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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §58 Abs2 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des Z, vertreten durch Mag. Dr. Wolfgang Mekis, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Gumpendorfer Straße 5, gegen den dritten Spruchpunkt des Bescheides der Bundespolizeidirektion Wien vom 19. Dezember 2007, Zl. III-662414/FrB/07, betreffend Versagung eines Durchsetzungsaufschubes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der am 15. Juni 1967 geborene Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, ist mit Unterbrechungen (insbesondere von Anfang August 1985 bis Ende Juli 1989) seit 1975 in Österreich aufhältig und mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Der gemeinsam Sohn ist 18 Jahre alt. Nach dem Schulbesuch in Wien war der Beschwerdeführer selbständig in der Gastronomie tätig und betreibt seinen Angaben zufolge noch immer zwei Lokale in Wien. Der Beschwerdeführer befindet sich (abgesehen von einer kurzen Unterbrechung) seit 31. Oktober 2004 in Haft.
Mit Bescheid vom 19. Dezember 2007 erließ die Bundespolizeidirektion Wien (die belangte Behörde) gegen den Beschwerdeführer gemäß § 87 iVm § 86 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot (erster Spruchpunkt) und schloss gemäß § 64 FPG die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen diesen Bescheid aus (zweiter Spruchpunkt). Im angefochtenen dritten Spruchpunkt sprach die belangte Behörde schließlich aus, gemäß § 87 iVm § 86 Abs. 3 FPG werde dem Beschwerdeführer von Amts wegen kein Durchsetzungsaufschub erteilt.
Das Aufenthaltsverbot stützte die belangte Behörde auf mehrere rechtskräftige gerichtliche Verurteilungen des Beschwerdeführers, unter anderem aus dem Jahre 2001 wegen schweren Betruges zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Zuletzt sei der Beschwerdeführer mit Urteil vom 2. Juli 2007 wegen § 28 Abs. 2 vierter Fall, Abs. 3 erster Fall und Abs. 4 Z 2 und 3 SMG, § 12 dritter Fall StGB (Beteiligung an gewerbsmäßigem Suchtgifthandel als Mitglied einer kriminellen Verbindung in Bezug auf eine "übergroße" Menge) sowie wegen § 278a StGB (Beteiligung an einer kriminellen Organisation) und wegen §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB (schwere Körperverletzung) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Jahren rechtskräftig verurteilt worden. Diesem Schuldspruch liege im Wesentlichen zugrunde, der Beschwerdeführer habe als Mitglied einer kriminellen Verbindung ab Anfang 2001 bis 30. Oktober 2004 insgesamt 270 kg Marihuana gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt. Aufgrund dieses Verhaltens des Beschwerdeführers sei davon auszugehen, dass sein weiterer Verbleib im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich nachhaltig und maßgeblich gefährden würde und dass auch die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers nach Verbüßung der Strafhaft dringend geboten sei. Im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sei dem Beschwerdeführer daher kein Durchsetzungsaufschub zu gewähren.
Gegen das Aufenthaltsverbot erhob der Beschwerdeführer eine (nach dem Beschwerdevorbringen) noch nicht erledigte Berufung, gegen die Versagung eines Durchsetzungsaufschubes richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu erwogen:
Der Beschwerdeführer ist als Ehemann Familienangehöriger (§ 2 Abs. 4 Z 12 FPG) einer Österreicherin. Gemäß § 87 zweiter Satz FPG gelten für diese Personengruppe die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach den §§ 85 Abs. 2 und 86 FPG. Der im vorliegenden Zusammenhang maßgebliche § 86 Abs. 3 FPG lautet:
"(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise des Fremden wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich."
Ein der genannten Personengruppe angehörender Fremder hat nach der zitierten Bestimmung grundsätzlich einen Anspruch auf Einräumung eines einmonatigen Durchsetzungsaufschubes, welcher der Vorbereitung und Organisation der Ausreise dient. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach betont, dass die ausnahmsweise Nichtgewährung des einem Fremden nach § 86 Abs. 3 FPG zustehenden Durchsetzungsaufschubes einer besonderen, über die schon für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Erwägungen hinausgehenden Begründung bedarf (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. November 2006, Zl. 2006/21/0171, mit dem Hinweis auf das bereits zum FPG ergangene Erkenntnis vom 31. August 2006, Zl. 2006/21/0088), verlangt doch die Versagung des Durchsetzungsaufschubes die nachvollziehbare Prognose, der Aufenthalt des Fremden für ein (weiteres) Monat gefährde die öffentliche Ordnung oder Sicherheit (vgl. das Erkenntnis vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0149).
