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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ABGB §1332;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß sowie Vizepräsidenten Dr. Thienel und Hofrat Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Schilhan, über den Antrag des Dr. MK in S, vertreten durch Vavrovsky Herbst Kinsky Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Mozartplatz 4, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung der Mängel seiner Beschwerde gegen den Bescheid des Direktors des Salzburger Landesrechnungshofes vom 19. Februar 2007, Zl. LRH-2-6681601/60- 2007, betreffend Funktionszulage, den Beschluss gefasst:
Spruch
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird keine Folge gegeben.
Begründung
Mit dem vorzitierten Bescheid des Direktors des Salzburger Landesrechnungshofes vom 19. Februar 2007 wurde ein Antrag des Beschwerdeführers auf rückwirkende Zuerkennung einer Funktionszulage nach § 123 des Salzburger Landes-Beamtengesetzes 1987 für einen näher genannten Zeitraum abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.
Dieser lehnte mit Beschluss vom 24. September 2007, B 502/07- 3, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Mit Verfügung vom 26. November 2007 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, näher angeführte Mängel dieser zur hg. Zl. 2007/12/0195 protokollierten Beschwerde binnen sechs Wochen zu beheben, wobei der ergänzende Schriftsatz in 3-facher Ausfertigung vorzulegen sei.
Mit seinem am 21. Dezember 2007 zur Post gegebenen Schriftsatz ergänzte der Beschwerdeführer die Beschwerde. Entgegen dem Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes erfolgte die Vorlage des Ergänzungsschriftsatzes jedoch nur in einfacher Ausfertigung. Die - anwaltlich gefertigte - einzige Ausfertigung trägt auf ihrer ersten Seite den Vermerk "1-fach".
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Jänner 2008 wurde das verwaltungsgerichtliche Verfahren infolge Unterlassung der (vollständigen) Behebung von Mängeln gemäß §§ 33, 34 Abs. 2 VwGG eingestellt.
Die Zustellung dieses Beschlusses an den Beschwerdevertreter erfolgte am 5. Februar 2008.
Mit seiner am 19. Februar 2008 zur Post gegebenen Eingabe beantragt der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Verbesserung der zur hg. Zl. 2007/12/0195 protokollierten Beschwerde. Unter einem wurden zwei Ausfertigungen der Beschwerdeergänzung vorgelegt.
Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrages führt der Beschwerdeführer Folgendes aus (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof; Unterstreichung im Original):
"Die Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.11.2007 wurde dem Beschwerdeführer zu Handen seiner Rechtsvertretung am 4.12.2007 zugestellt. Die darin gesetzte Frist von 6 Wochen erstreckte sich daher bis 15.1.2008. Noch am 4.12.2007 hat sich die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers mit diesem in Verbindung gesetzt, um einen Termin zur Besprechung der Ausführung der Ergänzungen entsprechend der Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.11.2007 mit dem Beschwerdeführer zu vereinbaren. Dieser Termin hat am 10.12.2007 stattgefunden. In weiterer Folge hat die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers auf Basis der Besprechung vom 10.12.2007 die ergänzenden Ausführungen an den Verwaltungsgerichtshof vorbereitet.
Vom betreuenden Rechtsanwalt Dr. V wurde ein Entwurf der ergänzenden Ausführungen erstellt und im Zuge eines weiteren Termins am 20.12.2007 mit dem Beschwerdeführer dieser Entwurf erörtert. Anlässlich dieser Besprechung hat der Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er trotz der noch längeren Frist wünscht, dass die gegenständliche Ergänzung noch vor Weihnachten 2007 an den Verwaltungsgerichtshof abgefertigt wird.
Die im Zuge der Besprechung am 20.12.2007 mit dem Beschwerdeführer erörterten Änderungen bzw. Ergänzungen wurden vom betreuenden Rechtsanwalt des Beschwerdeführers Dr. V auf den ergänzenden Ausführungen handschriftlich vermerkt. Zu diesen Anmerkungen gehörte neben inhaltlichen auch der Vermerk rechts unten auf dem Deckblatt '1-fach'. Dieser wurde von Dr. V gestrichen und durch den Vermerk '3-fach' ergänzt. Nach Abschluss des Termins hat Dr. V die zuständige Sekretärin, P, in sein Büro gebeten und mit ihr die Anmerkungen am Entwurf erörtert. Ausdrücklich wurde die Sekretärin im Zuge dessen darauf hingewiesen, dass die Ergänzung in 3-facher Ausfertigung an den VwGH zu übermitteln ist.
