Index
10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art137 / ZinsenLeitsatz
Stattgabe eines auf Zinsen eingeschränkten Klagebegehrens für einen zu Unrecht bezahlten und verspätet rückerstatteten Strafbetrag nach Aufhebung des Straferkenntnisses durch den Verwaltungsgerichtshof; KostenzuspruchSpruch
Die Stadt Wien ist schuldig, dem Kläger zu Handen seines Rechtsvertreters 4% Zinsen aus € 399,70 (S 5.500,-) vom 20. April 2001 bis 30. April 2001 sowie die Verfahrenskosten von € 368,93 (S 5.076,64) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Das Mehrbegehren an Verfahrenskosten wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. In der unter Berufung auf Art137 B-VG am 23. April 2001 erhobenen Klage bringt der Kläger im Wesentlichen vor, dass der Unabhängige Verwaltungssenat Wien mit dem Berufungsbescheid vom 18. Juni 1997 über ihn wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Bauordnung für Wien eine Geldstrafe in Höhe von S 5.000,- verhängt und ihm einen Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von S 500,- auferlegt habe; er habe Geldstrafe und Kostenbeitrag in Raten - in der Zeit von November 1997 bis Oktober 1998 - bezahlt. Nachdem der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 6. März 2001, Z98/05/0087 den Bescheid aufgehoben habe, habe er mit Schreiben vom 3. April 2001 die Rückzahlung des Betrages von S 5.500,- binnen 14 Tagen begehrt, die jedoch bis zur vorliegenden Klagserhebung (23. April 2001) nicht vorgenommen worden sei. Der Kläger begehrt den Zuspruch von S 5.500,-
samt 4% Zinsen seit 20. April 2001 sowie den Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von S 4.936,48 (S 1.269,- nach TP3 C für die Klage, ES/60% in Höhe von S 761,40 Umsatzsteuer in Höhe von S 406,08 und eine Eingabegebühr in Höhe von S 2.500,-).
2. Mit Schriftsatz vom 3. Mai 2001 schränkte der Kläger das Klagebegehren auf Zinsen, d.h. 4% p.a. aus S 5.500,- vom 20. April 2001 bis 30. April 2001 (Gutbuchung auf dem Konto) sowie Verfahrenskosten (an Kosten für den Einschränkungsschriftsatz werden zusätzlich S 140,16 geltend gemacht: S 73,- für die Eingabe nach TP1, ES/60% in Höhe von S 43,80, Umsatzsteuer in Höhe von S 23,36) ein.
3. Die beklagte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung des Kostenersatzbegehrens begehrt. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. März 2001, Z98/05/0087 sei der Stadt Wien am 22. März 2001 zugestellt worden. Am 4. April 2001 habe der Kläger seine Rückzahlungsaufforderung beim Magistratischen Bezirksamt für den 15. Bezirk eingebracht, welches das Ersuchen am 9. April 2001 an die Stadtkasse für den 12. und 15. Bezirk weitergeleitet habe. Letztere habe am 25. April 2001 die Stadthauptkasse angewiesen, den Strafbetrag an den Kläger auszuzahlen. Die Auszahlung sei am 27. April 2001 erfolgt.
Es sei unzutreffend, dass die beklagte Partei jedenfalls die Verpflichtung treffe, den Strafbetrag innerhalb der vom Kläger in einem Aufforderungsschreiben gesetzten Frist zurückzubezahlen. Gemäß §63 Abs1 VwGG sei die beklagte Partei lediglich verpflichtet, in der vorliegenden Strafsache mit den ihr zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Die beklagte Partei habe unverzüglich die notwendigen Schritte veranlasst, welche insgesamt - unter Berücksichtigung des Aktenlaufes - einen Monat und fünf Tage in Anspruch genommen hätten. Der Strafbetrag sei bereits während des Verfahrens nach Art137 B-VG zurückbezahlt worden. In dem eine Klage abweisenden Erkenntnis VfSlg. 10.498/1985 habe der Verfassungsgerichtshof es als unverzügliche Anerkennung des Anspruchs iSd §45 ZPO gewertet, dass die Zahlung während der vom Verfassungsgerichtshof der beklagten Partei gesetzten Frist zur Gegenäußerung erfolgt sei. Die Verfügung des Verfassungsgerichtshofs sei bei der Stadt Wien am 26. April 2001 eingelangt. Die Rückzahlung sei somit vor Ablauf der Frist zur Erstattung einer Gegenäußerung erfolgt.
4. Der Kläger erstattete eine Replik, in der er erneut ausführt, dass die Gutbuchung am Konto erst am 30. April 2001 erfolgt sei; die entsprechende Kontonachricht sei am 2. Mai 2001 beim Klagevertreter eingelangt. Erst mit Schreiben vom 26. April 2001, eingegangen beim Klagevertreter am 2. Mai 2001, habe der Magistrat der Stadt Wien mitgeteilt, dass die Rückzahlung des Betrages von
S 5.500,- veranlasst worden sei. An Kosten für die Replik werden
S 1.532,16 begehrt (für die Replik nach TP3 A: S 798,-, ES/60% in Höhe von S 478,80, Umsatzsteuer in Höhe von S 255,36).
