei Mag. H. um einen langjährigen Freund und Studienkollegen gehandelt habe. In diesen Schriftsätzen habe der Beschwerdeführer selbst ausgeführt, dass die Vertragsbeziehung als Freund und Studienkollege und nicht als Steuerberater aufgenommen worden sei und Mag. H., der "zu diesem Zeitpunkt bereits vor dem wirtschaftlichen Ruin stand, durch die Bürgschaftsübernahme wieder die Chance gehabt hätte, beruflich und finanziell wieder Fuß zu fassen". Die "gemeinsame Ruhensanzeige" vom 25. März 1998 im Gerichtsverfahren bestätige auch das Vorliegen eines Freundschaftsverhältnisses. Dem Einwand des Beschwerdeführers, Mag. H. habe als "Ing. und Betriebswirt" über sehr gute Voraussetzungen für die Pachtübernahme verfügt, sei zu entgegnen, dass für die belangte Behörde nicht ersichtlich sei, warum der Beschwerdeführer in Hinblick auf die Betreuung "von rd. 100 weiteren Tankstellen nicht einen anderen Pächter hätte ausfindig machen können". Der Anlass der Haftungsübernahme beruhe somit nicht auf berufsbedingten Gründen, es liege daher auch nicht die Betriebsausgabeneigenschaft der Zahlung aus der schlagend gewordenen Haftung vor. Mangels Zwangsläufigkeit führe die Zahlung auch zu keiner außergewöhnlichen Belastung nach § 34 EStG 1988. Ein Eingehen auf die weiteren Einwendungen des Beschwerdeführers "bzgl. Zu- und Abfluss" erübrige sich daher.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde hat dieser mit Beschluss vom 27. September 2004, B 1814/03, abgelehnt und die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der - ergänzten - Beschwerde sieht sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Anerkennung von Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG 1988) verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind. Nach der gesetzlichen Definition in § 4 Abs. 4 EStG 1988 ist nicht ausschlaggebend, ob durch aus anderen (privaten) Gründen veranlasste Aufwendungen und Ausgaben eine Einkunftsart gefördert wird, sondern kommt es darauf an, dass die Aufwendungen und Ausgaben durch die konkrete Einkunftstätigkeit veranlasst werden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. November 2007, 2004/15/0128).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zählt die Übernahme von Bürgschaften nicht zu den beruflichen Aufgaben eines Steuerberaters. Auch wenn der Betriebsausgabencharakter einer Bürgschaftsübernahme bei eindeutiger und unmittelbarer Verknüpfung zwischen künftiger Einnahmenerzielung und Übernahme einer Garantenstellung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles nicht ausgeschlossen ist (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 30. September 1999, 97/15/0101, und vom 27. November 2001, 98/14/0052), spricht die Verkehrsauffassung von vornherein nicht für die vom Gesetz für die Betriebsausgabeneigenschaft geforderte Veranlassung der Aufwendungen oder Ausgaben aus der Bürgschaft durch den Betrieb (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 19. Mai 1994, 92/15/0171, und vom 15. Februar 2006, 2001/13/0291).

In der Stellungnahme der Betriebsprüfung vom 17. Dezember 1998, die dem Beschwerdeführer auch zur Gegenäußerung übermittelt wurde, wurde dem Beschwerdeführer der Sachverhalt verbunden mit einer rechtlichen Würdigung vorgehalten, die alternativ zu dem vom Prüfer im Betriebsprüfungsbericht herangezogenen Ablehnungsgrund des fehlenden Abflusses von Betriebsausgaben im Jahr 1996 unter dem Titel der fehlenden betrieblichen Veranlassung zur Abweisung der Berufung führte. Wenn in der Beschwerde der Vorwurf der Verletzung des Parteiengehörs erhoben wird, weil die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid - anders als die Abgabenbehörde erster Instanz auf Grund des Betriebsprüfungsberichtes - "vollkommen unerwartet und überraschend" den Betriebsausgabencharakter der strittigen Inanspruchnahme aus Bürgschaft an sich verneint habe, geht dies schon deshalb ins Leere, weil dem Beschwerdeführer im Rahmen der Gegenäußerung die Möglichkeit offen stand, auch diesbezüglich seinen Standpunkt darzustellen (wovon der Beschwerdeführer nach dem oben wiedergegebenen Inhalt der Gegenäußerung vom 8. Februar 1999 ohnedies Gebrauch gemacht hat). Konnte sich der Beschwerdeführer somit jedenfalls schriftlich Gehör verschaffen, liegt in der Unterlassung der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Berufungsbehörde (ohne einen fristgerecht gestellten Antrag nach § 284 Abs. 1 BAO) keine Verletzung des Parteiengehörs, zumal das Abgabenrechtsmittelverfahren auch nicht vom Grundsatz der Unmittelbarkeit beherrscht wird. Die Abgabenbehörde erster Instanz war entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht auch nicht "pflichtgemäß" zur Erlassung einer Berufungsvorentscheidung verhalten. Ein Rechtsanspruch der Partei auf eine mündliche Berufungsverhandlung besteht nur dann, wenn sie rechtzeitig (somit in der Berufung, im Vorlageantrag oder in der Beitrittserklärung) beantragt wurde (vgl. z.B. Ritz, BAO3, § 284 Tz 1), wobei es auf das Motiv für das Unterbleiben einer derartigen Antragstellung nicht ankommt. Dasselbe gilt auch in Bezug auf eine Antragstellung im Sinne des § 323 Abs. 12 BAO idF des Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetzes (AbgRmRefG), BGBl I Nr. 97/2002 (zu dessen Anwendungsbereich vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 26. April 2006, 2004/14/0076, und vom 1. März 2007, 2004/15/0096). Da dem Beschwerdeführer auf Grund der Stellungnahme der Betriebsprüfung aus dem Jahr 1998 (spätestens zu diesem Zeitpunkt) die mögliche Relevanz eines Vorbringens zur betrieblichen Veranlassung der gegenständlichen Bürgschaftszahlungen bekannt sein musste, kann dem Beschwerdevorbringen außerdem nicht darin gefolgt werden, eine Antragstellung zur Entscheidung des gesamten Berufungssenates innerhalb der (bis 31. Jänner 2003 laufenden) Monatsfrist des § 323 Abs. 12 BAO sei von ihm deshalb als nicht notwendig erachtet worden, weil dem Beschwerdeführer nur die Rechtsfrage des Abflusszeitpunktes entscheidungswesentlich erschienen sei.

