Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AlVG 1977 §1 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der MR in Wien, vertreten durch Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 20, gegen den Bescheid der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 21. Februar 2006, Zl. BMSG-123563/0001-II/A/3/2006, betreffend Pflichtversicherung nach ASVG und AlVG (mitbeteiligte Parteien:
1. Wiener Gebietskrankenkasse in 1100 Wien, Wienerbergstraße 15- 19; 2. C Handels GmbH in Liquidation, zuletzt in 1150 Wien, J-Straße 73; 3. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1; 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifterstraße 65- 67), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 18. August 1998 sprach die erstmitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, dass die Beschwerdeführerin auf Grund ihrer Tätigkeit als Prokuristin beim Dienstgeber C Handelsgesellschaft mbH in Liquidation, vertreten durch den Masseverwalter Dr. Peter Zens, in der Zeit vom 13. März 1992 bis 15. November 1993 in keinem die Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis gestanden sei.
Mit Schreiben vom 30. März 2004 brachte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist sowie gleichzeitig einen Einspruch gegen diesen Bescheid ein.
Mit Bescheid vom 25. Mai 2004 wies die erstmitbeteiligte Gebietskrankenkasse den Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erbringung eines Einspruchs gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse vom 18. August 1998 als verspätet zurück. Dem dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Einspruch gab der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 25. August 2004 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.
Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Berufung an die belangte Behörde. Mit Bescheid vom 15. Februar 2005 bestätigte die belangte Behörde den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 25. August 2004 mit der Maßgabe, dass dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mangels Versäumung der Frist zur Erhebung des Einspruchs nicht stattgegeben werde. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Bescheid der erstmitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 18. August 1998 der Beschwerdeführerin - nach dem Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens - erst am 17. März 2004 zugestellt worden sei. Die Beschwerdeführerin habe daher die Frist zur Erhebung des Einspruchs gegen den Bescheid der erstmitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 18. August 1998 nicht versäumt, sodass eine Wiedereinsetzung nicht zulässig sei. Weiters führte die belangte Behörde aus, dass die Einspruchsbehörde das Verfahren über die Feststellung der Versicherungspflicht der Beschwerdeführerin in der Zeit vom 13. März 1992 bis zum 15. November 1993 zu führen bzw. fortzusetzen habe.
In der Folge wies die Einspruchsbehörde den Einspruch der Beschwerdeführerin vom 30. März 2004 mit Bescheid vom 28. November 2005 als unbegründet ab.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21. Februar 2006 keine Folge.
Nach Darlegung des Verfahrensganges und der Bestimmungen der §§ 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG, 4 Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG 1977 stellt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid fest, dass die C Handelsgesellschaft mbH von Herrn S und Herrn D zu dem alleinigen Zweck gegründet worden sei, die Liegenschaft in 1150 Wien, J-Straße 73, zu kaufen, das Haus zu renovieren und die Wohnungen in weiterer Folge zu vermieten. D habe aber in der Folge das Interesse an dem Projekt verloren, sodass S in einer außerordentlichen Generalversammlung vom 11. März 1992 sämtliche Geschäftsanteile an der Gesellschaft übernommen habe; er sei auch zum allein vertretungsbefugten Geschäftsführer bestellt worden. Die Beschwerdeführerin sei als Einzelprokuristin bestellt worden. Das Beginndatum ihrer Tätigkeit sei der 11. März 1992 gewesen. Sie sei dabei mit einem monatlichen Gehalt von S 31.800,-- zur Sozialversicherung gemeldet worden.
Zwischen D und der Beschwerdeführerin sei verabredet worden, dass D sich um ein Projekt der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Errichtung von Eigentumswohnungen auf einer ihr gehörenden Liegenschaft in Niederösterreich kümmern würde, wenn es auch zum Ankauf des Hauses in der J-Straße 73 kommen würde. Nach dem Ausstieg von D sei die Beschwerdeführerin auf die Verwirklichung des Hausankaufes in der J-Straße 73 angewiesen gewesen, um ihre Pläne im Zusammenhang mit der Liegenschaft in Niederösterreich weiter betreiben zu können. Die Beschwerdeführerin habe in der Folge Gespräche im Zusammenhang mit dem Erwerb der Liegenschaft und der Kreditbeschaffung geführt, sie habe die für die Renovierung des Hauses notwendigen Umbauarbeiten beaufsichtigt, habe dabei Aufträge an die Professionisten erteilt, Kostenvoranschläge eingeholt, sich um die Auszahlungen durch die Bank gekümmert, Behördenwege erledigt und die Einnahmen- und Ausgabenrechnung der GmbH gemacht.
