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L37152 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Krnt 1992 §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des M in St. Stefan im Lavanttal, vertreten durch Mag. Heimo Fresacher, Rechtsanwalt in 9400 Wolfsberg, Herrengasse 1/4, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 11. Oktober 2005, Zl. 7- B-BRM-842/5/2005, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Wolfsberg), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 13. November 2000 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde (im Folgenden: Bürgermeister) dem Beschwerdeführer die Baubewilligung für die Errichtung einer Schießstätte, eines Betriebsgebäudes mit Büro, eines Lagers und von Garagen sowie eines Waschplatzes, eines Mineralölabschneiders und eines Abstellplatzes unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen.
Gemäß einer Stellungnahme des zuständigen Gendarmeriepostens vom 24. Jänner 2003, betreffend Nachbarschaftsbeschwerden, habe der Beschwerdeführer telefonisch befragt angegeben, dass derzeit die Schießstätte seine private Schießstätte sei.
Anlässlich eines Ortsaugenscheins am 8. Juli 2004 stellte der bautechnische Amtsachverständige fest, dass vom gesamten genehmigten Projekt lediglich mit dem Bau der Schießanlage samt Schützenhaus begonnen worden sei. Es sei bis zu diesem Zeitpunkt die Schießanlage mit den erforderlichen Sicherungswällen errichtet worden, wobei die Sicherungswälle nicht der Auflage Nr. 29 des Baubewilligungsbescheides entsprächen. Die erforderlichen Hochblenden seien nicht errichtet worden. Im Bereich der Schießstände und des Ganges sei ein gegenläufiges Pultdach mit einer schrägen Betondecke errichtet worden, welche 3 m über die geplante Außenmauer hinausragen würde. Das Gebäude befände sich im Rohbau, wobei Fenster und eine provisorische Eingangstür eingesetzt seien.
Mit Eingabe vom 31. August 2004 ersuchte der Beschwerdeführer um die Abänderung der Baubewilligung dahingehend, dass die Überdachung des Schießstandes von ca. 2,5 auf ca. 3,5 Laufmeter mit einem geschlossenen Mauerwerk abgeändert und dass das Dach über dem Schießstand in Fertigbeton ausgeführt werde. Mit Bescheid vom 28. Oktober 2004 erteilte der Bürgermeister dem Beschwerdeführer die Baubewilligung für die begehrte Änderung nach Maßgabe des Abänderungsplans unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen.
Mit "Aufforderung zur Vorlage der fehlenden Bauvollendungsmeldung" vom 23. November 2004 hielt die Baubehörde dem Beschwerdeführer vor, es sei im Zuge einer behördlichen Kontrolltätigkeit festgestellt worden, dass die mit Bescheid vom 13. November 2000 genehmigte Schießstätte, das Betriebsgebäude mit Büro, Lager und Garagen, der Waschplatz, der Mineralölabscheider und der Abstellplatz bereits in Benützung genommen worden seien, ohne dass die Vollendung gemeldet und die erforderlichen Belege und Bestätigungen beigebracht worden wären. Unter Hinweis auf die Meldepflicht nach § 39 Abs. 1 Kärntner Bauordnung 1996 (hier in der Fassung LGBl. Nr. 22/2004; BO) wurde dem Beschwerdeführer ein Formblatt mit dem Ersuchen übermittelt, dieses unter Anschluss der erforderlichen Bestätigungen und Belege innerhalb von zwei Wochen vorzulegen. Bei Nichtbefolgung würde die Benützung untersagt werden.
In seiner Stellungnahme vom 14. Dezember 2004 führte der Beschwerdeführer aus, dass er das Bauvorhaben weder vollendet habe noch dass er dieses zu dem beabsichtigten und genehmigten Zweck benütze. Bisher habe er lediglich mit den Ausführungsarbeiten betreffend die geplante Schießstätte begonnen, wobei im Wesentlichen die Schutzwälle, die Kugelfänge, die Schießräume für Lang- und Kurzwaffen sowie das Schießstättengebäude errichtet worden seien. Ansonsten stünden nur Container und Baumaschinen auf dem Grundstück, welche der Errichtung der Betriebsanlage dienen würden. Keinesfalls könne von einer Vollendung des Bauvorhabens im Sinne des § 39 Abs. 1 BO gesprochen werden, sodass er nicht zu einer entsprechenden Meldung verpflichtet sei.
Mit Bescheid vom 20. Dezember 2004 untersagte der Bürgermeister gemäß § 40 Abs. 4 BO die Benützung der mit Bescheid vom 13. November 2000 und mit Abänderungsbescheid vom 28. Oktober 2004 bewilligten Schießstätte. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass die Bauvollendungsmeldung und sämtliche Bestätigungen fehlen würden, weshalb die Benützung des Gebäudes bzw. der baulichen Anlage zu untersagen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung: Er sei zwar tatsächlich mit Schreiben vom 23. November 2004 aufgefordert worden, die Bauvollendungsmeldung abzugeben und die Bestätigungen vorzulegen, jedoch sei ihm dieses nicht möglich gewesen, da das Bauvorhaben weder vollendet noch zu dem beabsichtigten und genehmigten Zweck in Benützung genommen worden sei. Auf diesen Umstand habe der Beschwerdeführer bereits mit dem Schreiben vom 14. Dezember 2004 hingewiesen. Durch das Benützungsverbot wäre ihm jegliche private Nutzungsmöglichkeit genommen.
