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L10013 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht GemeindehaushaltNorm
B-VG Art119a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des T in Altlengbach, vertreten durch Winkler Reich-Rohrwig Illedits Rechtsanwälte Partnerschaft in 1010 Wien, Gonzagagasse 14, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 1. Oktober 2007, Zl. RU1-G-15/001-2007, betreffend Straßenbaubewilligung nach dem NÖ Straßengesetz (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Grundstücke Nr. 592/9 und 592/10 der KG Klausen-Leopoldsdorf. Diese Grundstücke grenzen an das Grundstück Nr. 643/3 Weg der mitbeteiligten Partei Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf.
Mit der an die mitbeteiligte Gemeinde gerichteten Eingabe vom 6. März 2006 führte der Beschwerdeführer aus, dass auf seinen vorgenannten Grundstücken konsenswidrig ohne Durchführung eines straßenbaurechtlichen Bewilligungsverfahrens gemäß § 12 NÖ Straßengesetz 1999 ein bewilligungspflichtiges Straßenbauvorhaben durchgeführt worden sei. Er forderte die mitbeteiligte Gemeinde auf, die auf seinem Grundstück errichteten Baulichkeiten (erhöhte Grundflächenbefestigung) umgehend zu entfernen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 21. Juli 2006 wurde der Antrag des Beschwerdeführers "vom 6.3.2006 über den Abbruch der auf Grundstück Nr. 643/3 und Nr. 592/10 (KG Klausen-Leopoldsdorf), anrainend an Grundstück Nr. 592/9 (EZ 757, KG Klausen-Leopoldsdorf) errichteten Baulichkeit (erhöhte Grundflächenbefestigung) zurückgewiesen". Gestützt wurde diese Entscheidung auf § 56 AVG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 NÖ Straßengesetz 1999. In der Begründung führte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde aus, dass das Grundstück Nr. 643/3 im Jahre 2003 im Zuge einer Korrektion der L 125 von km 6,8 bis km 7,29 neu geschaffen und vom Land Niederösterreich in das öffentliche Gut der Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf zwecks Errichtung eines Gehsteiges abgetreten worden sei. Noch im selben Jahr seien im Auftrag der Gemeinde die Umgestaltungsmaßnahmen der L 125 im genannten Teilstück durch die Errichtung eines Gehsteiges auf dem neu geschaffenen Grundstück Nr. 643/3 durch das Land Niederösterreich erfolgt. Die Umgestaltungsmaßnahmen der Gemeindestraße "Am Anger" durch Errichtung einer erhöhten Oberflächenbefestigung auf dem Grundstück Nr. 592/10 seien im Jahre 2004 durchgeführt worden. Gemäß § 12 Abs. 1 NÖ Straßengesetz 1999 bedürfe die Umgestaltung von Straßen, bei denen keine subjektiv-öffentlichen Rechte von Parteien berührt werden, keiner Bewilligung. Weder durch die Errichtung des Gehsteiges auf dem Grundstück Nr. 643/3 noch durch die Errichtung einer erhöhten Grundflächenbefestigung auf dem Grundstück Nr. 592/10 sei es zur Berührung subjektiv-öffentlicher Rechte des Beschwerdeführers im Sinne des NÖ Straßengesetzes 1999 gekommen, weshalb auch kein Bewilligungsverfahren nach § 12 NÖ Straßengesetz 1999 durchgeführt worden sei. Da keine subjektivöffentlichen Rechte durch die Baumaßnahmen berührt worden seien, könne der Beschwerdeführer auch keine Parteistellung beanspruchen. Hinsichtlich der behaupteten Vernachlässigung der Pflichten der Gemeinde nach § 15 Abs. 3 NÖ Straßengesetz 1999 betreffend die Reinigung, Schneeräumung und Glatteisbekämpfung der Nebenanlagen von Landesstraßen sei darauf hinzuweisen, dass diese Gesetzesstelle eine allgemeine Regelung enthalte und durch die speziellere Norm des § 93 StVO 1960 ersetzt werde. Auf Grund dieser Bestimmung der StVO 1960 sei der jeweilige Anrainer zur Schneeräumung verpflichtet.
Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung an den "Gemeindevorstand der Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf".
Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf vom 30. November 2006 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer habe auch in seiner Berufung die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes nicht behauptet. Seine Aussage erschöpfe sich darin, dass durch die Oberflächenversiegelung entlang der Nachbarliegenschaft in der Größe von ca. 50 m Länge (Gehsteig), welche bis nahezu 3 m an sein Gebäude heranreiche, eine Beeinflussung des Feuchtigkeitshaushaltes der angrenzenden Grundstücke und Gebäude gegeben sei, insbesondere deshalb, weil die Gemeinde § 15 NÖ Straßengesetz 1999 missachte. Der gegenständliche Gehsteig sei vereinbarungsgemäß bis zu dem entlang auf Grundstück Nr. 592/9 verlaufenden Betonrandleisten errichtet worden. Es sei dadurch nahezu unmöglich, dass Oberflächenwässer weiter auf das Grundstück des Beschwerdeführers gelangen könnten. Durch den bestehenden Gehsteig würden die anfallenden Oberflächenwässer (Schmelzwässer) wesentlich schneller in den Oberflächenentwässerungskanal abgeleitet, eine Versickerung der Schmelzwässer entlang der Grundgrenze zu Grundstück Nr. 592/9 sei nicht möglich. Plötzlich abschmelzende, mehrere Meter hohe Schneeablagerungen auf dem Gehsteig könnten die Standfestigkeit der angrenzenden Gebäude des Beschwerdeführers überhaupt nicht beeinträchtigen. Eine Parteistellung des Beschwerdeführers im Sinne des NÖ Straßengesetzes 1999 sei ausgeschlossen.
Auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers wurde der Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf verwiesen. Gestützt wurde die Entscheidung auf § 61 Abs. 4 der NÖ Gemeindeordnung 1973. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass sie von Amts wegen eine Unzuständigkeit der Gemeindebehörden zu berücksichtigen habe. Die mitbeteiligte Gemeinde sei Eigentümerin der gegenständlichen Grundstücke, die als öffentliches Gut verbüchert seien. Eine formelle Erklärung dieser Grundflächen durch Verordnung zu Gemeindestraßen sei nicht erfolgt. Dies habe die Konsequenz, dass diese Flächen nicht als Gemeindestraßen im Sinne des § 6 NÖ Straßengesetz 1999 gelten würden und daher kein Straßenbaubewilligungsverfahren gemäß § 12 NÖ Straßengesetz 1999 durchzuführen sei. Gemäß § 2 NÖ Straßengesetz 1999 sei der Bürgermeister in Angelegenheiten, die die Gemeindestraßen betreffen, zuständige Behörde. Die Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide des Bürgermeisters in Angelegenheiten, die die Gemeindestraßen betreffen, obliege dem Gemeinderat. Ihre Unzuständigkeit habe die Behörde in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen. Eine solche Unzuständigkeit sei auch von der Aufsichtsbehörde wahrzunehmen. Dadurch, dass der Gemeindevorstand und sohin die unzuständige Behörde über die Berufung entschieden habe, habe der Gemeindevorstand seinen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit belastet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht "auf Erlassung einer fehlerfreien Entscheidung" verletzt. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Er führt aus:
