TE Vwgh Erkenntnis 2008/3/31 2006/17/0039

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Veröffentlicht am 31.03.2008
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Index

16/02 Rundfunk;
91/01 Fernmeldewesen;

Norm

RGG 1999 §2 Abs1;
RGG 1999 §2 Abs2;
RGG 1999 §2 Abs3;
RGG 1999 §3 Abs1;
RGG 1999 §4 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde der PO in Wien, vertreten durch Dr. Thaddäus Kleisinger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Fleischmarkt 28, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom 18. Jänner 2005 (richtig wohl: 2006), Zl. GIS 1078/05, betreffend die Vorschreibung von Rundfunkgebühren und Säumniszuschläge für Fernseh- und Radioempfangseinrichtungen betreffend den Zeitraum 1. März 2004 bis 31. Oktober 2004, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 21. Oktober 2002 unterschrieb die Beschwerdeführerin das Formular "Anmeldung hinsichtlich des Betriebs von Rundfunkempfangseinrichtungen gemäß § 2 Rundfunkgebührengesetz" über den Betrieb bzw. die Betriebsbereitschaft von Radio- und Fernsehempfangseinrichtungen (Kombimeldung) an dem als "weiteren Wohnsitz" bezeichneten Standort K-Gasse 4/18 mit Wirksamkeit ab "10/2002".

Mit Schreiben vom 9. Mai 2004 stellte die GIS Gebühren Info Service GmbH (im Folgenden: GIS) einen vollstreckbaren Rückstandsausweis über Rundfunkgebühren samt Säumniszuschlag für März bis Oktober 2004 in Höhe von EUR 151,48 betreffend die Beschwerdeführerin, per Adresse B-Gasse 21/5, aus.

Nachdem zwei Schreiben eines von der GIS beauftragten Inkassobüros an die Beschwerdeführerin per Adresse K-Gasse 4/18, mit dem Vermerk "verzogen retour" zurückkamen, teilte die GIS der Beschwerdeführerin nunmehr per Adresse D-Gasse 7/234 mit Schreiben vom 24. August 2004 mit, dass auf Grund einer Meldeanfrage eine Korrektur der Adresse der Beschwerdeführerin vorgenommen worden sei.

In der Folge wurden weitere Mahnschreiben des Inkassobüros an die Beschwerdeführerin per Adresse D-Gasse 7/234 zum Teil mit dem Vermerk "verzogen" retourniert.

Mit Schreiben vom 2. September 2004 teilte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin dem Inkassobüro mit, die Beschwerdeführerin sei vor einiger Zeit zu Besuch bei Michael J und Mag. Ulrike W (Anmerkung: in der K-Gasse 4) gewesen, als ein "Mitarbeiter des ORF" erschienen sei. Sie sei gerade mit Kleinkindern alleine gewesen und die Wohnungsinhaber und Besitzer der Rundfunkempfangsgeräte seien abwesend gewesen. Die Beschwerdeführerin sei genötigt worden, eine Unterschrift zu leisten. Sie sei damals der deutschen Sprache kaum mächtig und völlig eingeschüchtert gewesen. Die Rundfunkgebühren seien in der Folge von Michael J und Mag. Ulrike W entrichtet worden.

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2004 gab die GIS der Beschwerdeführerin bekannt, dass auf Grund einer Meldeamtsanfrage eine Korrektur ihrer Adresse nunmehr auf S-Gasse 7 vorgenommen worden sei.

Mit an die GIS gerichteten Schreiben vom 20. Jänner 2005, 12. und 19. Oktober 2005 wiederholte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin im Wesentlichen das frühere Vorbringen.

Mit Bescheid der GIS vom 27. Oktober 2005 wurden der Beschwerdeführerin "für den Zeitraum 1. März 2004 bis 31. 10. 2004 Rundfunkgebühren und sonstige damit verbundene Abgaben und Entgelte für die Radio- und Fernsehmeldung (Kombimeldung), Teilnehmernummer xxxxxxxxxx, B-Gasse 21/5, 1070 Wien, ehemals K-Gasse 4/18, 1180 Wien, verlegt auf 1210 Wien, D-Gasse 7/234, verlegt auf 1130 Wien, S-Gasse 7, zuletzt verlegt auf 1070 Wien, B -Gasse 21/5, lautend auf die Beschwerdeführerin in Höhe von EUR 151,48 vorgeschrieben".