Mit Bescheid vom 21. April 2005 wies der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde die Berufung des Beschwerdeführers ab. Es müsse jedenfalls von einer Teilvollendung ausgegangen werden; auch werde die Schießstätte "privat" benützt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung an die belangte Behörde und führte im Wesentlichen aus, dass die Schießstätte weder vollendet noch teilvollendet noch zu dem beabsichtigten und genehmigten Zweck in Benützung genommen worden sei. Es seien erst die Schutzwälle, die Kugelfänge, die Schießräume und das Schießstättengebäude errichtet worden. Die Anlage könne noch gar nicht benützt werden, da wesentliche Elemente, wie z.B.: Schutzbleche, Überdachung der Kugelfänge und elektrische Installationen, noch nicht vorhanden seien, sodass aus diesem Grund die Untersagung der Benützung ins Leere gehen würde. Die Anrainerbeschwerden und die Erhebungen des Gendarmeriepostens Wolfsberg seien keine Grundlage zur Qualifikation des Bauwerkes als fertig gestellt. Auch habe die Berufungsbehörde die Argumentation des Beschwerdeführers unberücksichtigt gelassen, dass noch nicht sämtliche für die gewerbebehördliche Genehmigung der gegenständlichen Schießstätte erforderlichen konstruktiven Merkmale plangemäß vorliegen würden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Vorstellung als unbegründet ab. Sie stellte fest, dass die Baubehörde erster Instanz dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 23. November 2004 aufgetragen hatte, die Bestätigungen der Unternehmer binnen einer Frist von zwei Wochen vorzulegen. Auf eine Vollendung des Bauvorhabens komme es nicht an, da § 40 Abs. 3 BO lediglich von "ausführen" spreche. Auch § 36 Abs. 1 BO treffe eine Differenzierung zwischen "vollenden" und "ausführen", die in § 40 Abs. 3 BO nicht getroffen werde. Würde man der Rechtsansicht des Beschwerdeführers folgen, könnte die Benützung eines Bauwerkes, welches ohne Baubewilligung errichtet wurde, durch die Baubehörde nicht untersagt werden. Anlässlich einer baupolizeilichen Überprüfung vom 8. Juli 2004 sei festgestellt worden, dass die Schießanlage samt Schützenhaus in abgeänderter Form bereits errichtet worden sei. Nach eigenen Angaben des Beschwerdeführers sei die Anlage bereits privat genützt worden. Es komme nicht darauf an, ob der Beschwerdeführer die Schießanlage gewerblich benütze.
In seiner dagegen erhobenen Beschwerde begehrt der Beschwerdeführer die Aufhebung des Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift. Die Mitbeteiligte legte Fotos vom 10. Jänner 2006 vor, aus welchen die Teilvollendung ersichtlich sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die rechtlichen Voraussetzungen für die Benützung eines bewilligten und ausgeführten Vorhabens waren in der Kärntner Bauordnung 1992 in den §§ 37 f in Form einer über Antrag zu erlassenden Benützungsbewilligung geregelt; aus der Strafbestimmung des § 48 Abs. 1 Z. 3 lit. d leg. cit. ("Anlagen nach § 35 Abs. 2 oder Teile von solchen vor Wirksamkeit der Benützungsbewilligung benützt oder benützen lässt") ergab sich, dass die Benützung ohne Benützungsbewilligung unzulässig war (Hauer, Kärntner Baurecht2, 192). Damit war auch der Fall erfasst, dass gar nicht um Benützungsbewilligung angesucht worden war.
Mit der BO 1996 wurde die Benützungsbewilligung durch eine Meldung bzw. deren Bestätigung - vergleichbar einer Bauanzeige - ersetzt. Die diesbezüglichen §§ 39 und 40 BO lauten auszugsweise:
"§ 39
Meldepflicht
(1) Die Vollendung von Vorhaben nach § 6 lit a, b, d und e ist der Behörde binnen einer Woche schriftlich zu melden. Zur Meldung ist derjenige verpflichtet, in dessen Auftrag das Vorhaben ausgeführt wurde.
(2) Gleichzeitig mit der Meldung der Vollendung des Vorhabens
(Abs 1) sind vom Bauleiter Bestätigungen aller mit der Ausführung
des Vorhabens betrauten Unternehmer (§ 29 Abs 1) vorzulegen, aus
denen jeweils hervorgeht, dass die Ausführung des Vorhabens
entsprechend
a) der Baubewilligung einschließlich der ihr zu Grunde
liegenden Pläne, Berechnungen und Beschreibungen,
b) den Bestimmungen des § 29 Abs. 1 und 2 sowie
c) den Bestimmungen der Kärntner Bauvorschriften
erfolgte.