Soweit die Beschwerde der belangten Behörde eine mangelhafte Sachverhaltsfeststellung zum Vorwurf macht (hätte die Behörde einen "Sachverhalt (richtig) festgestellt", so wäre sie zu dem Schluss gekommen, dass eine betriebliche Veranlassung in Bezug auf die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG 1988 vorgelegen ist), übersieht der Beschwerdeführer, dass es seine Aufgabe gewesen wäre, in zweifelsfreier Form einen Sachverhalt zur Darstellung zu bringen, der entgegen der oben angeführten Verkehrsauffassung eine betriebliche Veranlassung der übernommenen Bürgschaft einsichtig machte. Ein solches Vorbringen fehlte im Verwaltungsverfahren und ist letztlich in der Beschwerde ebenfalls nicht enthalten. Der Beschwerdeführer spricht zwar einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der übernommenen Bürgschaftsverpflichtung und den zu erwartenden Honorareinnahmen an, lässt dabei aber außer Acht, dass diese, im Übrigen in keiner Weise realisierten, Honorare erst die Folge der durch das finanzielle Engagement des Beschwerdeführers erst ermöglichten Betriebsübernahme durch Mag. H. gewesen wären, sodass solcherart ein unmittelbarer Veranlassungszusammenhang nicht vorlag. Dass das Ermöglichen des Betriebes einer Tankstelle nicht dem Berufsbild eines Steuerberaters entspricht, wird auch vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt. Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich der strittigen Bürgschaftsübernahme in der Beschwerde zwar von einer "sicherlich nie schlagend werdenden" Formalzusage spricht, angesichts der beispielsweise in der Vereinbarung vom 11. Oktober 1995 angesprochenen Überschuldung des Mag. H. und der Höhe der übernommenen Bürgschaftsverpflichtung (die auch die vom Beschwerdeführer für einen Zeitraum von 15 Jahren erwarteten Honorareinnahmen überstieg) aber die Plausibilität dieser Annahme in keiner Weise verständlich macht. Unabhängig davon, ob die Bürgschaftsübernahme (auch) durch persönliche Beziehungen zwischen dem Beschwerdeführer und Mag. H. bedingt war, kann damit ein betrieblicher Veranlassungszusammenhang nach § 4 Abs. 4 EStG 1988 mit der Einkunftstätigkeit des Beschwerdeführers als Steuerberater nicht erkannt werden. Es kann damit auch auf sich beruhen, ob das Vorbringen in der Beschwerde, wonach "durch Einbringung dieser Garantie und übernommenen Haftungen in den Betrieb des BF eine Einnahmequelle von 2 % - bei den zuletzt schlagend gewordenen ATS 1.475.913,54 von ATS 29.578,25 monatlich, dh ATS 354.219,25 jährlich - geschaffen wurde bzw geschaffen werden sollte" lt. Gegenschrift im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine unzulässige Neuerung darstellt, weil eine solche Beurteilung hinsichtlich der vereinbarten Haftungsprovision die betriebliche Veranlassung der Bürgschaftsübernahme voraussetzte.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 27. März 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2004130141.X00

Im RIS seit

30.04.2008

Zuletzt aktualisiert am

23.08.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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