TE Vwgh Erkenntnis 2008/3/27 2005/07/0015

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Veröffentlicht am 27.03.2008
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Index

E3D E03503000;
E6J;
L00017 Landesverfassung Tirol;
L07107 Wiederverlautbarung Tirol;
L63003 Rinderzucht Tierzucht Niederösterreich;
L63007 Rinderzucht Tierzucht Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

31992D0353 Kriterien Zuchtorganisationen Equiden Art2 Abs2;
31992D0353 Kriterien Zuchtorganisationen Equiden;
62002CJ0216 Österr Zuchtverband VORAB;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
LO Tir 1989 Art40 Abs2;
TierzuchtG NÖ 1994 §12 Abs1;
TierzuchtG NÖ 1994 §12 Abs5;
TierzuchtG Tir 1995 §22 Abs1 litb;
TierzuchtG Tir 1995 §22 Abs1 litc;
TierzuchtG Tir 1995 §22 Abs1 litd;
TierzuchtG Tir 1995 §22 Abs1 litf;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, in der Beschwerdesache des Österreichischen Zuchtverbandes für Ponys, Kleinpferde und Spezialrassen in B, vertreten durch Dr. Charlotte Böhm, Mag. Marina Breitenecker, Dr. Christine Kolbitsch und Dr. Heinrich Vana, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwalt in 1020 Wien, Taborstraße 10/2, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 13. Dezember 2004, Zl. IIIa2-5047/18, betreffend Anerkennung einer Zuchtorganisation nach dem Tiroler Tierzuchtgesetz 1995 (mitbeteiligte Partei: Verband der Züchter des Huzulenpferdes in Österreich, K 9, XXX I), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen .

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 sowie der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei wurde mit Bescheid der Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Tirol vom 21. Juni 1996 als Zuchtorganisation nach § 22 des Gesetzes vom 18. Mai 1995 über die Zucht landwirtschaftlicher Tiere, LGBl. Nr. 61/1995 (Tiroler Tierzuchtgesetz 1995 - kurz: Tir. TierzuchtG 1995), anerkannt. Zur Vorgeschichte wird im Übrigen auf die Darstellung des Verfahrens im hg. Erkenntnis vom 22. April 2004, Zl. 2003/07/0125, verwiesen.

Mit dem damals vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Berufung der beschwerdeführenden Partei spruchgemäß "keine Folge" gegeben und die mitbeteiligte Partei als Zuchtorganisation nach § 22 Tir. TierzuchtG 1995 anerkannt.

Die belangte Behörde begründete den damals angefochtenen Bescheid im Wesentlichen damit, dass der beschwerdeführenden Partei im Verfahren nach § 22 Tir. TierzuchtG 1995 keine Parteistellung zukomme.

Mit dem zitierten hg. Erkenntnis vom 22. April 2004, Zl. 2003/07/0125, wurde dieser Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof entschied, dass der beschwerdeführenden Partei die Parteistellung im Verfahren zur Anerkennung der mitbeteiligten Partei als Zuchtorganisation nach dem Tir. TierzuchtG 1995 nicht abgesprochen werden könne, weil § 22 Abs. 1 lit. b leg. cit. das Zuchtprogramm einer anerkannten Zuchtorganisation zum Schutzobjekt erkläre und der Behörde die Verpflichtung auferlege, die Anerkennung einer weiteren Zuchtorganisation zu verweigern, wenn durch diese Anerkennung das Zuchtprogramm einer anerkannten Zuchtorganisation gefährdet würde. Dass die beschwerdeführende Partei ein Interesse an der Einhaltung dieser Verpflichtung habe, liege auf der Hand. Ihr komme Parteistellung zu, weil der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 22 Abs. 1 lit. b Tir. TierzuchtG 1995 nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch ein rechtliches Interesse anerkannter Zuchtorganisationen statuiere.

Die belangte Behörde ergänzte in der Folge ihr Ermittlungsverfahren und forderte die beschwerdeführende Partei (u.a.) auf darzulegen, in welcher Form sie das Zuchtprogramm in Tirol durchführe und welche Auswirkungen mit einem faktischen Austritt der Tiroler Mitglieder verbunden seien.