Die belangte Behörde habe ihre Entscheidung unzulässigerweise auf § 61 Abs. 4 NÖ Gemeindeordnung 1973 gestützt; sie hätte vielmehr § 93 Abs. 1 lit. a der NÖ Gemeindeordnung 1973 anwenden müssen. Die Vorstellung im gemeindebehördlichen Verfahren oder die Beschwerde an einen der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes hinderten den Eintritt der formellen Rechtskraft nicht. Im gegenständlichen Fall liege ein rechtskräftiger Bescheid vor, der gesetzwidrig im Sinne des § 93 Abs. 1 NÖ Gemeindeordnung 1973 sei. Erkläre die Aufsichtsbehörde jedoch, ihre Entscheidung auf § 61 Abs. 4 NÖ Gemeindeordnung 1973 zu stützen, komme der Bescheidbegründung bindende Wirkung zu. Dies bedeute im konkreten Fall, dass die Gemeinde an die Bescheidbegründung der belangten Behörde dahingehend gebunden sei, dass die gegenständlichen Flächen nicht als Gemeindestraßen im Sinne des § 6 NÖ Straßengesetz 1999 gelten und daher kein Straßenbaubewilligungsverfahren gemäß § 12 NÖ Straßengesetz 1999 durchzuführen sei. Dies hätte letztlich die Konsequenz für den Beschwerdeführer, dass die Gemeinde für die Räumung dieser Flächen nicht zuständig wäre. Indem die belangte Behörde bei Beurteilung des Antrages des Beschwerdeführers eine nicht anzuwendende Bestimmung herangezogen habe, habe sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Die belangte Behörde hätte ihre Entscheidung auf § 93 Abs. 1 lit. a der NÖ Gemeindeordnung 1973 stützen müssen und damit für den Beschwerdeführer die Möglichkeit offen lassen müssen, die Durchführbarkeit eines Straßenbaubewilligungsverfahrens gemäß § 12 NÖ Straßengesetz 1999 überprüfen zu lassen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde hat mit seinem Bescheid vom 21. Juli 2006 den Antrag des Beschwerdeführers vom 6. März 2006, gestützt auf das NÖ Straßengesetz 1999, abgewiesen. Dieser Antrag hat sich auf eine öffentliche Verkehrsfläche bezogen, die vom Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde als "Gemeindestraße" beurteilt wurde. Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde hat somit in einer Angelegenheit nach dem NÖ Straßengesetz 1999 entschieden.
Gemäß § 2 NÖ Straßengesetz 1999 ist in Angelegenheiten, die die Gemeindestraßen betreffen, grundsätzlich der Bürgermeister (der Magistrat bei Städten mit eigenem Statut) Behörde erster Instanz, der Gemeinderat (der Stadtsenat bei Städten mit eigenem Statut) Behörde zweiter Instanz.
Die belangte Behörde hat daher zutreffend erkannt, dass der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde zur Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 21. Juli 2006 unzuständig war, und hat den Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 30. November 2006 auf Grund der zulässigen Vorstellung des Beschwerdeführers gedeckt durch die Rechtslage aufgehoben.
Der Beschwerdeführer vertritt nun die Auffassung, dass die belangte Behörde ihre Entscheidung nicht auf § 61 NÖ Gemeindeordnung 1973 stützen hätte dürfen, vielmehr die Unzuständigkeit des Gemeindevorstandes im Rahmen der Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden gemäß § 93 NÖ Gemeindeordnung aufgreifen hätte müssen, weil mit dem angefochtenen Bescheid eine Bindungswirkung betreffend die Aussage, die Grundstücke Nr. 643/3 und Nr. 592/10 der mitbeteiligten Gemeinde seien keine Gemeindestraßen, verbunden sei.
Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Auszugehen ist von folgenden Bestimmungen der NÖ Gemeindeordnung 1973:
"§ 61
Vorstellung
(1) Wer durch den Bescheid eines Gemeindeorganes in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, kann nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb von zwei Wochen, von der Zustellung des Bescheides an gerechnet, dagegen eine mit einem begründeten Antrag versehene Vorstellung bei der Aufsichtsbehörde erheben. Ein letztinstanzlicher Bescheid eines Gemeindeorganes hat den Hinweis zu enthalten, dass gegen den Bescheid innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung eine mit einem begründeten Antrag versehene Vorstellung bei der Aufsichtsbehörde erhoben werden kann. Der Hinweis muss sich auch auf das Erfordernis der Schriftlichkeit und die zulässigen Einbringungsstellen erstrecken.
