TE Vwgh Erkenntnis 2008/3/31 2005/17/0010

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.03.2008
beobachten
merken

Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

BauO NÖ 1996 §12;
BauO NÖ 1996 §40;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des JE in Kottingbrunn, vertreten durch Dr. Günther Csar, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Hauptplatz 35, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 9. Dezember 2004, Zl. RU1-G-1/001-2004, betreffend Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Kottingbrunn, vertreten durch Dr. Gottfried Forsthuber, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Kaiser-Franz-Joseph-Ring 5), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Schreiben vom 19. Dezember 2003 zeigte der Beschwerdeführer gemäß § 10 NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200, die Abteilung des Grundstückes Nr. 645, 646/1, KG X, gemäß dem Teilungsplan vom 12. Dezember 2003 von Dipl. Ing. H und Partner an und suchte um Erklärung zum Bauplatz für eines der neu geschaffenen Grundstücke an.

1.2. Mit Bescheid vom 13. Februar 2004 erklärte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde unter Spruchpunkt I. das Grundstück antragsgemäß zum Bauplatz, soweit es im Bauland gelegen sei, und verpflichtete unter Spruchpunkt II. den Beschwerdeführer gemäß § 40 iVm § 12 NÖ Bauordnung 1996, eine Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe für ein Flächenausmaß von

1.130 m2 in der Höhe von EUR 70.308,60 zu leisten.

1.3. Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er insbesondere ausführte, dass auf Grund der seinerzeit erfolgten unentgeltlichen Übertragung der Verkehrsfläche in das öffentliche Gut durch die Voreigentümer der gegenüberliegenden Grundfläche die Vorschreibung der Abgabe unzulässig sei.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde Kottingbrunn vom 8. April 2004 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

1.4. Auf Grund der Vorstellung des Beschwerdeführers erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit dem die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet abwies. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften aus, dass der Beschwerdeführer als Grundeigentümer die Änderung von Grundstücksgrenzen im Bauland angezeigt und die Baubehörde diese Änderung nicht untersagt habe. Der seinerzeitige Eigentümer der gegenüberliegenden Grundstücke habe aus Anlass einer Grundabteilung unentgeltlich Grundflächen in das öffentliche Gut der Gemeinde abgetreten, weshalb anlässlich der nunmehrigen Änderung der Grundstücksgrenzen eine Abtretung im gesetzlich vorgesehenen Ausmaß durch den Beschwerdeführer nicht möglich gewesen sei. Es hätten weder der Beschwerdeführer selbst noch seine Rechtsvorgänger aus einem früheren Anlass an dieser Stelle unentgeltlich Straßengrund im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß abgetreten.

Aus § 40 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1996 ergebe sich, dass eine Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe u.a. immer dann vorzuschreiben sei, wenn die Änderung von Grundstücksgrenzen im Bauland angezeigt werde und die vom jeweiligen Grundeigentümer in natura abzutretende Fläche geringer sei als das in § 12 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1996 beschriebene Ausmaß der unentgeltlich abzutretenden Fläche und auch keine frühere Straßengrundabtretung erfolgt sei. Die seinerzeit erfolgte unentgeltliche Grundabtretung durch den Rechtsvorgänger der Eigentümer der gegenüberliegenden Grundstücke sei für die Abgabenvorschreibung gegenüber dem Beschwerdeführer nicht von Bedeutung. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

1.5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Marktgemeinde eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200, lauten:

"§ 12

Grundabtretung für Verkehrsflächen

(1) Die Eigentümer sind verpflichtet, Grundflächen, die zwischen den Straßenfluchtlinien liegen und nicht mit einem Gebäudeteil bebaut sind, in das öffentliche Gut der Gemeinde abzutreten, wenn

1. die Änderung von Grundstücksgrenzen (§ 10), ausgenommen in Aufschließungszonen, oder die Herstellung von Einfriedungen (§ 15 Abs. 1 Z 17), angezeigt wird, oder

2. eine Baubewilligung im Bauland

für einen Neu- oder Zubau eines Gebäudes, ausgenommen Gebäude für öffentliche Ver- und Entsorgungseinrichtungen mit einer Grundrissfläche bis zu 25 m2 und einer Gebäudehöhe bis zu 3 m, oder für die Herstellung einer Einfriedung gegen öffentliche Verkehrsflächen

oder für die Herstellung einer Abstellanlage für

Kraftfahrzeuge auf bisher unbebauten Grundstücken

erteilt wird.

...

(2) Keine Entschädigung für die abzutretende Grundfläche gebührt, wenn

an beiden Seiten der Verkehrsfläche Bauland angrenzt bis zur Mitte der Verkehrsfläche, höchstens bis zur Breite von 7 m, oder nur an einer Seite Bauland angrenzt bis zur ganzen Breite der Verkehrsfläche, höchstens 14 m.

Wenn an zwei oder mehreren Seiten eines Grundstücks Grundflächen abzutreten sind, dann gilt dieselbe Regelung.