Die beschwerdeführende Partei nahm dazu in ihren Schreiben vom 6. August 2004 sowie vom 29. September 2004 Stellung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 13. Dezember 2004 gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei (neuerlich) "keine Folge". Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die beschwerdeführende Partei nicht mehr in der Lage sei, ihr Zuchtprogramm in Tirol ordnungsgemäß durchzuführen und somit von keiner Gefährdung des Zuchtprogramms auszugehen sei. Es sei im vorliegenden Verfahren nicht die Aufgabe der belangten Behörde gewesen festzustellen, ob die vier genannten - und gleichzeitig auch einzigen - Züchter von Huzulenpferden in Tirol nun rechtmäßige Mitglieder der beschwerdeführenden oder der mitbeteiligten Partei seien. Denn selbst wenn die genannten Züchter immer noch Mitglieder der beschwerdeführenden Partei sein sollten, weil sie womöglich bisher keine rechtmäßig wirksame Austrittserklärung abgegeben hätten, würde dies nichts an der Tatsache ändern, dass sie sich mit ihren Zuchtpferden "faktisch nicht am Zuchtprogramm" der beschwerdeführende Partei "beteiligen" würden und die beschwerdeführende Partei somit über "kein aktives Mitglied" verfüge. Die beschwerdeführende Partei habe dies auch in ihren Stellungnahmen vom 6. August 2004 sowie vom 29. September 2004 nicht widerlegen können. Sie habe darin lediglich auf den Mangel eines rechtmäßigen Austrittes der von der mitbeteiligten Partei beanspruchten Mitglieder hingewiesen. In welcher Form sie das Zuchtprogramm in Tirol durchführe und warum nicht Mitglieder, die seit vielen Jahren ihren Mitgliedsbeitrag nicht entrichteten, durch das entsprechende Verbandsinstrument - wie in den Statuten der beschwerdeführenden Partei geregelt - ausgeschlossen worden seien, sei von der beschwerdeführenden Partei nicht dargelegt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die beschwerdeführende Partei führt unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit aus, dass die Frage, ob die beschwerdeführende Partei noch in der Lage sei, ihr Zuchtprogramm in Tirol ordnungsgemäß durchzuführen, zu eng sei. Die Behörde verkenne dabei den Zweck des Tir. TierzuchtG 1995. Nach § 22 Abs. 1 lit. b leg. cit. sei die Anerkennung einer neuen Zuchtorganisation nur dann auszusprechen, wenn die Erhaltung einer Rasse oder das Zuchtprogramm einer bestehenden Zuchtorganisation nicht gefährdet sei. Die zitierte Norm stelle nicht auf ein konkretes Bundesland ab. Auch aus den übrigen Bestimmungen des Tir. TierzuchtG 1995 ergebe sich eine solche Beschränkung auf ein Bundesland nicht. Für die Beurteilung dieser Frage sei somit das gesamte Bundesgebiet zugrunde zu legen. Dies beruhe auch auf gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, wobei auf die Entscheidung der Kommission 92/353/EWG verwiesen werde.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge

Verletzung von Verfahrensvorschriften bemängelt die beschwerdeführende Partei, dass die belangte Behörde nicht die Frage, welcher Zuchtorganisation - der beschwerdeführenden oder mitbeteiligten Partei - die Züchter und deren Pferde rechtmäßig angehören würden, überprüft habe, obwohl sie dazu - dem hg. Erkenntnis vom 22. April 2004, Zl. 2003/07/0036, folgend - verpflichtet gewesen wäre. Dies sei Voraussetzung, um überhaupt die Gefährdung des Zuchtprogrammes der beschwerdeführenden Partei prüfen zu können. Die belangte Behörde habe dadurch den Grundsatz der Amtswegigkeit (Offizialmaxime) sowie den Grundsatz der materiellen Wahrheit des festzustellenden Sachverhalts verletzt.