In ihrer Begründung schlüsselte die GIS den vorgeschriebenen Betrag in Vorschreibungen von jeweils zwei Monaten, beginnend mit März/April 2004, und Säumniszuschlägen, beginnend mit dem Säumniszuschlag Jänner/Februar 2004, auf.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung wiederholte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen und führte ergänzend aus, die Wohnungsinhaber Mag. Ulrike W und Michael J hätten möglicherweise nach ihrem Wohnungswechsel die Zahlungen der Rundfunkgebühren eingestellt. Es sei ihr nicht bekannt gewesen, was sie unterschrieben habe. Sollte es sich um die Anmeldung einer "Rundfunksanlage" gehandelt haben, fechte sie diese wegen Irrtum, Irreführung und Zwang an. Sie beantrage die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu welcher auch Mag. Ulrike W und Michael J zu laden seien.

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2005 brachte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin die beabsichtigte abweisende Berufungsentscheidung zur Kenntnis.

Mit Schreiben vom 9. Jänner 2006 brachte die Beschwerdeführerin ergänzend vor, dass sie das Formular nicht selbst ausgefüllt habe. Dies sei bereits daran zu erkennen, dass ihr Vorname falsch geschrieben worden sei. Das Formular sei im Übrigen nicht in der Wohnung Top Nr. 18, sondern in der Wohnung Top Nr. 20 ausgefüllt worden. Auf Top Nr. 18  habe die Mutter der Betreiber der gegenständlichen Anlage gewohnt. Sie selbst sei am 21. Oktober 2002 an der Adresse K-Gasse 4/18 nicht gemeldet gewesen. Weiters heiße es im Punkt 10 der Anmeldung "'Ich melde den Betrieb/die Betriebsbereitschaft der Rundfunkeinrichtung ab'.

Datum: 10.2.2002". Dies bedeute, dass es sich um eine Abmeldung und nicht um eine Anmeldung handle. Überdies werde die zeugenschaftliche Einvernahme von Michael J und Mag. Ulrike W sowie jenes Mitarbeiters der GIS, welcher die Anmeldung vom 21. Oktober 2002 ausgefüllt habe, beantragt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe das Anmeldeformular hinsichtlich des Standortes K-Gasse 4/18 unterschrieben, wofür auch anfänglich Zahlungen geleistet worden seien. In der Folge schlüsselte die GIS den vorgeschriebenen Betrag in Vorschreibungen von jeweils zwei Monaten, beginnend mit März/April 2004, und Säumniszuschlägen, beginnend mit dem Säumniszuschlag Jänner/Februar 2004, auf.

In der Folge stellte die belangte Behörde folgende Melderegisterdaten fest:

von

bis

Adresse

 

 

27.09.2001

04.10.2001

K- Gasse 4/20

1180

N

04.10.2001

25.06.2003

D- Gasse 7 Haus 234

1210

N

25.06.2003

26.07.2004

D- Gasse 7 Haus 234

1210

H

08.10.2003

26.07.2004

B- Gasse 212/5

1070

N

26.07.2004

01.10.2004

B- Gasse 21/5

1070

H

1.10.2004

17.11.2004

S- Gasse 7

1130 Wien

H

17.11.2004

laufend

B- Gasse 21/5

1070

H

Hinsichtlich der Gebührenentrichtungen stellte die belangte Behörde fest, dass mit 9. Mai 2003 EUR 145,21 und mit 25. Juni 2003 EUR 182,51, in Summe also EUR 327,72 überwiesen worden seien, wodurch es zu einer Überzahlung von EUR 141,02 gekommen sei. Die Gebühren seien also bis Dezember 2003 beglichen worden und für den Zeitraum Jänner bis Februar 2004 habe noch EUR 27,86 angerechnet werden können. In dieser Periode sei es erstmalig zu einem Anwachsen der Gebührenschuld gekommen, wofür ein Säumniszuschlag von EUR 1,26 verrechnet worden sei. In der Folge sei der Gebührenrückstand ständig angewachsen. Bis zur Abmeldung durch die GIS seien keine weiteren Zahlungen mehr geleistet worden.

Die Beschwerdeführerin habe die Meldepflicht hinsichtlich des Beginns des Betriebs von Rundfunkanlagen erfüllt. Die Verpflichtung hinsichtlich des Endes des Betriebs "wurde von der Bw. ebenfalls vorab nicht erfüllt". Vielmehr sei für die GIS erkennbar gewesen, dass auf Grund der eingehenden Zahlungen der Gebühren ein Betrieb gegeben sei.