Entgegen der Beschwerdemeinung ist die belangte Behörde aber diesem Begründungserfordernis im vorliegenden Fall ausreichend nachgekommen. Sie hat im angefochtenen Bescheid nämlich nicht nur die wiedergegebene Passage aus dem zuletzt genannten Erkenntnis zitiert, sondern dem entsprechend unter dem Gesichtspunkt der Versagung eines Durchsetzungsaufschubes - vor dem Hintergrund der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden strafbaren Handlungen, insbesondere dem schweren, als Mitglied einer kriminellen Organisation gewerbsmäßig begangenen Suchtgiftdelikt, und der darauf zu Recht gegründeten Gefährdungsprognose - in zulässiger Weise auch angenommen, im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sei die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers nach Verbüßung der Strafhaft dringend geboten. Anders als der Beschwerdeführer meint, hat die belangte Behörde dies nicht nur mit der Tatsache seiner Verurteilungen begründet, sondern ihre Beurteilung vor allem und in maßgeblicher Weise in Bezug auf das letzte Strafgerichtsurteil auf das dem Schuldspruch zugrundeliegende Verhalten gestützt und darauf ihre Einschätzung der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers gegründet. Deren Ergebnis ist aber - wie erwähnt - angesichts der massiven Delinquenz des Beschwerdeführers, die auch in der sehr hohen Freiheitsstrafe zum Ausdruck kommt, nicht zu beanstanden.
Im Zusammenhang mit dieser Gefährdungsprognose bringt der Beschwerdeführer noch vor, er bereue sein Fehlverhalten zutiefst und er sei überzeugt, dass durch den Strafvollzug, der voraussichtlich "bis 18.11.2012" dauern werde, eine "vollständige Resozialisierung" und ein "Sinneswandel zu einem rechtschaffenen Leben" erreicht werde. Abgesehen davon, dass es sich dabei nur um subjektive Erwartungen des Beschwerdeführers handelt, zeigt die Beschwerde damit nicht auf, dass die belangte Behörde - trotz der seit 1992 immer wieder begangenen strafbaren Handlungen, die zu insgesamt sechs gerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers geführt haben, und angesichts seiner dadurch zum Ausdruck gebrachten kriminellen Neigung - aus heutiger Sicht hätte annehmen müssen, die Gefährlichkeit des Beschwerdeführers sei nach der Strafverbüßung zur Gänze beseitigt. Zur Vollständigkeit sei dazu noch angemerkt, dass dem oben zitierten Erkenntnis vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0149, sowohl in Bezug auf die Schwere der maßgeblichen Straftaten als auch auf das Alter des Beschwerdeführers ein mit dem vorliegenden nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag.
Soweit in der Beschwerde noch eine bei einer Abschiebung nach Serbien angeblich drohende Verfolgung als "Staatsfeind" geltend gemacht wird, kommt dem für das vorliegende Verfahren keine Relevanz zu. Zur Geltendmachung einer Unzulässigkeit der Abschiebung eröffnet das Gesetz andere Wege (etwa den Abschiebungsaufschub nach § 46 Abs. 3 FPG). Schließlich ist dem Vorbringen, der Beschwerdeführer benötige zur Ordnung seiner "persönlichen Angelegenheiten" nach seiner Haftentlassung einen Durchsetzungsaufschub, noch zu entgegen, dass die Vorbereitungen für die Ausreise wohl auch - wenn auch unter schwierigeren Umständen - während der (langen) Strafhaft des Beschwerdeführers getroffen werden können.
Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 31. März 2008
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Rechtsverletzung des Beschwerdeführers Beschwerdelegitimation bejahtIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008210127.X00Im RIS seit
24.04.2008Zuletzt aktualisiert am
23.06.2009