TE Vwgh Erkenntnis 2008/3/31 2007/05/0103

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Veröffentlicht am 31.03.2008
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);

Norm

ABGB §6;
ABGB §7;
BauO NÖ 1996 §33 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der M in Hohenruppersdorf, vertreten durch Dr. Martin Wandl und Dr. Wolfgang Krempl, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Kremsergasse 19, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 15. März 2007, Zl. RU1-BR-492/007-2005, betreffend Bauauftrag (mitbeteiligte Parteien: 1. Marktgemeinde Hohenruppersdorf, 2. Z und 3. G, beide in 2223 Hohenruppersdorf, Parkstraße 6), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 8. April 1999 wurde dem Ludwig Z. sowie den zweit- und drittmitbeteiligten Parteien über deren Antrag die Baubewilligung zum Abbruch des bestehenden Lagergebäudes und zum Zubau eines Wohn- und Geschäftsgebäudes auf dem Bauplatz in Hohenruppersdorf 99, Grundstück Nr. .177, der Liegenschaft EZ 99, KG Hohenruppersdorf, erteilt. Plangemäß ist der Zubau an der westlichen Grundstücksgrenze an das bestehende Wohnhaus der Beschwerdeführerin, Hohenruppersdorf Nr. 101, Grundstück Nr. .175/1, anzubauen. Im Baubewilligungsbescheid ist unter Punkt 26 folgende Auflage enthalten:

"26. Zwischen den beiden Objekten M. (Beschwerdeführerin) und Z. (zweit- und drittmitbeteiligte Parteien) ist eine Vertikalisolierung als Gleitschicht vom Fundament bis zur Traufe einzulegen."

Mit Eingabe vom 18. September 2001 teilte die Beschwerdeführerin dem Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde unter Bezugnahme auf den Auflagepunkt 26 des erwähnten Baubewilligungsbescheides mit, dass die "Vertikalisolierung ... nicht eingelegt" worden sei. Sie forderte die bescheidmäßige Ausführung durch den Einbau der Vertikalisolierung, insbesondere deswegen, weil in den letzten Tagen massiv Wasser in das Mauerwerk ihres Hauses durch diese mangelhafte Bauausführung eingedrungen sei; die Feuchtigkeit sei an der Innenseite der Mauern ersichtlich.

Bei einem am 1. Februar 2002 von der Baubehörde durchgeführten Ortsaugenschein wurde festgestellt, dass die Vertikalisolierung als Gleitschicht in Form einer 2 cm starken Weichfaserplatte beginnend von der Oberkante Kellerdecke bis zur Traufe der beiden Objekte führe. Im Bereich des Dachverschnittes der beiden Dächer sei die Trennfuge spenglermäßig tagwasserdicht verschlossen.

Der beigezogene Bausachverständige führte in seinem Gutachten aus, dass das Einlegen einer 2 cm starken Weichfaserplatte als Gleitschicht zwischen den beiden Objekten als sach- und fachgerechte Ausführung anzusehen sei.

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Bauauftrages wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 17. Juni 2002 als unbegründet abgewiesen.

Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 9. Jänner 2003 als unbegründet abgewiesen.

Mit hg. Erkenntnis vom 18. März 2004, Zl. 2003/05/0030, wurde jedoch dieser Vorstellungsbescheid auf Grund einer Beschwerde der auch hier beschwerdeführenden Partei wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf dieses Erkenntnis verwiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof erachtete die Verwaltungsrechtssache für noch nicht spruchreif und führte aus:

Der bautechnische Amtssachverständige habe in seinem Gutachten nicht die Auswirkungen der angebrachten Gleitschicht auf das von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Nachbarrecht berücksichtigt und sich nur mit der Funktion der eingelegten Weichfaserplatte als Gleitschicht, nicht aber mit der Frage befasst, ob sie auch den Anforderungen einer "Vertikalisolierung" im Sinne der fraglichen Auflage entspräche.

Mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 20. Oktober 2004 wurde der Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde Hohenruppersdorf vom 17. Juni 2002 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der Marktgemeinde Hohenruppersdorf als Baubehörde zweiter Instanz im Sinne der Erwägungen im hg. Erkenntnis vom 18. März 2004 zurückverwiesen.