Die Angaben der Beschwerdeführerin hätten sich nach den üblichen Denkgesetzen und Erfahrungen des täglichen Lebens und unter Beachtung der Sorgfaltspflicht einer mündigen Person als nicht realistisch erwiesen.

Die Mitarbeiter der GIS seien dazu angehalten, mit Personen, die der Landessprache nicht mächtig seien, keine Verträge ohne Beiziehung eines Dolmetschers oder einer der Landessprache mächtigen Vertrauensperson des Antragstellers abzuschließen. Von einer Studentin, die im Zeitpunkt der Anmeldung seit ca. einem Jahr in Österreich gemeldet gewesen sei und hier studiere, könne jedoch angenommen werden, dass sie der deutschen Sprache mächtig sei. Ausländische Studenten hätten eine Aufnahmsprüfung in Deutsch abzulegen. Es könne somit dem Argument der Beschwerdeführerin, sie habe nicht gewusst, was sie unterzeichne, nicht gefolgt werden. Dem Vorwurf der Drohung und List sei entgegenzuhalten, dass eine Person, die der Landessprache nicht mächtig sei, keinen Vertrag unterschreiben werde, den sie nicht verstehe. Wenn die Beschwerdeführerin die Landessprache nicht verstehe, könne sie auch nicht in der Landessprache eingeschüchtert oder bedroht werden. Auch hätte die Beschwerdeführerin ihre Bekannten um Hilfe bitten und den Vertrag bereits damals wegen Irrtums oder Drohung anfechten können. Die Beschwerdeführerin habe aber keine derartigen Anstrengungen unternommen, weshalb ihr eine Verletzung der persönlichen Sorgfaltspflicht vorzuwerfen sei.

Mit der freiwilligen Zahlung der offenen Rundfunkgebühren sei die Richtigkeit des Vertrages und der Wille zum Vertragsabschluss dokumentiert worden. Von wem diese Zahlungen geleistet worden seien, sei unerheblich. Gebührenschuldner sei jene Person, auf die die Rundfunkgebührenanmeldung laute.

Hinsichtlich des Vertragspunktes 10 des Anmeldeformulares werde darauf hingewiesen, dass in der Überschrift des umrandeten Feldes eindeutig die Worte "Wirksamkeit der Anmeldung" in Großbuchstaben geschrieben seien. Das von der Beschwerdeführerin bemängelte Wort "ab" weise lediglich auf den zeitlichen Beginnzeitpunkt der Wirksamkeit der Meldung hin und sei logisch im Satzzusammenhang eingebettet. Den Wohnungsinhabern hätte auch auffallen müssen, dass die Meldung nicht auf ihren Namen, sondern auf den der Beschwerdeführerin gelautet habe; sie wären zu einer Richtigstellung verpflichtet gewesen. Primärschuldnerin sei jedoch die Beschwerdeführerin gewesen. Eine Einvernahme der Wohnungsinhaber oder Unterkunftgeber hätte zu keiner neuen Tatsache führen können. Mit der Zahlung der Gebührenschuld sei der Vertrag rechtsgültig und die Zahler würden mit der Einzahlung ohne den Versuch der Rückgängigmachung des Vertrages die Richtigkeit der geschlossenen Vereinbarung und das Bestehen bzw. das Weiterbestehen der Gebührenschuld bestätigen. Wäre die Beschwerdeführerin tatsächlich genötigt worden, so erscheine es unglaubwürdig, dass die Beschwerdeführerin dieses Argument erst im Wege der Berufung, also mehr als drei Jahre nach Unterzeichnung des betreffenden Vertrages geltend machen wolle, nachdem ihr die Höhe der mittlerweile offenen Gebührenschuld bekannt gegeben worden sei. Das Bestehenlassen eines derartigen Zustandes könne als Heilung der Nötigung oder zumindest als Anerkenntnis der bestehenden Verpflichtung und der eingegangenen Schuld gewertet werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Beschwerdeführerin sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die §§ 1 bis 3 Rundfunkgebührengesetz (in der Folge: RGG), BGBl. I Nr. 159/1999 (§ 2 Abs. 5 idF BGBl. I Nr. 71/2003 und § 3 Abs. 1 idF BGBl. I Nr. 98/2001), lauten:

"Rundfunkempfangseinrichtungen

§ 1. (1) Rundfunkempfangseinrichtungen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind technische Geräte, die Darbietungen im Sinne des Artikels I Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks, BGBl. Nr. 396/1974, unmittelbar optisch und/oder akustisch wahrnehmbar machen.

...