Schließlich rügt die beschwerdeführende Partei den Umstand, die belangte Behörde habe in ihrer Begründung die Einwendungen der beschwerdeführenden Partei, die sich auf die Größe der Zuchtpopulation, die erforderliche Anzahl an Personal und die Führung des Zuchtbuches bezogen, nur pauschal absolviert, indem sie ausgeführt habe, diese gingen "ins Leere". Der Bescheid leide somit an einem Begründungsmangel, der nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als wesentlich anzusehen sei, weil die beschwerdeführende Partei gehindert sei, die Rechtmäßigkeit des Inhaltes zu überprüfen und die Partei daher an der Verfolgung ihrer Rechte oder der Gerichtshof an der Überprüfung des Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit gehindert sei.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Die mitbeteiligte Partei beantragte ebenfalls , die

Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Tir. TierzuchtG 1995 lauten auszugsweise:

"§ 1.

Ziele, Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz dient der Lenkung und der Förderung der Zucht landwirtschaftlicher Tiere nach Abs. 2 mit den Zielen,

a) die Leistungsfähigkeit der Tiere unter Bedachtnahme auf ihre Gesundheit, insbesondere auf ihre Fitness, zu verbessern,

b)

die Wirtschaftlichkeit der tierischen Produktion zu erhöhen,

c)

die Qualität der tierischen Erzeugnisse zu verbessern,

d)

Zuchtfortschritte für die tierische Produktion nutzbar zu machen und

              e)              die genetische Vielfalt zu erhalten.

(2) Dieses Gesetz gilt für folgende Arten landwirtschaftlicher Tiere: Rinder, Equiden (insbesondere Pferde), Schweine, Schafe und Ziegen.

...

§ 2.

Begriffsbestimmungen

...

(6) Zuchtprogramme sind Festlegungen über Zuchtziele und Zuchtmethoden sowie über den Umfang und die Art von Leistungsprüfungen und das Verfahren zu deren Auswertung.

...

§ 22.

Anerkennung

(1) Die Landeslandwirtschaftskammer hat eine Zuchtorganisation auf Antrag durch Bescheid anzuerkennen, wenn

a) das Zuchtprogramm geeignet ist, die Zucht landwirtschaftlicher Tiere im Sinne der Ziele nach § 1 Abs. 1 zu fördern,

b) die Eignung gegeben ist, die tierische Erzeugung zu verbessern, und die Erhaltung einer Rasse oder das Zuchtprogramm einer bestehenden Zuchtorganisation nicht gefährdet wird,

c) das für eine fachlich einwandfreie züchterische Arbeit erforderliche Personal und die hiefür erforderlichen Einrichtungen vorhanden sind,

d) eine für die Durchführung des Zuchtprogramms ausreichend große Zuchtpopulation vorhanden ist,

e) die Verpflichtung zur Durchführung von Leistungsprüfungen besteht,

f) die ordnungsgemäße Führung des Herdebuches bzw. des Zuchtregisters und die Ausstellung der Abstammungsnachweise und Herkunftsbescheinigungen gewährleistet sind und die Geschäftsstelle der Zuchtorganisation in Tirol liegt,

..."

Nach § 22 Abs. 1 Tir. TierzuchtG 1995 sind somit Zuchtorganisationen von der Landeslandwirtschaftskammer anzuerkennen, wenn sie eine Reihe näher bezeichneter Voraussetzungen aufweisen.

Nach § 22 Abs. 1 lit. b leg. cit. ist eine Anerkennung nur dann zulässig, wenn u.a. die Erhaltung einer Rasse oder das Zuchtprogramm einer anerkannten Zuchtorganisation nicht gefährdet wird.

Das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, die belangte Behörde habe bei der Prüfung der Gefährdung des Zuchtprogramms einer bestehenden Zuchtorganisation als Beurteilungsrahmen nicht ein konkretes Bundesland (Tirol), sondern das gesamte Bundesgebiet zugrunde zu legen, ist nicht zielführend.