Wir bereits zuvor ausgeführt, war es der Wunsch des Beschwerdeführers, dass die Ergänzungen noch vor Weihnachten, sohin bis spätestens 21.12.2007, an den Verwaltungsgerichtshof übermittelt werden. Am 21.12.2007 hatte Dr. V aber bereits seit längerer Zeit feststehende auswärtige Termine zu verrichten, die ihm eine Rückkehr in die Kanzleiräumlichkeiten vor 18.00 Uhr unmöglich machten. Dementsprechend hat er seinen Kanzleikollegen Dr. A zu ihm ins Büro gebeten und mit diesem erörtert, dass die ergänzenden Ausführungen am 21.12.2007 von Dr. A unterfertigt werden sollen. Dies hatte sich bereits auch anlässlich der Abfertigung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof aus terminlichen Gründen so ergeben. Dr. V hat Dr. A mitgeteilt, dass er noch einige Änderungen bzw. Ergänzungen vorgenommen hat, welche von der zuständigen Sekretärin am 21.12.2007 im Laufe des Tages eingearbeitet werden, sodass die Beschwerde am 21.12.2007 zur Unterfertigung bereit ist. Weiters sollte eine Kopie der Ergänzungen an den Mandanten geschickt und der Akt mit Mai 2008 als Wiedervorlage kalendiert werden.
Anlässlich der Unterfertigung der Schriftstücke am 21.12.2007 hat sich Herr Dr. A neuerlich bei der zuständigen Sekretärin erkundigt, ob sämtliche von Dr. V getroffenen Änderungen bzw. Ergänzungen in die zu unterfertigenden Ergänzungen aufgenommen wurden. Dies wurde von Seiten der zuständigen Sekretärin bestätigt, sodass in der Folge die ergänzenden Ausführungen von Dr. A unterfertigt und an den Verwaltungsgerichtshof übermittelt wurde. Auch die Kopie wurde an den Mandanten übermittelt und der Kalender wie besprochen gesetzt. Herr Dr. V wurde am Abend des 21.12.2007 von Dr. A über die Erfüllung des Auftrages telefonisch informiert.
Erst durch den nunmehrigen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 23.1.2008, welcher am 5.2.2008 zugestellt wurde, konnte festgestellt werden, dass von der zuständigen Sekretärin sämtliche von Dr. V auf der als Entwurf gekennzeichneten Version der Ergänzungen angebrachten Richtigstellungen bzw. Anmerkungen in die letztlich unterfertigte Version aufgenommen wurden, mit Ausnahme des Vermerks '1-fach' auf dem Deckblatt. Über Rückfrage hat die zuständige Sekretärin mitgeteilt, dass sie diese Korrektur offensichtlich auf Grund der vor Weihnachten vorherrschenden hohen Arbeitsbelastung übersehen hat. ... (es folgen Ausführungen zur Verlässlichkeit der P und zu ihrer Überwachung durch den Beschwerdevertreter vor dem gegenständlichen Vorfall) ...
Dr. A ist seit 1.9.2002 in der Kanzlei des Beschwerdeführers (richtig wohl: des Beschwerdevertreters) tätig, seit 2.1.2006 als eingetragener Rechtsanwalt. Seit der Eintragung von Dr. A als Rechtsanwalt, kommt es öfter vor, dass Dr. A auf Grund beruflicher Abwesenheiten von Dr. V abzufertigende Schriftstücke nach entsprechender Erörterung mit Dr. V unterzeichnet. Einen anderen Zeichnungsberechtigten gibt es in der Kanzlei des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers nicht. ... (es folgen Ausführungen zur Verlässlichkeit des Dr. A und seiner Überwachung durch den Beschwerdevertreter vor dem gegenständlichen Vorfall) ...
Dr. A selbst hat im Zuge seiner Tätigkeit auch seit 1.7.03 die Arbeiten von Frau P stets überprüft. Dies betrifft nicht nur, aber natürlich auch, die Einarbeitung von Anmerkungen in abzufertigenden Schriftsätzen. Darüber hinaus aber auch die üblichen Tätigkeiten einer Kanzleileiterin, wie die Berechnung und Eintragung von Fristen. Auch Dr. A hat im Zuge dieser Überprüfungen nie einen Fehler von Frau P festgestellt, sodass es für ihn keine Veranlassung gab, an der Richtigkeit der Feststellung von Frau P, wonach sie sämtliche Anmerkungen eingearbeitet hat, zu zweifeln.
