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L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §41 Abs2 idF 1998/I/158;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des S in Kalch, vertreten durch DDDr. Franz Langmayr, Rechtsanwalt in 1150 Wien, Langmaisgasse 7, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 19. November 2007, Zl. 5-BB- 100-578/1-4, betreffend Parteistellung in einem Baubewilligungsverfahren (mitbeteiligte Partei: mobilkom austria AG in Wien, vertreten durch Dr. Peter Lösch, Rechtsanwalt GmbH in 1010 Wien, Neuer Markt 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei erstattete am 27. März 2007 bei der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf als zuständiger Baubehörde (Übertragungsverordnung der Bgld. Landesregierung vom 19. Mai 1998, LGBl. Nr. 42/1998) Bauanzeige gemäß § 17 Bgld. Baugesetz betreffend die Errichtung einer Mobilfunkanlage auf dem Grundstück Nr. 1146, KG Kalch.
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des benachbarten Grundstückes N2. 1148, KG Kalch.
Die geplante Mobilfunkanlage der mitbeteiligten Partei soll rd. 1,50 m von der gemeinsamen Grundstücksgrenze der genannten Grundstücke entfernt errichtet werden.
Mit Kundmachung vom 2. April 2007 beraumte die Baubehörde hierüber eine mündliche Verhandlung für den 25. April 2007 gemäß §§ 3 und 18 Bgld. Baugesetz 1997 an. Diese Kundmachung enthielt folgenden Hinweis:
"Die Entwurfsunterlagen liegen bis zum Verhandlungsvortag beim Marktgemeindeamt Neuhaus/Klausenbach während der für den Parteienverkehr bestimmten Amtsstunden zur allgemeinen Einsicht auf.
Einwendungen von Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben, finden nur Berücksichtigung, wenn sie spätestens am Tage vor der Verhandlung bei der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf oder während der Verhandlung vorgebracht werden (§ 42 Abs. 2 AVG).
Die Parteien bzw. Beteiligten haben sich mit der erforderlichen Ermächtigung zur Abgabe bestimmter und bindender Erklärungen zu versehen.
Bevollmächtigte haben sich mit den ordnungsgemäßen Vollmachten auszuweisen.
Etwaige Vorbehalte hinsichtlich nachträglicher Einwendungen können gemäß § 42 AVG nicht berücksichtigt werden."
Diese Kundmachung wurde dem Beschwerdeführer persönlich am 4. April 2007 zugestellt und an der Amtstafel der Gemeinde Kalch angeschlagen.
In der mündlichen Verhandlung erhob der Beschwerdeführer "Einwendungen gegen die baubehördliche Bewilligung wegen Rechtswidrigkeit".
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf vom 8. Oktober 2007 wurde der mitbeteiligten Partei die beantragte "Bewilligung zur Errichtung einer Sende- und Empfangsanlage" auf dem genannten Grundstück gemäß §§ 3 und 18 Bgld. Baugesetz 1997 iVm § 20 Abs. 1, 4 und 5 des Bgld. Raumplanungsgesetzes unter Zugrundelegung des mit dem Bewilligungsvermerk versehenen Planes und der Baubeschreibung unter Vorschreibung einer Auflage erteilt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers "wegen Verlust der Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen". Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei ordnungsgemäß unter Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 42 AVG zur mündlichen Bauverhandlung geladen worden. Er habe keine Einwendungen im Rechtssinne erhoben. Die alleinige Behauptung, die baubehördliche Genehmigung sei rechtswidrig, lasse nicht erkennen, in welche Richtung Einwendungen erhoben worden seien. Dies habe den Verlust der Parteistellung zur Folge; wer die gehörige Geltendmachung - spätestens während der Verhandlung - der ihm durch die Rechtsordnung eingeräumten subjektiven Rechte unterlasse, den treffe der Verlust der Parteistellung durch Präklusion im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG. Es komme auch dann zur Präklusion der Parteistellung, wenn - wie im gegenständlichen Fall - unzulässige Einwendungen erhoben worden seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Dem Beschwerdevorbringen ist zu entnehmen, dass sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Sachentscheidung verletzt erachtet. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat. Dies gilt auch für den Nachbarn, der im Sinne des § 42 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1997 insoweit die Parteistellung behalten hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2000, Zl. 99/05/0142).