Tierzucht ist - wie von der belangten Behörde richtig ausgeführt - eine Angelegenheit, die gemäß Art. 15 Abs. 1 B-VG in den selbstständigen Wirkungsbereich der Länder fällt. Tiroler Landesgesetze gelten gemäß

Art. 40 Abs. 2 Tiroler Landesordnung 1989, LGBl. Nr. 61/1988, wenn nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, für das gesamte Landesgebiet. Das Tir. TierzuchtG 1995 gilt - mangels gegenteiliger Angaben - somit für das ganze Bundesland Tirol.

Dass gemäß Tir. TierzuchtG 1995 bei der Frage der Gefährdung bestehender Zuchtorganisationen auf sämtliche Zuchtprogramme aller in Österreich anerkannten Zuchtorganisationen abzustellen sei, ist aber weder durch den - nicht ausdrücklich etwas Anderes bestimmenden - Wortlaut des § 22 Abs. 1 lit. b Tir. TierzuchtG 1995 gedeckt noch mit dessen Zweck vereinbar. Es kann dem Tir. TierzuchtG 1995 nicht unterstellt werden, die Gefährdung derjenigen Zuchtprogramme zu prüfen, auf deren sachlichen und räumlichen Zuchtbereich sich die Anerkennung gar nicht bezieht; im vorliegenden Fall war somit bei der Prüfung "nur" auf das Bundesland Tirol bzw. auf das Zuchtprogramm der beschwerdeführenden Partei im Bundesland Tirol einzugehen.

Entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei lässt sich aus Art. 2 Abs. 2 der Entscheidung der Kommission vom 11. Juni 1992, 92/353/EWG, nicht ableiten, dass bei der Beurteilung einer Gefährdung des Zuchtprogramms auf das ganze Bundesgebiet abzustellen sei. Die bloße - im Zusammenhang mit den zuständigen Behörden erfolgende - Erwähnung der Mitgliedstaaten vermag die Auffassung der beschwerdeführenden Partei nicht zu stützen. Davon abgesehen können bestehende Zuchtorganisationen aus der Kommissionsentscheidung keine Rechte ableiten (vgl. das Urteil des EuGH vom 11. November 2004, C-216/02).

Die beschwerdeführende Partei wendet ferner ein, die belangte Behörde hätte der Offizialmaxime folgend zu prüfen gehabt, welcher Zuchtorganisation - der beschwerdeführenden oder mitbeteiligten Partei - die Züchter und deren Pferde rechtmäßig angehören, um über die Gefährdung absprechen zu können.

Entscheidend ist, ob die von der mitbeteiligten Partei angestrebte Anerkennung als Zuchtorganisation das Zuchtprogramm der beschwerdeführenden Partei gefährden würde. Um diese Frage beantworten zu können, waren Feststellungen zur Durchführung des Zuchtprogramms der beschwerdeführenden Partei zu treffen. Es war darzustellen, ob die beschwerdeführende Partei überhaupt noch in der Lage ist, ihr Zuchtprogramm ordnungsgemäß durchzuführen. Zweifel daran bestanden schon deswegen, weil die mitbeteiligte Partei im Zuge des Verwaltungsverfahrens ein Vorbringen dahingehend erstattete, dass der beschwerdeführenden Partei die Mitglieder abhanden gekommen seien. Die mitbeteiligte Partei reklamierte im Verwaltungsverfahren alle Züchter des Huzulenpferdes in Tirol mit deren Gesamtpopulation für sich, bestritt aber nicht, dass ihre Züchtermitglieder vormals Mitglieder der beschwerdeführenden Partei gewesen, aber ihrer Ansicht nach ausgetreten seien. Dazu wurden im Verwaltungsverfahren als Belege Mitgliederlisten, Tierbestandslisten und Austrittserklärungen vorgelegt. Die beschwerdeführende Partei bestritt im Rahmen der im ergänzenden Ermittlungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen eine Mitgliederabwanderung zur mitbeteiligten Partei und verwies dazu ihrerseits auf bereits vorgelegte Mitglieder- und Tierbestandslisten sowie Beitrittserklärungen der betroffenen Züchter.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 22. April 2004, Zl. 2003/07/0036, in einem gleich gelagerten Fall zum NÖ TierzuchtG betreffend Gefährdung des Zuchtprogramms einer bestehenden Zuchtorganisation zum Ausdruck gebracht, dass eine - einen Versagungsgrund für die Anerkennung einer neuen Zuchtorganisation darstellende - Gefährdung des Zuchtprogramms der bestehenden Organisation nur dann vorliege, wenn sie unmittelbar mit der Anerkennung einer neuen Zuchtorganisation zusammenhänge. Der Verweigerungstatbestand könne daher nur so verstanden werden, dass in der potenziellen Konkurrenzsituation der um Anerkennung werbenden und der bestehenden Organisation die Gefährdung des Zuchtprogramms der bereits anerkannten Organisation dadurch verhindert werden könne, dass der neuen Organisation die Anerkennung versagt werde, oder - mit anderen Worten - dass durch die Nichtanerkennung der neuen Organisation eine Gefährdung des Zuchtprogramms der bestehenden Organisation hintangehalten werde.