(2) Für das Vorstellungsverfahren gilt:
a) Die Vorstellung ist schriftlich oder telegraphisch bei der Gemeinde, deren Organ den Bescheid erlassen hat, oder unmittelbar bei der Aufsichtsbehörde einzubringen. Wird die Vorstellung bei der Gemeinde eingebracht, so ist sie ohne unnötigen Aufschub, spätestens jedoch einen Monat nach deren Einlangen, unter Anschluss der Verwaltungsakten der Aufsichtsbehörde mit einer Stellungnahme vorzulegen;
b) unzulässige oder verspätete Vorstellungen sind von der Aufsichtsbehörde zurückzuweisen;
c) die Vorstellung hat keine aufschiebende Wirkung; wenn von dem Aufschub des Bescheides, gegen den die Vorstellung erhoben wurde, kein erheblicher Nachteil zu besorgen ist oder wenn mit dessen Vollzug für die Partei, die Vorstellung erhoben hat, ein unwiederbringlicher Nachteil verbunden wäre, kann die Aufsichtsbehörde auf Antrag der Partei aussprechen, dass der Vorstellung aufschiebende Wirkung zukommt. Auf Grund eines solchen Ausspruches hat die Gemeinde den Vollzug des Bescheides aufzuschieben und die hiezu erforderlichen Verfügungen zu treffen;
d) gegen die Entscheidung der Aufsichtsbehörde über die Vorstellung ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.
(3) Die Aufsichtsbehörde kann nötige Erhebungen selbst vornehmen oder durch die Gemeindebehörden vornehmen lassen. Ist wegen einer gleichen oder ähnlichen Rechtsfrage vor einem Gericht oder Verwaltungsbehörde ein Verfahren anhängig, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Vorstellung ist, so kann die Entscheidung über diese unter Mitteilung der hiefür maßgeblichen Gründe ausgesetzt werden, sofern nicht überwiegende Interessen der Parteien entgegenstehen. Nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens, das Anlass zur Aussetzung gegeben hat, ist das ausgesetzte Vorstellungsverfahren von Amts wegen fortzusetzen.
(4) Die Aufsichtsbehörde hat den Bescheid, wenn durch ihn Rechte des Einschreiters verletzt werden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen.
(5) Die Gemeinde ist bei der neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden.
(6) Die Bestimmungen des § 93 werden hiedurch nicht berührt.
...
§ 93
Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden
(1) Rechtskräftige, gesetzwidrige Bescheide können von der Aufsichtsbehörde von Amts wegen in Handhabung des Aufsichtsrechtes nur aufgehoben werden, wenn der Bescheid:
a) von einer unzuständigen Behörde oder von einer nicht richtig zusammengesetzten Kollegialbehörde erlassen wurde;
b)
einen strafgesetzwidrigen Erfolg herbeiführen würde;
c)
tatsächlich undurchführbar ist oder
d)
an einem durch gesetzliche Vorschrift ausdrücklich mit Nichtigkeit bedrohten Fehler leidet.
(2) Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung eines solchen Bescheides ist eine Aufhebung aus den Gründen des Abs. 1 lit. a nicht mehr zulässig. Diese Frist beginnt mit der erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Falle bloß mündlicher Verkündung mit dieser.
(3) Die Bestimmungen des § 61 werden nicht berührt."
Die Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden nach § 93 NÖ Gemeindeordnung 1973 durch die Aufsichtsbehörde dient der Durchsetzung der Rechtmäßigkeit des kommunalen Verwaltungshandelns im öffentlichen Interesse. Daraus folgt, dass kein subjektives Recht darauf besteht, dass die Gemeindeaufsichtsbehörde ihre Aufsichtsaufgaben in Bezug auf rechtskräftige Bescheide der Gemeindeorgane überhaupt oder hinreichend wahrnimmt (vgl. hiezu Hauer in Klug/Oberndorfer/Wolny, Das österreichische Gemeinderecht, 17. Teil Gemeindeaufsicht, Rz 40 ff, Seite 15).