§ 40
Prüfung
(1) Die Behörde hat zu prüfen, ob
a) ...
b) ...
c)
alle Bestätigungen der Unternehmer nach § 39 Abs. 2 vorliegen.
(2) Werden die Belege nach Abs. 1 lit a bis c vollständig beigebracht, darf das Gebäude oder die sonstige bauliche Anlage - vorbehaltlich des Abs. 4 - nach Ablauf von einer Woche ab Einlangen der Meldung nach § 39 Abs. 1 benützt werden, sofern den Bestätigungen nach § 39 Abs. 2 die Qualität öffentlicher Urkunden zukommt. Ist dies nicht der Fall, beträgt die Frist nach dem ersten Satz vier Wochen. Die vollständige Beibringung der Belege nach Abs. 1 lit a bis c ist auf Antrag des nach § 39 Abs. 1 zur Meldung Verpflichteten durch die Behörde zu bestätigen.
(3) Werden die Belege nach Abs. 1 lit a bis c nicht oder nicht vollständig beigebracht, hat die Behörde denjenigen, in dessen Auftrag das Vorhaben ausgeführt wurde, aufzufordern, die vollständigen Belege binnen einer angemessen festzusetzenden Frist nachzureichen.
(4) Werden die vollständigen Belege nach Abs. 1 lit a bis c innerhalb der gemäß Abs 3 festgesetzten Frist nicht nachgereicht, so hat die Behörde die Benützung des Gebäudes oder der sonstigen baulichen Anlage zu untersagen. Dies gilt auch, wenn trotz Beibringung der Belege nach Abs. 1 lit a bis c der Benützung unbehebbare Mängel im Hinblick auf die Sicherheit oder Gesundheit entgegenstehen. Stellt die Behörde sonstige Mängel fest, so hat sie deren Behebung binnen einer angemessen festzusetzenden Frist mit Bescheid zu verfügen."
Als Sanktion für die Nichteinhaltung dieser Bestimmungen ist gemäß § 50 Abs. 1 lit. d BO mit einer Geldstrafe bis EUR 2.180,-- zu bestrafen, wer,
"Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen oder Teile von solchen vor Ablauf der Frist nach § 40 Abs 2 oder entgegen einer behördlichen Untersagung nach § 40 Abs 4 benützt oder benützen lässt;".
Wenn nach dem eindeutigen Wortlaut des § 40 Abs. 2 BO die Anlage jedenfalls erst nach der vollständig belegten Meldung benützt werden darf, so bedeutet dies umgekehrt, dass die Anlage vor vollständiger Meldung nicht benützt werden darf. Das Unwerturteil des Gesetzgebers hinsichtlich der Benützung vor vollständiger Meldung bezieht sich selbstverständlich nicht nur auf den Zeitraum zwischen unvollständiger und vollständiger Meldung bzw. auf die eine oder die vier Wochen des § 40 Abs. 2 BO. Es würde dem massiven öffentlichen Interesse daran, dass (mehr oder weniger) ausgeführte Vorhaben erst nach entsprechender Prüfung benützt werden dürfen, diametral zuwiderlaufen, wenn die - unvollendete oder vollendete - Anlage vor der Meldung uneingeschränkt benützt werden dürfte und erst durch eine unvollständig belegte Meldung das Benützungsverbot des § 40 Abs. 2 BO wirksam werden soll.
Davon ausgehend muss bei einer gebotenen verfassungskonformen, am Sachlichkeitsgebot orientierten Interpretation die in Abs. 4 des § 40 BO vorgesehene Untersagung der Benützung schon dann möglich sein, wenn eine Benützung vor Erfüllung der Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 BO erfolgte. Die Untersagung des § 40 Abs. 4 BO, die (auch) an die (trotz Fristsetzung) unvollständige Meldung geknüpft wird, muss bei einer systematischen Interpretation umso mehr möglich sein, wenn überhaupt keine Meldung erfolgt und die ungeprüfte Anlage tatsächlich benützt wird.
Ausgehend von diesen Erwägungen sind die Verwaltungsbehörden zu Recht mit einer Untersagung gemäß § 40 Abs. 4 BO vorgegangen. Da eine Benützung vor Erfüllung der Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 BO jedenfalls unzulässig ist, ist es ohne Belang, inwieweit das Vorhaben schon vollendet ist und ob die Benützung "privat" oder "gewerblich" erfolgt.
Einen Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Eigentumsrecht hätte der Beschwerdeführer vor dem Verfassungsgerichtshof geltend machen müssen.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unberechtigt, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 31. März 2008
Schlagworte
Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein BauRallg9/1Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2005050347.X00Im RIS seit
01.05.2008Zuletzt aktualisiert am
08.01.2013