Liege der Fall hingegen so, dass es der bestehenden Zuchtorganisation auch schon vor der Anerkennung der neuen Organisation faktisch unmöglich sei, ihr Zuchtprogramm umzusetzen, so könne von keiner anerkennungsbedingten "Gefährdung" im Sinne des NÖ TierzuchtG ausgegangen werden. Bestehe die "Gefährdung" des Zuchtprogramms der anerkannten Organisation faktisch unabhängig von der Anerkennung einer neuen Organisation, so könne bei Erfüllung aller anderen Vorraussetzungen aus diesem Grund allein die Anerkennung einer neuen Organisation nicht verweigert werden. Diese Art "Notsituation" stelle keine vom Schutzzweck des NÖ TierzuchtG erfasste Gefährdung dar. Eine andere Betrachtungsweise würde zum unsachlichen Ergebnis führen, dass das Vorhandensein einer anerkannten Zuchtorganisation (bis zum Widerruf der Anerkennung) - unabhängig vom Erfolg des Zuchtprogramms - jedenfalls der Anerkennung einer weiteren Zuchtorganisation entgegenstünde.

Weiter heißt es in dem Erkenntnis, unter Umständen - falls die ordnungsgemäße Durchführung oder Nichtdurchführung des Zuchtprogramms einer bestehenden Zuchtorganisation nicht auf andere Weise erwiesen werden könne - habe die Behörde Feststellungen darüber zu treffen, wer mit welchen Pferden konkret Mitglied einer bestehenden Zuchtorganisation sei (vgl. das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 22. April 2004, Zl. 2003/07/0036).

Dabei muss nicht zwingend die Mitgliedschaft jedes einzelnen Mitglieds feststehen, sondern lediglich ein ausreichendes Bild über die Zahl der Mitglieder, damit anhand dieser Ermittlungen beurteilt werden kann, ob die Voraussetzungen - einer Gefährdung des Zuchtprogramms - gegeben sind oder nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 2005, Zl. 2004/07/0103).

Die Auffassung der beschwerdeführenden Partei, aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. April 2004, 2003/07/0036, ergebe sich, dass es nicht darauf ankomme, ob sich Züchter faktisch am Zuchtprogramm beteiligten, sondern (nur) auf die Mitgliedschaft in einer Zuchtorganisation, trifft nicht zu. In dem erwähnten Erkenntnis hat es der Verwaltungsgerichtshof als entscheidend angesehen, ob es der bestehenden Zuchtorganisation auch schon vor der Anerkennung der neuen Zuchtorganisation faktisch unmöglich ist, ihr Zuchtprogramm durchzuführen. Es trifft zwar zu, dass in dem Erkenntnis auch von der Notwendigkeit von Feststellungen hinsichtlich der Mitgliedschaft bei den konkurrierenden Zuchtorganisationen die Rede ist. Die entsprechenden, von der beschwerdeführenden Partei für ihren Standpunkt ins Treffen geführten Passagen sind aber vor dem Sachverhaltshintergrund des damaligen Beschwerdefalles zu sehen. Eine der beteiligten Zuchtorganisationen des damaligen Verfahrens hatte eine Abwanderung von Mitgliedern der anderen Organisation behauptet, was diese aber wiederum bestritt. Davon, dass sich die Mitglieder weigerten, am Zuchtprogramm der jeweiligen Zuchtorganisationen teilzunehmen war im dortigen Fall nicht die Rede. Im Beschwerdefall steht aber nicht die Frage der Mitgliedschaft von Züchtern bei der beschwerdeführenden Partei im Vordergrund, weil die belangte Behörde damit argumentiert, der beschwerdeführenden Partei sei es - unabhängig von der Frage, ob bestimmte Züchter Mitglied der beschwerdeführenden Partei seien oder nicht - faktisch unmöglich, ihr Zuchtprogramm umzusetzen, weil sich die in Rede stehenden Züchter weigerten, am Zuchtprogramm der beschwerdeführenden Partei teilzunehmen. Die Tatsache dieser Weigerung wird von der beschwerdeführenden Partei auch nicht bestritten.