Gebührenpflicht, Meldepflicht

§ 2. (1) Wer eine Rundfunkempfangseinrichtung im Sinne des § 1 Abs. 1 in Gebäuden betreibt (Rundfunkteilnehmer), hat Gebühren nach § 3 zu entrichten. Dem Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung ist deren Betriebsbereitschaft gleichzuhalten.

(2) Die Gebührenpflicht nach § 1 besteht nicht, wenn

1. dem Rundfunkteilnehmer eine Befreiung (§ 3 Abs. 5) erteilt wurde oder

2. für den Standort bereits die Gebühren nach § 3 entrichtet werden.

Standort ist die Wohnung oder eine sonstige Räumlichkeit bzw. ein geschlossener Verband von Räumlichkeiten mit einheitlichem Nutzungszweck, wo eine Rundfunkempfangseinrichtung betrieben wird.

(3) Das Entstehen oder die Beendigung der Gebührenpflicht sowie die Änderung des Standorts (Abs. 2) oder Namens ist vom Rundfunkteilnehmer dem mit der Einbringung der Gebühren betrauten Rechtsträger (§ 4 Abs. 1) unverzüglich in der von diesem festgelegten Form zu melden. Die Meldung hat zu umfassen: Namen (insbesondere Vor- und Familiennamen, Firma, Namen juristischer Personen), Geschlecht und Geburtsdatum des Rundfunkteilnehmers, genaue Adresse des Standorts, Datum des Beginns/Endes des Betriebes und die Art der Rundfunkempfangseinrichtungen (Radio und/oder Fernsehen) sowie deren Anzahl, wenn sie für die Gebührenbemessung nach § 3 von Bedeutung ist.

...

(5) Liegt für eine Wohnung oder sonstige Räumlichkeit keine Meldung (Abs. 3) vor, so haben jene, die dort ihren Wohnsitz haben oder die Räumlichkeit zu anderen als Wohnzwecken nutzen, dem mit der Einbringung der Gebühren beauftragten Rechtsträger (§ 4 Abs. 1) auf dessen Anfrage mitzuteilen, ob sie Rundfunkempfangseinrichtungen an diesem Standort betreiben und zutreffendenfalls alle für die Gebührenbemessung nötigen Angaben zu machen.

...

Rundfunkgebühren

§ 3. (1) Die Gebühren sind für jeden Standort (§ 2 Abs. 2) zu entrichten und betragen ....

(2) Werden an einem Standort mehr als zehn Radio- bzw. Fernseh-Empfangseinrichtungen betrieben, so ist, sofern nicht Abs. 3 etwas anderes bestimmt, für jeweils bis zu zehn solcher Einrichtungen eine weitere Gebühr gemäß Abs. 1 zu entrichten.

..."

Das Entstehen der Gebührenpflicht nach § 2 Abs. 1 RGG knüpft ausschließlich an den Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung in einem Gebäude an. Nach § 3 Abs. 1 RGG ist die Gebühr für jeden Standort zu entrichten. Standort ist nach § 2 Abs. 2 letzter Satz RGG eine Wohnung oder eine sonstige Räumlichkeit.

Nach § 2 Abs. 3 RGG ist das Entstehen oder die Beendigung der Gebührenpflicht sowie die Änderung des Standorts oder des Namens vom Rundfunkteilnehmer, das ist der Gebührenpflichtige, unverzüglich dem mit der Einbringung der Gebühren betrauten Rechtsträger (das ist nach § 4 Abs. 1 RGG die GIS Gebühren Info Service GmbH) zu melden.

Das Entstehen und die Beendigung der Gebührenpflicht sind von einer Meldung iSd § 2 Abs. 3 RGG unabhängig. Entscheidend ist für das Bestehen der Gebührenpflicht ausschließlich, ob in einer Wohnung oder sonstigen Räumlichkeit eine Rundfunkempfangseinrichtung betrieben oder zum Betrieb bereitgehalten wird.

Aus dem Wortlaut und dem Zweck der Bestimmung des § 2 RGG ergibt sich weiters, dass Rundfunkempfänger nur jemand sein kann, dessen Wille auf den Betrieb oder das Bereithalten zum Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung gerichtet ist, sodass der bloße Umstand eines Aufenthalts in einer Wohnung oder sonstigen Räumlichkeit, in welcher eine Rundfunkempfangseinrichtung betrieben oder zum Betrieb bereitgehalten wird, noch nicht ausreicht, um eine Person als Rundfunkteilnehmer nach § 2 Abs. 1 RGG in Anspruch zu nehmen. Ob eine Person an einem Standort eine Rundfunkempfangseinrichtung betreibt oder zum Betrieb bereithält und somit die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 2 Abs. 1 RGG erfüllt werden, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Eine Meldung iSd § 2 Abs. 3 RGG bzw. die Entrichtung der Gebühren kann ein Indiz für das Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzungen darstellen, welches aber im Falle der Bestreitung durch die in Anspruch genommene Person kein Beweisverfahren ersetzt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der Beschwerdeführerin für den Zeitraum 1. März 2004 bis 31. Oktober 2004 im Instanzenzug Rundfunkgebühren und sonstige damit verbundene Abgaben und Entgelte für die Radio- und Fernsehmeldung (Kombimeldung) für eine näher genannte Teilnehmernummer und für fünf verschiedene, der Adresse nach näher bezeichnete Standorte vorgeschrieben.

Entscheidungserheblich ist im Beschwerdefall, ob die Beschwerdeführerin im Zeitraum vom 1. März 2004 bis 31. Oktober 2004 an den im angefochtenen Bescheid genannten Standorten Rundfunkempfangseinrichtungen betrieben oder zum Betrieb bereitgehalten hat.

Im angefochtenen Bescheid ging die belangte Behörde davon aus, dass der Betrieb von Rundfunkempfangseinrichtungen (bzw. deren Bereithaltung zum Betrieb) ausgehend vom Standort K-Gasse 4/18 auf drei weitere Standorte verlegt worden ist.

Die Beschwerdeführerin hat sich gegen die Gebührenvorschreibung stets mit dem Vorbringen gewendet, niemals eine Rundfunkempfangseinrichtung an der Adresse K-Gasse 4/18, 1180 Wien, betrieben (bzw. zum Betrieb bereitgehalten) zu haben. Sie sei zum Zeitpunkt der Meldung vom 21. Oktober 2002 lediglich bei Mag. Ulrike W und Michael J zu Besuch gewesen und habe das Formular über die Anmeldung des Betriebs von Rundfunkempfangseinrichtungen nur auf Drängen von Mitarbeitern der Abgabenbehörde erster Instanz und in Unkenntnis über dessen Inhalt unterfertigt.

Mit dem Vorbringen, lediglich in der genannten Wohnung zu Besuch gewesen zu sein, hat sich die belangte Behörde nicht im ausreichenden Maße auseinander gesetzt. Die unbestrittenen Feststellungen über die Unterfertigung der Meldung durch die Beschwerdeführerin und die Entrichtung der Rundfunkgebühren (allenfalls durch die Wohnungsinhaber) vermögen angesichts des Vorbringens der Beschwerdeführerin noch nicht schlüssig zu begründen, dass dieser der Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung oder deren Bereithaltung zum Betrieb an dem genannten Standort zuzurechnen sei. Die im angefochtenen Bescheid geäußerte Ansicht der belangten Behörde, wonach die (beantragte) Einvernahme der von der Beschwerdeführerin als Wohnungsinhaber und Betreiber der Rundfunkempfangsanlage genannten Zeugen zu keinen neuen Tatsachen hätte führen können, ist nicht nachvollziehbar und widerspricht im Übrigen dem Verbot der vorweggenommenen Beweiswürdigung (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, unter E 229 ff zu § 45 AVG wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Dazu kommt, dass auch nach den Feststellungen der belangten Behörde die Beschwerdeführerin nie an der als Standort bezeichneten Wohnung K-Gasse 4/18, sondern ausschließlich an der Adresse K-Gasse 4/20 gemeldet war.

Da die belangte Behörde nicht schlüssig begründen konnte, wieso (vor dem genannten Gebührenzeitraum) der Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung am Standort K-Gasse 4/18 der Beschwerdeführerin zuzurechnen sei, konnte sie auch nicht - ausschließlich gestützt auf polizeiliche Ummeldungen der Beschwerdeführerin von der K-Gasse 4/20 auf andere Adressen - von einer Verlegung des Standortes der Rundfunkempfangseinrichtung auf diese anderen Adressen ausgehen. An welchen dieser Standorte zu welchen Zeiten des Gebührenzeitraums März bis Oktober 2004 die Beschwerdeführerin Rundfunkempfangseinrichtungen betrieben bzw. zum Betrieb bereitgehalten hätte, ist im Übrigen dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen.

Da die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit dem dargestellten Begründungsmangel belastet hat, war dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 31. März 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2006170039.X00

Im RIS seit

06.06.2008

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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