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97 VergabewesenNorm
B-VG Art144 Abs1 / LegitimationLeitsatz
Einstellung eines Beschwerdeverfahrens betreffend eine einstweilige Verfügung hinsichtlich der Aussetzung eines Vergabeverfahrens; keine Legitimation der beschwerdeführenden Gesellschaft nach Eintritt des für die Aussetzung fixierten EndterminsSpruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Kosten werden nicht zugesprochen.
Begründung
Begründung:
1. a) Der Bund führte in Auslobergemeinschaft mit einer Kapitalgesellschaft ein Vergabeverfahren betreffend "Erstellung von Ausschreibungsunterlagen und Ausschreibungsabwicklung für die Bestbieterermittlung von Energiesparcontractoren" durch, in dessen Verlauf sich zwei Bieter mit Nachprüfungsanträgen an das Bundesvergabeamt (BVA) wandten und unter einem die vorläufige Aussetzung des Vergabeverfahrens begehrten.
Vor Ablauf der beiden antragsgemäß (jedoch längstens für die Dauer von zwei Monaten) erlassenen einstweiligen Verfügungen erließ das BVA über neuerlichen Antrag der beiden Bieter zwei weitere einstweilige Verfügungen des Inhalts, dass das Vergabeverfahren für die Dauer des (jeweiligen) Nachprüfungsverfahrens, längstens jedoch bis zum 15. bzw. 20. April 2002, ausgesetzt wird. In dem einen Fall untersagte es dem Auftraggeber auch ausdrücklich die Erteilung des Zuschlages, wies aber das Mehrbegehren, nämlich die Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit einer Geltungsdauer von mehr als zwei Monaten, ab.
b) Gegen diese zwei weiteren einstweiligen Verfügungen richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde des Bundes, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz und ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide beantragt wird.
2. a) Das BVA legte die Verwaltungsakten vor, erstattete aber keine Gegenschrift.
b) Einer der beiden vor dem BVA antragstellenden Bieter erstattete eine Äußerung, in der er u.a. die Zulässigkeit der Beschwerde im Hinblick darauf anzweifelte, dass mittlerweile in dem von ihm initiierten Nachprüfungsverfahren mit Bescheid vom 20. April 2002 in der Sache selbst entschieden, nämlich insbesondere die Zuschlagsentscheidung für nichtig erklärt worden ist, und infolge dessen die Auslobergemeinschaft die Ausschreibung widerrufen hat.
c) Über entsprechende Aufforderung brachte der beschwerdeführende Bund eine Stellungnahme ein, in der er im Wesentlichen vorbrachte, dass er die Beschwerde - obgleich das Vergabeverfahren zwischenzeitig widerrufen worden ist - deshalb aufrecht erhalte, weil das BVA in einem der angefochtenen Bescheide der "Republik Österreich" vorwerfe, es "mit zu wenig Personal ausgestattet zu haben und deshalb den gesetzlichen bzw. gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommen zu sein". Abgesehen davon, dass ein derartiger Bescheid
"ein Paradebeispiel für eine willkürliche Entscheidung einer Behörde dar[stellt], ... betrifft [er] letztendlich auch die Staatsgerichtsbarkeit im Sinne des Art142 B-VG der obersten Bundes- und Landesorgane. Im Hinblick darauf, dass der Verfassungsgerichtshof auch über Anklagen zu erkennen hat, mit welchen die verfassungsmäßige Verantwortlichkeit der obersten Bundes- und Landesorgane für die durch ihre Amtstätigkeit erfolgten schuldhaften Rechtsverletzungen geltend gemacht wird, besteht jedenfalls Interesse daran, dass der gegenständliche Bescheid, mag er auch in concreto ... nicht mehr von Relevanz sein, rückwirkend aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird".
3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist die auch im Zeitpunkt seiner Entscheidung erforderliche Beschwerdelegitimation nur dann gegeben, wenn durch den bekämpften Bescheid irgendein subjektives Recht der beschwerdeführenden Partei verletzt worden sein kann, mithin, wenn die bescheidmäßigen Anordnungen oder Feststellungen ein Rechtsschutzinteresse der beschwerdeführenden Partei auslösen und bewirken (vgl. etwa VfSlg. 9423/1982, 15.146/1998 ua.).
Mit den bekämpften einstweiligen Verfügungen wurde u.a. dem Bund im Wesentlichen aufgetragen, das von ihm in Gemeinschaft mit einer Gesellschaft durchgeführte Vergabeverfahren auszusetzen. Die Geltungsdauer dieser Verfügungen war bis zur Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch mit zwei Monaten befristet. Mittlerweile wurde auch - wie oben ausgeführt - die Zuschlagsentscheidung vom BVA für nichtig erklärt und das Vergabeverfahren vom Auftraggeber widerrufen.
Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 30. November 2002, B85/02, ausführte, kann von einer Berührung von Rechtspositionen durch eine einstweilige Verfügung des BVA "seit Eintritt des im angefochtenen Bescheid fixierten Endtermins für die 'Aussetzung' jedenfalls dann nicht mehr die Rede sein, wenn in der Hauptsache bereits eine Erledigung erfolgt ist". Damit verliert - so der Verfassungsgerichtshof weiter - die den Auftraggeber treffende Unterlassungspflicht ihre Wirkung, weshalb jedenfalls ab diesem Zeitpunkt ein Rechtsschutzinteresse und damit auch die Beschwerdelegitimation nicht (mehr) gegeben sind (vgl. auch VfGH 11.6.2002, B476/01).
Auch die vom beschwerdeführenden Bund ins Treffen geführten Gründe sind nicht geeignet, die Annahme eines - weiter bestehenden - Rechtsschutzinteresses für das verfassungsgerichtliche Verfahren gemäß Art144 B-VG zu begründen, weil - wie der Gerichtshof in dem vorhin zitierten Beschluss im Hinblick auf etwaige Fern- und Folgewirkungen eines derartigen Bescheides ebenfalls ausführte - diese in den jeweils vorgesehenen Verfahren, etwa vor den für die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen zuständigen ordentlichen Gerichten, sehr wohl auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfbar sind. Dies gilt sinngemäß auch in Ansehung staatsrechtlicher Anklagen vor dem Verfassungsgerichtshof.
4. Da sohin auszuschließen ist, dass im Beschwerdefall nach Ablauf der Geltungsdauer der einstweiligen Verfügungen die Möglichkeit einer fortwirkenden Verletzung des beschwerdeführenden Bundes in seinen Rechten durch die angefochtenen Bescheide gegeben ist, war das Beschwerdeverfahren wegen des (nach Beschwerdeerhebung eingetretenen) Wegfalls des rechtlichen Interesses des beschwerdeführenden Bundes an einer Sachentscheidung des Verfassungsgerichtshofes (und damit der Beschwerdelegitimation) in sinngemäßer Anwendung des §86 VfGG einzustellen.
5. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z3 VfGG ohne vorherige mündliche Verhandlung beschlossen werden.
Kosten waren nicht zuzusprechen, weil die Voraussetzungen des §88 VfGG nicht vorliegen.
Schlagworte
Geltung eines Bescheides, Rechtsschutz, Rechtsstaatsprinzip, Vergabewesen, VfGH / Gegenstandslosigkeit, VfGH / Kosten, VfGH / LegitimationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2003:B691.2002Dokumentnummer
JFT_09969389_02B00691_2_00