§ 93 Abs. 1 NÖ Gemeindeordnung 1993 ordnet ausdrücklich an, dass rechtskräftige, gesetzwidrige Bescheide von der Aufsichtsbehörde von Amts wegen in Handhabung des Aufsichtsrechtes unter den näher bestimmten Voraussetzungen aufgehoben werden können. Dem Beschwerdeführer kommt daher kein subjektiv-öffentliches Recht auf Handhabung des Aufsichtsrechtes durch die belangte Behörde im Rahmen des § 93 NÖ Gemeindeordnung 1973 zu.
§ 93 Abs. 3 NÖ Gemeindeordnung 1973 ordnet aber auch ausdrücklich an, dass die Bestimmungen über die Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden nach dieser Gesetzesstelle § 61 NÖ Gemeindeordnung 1973 unberührt lassen. Gleiches ordnet § 61 Abs. 6 NÖ Gemeindeordnung in Bezug auf § 93 leg. cit. an.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid nicht deshalb verletzt, weil die belangte Behörde den von ihm bekämpften Bescheid - wegen Unzuständigkeit - aufgehoben hat, vielmehr erachtet er sich durch die Begründung im angefochtenen Bescheid für beschwert, dass die belangte Behörde den Grundstücken Nrn. 643/3 und 592/10 der mitbeteiligten Gemeinde die Qualität einer Gemeindestraße abgesprochen hat, weshalb kein straßenbaurechtliches Bewilligungsverfahren nach § 12 NÖ Straßengesetz 1999 in Bezug auf diese Grundstücke durchgeführt werden könne.
Gemäß § 61 Abs. 4 NÖ Gemeindeordnung 1973 hat die Aufsichtsbehörde im Vorstellungsverfahren den Bescheid, wenn durch ihn Rechte des Einschreiters verletzt werden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen. Nach Abs. 5 dieses Paragraphen ist die Gemeinde bei der neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden.
In ständiger Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof daraus gefolgert, dass nur den tragenden Aufhebungsgründen eines aufsichtsbehördlichen Bescheides für das fortgesetzte Verfahren bindende Wirkung zukommt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. März 2005, Zl. 2004/17/0212, mwN). Die Besonderheit der Bindungswirkung kassatorischer gemeindeaufsichtsbehördlicher Bescheide, die sich im gegebenen Fall aus § 61 Abs. 5 NÖ Gemeindeordnung 1973 ergibt, bringt es mit sich, dass nicht nur der Spruch an sich, sondern auch die maßgebende in der Begründung enthaltene Rechtsansicht taugliches Beschwerdeobjekt sein kann (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2002, Zl. 97/17/0533).
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde den Bescheid der Berufungsbehörde wegen Unzuständigkeit aufgehoben. Die von der belangten Behörde geäußerte Rechtsansicht zur Qualität der hier betroffenen, im öffentlichen Gut befindlichen Grundstücke der mitbeteiligten Partei, sind jedoch keine solche den aufhebenden Spruch der angefochtenen Entscheidung tragenden Gründe. Ob diese Grundstücke Gemeindestraßen sind, ist vielmehr von den Gemeindebehörden bei Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer Parteistellung in einem nach dem NÖ Straßengesetz 1999 durchzuführenden Verfahren über den Antrag des Beschwerdeführers hat, zu prüfen. Die Teile der Begründung des aufhebenden Bescheides, die darlegen, in welchen Punkten und aus welchen Gründen nach Auffassung der Aufsichtsbehörde Rechte des Vorstellungswerbers nicht verletzt worden sind, lösen keinerlei bindende Wirkung aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Juni 2002, Zl. 2002/17/0037).
Die vom Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof behauptete Rechtsverletzung liegt somit nicht vor. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 31. März 2008
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007050270.X00Im RIS seit
01.05.2008Zuletzt aktualisiert am
06.08.2008