(3) Eine Entschädigung gebührt für jene Grundfläche, die über das im Abs. 2 angeführte Ausmaß oder,

wenn eine Straßenfluchtlinie neu festgelegt und zuvor schon im vollen, damals gesetzmäßigen Ausmaß für dieselbe Verkehrsfläche abgetreten wurde, nunmehr zusätzlich

abzutreten ist."

"§ 40

Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe

(1) Liegt ein in § 12 Abs. 1 Z 1 und 2 genannter Anlass vor und ist durch die Lage der Straßenfluchtlinie eine unentgeltliche Grundabtretung in dem im § 12 Abs. 2 bestimmten Ausmaß nicht oder nur in einem geringeren möglich und hat der Grundstückseigentümer oder einer seiner Rechtsvorgänger nicht aus einem früheren Anlass (ausgenommen nach § 15 des Liegenschaftsteilungsgesetzes, BGBl. Nr. 3/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 140/1997) an dieser Stelle unentgeltlich Straßengrund im damals gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß abgetreten, dann hat dieser Grundstückseigentümer bis zu jenem Flächenausmaß, das er nach § 12 Abs. 2 abzutreten hätte, eine Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe zu entrichten.

(2) Für die Bemessung der Abgabe gilt § 12 Abs. 4 sinngemäß. Die Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe ist eine ausschließliche Gemeindeabgabe nach § 6 Abs. 1 Z. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45, in der Fassung BGBl. I Nr. 194/1999."

2.2. In der Beschwerde wird gegen die gegenständliche Abgabenvorschreibung insbesondere vorgebracht, dass "nach dem Kommentar zu § 44 NÖ Bauordnung" es Zweck dieser Abgabe sei, die Eigentümer von neuen Bauplätzen zur Verkehrsaufschließung im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes heranzuziehen und andererseits die Straßenplanung nach Raumordnungs-, Straßenbau- und verkehrstechnischen Regeln ohne übertriebene Rücksichtnahme auf bestehende Grundstücksgrenzen zu erleichtern. Es könne nicht im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes sein, dass die Gemeinde, welche die gesamte Straßenbreite bereits von den gegenüberliegenden Grundeigentümern zu einem früheren Zeitpunkt unentgeltlich abgetreten erhalten habe, nunmehr für diese unentgeltlich abgetretene Straße auch noch zusätzlich eine Grundabtretungsabgabe in der vorgeschriebenen Höhe einnehmen könne.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Wie die belangte Behörde ausgeführt hat, stellt § 40 NÖ Bauordnung 1996 lediglich auf den Umstand der Anzeige der Grundabteilung und die Unmöglichkeit einer unentgeltlichen Grundabtretung bzw. das Nichtvorliegen einer früheren Grundabtretung durch den Eigentümer des betroffenen Grundstücks oder seine Voreigentümer ab. Die belangte Behörde ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass die früher erfolgte Grundabtretung durch die Eigentümer des gegenüberliegenden Grundstückes im Zusammenhang mit der Vorschreibung der Abgabe gegenüber dem Beschwerdeführer nicht von Belang ist.

Wenn der Beschwerdeführer diesbezüglich gleichheitsrechtliche Bedenken geltend macht, übersieht er, dass gerade die von ihm vertretene Auffassung zu einer Ungleichheit dahingehend führen würde, dass Eigentümer, die sich in einer Situation wie der Beschwerdeführer befinden, keinerlei Lasten der Verkehrserschließung zu tragen hätten. Die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen sind daher nicht geeignet, den Verwaltungsgerichtshof zu einer Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof betreffend die Aufhebung der angewendeten gesetzlichen Grundlagen zu veranlassen.

2.3. Wenn in der Beschwerde darauf hingewiesen wird, dass der den Anlass der Abgabenvorschreibung bildende Teilungsplan keine Grundabtretung vorsehe, so ist auch dieser Umstand für die Abgabenvorschreibung gemäß § 40 NÖ Bauordnung 1996 nicht von Bedeutung. Zur verfassungsrechtlichen Beurteilung dieser Rechtslage siehe unter 2.2.

2.4. Wenn in der Beschwerde schließlich ausgeführt wird, dass die Vorschreibung auch insoweit unzulässig gewesen sei, als § 12 NÖ Bauordnung 1996 daran anknüpfe, dass Grundeigentümer, die zur Aufschließung "mehr" als erforderlich zur Verfügung stellen, eine Entschädigung von der Gemeinde zu erhalten hätten, so hat diesbezüglich bereits die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend darauf hingewiesen, dass die Frage, ob die Gemeinde für die Abtretung durch die Eigentümer des gegenüberliegenden Grundstückes eine Entschädigung zu leisten hatte oder nicht, für die Vorschreibung der Abgabe nach § 40 NÖ Bauordnung 1996 ebenfalls nicht von Bedeutung ist. Ob andere Grundeigentümer über die gesetzliche Verpflichtung hinaus zur Leistung herangezogen wurden oder etwa eine ihnen zustehende Entschädigung nicht in Anspruch genommen haben, ist für die Frage der Beitragspflicht anderer (hier: des Beschwerdeführers) nicht von Belang.

2.5. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 31. März 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2005170010.X00

Im RIS seit

04.06.2008

Zuletzt aktualisiert am

06.04.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten