Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §1332;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2007/18/0781Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schmidl, über den Antrag des LN in W, geboren am 18. Juni 1986, vertreten durch Dr. Stefan Petrofsky, Rechtsanwalt in 1190 Wien, Pyrkergasse 36, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist sowie über die Beschwerde gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 6. August 2007, Zl. E1/339.002/2007, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, den Beschluss gefasst:
Spruch
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
2. Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.
Begründung
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 6. August 2007 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Dieser Bescheid wurde dem damaligen Vertreter des Beschwerdeführers Dr. D, Rechtsanwalt in Wien, am 6. August 2007 um 17.32 Uhr per Telefax zugestellt.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, am 18. September 2007 zur Post gegebene Beschwerde.
3. Mit hg. Verfügung vom 26. September 2007 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 41 Abs. 1 VwGG Gelegenheit gegeben, zur offensichtlichen Verspätung der Beschwerde innerhalb von 14 Tagen Stellung zu nehmen.
4. In seiner mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verbundenen Stellungnahme vom 16. Oktober 2007 brachte der Beschwerdeführer vor, dass die Kanzlei des Rechtsanwaltes Dr. D, des früheren Vertreters des Beschwerdeführers, am 6. August 2007 lediglich bis 17.00 Uhr besetzt war, sodass das genannte Telefax mit dem angefochtenen Bescheid erst am 7. August 2007 von der Mitarbeiterin des Dr. D vorgefunden worden sei. Diese habe die Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ausgehend von diesem Tag berechnet. Daher ersuche der Beschwerdeführer die Beschwerde als rechtzeitig eingebracht anzuerkennen.
Den eventualiter gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerde begründet der Beschwerdeführer damit, dass er seinem nunmehrigen Vertreter am 10. September 2007 Vollmacht erteilt habe. Auf dem angefochtenen Bescheid sei durch die Kanzlei Dr. D der Vermerk "FRIST: 18.09.2007" angebracht gewesen. Der nunmehrige Vertreter des Beschwerdeführers kenne die verlässliche Arbeitsweise der Kanzlei Dr. D. Aus diesem Grunde sei die "Frist:
18.09.2007" ohne weitere Prüfung übernommen und in das Fristenbuch des nunmehrigen Vertreters des Beschwerdeführers eingetragen worden.
Für den Fall, dass es sich bei der Fristeintragung durch die Kanzleikraft um einen Fehler handle, der durch deren Irrtum entstanden sei, werde ersucht, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Der (nunmehrige) Rechtsfreund sei durch einen unabwendbaren und unvorhersehbaren Umstand, nämlich durch die unrichtige Eintragung der Frist zur Einbringung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde, gehindert worden, diese rechtzeitig einzubringen. Er habe keine Veranlassung gehabt, die Beschwerde vor Ablauf dieser Frist abzusenden. Er habe sich darauf verlassen können, dass die Frist durch die Rechtsanwaltskanzlei Dr. D richtig eingetragen worden sei, zumal ihm diese Kanzlei seit langem als zuverlässig bekannt sei. Der Irrtum der Kanzleikraft anzunehmen, dass die Rechtsmittelfrist erst dann zu laufen beginne, "wenn das Schriftstück irgendjemand in der Kanzlei zur Kenntnis kommt und nicht selbst dann zu laufen beginnt, wenn die Rechtsanwaltskanzlei nicht besetzt ist, weil das Schriftstück nach Kanzleischluss in die Kanzlei gefaxt wurde", müsse als entschuldbarer Fehler bewertet werden.
5. Die Zustellung des angefochtenen Bescheides durch Telefax war zulässig (vgl. zu dieser bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Rechtslage Köhler, Aktuelle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verwaltungsverfahren, ÖJZ 2007/561 ff, sowie das hg. Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2007/21/0019).
Gemäß § 1 Abs. 2 iVm § 26a des Zustellgesetzes idF vor der Änderung durch die Novelle BGBl. I Nr. 10/2004, die gemäß § 40 Abs. 5 Zustellgesetz in der Übergangszeit weiterhin anzuwenden sind, gelten im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in einer anderen technisch möglichen Weise übermittelte Sendungen als zugestellt, sobald ihre Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Dies war nach dem unbestrittenen Vorbringen des Beschwerdeführers am 6. August 2007 der Fall. Die Beschwerdefrist hat daher vorliegend am 17. September 2007 geendet.
6. Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Der Begriff des minderen Grades des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber darf nicht auffallend sorglos gehandelt, somit nicht die im Verkehr mit Gerichten und Behörden für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl. den hg. Beschluss vom 25. September 2007, Zlen. 2007/18/0321, 0322). Das Verschulden eines Vertreters ist der Partei zuzurechnen.
Im vorliegenden Fall hat der Vertreter des Beschwerdeführers sich auf die Richtigkeit eines von einem nicht seiner eigenen Kanzleiorganisation angehörenden Dritten angebrachten Vermerks über den Tag der Zustellung des gegenständlichen Bescheides verlassen, ohne das Zustelldatum persönlich (etwa durch Einsichtnahme in die Dokumentation über den tatsächlichen Zugang des Fax) zu erheben. Er hat sohin nicht etwa (nur) eine Überwachungspflicht gegenüber seinen eigenen Mitarbeitern verletzt (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 3. April 2001, Zl. 2000/08/0214), sondern dadurch, dass er sich auf den von einem Dritten angebrachten Zustellvermerk einfach verlassen hat, eine über den minderen Grad des Versehens hinausgehende Sorglosigkeit zu verantworten.
Da die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 VwGG für die Bewilligung der Wiedereinsetzung somit nicht vorliegen, war der diesbezügliche Antrag abzuweisen.
7. Nach dem Gesagten (oben 5.) war die erst am 18. September 2007 zur Post gegebene Beschwerde gegen den bereits am 6. August 2007 zugestellten Bescheid wegen Versäumung der gemäß § 26 Abs. 1 VwGG sechswöchigen Beschwerdefrist als verspätet zurückzuweisen.
Wien, am 31. März 2008
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007180711.X00Im RIS seit
04.07.2008Zuletzt aktualisiert am
25.01.2009