Es kann sohin festgehalten werden, dass die Organisation des Kanzleibetriebes in der Kanzlei des Beschwerdeführers (richtig wohl: des Beschwerdevertreters) so eingerichtet ist, dass versucht wird Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen. Bei der mit der Korrektur beauftragten Sekretärin handelt es sich um eine besonders zuverlässige und pflichtbewusste, welche in der Kanzlei des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers wiederholt von Rechtsanwälten überprüft und überwacht wird und der noch nie ein Fehler passiert ist. Die beteiligten Personen arbeiten seit 1.7.03 ohne jedwedes bisheriges Versäumnis zusammen. Organisationsmängel liegen nicht vor. Im gegenständlichen Fall ist die Fristversäumung daher in Entsprechung der Rechtsprechung des VwGH auf einen Fehler zurückzuführen, der gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen unterlaufen kann und kann dem Beschwerdeführer auffallende Sorglosigkeit nicht zur Last gelegt werden."
§ 46 Abs. 1 VwGG lautet:
"§ 46. (1) Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt."
Vorauszuschicken ist zunächst, dass das Verschulden eines als Substituten des bevollmächtigten Rechtsanwaltes und damit als Vertreter der Partei selbst einschreitenden Rechtsanwaltes dem Verschulden der Partei gleichzuhalten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Juni 1998, Zlen. 97/19/1386, 1387). Daraus folgt aber für den vorliegenden Fall, dass sich der Wiedereinsetzungsantrag als nicht berechtigt erweist, weil mit dem Antragsvorbringen nicht dargetan ist, dass den Substituten des Beschwerdevertreters, Dr. A, an der Fristversäumung kein grobes Verschulden getroffen hat:
Dass ein Rechtsanwalt einen fehlerhaften Vermerk betreffend die Anzahl der Ausfertigungen eines Schriftsatzes - mag es sich auch um einen Tippfehler handeln - anlässlich der Unterfertigung des Schriftsatzes nicht wahrnimmt, bildet ein den Grad des minderen Versehens übersteigendes Verschulden, das zufolge § 46 Abs. 1 VwGG der Bewilligung der Wiedereinsetzung entgegen steht (vgl. den hg. Beschluss vom 26. Juni 1997, Zl. 97/16/0166). Wenn der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers einen Verbesserungsschriftsatz eigenhändig unterfertigt, ohne die diesem anhaftenden (auch inhaltlichen) Unvollständigkeiten zu bemerken, liegt nicht mehr ein bloß minderer Grad des Versehens vor. Mit Rücksicht darauf muss daher einem Wiedereinsetzungsantrag der Erfolg versagt werden, wenn außerdem nichts Weiteres vorgebracht wird, wieso der Rechtsvertreter bei Unterfertigung des Verbesserungsauftrages durch ein unabwendbares Ereignis daran gehindert gewesen wäre, die gebotene Kontrolle des Schriftsatzes auf Vollständigkeit vorzunehmen (vgl. den hg. Beschluss vom 25. November 2005, Zl. 2005/02/0250).
Die in den zitierten Rechtssätzen dargelegten Überlegungen sind auch für den Fall der Unterfertigung eines Verbesserungsschriftsatzes durch einen Substituten anwendbar. Auch dieser hat - da er ja letztendlich als Vertreter der Partei einschreitet - den von ihm zu unterfertigenden Schriftsatz durch Lektüre auf seine formelle und inhaltliche Richtigkeit bzw. Vollständigkeit - für die er ja verantwortlich zeichnet - zu prüfen. Hätte Dr. A die Beschwerdeergänzung vom 21. Dezember 2007 im Vertrauen auf die Zusicherung der P, dass sie den Schriftsatz nach Anweisungen des Dr. V erstellt habe, unterfertigt, ohne eigenverantwortlich zu prüfen, ob damit dem Verbesserungsauftrag des Verwaltungsgerichtshofes Rechnung getragen wurde, so wäre ihm ein Verschulden anzulasten, welches einen minderen Grad des Versehens übersteigt. Dass eine solche Überprüfung überhaupt erfolgt wäre und weshalb (dessen ungeachtet) die fehlerhafte Anordnung, wonach der Schriftsatz in einfacher Ausfertigung zu erstellen sei, nicht korrigiert wurde, wird im Antrag nicht dargelegt.
Nichts anderes hätte bezüglich des Verschuldens gegolten, hätte der Beschwerdevertreter selbst den Schriftsatz ohne neuerliche Prüfung - bloß auf die Zusicherungen seiner Kanzleiangestellten betreffend die Durchführung der von ihm zuvor angeordneten Korrekturen vertrauend - unterfertigt.
Aus diesen Erwägungen war der Wiedereinsetzungsantrag abzuweisen.
Wien, am 28. März 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008120031.X00Im RIS seit
01.08.2008Zuletzt aktualisiert am
11.08.2008