TE Vwgh Erkenntnis 2008/3/31 2007/21/0477

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Veröffentlicht am 31.03.2008
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
MRK Art8 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2007/21/0478 2007/21/0479 Serie (erledigt im gleichen Sinn):2008/21/0187 E 29. April 2008

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde 1. des S,

2. des L, und 3. des H, alle in Linz, alle vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion Oberösterreich je vom 26. März 2007, Zlen. St 291/06 (ad 1.), St 293/06 (ad 2.) und St 294/06 (ad 3.), jeweils betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Bescheidkopien ergibt sich Folgendes:

Der Erstbeschwerdeführer ist der Vater des Zweit- und des Drittbeschwerdeführers. Die Familie stammt aus dem Kosovo und ist am 7. Juni 2002 (Erstbeschwerdeführer) bzw. am 1. Februar 2003 (Zweit- und Drittbeschwerdeführer gemeinsam mit ihrer Mutter, der Ehefrau des Erstbeschwerdeführers) nach Österreich eingereist.

Mit im Instanzenzug ergangenen Bescheiden je vom 26. März 2007 wies die belangte Behörde die Beschwerdeführer gemäß den §§ 31, 53 und 66 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet aus. Die annähernd gleich lautenden Begründungen dieser Bescheide gehen dahin, dass der vom Erstbeschwerdeführer unmittelbar nach seiner Einreise gestellte Asylantrag mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19. August 2002 "gemäß der §§ 7 und 8 Asylgesetz" negativ beschieden worden sei. Die dagegen erhobene Berufung habe der unabhängige Bundesasylsenat mit am 25. September 2006 in Rechtskraft erwachsenem Bescheid abgewiesen. Auch der am 2. Februar 2004 eingebrachte Asylantrag der Ehefrau des Erstbeschwerdeführers, der Mutter des Zweit- und des Drittbeschwerdeführers, sei letztlich mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates rechtskräftig abgewiesen worden ("gemäß der §§ 7 und 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz"), ebenso die Asylerstreckungsanträge des Zweit- und des Drittbeschwerdeführers. Die Beschwerdeführer hielten sich somit seit dem 25. September 2006 unrechtmäßig in Österreich auf. Der davor gelegene inländische Aufenthalt sei auf einen Asylantrag zurückzuführen, der sich letztendlich nicht als berechtigt erwiesen habe. Da sich alle Familienmitglieder unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten, würden die familiären Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet relativiert. Auch dem Vorbringen, dass das vom Erstbeschwerdeführer erwirtschaftete Einkommen den Lebensunterhalt der gesamten Familie sicherstelle, komme nur eine sehr eingeschränkte Bedeutung zu, weshalb sich insgesamt - so im Ergebnis die belangte Behörde - die Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG zur Wahrung der öffentlichen Ordnung als dringend geboten erweise.

Über die gegen diese Bescheide erhobene, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 25. September 2007, B 770 - 772/07, dem Verwaltungsgerichtshof mit weiterem Beschluss vom 16. November 2007 zur Entscheidung abgetretene Beschwerde hat dieser erwogen:

Unter der Überschrift "Ausweisung Fremder ohne Aufenthaltstitel" ordnet § 53 Abs. 1 FPG an, dass Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden können, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

In der Beschwerde wird zugestanden, dass die Asylverfahren der Beschwerdeführer rechtskräftig beendet sind. Der Beschwerde sind auch keine Behauptungen zu entnehmen, dass eine der Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 31 Abs. 1 FPG - insbesondere die Erteilung eines Aufenthaltstitels - bei den Beschwerdeführern vorläge. Dafür bestehen nach der Aktenlage auch keine Anhaltspunkte, sodass keine Bedenken gegen die behördliche Annahme bestehen, der Ausweisungstatbestand des § 53 Abs. 1 FPG sei im vorliegenden Fall verwirklicht.

Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist sie gemäß § 66 Abs. 1 FPG nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Der Sache nach unter Berufung auf den eben erwähnten § 66 Abs. 1 FPG machen die Beschwerdeführer geltend, dass sie sich seit Juni 2002 (Erstbeschwerdeführer) bzw. seit Februar 2003 (Zweit- und Drittbeschwerdeführer) in Österreich befinden. Der Erstbeschwerdeführer arbeite seit 2002 in einer Pizzeria, der Zweitbeschwerdeführer besuche - mit sehr gutem Erfolg - die Schule, der Drittbeschwerdeführer den Kindergarten. Die gesamte Familie spreche ausgezeichnet Deutsch und es bestünden "entsprechende soziale und private Kontakte" in Österreich, während zum Heimatland keine Bindungen mehr existierten. Strafrechtliche Verurteilungen in Österreich lägen nicht vor, weshalb die durchzuführende Interessenabwägung zu Gunsten der Beschwerdeführer hätte ausgehen müssen. Die belangte Behörde habe demgegenüber die durchzuführende Abwägung zwischen öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung einerseits und privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführer am weiteren Verbleib in Österreich andererseits nicht nachvollziehbar dargelegt.

Diesem Vorbringen ist zunächst zu erwidern, dass den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. September 2007, Zlen. 2006/21/0288 bis 0291). Gegen diese Normen verstoßen Fremde, die trotz negativem Abschluss ihrer Asylverfahren in Österreich - unrechtmäßig - verbleiben, was nach dem Gesagten eine maßgebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen darstellt. Dem ist bei der Prüfung, ob eine Ausweisung im Sinne des § 66 Abs. 1 FPG dringend geboten ist, das persönliche Interesse der Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich, das grundsätzlich mit der Dauer ihres bisherigen Aufenthaltes zunimmt, gegenüberzustellen. Die bloße Aufenthaltsdauer ist freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist an Hand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit die Fremden die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt haben, sich sozial und beruflich zu integrieren. Dieses private Interesse ist in seinem Gewicht aber gemildert, wenn die Fremden keine genügende Veranlassung gehabt hatten, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt in Österreich auszugehen, was insbesondere dann der Fall ist, wenn die integrationsbegründenden Umstände während eines Aufenthaltes erworben wurden, der (bloß) auf einem (von Anfang an) nicht berechtigten Asylantrag beruhte (vgl. insbesondere, mit weiteren Nachweisen, das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen. 2008/21/0081 bis 0084).

Vor diesem Hintergrund ist es fallbezogen nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde die Ausweisung der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK nicht als unzulässigen Eingriff in ihr Privat- und Familienleben angesehen hat. Zu betonen ist in diesem Zusammenhang, dass die erste negative Entscheidung über den Asylantrag des Erstbeschwerdeführers unbestritten bereits am 19. August 2002 erging. Er durfte daher spätestens ab diesem Zeitpunkt nicht darauf vertrauen, ein dauerndes Aufenthaltsrecht in Österreich zu erlangen. Alle in der Folge gesetzten Integrationsschritte sind unter diesem Aspekt in ihrem Gewicht maßgeblich reduziert, insbesondere die Berufstätigkeit des Erstbeschwerdeführers und die sich aus der Einreise der "Restfamilie" erst per Februar 2003 ergebenden Bindungen zu Österreich. Ergänzend ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass die Ehegattin/Mutter der Beschwerdeführer nach den unbestrittenen behördlichen Feststellungen bereits von den Asylbehörden gemäß § 8 Abs. 2 Asylgesetz 1997 rechtskräftig ausgewiesen worden ist. Von daher sind durch die gegenständlichen Ausweisungsbescheide keine besonderen familiären Interessen berührt.

Was das Fehlen strafgerichtlicher Verurteilungen anlangt, so lässt sich auch daraus für die Beschwerdeführer nichts Entscheidendes gewinnen (vgl. das schon erwähnte hg. Erkenntnis vom 26. September 2007).

Soweit die Beschwerdeführer schließlich "soziale und private Kontakte in Österreich" zur Sprache bringen, werden diese - soweit ihnen nach dem Vorgesagten fallbezogen überhaupt Bedeutung zukommen könnte - nicht näher präzisiert. Zusammenfassend kann der belangten Behörde damit nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Ausweisung der insgesamt noch nicht allzu lange im Bundesgebiet aufhältigen Beschwerdeführer auch im Grunde des § 66 Abs. 1 FPG als zulässig erachtete.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 31. März 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007210477.X00

Im RIS seit

05.05.2008

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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