Nach Zurückverweisung der Verwaltungsrechtssache an die Baubehörde erster Instanz mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 28. Februar 2005 führte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde eine baubehördliche Überprüfung zum Zwecke der Feststellung von Baugebrechen gemäß § 33 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1996 an Ort und Stelle beim Grundstück der zweit- und drittmitbeteiligten Parteien am 9. Juni 2005 durch. Der beigezogene bautechnische Amtssachverständige führte in seinem Gutachten u.a. aus, dass Gebäudetrennfugen gemäß dem Stand der Technik als schalldämmende Maßnahmen und Verhinderung von Verzahnungen bzw. Verkeilungen zwischen zwei Gebäuden anzusehen seien. Diese Trennfugen würden grundsätzlich mit mineralischen Faserdämmplatten oder Gleichwertigem zu einem Großteil ausgefüllt. Diesbezüglich werde auf die Ausführungsbestimmungen der ÖNORM 8115- 4 sowie die DIN 4109 verwiesen. Gemäß dieser Regelungen seien Trennfugen vom Fundament bis zum oberen Ende des Ortganges oder der Traufe, wo der regenwasserdichte Anschluss an das Anrainergebäude erfolge, zu führen. Diese Trennfugen würden mit schalldämmendem Material in der Regel in Plattenform ausgefüllt, wobei ein Spielraum von 1 bis 3 cm (Luftpolster ein- oder beidseitig) als wünschenswert angesehen werde. Dieser Dämmstoff sollte grundsätzlich ein weicher Mineralfaserdämmstoff sein, welcher keine allzu große Eigenhärte aufweise, um Schallbrücken, die bei hartem Dämmstoff möglich seien, grundsätzlich zu vermeiden. Diese Gebäudetrennfuge sei an ihrem oberen Ende und den Seitenflächen durch geeignete Maßnahmen, wie Verblechungen, Fugenbänder oder Metallschienen abzudecken und gegen Eindringen von Oberflächenwasser wirksam zu schützen. Da nicht alle von der Wirtschaft angebotenen, als Dämmmaterial geeigneten Baustoffe zu 100 % feuchtigkeitsresistent seien, sei speziell während der Bauphase darauf zu achten, dass keine unnötige Vernässung der Gebäudefuge und des Dämmmateriales eintrete. Keineswegs seien diese Gebäudetrennfuge und diese Trennschicht als Feuchtigkeitsisolierung zwischen zwei Bauwerken zu verstehen, da grundsätzlich nicht davon ausgegangen werde, dass bei oberirdischen Gebäuden horizontale Druckwasserkräfte auftreten. Dies sei nur bei Horizontalwänden unterirdischer Gebäude, welche sich im Anschluss an ein Erdreich oder unter Grundwasserniveau befänden, zutreffend. Eine Gebäudetrennfuge wasserdicht herzustellen, entspreche nicht dem Stand der Technik.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 28. Juli 2005 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Bauauftrages betreffend die im Baubewilligungsbescheid angeordnete Trennfuge als unbegründet abgewiesen. In der Begründung stützte sich die Baubehörde auf das Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung begehrte die Beschwerdeführerin, dass die Trennfuge im Sinne der seinerzeitigen Auflage in Form einer Vertikalisolierung und Gleitschicht ausgeführt werde, wobei die Isolierung auch die Funktion der Feuchtigkeitsisolierung zu umfassen habe.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 14. November 2005 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. In dem von der Baubehörde erster Instanz eingeholten Gutachten des Amtssachverständigen seien die Ausführung und der Zweck der Gebäudetrennfuge laut Auflagenpunkt 26 des Baubewilligungsbescheides näher dargelegt. Demnach sei eine Gebäudetrennfuge nie als Feuchtigkeitsisolierung zwischen zwei Baukörpern anzusehen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass im Gutachten des Amtssachverständigen die genaue Ausführung und der Zweck einer Gebäudetrennfuge nach Auflagenpunkt 26 des ursprünglichen Genehmigungsbescheides dargelegt worden seien; weiters hätte der Sachverständige ausgeführt, dass eine Gebäudetrennfuge nie als Feuchtigkeitsisolierung zwischen zwei Baukörpern anzusehen sei. Die Schlüssigkeit dieses Gutachtens, das auf Grund einer umfangreichen Befundaufnahme erstellt worden sei, sei widerspruchsfrei und mit den Denkgesetzen in Einklang zu bringen. Die Beschwerdeführerin sei diesem Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Die Baubehörden hätten dem Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 18. März 2004 nicht entsprochen. Auch die belangte Behörde habe sich nicht damit auseinander gesetzt, wie der im Bewilligungsbescheid des Jahres 1999 verwendete Terminus technicus "Vertikalisolierung" zu verstehen sei. Bei einer Schallisolierung könne nicht von einer Vertikalisolierung gesprochen werden. Auch die Argumentation, welche Maßnahmen üblicherweise bei Gebäudetrennfugen angeordnet würden, sei wenig hilfreich, da hiedurch die Verwendung des bautechnisch eindeutig dem Feuchtigkeitsschutz zuzuordnenden Begriffes der Vertikalisolierung nicht erklärt werde. Maßgeblich für den konkreten Sachverhalt sei nicht die Frage, welche bautechnischen Maßnahmen üblicherweise oder nach dem heutigen Stand der Technik verfügt würden, sondern wie die konkret festgelegte Maßnahme der Vertikalisolierung im Baubescheid des Jahres 1999 zu verstehen sei. Sie hätte bereits zu Beginn des Verfahrens eine Bestätigung vorgelegt, wonach der Begriff der Vertikalisolierung immer im Sinne einer Feuchtigkeitsisolierung zu verstehen sei.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im hg. Erkenntnis vom 18. März 2004, Zl. 2003/05/0030, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass im Falle eines baubewilligungspflichtigen Vorhabens ein Baugebrechen im Sinne des § 33 NÖ Bauordnung 1996 auch dann vorliegen kann, wenn eine Konsenswidrigkeit vorliegt, und der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Bauauftragsverfahren Parteistellung insoweit zukommt, als sie auf Grund ihrer Behauptung im Antrag vom 18. September 2001, durch die konsenswidrige Ausführung des mit Bescheid der Baubehörde vom 8. April 1999 bewilligten Zubaues dringe Wasser in das Mauerwerk ihres Gebäudes ein und werde ihre Wohnung durchfeuchtet, subjektiv-öffentliche Rechte im Sinne des § 6 Abs. 2 Z. 1 NÖ Bauordnung 1996 geltend gemacht hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem genannten Vorerkenntnis auch darauf hingewiesen, dass es für die Frage, ob der von der Beschwerdeführerin beantragte Bauauftrag zu erlassen sei, erforderlich sei, den in der Auflage 26 des Baubewilligungsbescheides verwendeten Begriff "Vertikalisolierung" zu klären. Der Beschwerdeführerin ist daher darin zu folgen, dass es Aufgabe der Behörden war, den in dieser Auflage verwendeten Begriff "Vertikalisolierung" auszulegen, wobei zu berücksichtigen war, dass bei Auslegung von Bescheiden nach den Grundsätzen des § 6 und § 7 ABGB vorzugehen ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1998, Zl. 97/05/0331, m.w.N.).

