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43/01 Wehrrecht allgemein;Norm
WehrG 2001 §26 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Mag. Dr. Ralf Höfler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Türkenstraße 25/11, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 9. Jänner 2008, Zl. P857975/1-PersC/2008, betreffend Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag des im Juli 2003 der Stellung unterzogenen und für tauglich befundenen Beschwerdeführers vom
5. bzw. 11. Dezember 2007 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes bis Ende März 2008 gemäß § 26 Abs. 1 Z. 2 des Wehrgesetzes 2001 (WG) abgewiesen.
Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der am 28. August 1985 geborene Beschwerdeführer besitze seit 22. November 2000 die österreichische Staatsbürgerschaft. Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. Februar 2004 sei der Eintritt seiner Zivildienstpflicht mit 31. Juli 2003 festgestellt worden. Mit Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 23. November 2005 sei ihm auf Grund seiner Ausbildung zum Großhandelskaufmann bei einem näher bezeichneten Unternehmen der Antritt des ordentlichen Zivildienstes längstens bis 23. Juni 2007 aufgeschoben worden. Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. April 2006 sei festgestellt worden, dass seine Zivildienstpflicht infolge der am 21. März 2006 eingebrachten Widerrufserklärung mit gleichem Tag erloschen sei. Ergänzend hielt die belangte Behörde fest, er hätte den Grundwehrdienst trotz aufrechten Einberufungsbefehles zum Einrückungstermin 7. Jänner 2008, der ihm durch Hinterlegung am 5. Oktober 2007 rechtswirksam zugestellt worden sei, unentschuldigt nicht angetreten. Die belangte Behörde führte weiters aus, gemäß § 26 Abs. 1 Ziffer 2 des im Spruch zitierten Wehrgesetzes 2001 seien taugliche Wehrpflichtige, soweit zwingende militärische Erfordernisse nicht entgegenstehen, auf ihren Antrag von der Verpflichtung zur Leistung eines Präsenzdienstes zu befreien, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern. Gemäß § 19 Abs. 1 Ziffer 1 leg. cit. gelte der Grundwehrdienst als Präsenzdienstart.
Der Beschwerdeführer mache für die beantragte Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes wirtschaftliche Interessen geltend, zumal er seinen Antrag damit begründet habe, er wolle in Indien ein Kommunikationsseminar besuchen und habe für diesen Zweck schon einen Flug nach Indien gebucht. Besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen lägen jedoch nicht vor, weil der Beschwerdeführer der ihn treffenden Verpflichtung, seine wirtschaftlichen Angelegenheiten so zu gestalten, dass er seine öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes erfüllen könne, nicht nachgekommen sei. Zumindest seit seiner Stellung und Tauglichkeitsfeststellung im Juli 2003 hätte er so disponieren müssen, dass für den Fall der zu erwartenden Einberufung vorhersehbare oder zu befürchtende Schwierigkeiten vermieden oder möglichst verringert werden, was er unterlassen habe. Auch sein Argument, er habe sich bereits vor Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides im August 2007 um die Flugtickets "gekümmert", sei verfehlt, weil auch schon in diesem Zeitpunkt die oben beschriebene Verpflichtung bestanden habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen vorlägen, weil sein Dienstgeber auf der "Ausbildung in Indien (Kommunikationsfortbildungskurse)" bestehe und die nicht prompte Fortbildung "zu einem Verlust des ohnehin schwerlich zu erwirken gewesenen Arbeitsplatzes führen würde". Abgesehen davon sei der Beschwerdeführer bereits mit den Flugkosten in Vorlage getreten, sodass "ob seiner wirtschaftlichen Lage auch dies unverhältnismäßig schwer" wiege.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Folgende Bestimmungen des Wehrgesetzes 2001 sind im Beschwerdefall von Bedeutung:
"Befreiung und Aufschub
§ 26. (1) Taugliche Wehrpflichtige sind, soweit zwingende militärische Erfordernisse nicht entgegenstehen, von der Verpflichtung zur Leistung eines Präsenzdienstes zu befreien
…
2. auf ihren Antrag, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.
