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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VStG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Beck, Dr. Bachler und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde der A SPA in R, Italien, vertreten durch Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Universitätsstraße 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 5. März 2007, Zl. uvs- 2007/16/0569-1, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Rückerstattung einer eingehobenen Sicherheitsleistung in Angelegenheit Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach dem angefochtenen Bescheid steht folgender Sachverhalt fest, welcher von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wird:
Am 22. März 2006 ist ein Lenker eines näher bestimmten Sattelzugfahrzeuges, das auf die Beschwerdeführerin zugelassen gewesen ist, kontrolliert worden. Dabei hat sich gezeigt, dass die Zulassungsbesitzerin dieses Fahrzeug entgegen den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes dem D zum Lenken überlassen hat, obwohl dieser das erforderliche Mindestalter von 21 Jahren noch nicht erreicht gehabt und keinen Befähigungsnachweis über die Ausbildung zum Berufskraftfahrer erlangt hat und daher das Fahrzeug nicht hätte lenken dürfen. Es ist vom Lenker "als Vertreter des Zulassungsbesitzers" eine vorläufige Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 1.450,-- eingehoben worden.
Mit Schreiben vom 27. März 2006 brachte die Beschwerdeführerin eine Vertretungsanzeige mit folgendem Inhalt ein:
"In umseitig bezeichneter Rechtssache erteilt die (Beschwerdeführerin) dem ausgewiesenen Vertreter (Beschwerdevertreter) Vollmacht und ersucht die Behörde, dem ausgewiesenen Vertreter sämtliche Erledigungen zuzustellen und ihn über alle Verfahrensschritte zu informieren."
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. März 2007 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin, die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (in der Folge: BH) "möge die mit Bescheinigung vom 22. März 2006, Block ..., eingehobene Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 1.450,-- auf das ... Treuhandkonto rücküberweisen, in eventu einen Verfallsbescheid erlassen", wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Die wesentliche Begründung lautete, dass innerhalb der gesetzlichen Frist des § 37a VStG gegen den gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen gesetzlichen Vertreter der Beschwerdeführerin ein Straferkenntnis der BH wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 103 Abs. 1 Zif. 3 KFG erlassen und in diesem Straferkenntnis die eingehobene Sicherheitssumme gemäß § 37 VStG für verfallen erklärt worden sei. Dieser Bescheid sei am 14. September 2006 Rechtsanwalt Dr. Haid als ausgewiesenem Vertreter zugestellt worden. Eine Berufung sei nicht erhoben worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bringt zusammengefasst vor, die im Verfahren gelegte Vollmacht habe nur für die Beschwerdeführerin, eine juristische Person (Aktiengesellschaft) gegolten, nicht aber für deren gemäß § 9 VStG strafrechtlich Verantwortlichen, weshalb die Zustellung des Straferkenntnisses an Rechtsanwalt Dr. Haid rechtsunwirksam erfolgt sei.
Gemäß § 37a Abs. 5 VStG wird eine vorläufige Sicherheit frei, wenn das Verfahren eingestellt wird oder die gegen den Beschuldigten verhängte Strafe vollzogen ist oder wenn nicht binnen sechs Monaten gemäß § 37 Abs. 5 der Verfall ausgesprochen wird.
Die Bestimmungen des § 37 und § 37a VStG haben den vorrangigen Zweck, die Strafverfolgung einer Person sicherzustellen, die einer Verwaltungsübertretung verdächtig ist bzw. auf frischer Tat betreten wird, und bei der der "begründete Verdacht" besteht (§ 37 VStG), bzw. "offenbar" (§ 37a VStG) ist, dass eine Strafverfolgung zumindest erheblich erschwert sein werde. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin stellt sich in diesem Zusammenhang nicht die Frage der Haftung gemäß § 9 Abs. 7 VStG.
Im gegenständlichen Fall handelt es sich bei der Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges, die der Begehung einer bei einer Verkehrskontrolle festgestellten Verwaltungsübertretung im Verdacht steht, um eine Aktiengesellschaft mit ausländischem Standort, deren nach § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher am Ort der Kontrolle nicht festgestellt werden konnte.
Die vom berufsmäßigen Parteienvertreter gelegte "Vertretungsanzeige" vom 27. März 2006 war keine Vollmacht des gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen der "Fa. A SPA". Denn die Vollmacht vom 27. März 2006 bezieht sich auf die "Fa. SPA" und nicht auf die natürliche Person des Verantwortlichen dieser Gesellschaft.
Die Zustellung des Straferkenntnisses der BH vom 11. September 2006 erfolgte sohin am 14. September 2006 nicht rechtswirksam an Dr. Haid als Vertreter und bevollmächtigten Empfänger der gemäß § 9 VStG verantwortlichen Beschwerdeführerin.
Der Antrag der Beschwerdeführerin wurde sohin rechtswidrig wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 28. März 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007020139.X00Im RIS seit
01.05.2008Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008