Als Eigentümer eines Grundstückes, das vom bewilligten Bauvorhaben der mitbeteiligten Partei weniger als 15 m entfernt errichtet werden soll, kam dem Beschwerdeführer im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren Nachbarparteistellung im Sinne des § 21 Abs. 1 Z. 3 Burgenländisches Baugesetz (Bgld BauG) zu. Ein Verlust der Parteistellung konnte nur unter den im § 42 AVG genannten Voraussetzungen eintreten. Diese Bestimmung lautet (auszugsweise) wie folgt:
"§ 42. (1) Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt; § 13 Abs. 5 zweiter Satz ist nicht anwendbar. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.
(2) Wurde eine mündliche Verhandlung nicht gemäß Abs. 1 kundgemacht, so erstreckt sich die darin bezeichnete Rechtsfolge nur auf jene Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben."
In der Ladung zur Verhandlung vom 25. April 2007 wurde nicht auf die Folgen des Verlustes der Parteistellung nach § 42 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 hingewiesen.
Ein Verlust der Parteistellung gemäß § 42 AVG setzt aber eine gehörige Ladung zur bzw. eine gehörige Kundmachung der Bauverhandlung voraus. Dies ist nur dann der Fall, wenn in dieser Ladung bzw. Kundmachung auf die im § 42 AVG vorgesehenen Rechtsfolgen verwiesen wird (vgl. hiezu die in der Verwaltungsformularverordnung, BGBl. II Nr. 508/1999, vorgesehenen Formulare 7.1 und 7.2). Diesem Erfordernis wird selbst dann nicht entsprochen, wenn in der Ladung bzw. Kundmachung nicht auf die im § 42 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998, sondern auf die in § 42 AVG in der früheren Fassung vorgesehenen Rechtsfolgen verwiesen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2008, Zl. 2007/05/0195, m.w.N.).
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, kann ein Verlust der Parteistellung nach § 42 AVG also dann nicht eintreten, wenn in der Verständigung (Ladung, Kundmachung und Anberaumung der Verhandlung) - entgegen § 41 Abs. 2 zweiter Satz AVG - nicht auf diese in § 42 AVG vorgesehenen Rechtsfolgen verwiesen wird (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 25. September 2007, Zl. 2003/06/0029, mwN). Da dies im Beschwerdefall nicht erfolgte, hat der Beschwerdeführer seine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren nicht verloren. Die von der belangten Behörde angenommene Präklusion ist daher nicht eingetreten. Eine - von der Parteistellung losgelöste - Präklusion im Sinne der früheren Fassung des § 42 AVG ist nämlich in § 42 AVG Neufassung nicht vorgesehen, sie konnte daher auch nicht durch den - nicht der maßgeblichen Rechtslage entsprechenden - Hinweis in der Ladung vom 2. April 2007 für die Baubewilligungsverhandlung am 25. April 2007 herbeigeführt werden.
Die belangte Behörde ist daher zu Unrecht vom Verlust der Parteistellung des Beschwerdeführers bzw. der Präklusion ausgegangen und hat ausgehend von ihrer verfehlten Rechtsansicht dem Beschwerdeführer eine Sachentscheidung über seine Berufung gegen den Baubewilligungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf vom 8. Oktober 2007 verweigert; sie belastete damit ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 31. März 2008
Schlagworte
Verfahrensrecht AVG Verfahrensbestimmungen Baurecht NachbarEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008050002.X00Im RIS seit
01.05.2008Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008