Die Beschwerdeführerin vertritt in diesem Zusammenhang auch vor dem Verwaltungsgerichtshof noch die Auffassung, dass der Begriff der "Vertikalisolierung" im Sinne einer Feuchtigkeitsisolierung zu verstehen sei.

Dabei übersieht die Beschwerdeführerin, dass auf Grund des von den Behörden ihren Entscheidungen zu Grunde gelegten, nicht als unschlüssig zu erkennenden Gutachtens des bautechnischen Amtssachverständigen nunmehr klargestellt ist, dass eine Vertikalisolierung keineswegs als Feuchtigkeitsisolierung zu verstehen ist. Diesem Gutachten ist die Beschwerdeführerin im Verfahren vor den Baubehörden nicht entgegen getreten. Der Amtssachverständige kommt vielmehr auf Grund seines Fachwissens zum Ergebnis, dass unter Berücksichtigung des Standes der Technik die von den mitbeteiligten Parteien gewählte Isolierung bautechnisch ordnungsgemäß angebracht wurde und den in Auflage 26 des Baubewilligungsbescheides vorgeschriebenen Anforderungen entspricht. Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf eine von ihr im Bauauftragsverfahren vorgelegte Bestätigung (hierbei handelt es sich um eine Bestätigung einer Bauunternehmung vom 5. Juli 2002) vermag die Richtigkeit des nachvollziehbaren Sachverständigengutachtens nicht zu erschüttern, weil in dieser Bestätigung zwar ausgeführt wird, dass eine Vertikalisolierung eine Feuchtigkeitsisolierung der senkrechten Mauerwerksflächen ist, eine Begründung für diese Aussage jedoch fehlt.

Die Baubehörden haben daher zutreffend von der Erteilung eines Bauauftrages im Sinne des Antrages der Beschwerdeführerin Abstand genommen.

Die behauptete Rechtsverletzung im angefochtene Bescheid liegt somit nicht vor.

Die Beschwerde war daher als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 31. März 2008

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007050103.X00

Im RIS seit

07.05.2008

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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