Die Behauptung der beschwerdeführenden Partei, dass die genannten Züchter von Huzulenpferden in Tirol Mitglieder der beschwerdeführenden Partei sein sollten, kann nichts an dem Umstand ändern, dass bei der beschwerdeführenden Partei in Tirol faktisch - angesichts deren offenkundiger Weigerung der Mitglieder an einer Teilnahme - kein Zuchtprogramm durchgeführt werden kann. Auch allfällig noch aufrechte Mitgliedschaften könnten an der Undurchführbarkeit des Zuchtprogrammes nichts ändern, weil die Durchführbarkeit des Zuchtprogramms von der Teilnahme der vorhandenen Züchter mit ihren Pferden abhängig ist.

Von § 22 Abs. 1 lit. b des Tir. TierzuchtG 1995 wird nur ein tatsächlich durchführbares Zuchtprogramm als schützenswert erachtet. Dem Tir. TierzuchtG 1995 kann nämlich nicht unterstellt werden, ein - beispielsweise aufgrund von Streitigkeiten innerhalb der Zuchtorganisation - nicht durchführbares Zuchtprogramm zu schützen und dadurch die Anerkennung einer neuen Zuchtorganisation zu verhindern.

Ebenso geht das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei fehl, durch die Anerkennung der mitbeteiligten Partei als Zuchtorganisation könne es zu einer Abwanderung von Mitgliedern kommen und dies sei in weiterer Folge geeignet, eine Gefährdung des Zuchtprogramms herbeizuführen, weil schon jetzt das Zuchtprogramm der beschwerdeführenden Partei nicht durchführbar ist; insofern wird auf das oben Gesagte verwiesen.

Auch die von der beschwerdeführenden Partei gerügten Begründungsmängel des angefochtenen Bescheides liegen nicht vor.

Die belangte Behörde begründete ihre Auffassung hinsichtlich der gerügten Einwendungen im Wesentlichen damit, dass für die beschwerdeführende Partei aus einer nationalen Norm - § 22 Abs. 1 lit. c, d und f Tir. TierzuchtG 1995 - kein subjektives Recht auf Verweigerung der Anerkennung ableitbar sei.

Zu prüfen ist daher, ob

§ 22 Abs. 1 lit. c, d und f Tir. TierzuchtG 1995 der bestehenden Zuchtorganisation ein subjektives Recht auf Verweigerung der Anerkennung einräumt.

Aus § 22 Abs. 1 lit. c, d und f Tir. TierzuchtG 1995 lässt sich - im Unterschied zu dessen lit. b - kein Rechtsanspruch auf Verweigerung der Anerkennung einer anderen Zuchtorganisation zugunsten bestehender Zuchtorganisationen ableiten.

Der Beschwerde ist es daher nicht gelungen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 27. März 2008

Gerichtsentscheidung

EuGH 62002J0216 Österr Zuchtverband VORAB

Schlagworte

Sachverhalt SachverhaltsfeststellungMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONAuslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle WahrheitIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2005070015.X00

Im RIS seit

21.04.2008

Zuletzt aktualisiert am

31.10.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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