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die zulässige Klage erwogen:
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist seine Zuständigkeit gemäß Art137 B-VG zur Entscheidung über den Anspruch auf Rückerstattung eines bezahlten Strafbetrages (bzw. Verfahrenskosten) gegeben, wenn das zugrunde liegende Straferkenntnis - als Rechtstitel der Zahlung - durch Aufhebung weggefallen ist, etwa durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 9498/1982, 10.496/1985, 12.538/1990, 14.636/1996 ua.).
Der Verfassungsgerichtshof hält an dieser Auffassung fest, die auch auf das hier gestellte Begehren auf Verzugszinsen zutrifft, weil diese Annex eines mit Klage nach Art137 B-VG geltend gemachten vermögensrechtlichen Anspruches sind (vgl. VfSlg. 7571/1975, 10.496/1985, 10.795/1986, 12.693/1991, VfGH vom 24. September 2002, A7/02).
2. Die Stadt Wien bringt vor, dass ihr das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes am 22. März 2001 zugestellt worden sei. Die Klagsbehauptung betreffend das vorgelegte außergerichtliche - die Rückzahlung des Klagsbetrages begehrende - Mahnschreiben vom 3. April 2001, eingegangen nach der Behauptung der Stadt Wien am 4. April 2001, steht außer Streit; ebenso ist unstrittig, dass die im Mahnschreiben gesetzte Frist von 14 Tagen bereits vor dem 20. April 2001 - nämlich am 18. April 2001 - abgelaufen ist.
Die Stadt Wien geht jedoch davon aus, dass kein Verzug eingetreten sei, da sie die notwendigen Schritte zur Rückzahlung "unverzüglich" veranlasst habe; die Zeit des Aktenlaufs sei zu berücksichtigen. Die Zahlung sei am 27. April 2001 - nach Klagserhebung, jedoch vor Ablauf der vom Verfassungsgerichtshof gesetzten Frist zur Gegenäußerung - erfolgt.
Strittig blieb das Klagsvorbringen im Hinblick auf den Zeitpunkt der Rückzahlung des Strafbetrages. Nach dem Klagsvorbringen wurde die Überweisung des Strafbetrages am 30. April 2001 auf dem Konto der klagenden Partei gut geschrieben. Dies konnte durch Vorlage der entsprechenden Unterlagen auch belegt werden.
3. Ein Verzug in der Rückzahlung ist der beklagten Partei nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes dann anzulasten, wenn das Rückgängigmachen der Vermögensverschiebung begehrt wurde und sie trotz einer ausreichenden Fristsetzung der Rückzahlungsverpflichtung nicht entsprochen hat (vgl. z.B. VfSlg. 10.496/1985, 10.794/1986, 11.509/1987, 12.026/1989, 12.961/1992 und 14.897/1997). Das Rückforderungsbegehren ist dabei an jene Behörde zu richten, die berechtigt war, den - zu Unrecht vorgeschriebenen - Betrag einzuziehen.
Im vorliegenden Fall hat die beklagte Partei erst nach Ablauf der im - tauglichen - Mahnschreiben des Klägers gesetzten und vom Verfassungsgerichtshof als angemessen qualifizierten Zahlungsfrist (VfSlg. 12.298/1990) Zahlung geleistet, sodass von einem Zahlungsverzug auszugehen ist (vgl. z.B. VfSlg. 11.509/1987 und 12.026/1989). Es erweist sich daher sowohl die Klagseinbringung als auch die Klagseinschränkung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich.
Die von der beklagten Partei zitierte Klagsabweisung durch den Verfassungsgerichtshof VfSlg. 10.498/1985 betraf den Fall, dass eine außergerichtliche Mahnung vor Klagserhebung nicht vorgenommen wurde.
4. Die Klage wurde daher im Hinblick auf das Hauptbegehren zu Recht erhoben. Da nach Rückzahlung der Strafe noch der Anspruch auf Zinsen vom 20. April 2001 bis 30. April 2001 - dem Zeitpunkt der belegten Gutbuchung auf dem Konto des Klagevertreters - besteht, war dem - eingeschränkten - Klagebegehren im Hinblick auf die Zinsen im Umfang von 4% aus € 399,70 (S 5.500,-) vom 20. April 2001 bis 30. April 2001 Folge zu geben.
5. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §41 iVm §35 VfGG und §41 Abs2 ZPO, wobei die Kosten der Klagseinbringung nach TP3 C des Rechtsanwaltstarifes und die Kosten der Klagseinschränkung nach TP1 (vgl. VfGH vom 24. September 2002, A7/02) zu bewerten sind; die Kosten für die Replik waren nicht zuzusprechen, weil nach §41 VfGG nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu ersetzen sind (vgl. z.B. VfSlg. 9507/1982), der Schriftsatz zu einer solchen jedoch nicht erforderlich war. Im Kostenzuspruch ist eine Eingabegebühr in Höhe von € 181,68 (S 2.500,-) und Umsatzsteuer in Höhe von € 31,21 (S 429,44) enthalten.
6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z2 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / Klagen, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2003:A4.2001Dokumentnummer
JFT_09969389_01A00004_00