…
(2) Anträge auf Befreiung nach Abs. 1 Z 2 dürfen beim Militärkommando eingebracht werden und darüber hinaus
1. hinsichtlich des Grundwehrdienstes auch im Stellungsverfahren bei der Stellungskommission und
2. während einer Präsenzdienstleistung auch bei jener militärischen Dienststelle, der der Wehrpflichtige zur Dienstleistung zugeteilt ist.
…"
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. unter vielen das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2004, Zl. 2003/11/0173, mit weiteren Nachweisen) ist der Wehrpflichtige gehalten, seine wirtschaftlichen Dispositionen so zu treffen, dass für den Fall seiner Einberufung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes voraussehbare Schwierigkeiten vermieden und nicht durch die Aufnahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit solche Schwierigkeiten erst geschaffen werden. Unterlässt es ein Wehrpflichtiger, seine wirtschaftlichen Angelegenheiten mit der Wehrpflicht zu harmonisieren, so können die daraus abgeleiteten wirtschaftlichen Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinne der Bestimmungen des Wehrgesetzes angesehen werden.
Diese Harmonisierungspflicht traf den Beschwerdeführer grundsätzlich ab Verleihung der Staatsbürgerschaft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 1991, Zl. 90/11/0068, VwSlg. 13.360/A, u. a.) am 22. November 2000, jedenfalls aber nach seiner Stellung und Feststellung seiner Tauglichkeit zum Wehrdienst im Juli 2003. Ist es dem Wehrpflichtigen nämlich bekannt, dass er seiner Präsenzdienstpflicht werde nachkommen müssen, so ist er gehalten, seine wirtschaftlichen Dispositionen so zu gestalten, dass er in der Lage ist, seiner Präsenzdienstpflicht nachzukommen (vgl. erneut das oben erwähnte Erkenntnis vom 25. Mai 2004, mit weiterem Hinweis). Diese Obliegenheit trifft im Übrigen - da der Beschwerdeführer zunächst eine Zivildiensterklärung abgegeben hat, die er später widerrief - auch die zum Zivildienst Verpflichteten (§ 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG).
Der Beschwerdeführer hat im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden lediglich behauptet, dass er zur Weiterbildung für zwei Monate nach Indien fliegen müsse und nicht in Österreich sei, in Indien ein Kommunikationsseminar besuchen wolle und seine Flugreise schon bezahlt habe. Nähere Ausführungen machte er diesbezüglich nicht, insbesondere ist auch sein oben wiedergegebenes Vorbringen, sein Dienstgeber verlange eine "Ausbildung in Indien" und der Beschwerdeführer habe ansonsten den Verlust des Arbeitsplatzes zu gewärtigen, eine erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufgestellte, hier nicht mehr zu berücksichtigende Behauptung.
Damit vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Selbst wenn es zutreffen sollte, dass sein Dienstgeber die Absolvierung von Fortbildungskursen verlangt, ist im Beschwerdefall von einer Verletzung der Harmonisierungspflicht auszugehen. Der Beschwerdeführer hat es unterlassen, durch konkretes sachverhaltbezogenes Vorbringen darzutun, dass es ihm auf Grund der zu hohen Kurskosten in Österreich oder aus anderen Gründen nicht möglich oder zumutbar gewesen wäre, seine berufliche Fortbildung so zu gestalten, dass er, ohne in die Gefahr des Verlustes seines Arbeitsplatzes oder gar in eine existenzbedrohliche Situation zu geraten, seinen Grundwehrdienst ableisten kann.
Nach der dargestellten Rechtslage hat daher die belangte Behörde zu Recht das wirtschaftliche Interesse des Beschwerdeführers an einer Befreiung nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinne der eingangs genannten Bestimmung angesehen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr. 333/2003.
Wien, am 27. März 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008110011.X00Im RIS seit
24.04.2008Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008