Die Rolle des Geschäftsführers S habe sich auf gelegentliche Anwesenheit bei geschäftlichen Besprechungen und in gewissem Umfang beratende Tätigkeit beschränkt. Er habe sich weiters in einem Vollbeschäftigungsverhältnis zur Firma CX befunden, weshalb er nur außerhalb seiner eigenen Arbeitszeiten im Haus habe anwesend sein können. Die Beschwerdeführerin sei die treibende Kraft der Tätigkeiten des Unternehmens gewesen, sogar bei Besprechungen in Gegenwart von S seien die Verhandlungen hauptsächlich von der Beschwerdeführerin geführt und maßgeblich vorangetrieben worden. Die Beschwerdeführerin habe keine festen Arbeitszeiten einzuhalten gehabt, sie sei keinerlei Weisungen oder Kontrolle des Geschäftsführers unterworfen gewesen und auch in keine vorgegebene Betriebsorganisation eingegliedert gewesen.
Der Beschwerdeführerin sei gestattet worden, sich bei der Ausübung ihrer Tätigkeit vertreten zu lassen, wovon sie auch Gebrauch gemacht habe; sie habe sich durch ihren Nachbarn K vertreten lassen. Das Büro der C Handelsgesellschaft mbH habe sich im Haus J-Straße 73 auf Top 6 befunden, welches der Beschwerdeführerin bis zur Anmietung der Top Nr. 9 bis 11 als Wohnung gedient habe. Das Unternehmen habe außer der Prokuristin keinerlei Dienstnehmer beschäftigt. Mangels Vermögen der C Handels GmbH habe die Beschwerdeführerin nie Gehalt ausbezahlt bekommen, dafür habe sie auch keinerlei Miete für ihre Wohnung bezahlt.
Während des verfahrensgegenständlichen Zeitraums sei die Beschwerdeführerin mehrmals für längere Zeiträume bei der erstmitbeteiligten Gebietskrankenkasse arbeitsunfähig infolge Krankheit gemeldet gewesen, dennoch habe sie während des Krankenstandes geschäftliche Tätigkeiten ausgeübt oder sich dabei von K vertreten lassen. Das Beschäftigungsverhältnis sei im Zuge eines zwischen der Beschwerdeführerin und der C Handelsgesellschaft mbH am 16. September 1993 zur Zahl 14 Cga 200/93w abgeschlossenen gerichtlichen Vergleichs einvernehmlich mit 1. Oktober 1993 beendet worden.
Die belangte Behörde führte weiter aus, dass die Einspruchsbehörde eine mündliche Verhandlung durchgeführt habe, in der sowohl die Beschwerdeführerin als auch S einvernommen worden seien, sodass die Einspruchsbehörde einen persönlichen Eindruck von beiden habe gewinnen können. Die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen beruhten zu einem Teil auf den in einem Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 23. Jänner 1997 (welches nach Zurückweisung einer außerordentlichen Revision durch den Obersten Gerichtshof rechtskräftig geworden sei) getroffenen Feststellungen. Das Arbeits- und Sozialgericht habe ein umfangreiches Beweisverfahren geführt, in welchem Zeugen einvernommen worden seien. Die Feststellungen seien durch die im Zuge der vor der Einspruchsbehörde getätigten Aussagen des S im Wesentlichen bekräftigt worden.
Die belangte Behörde führte aus, dass sie die Angaben von S vor dem Arbeits- und Sozialgericht im Gegensatz zu jenen der Beschwerdeführerin, welche ihre Eigenständigkeit bei den von ihr verrichteten Tätigkeiten abzuschwächen versucht habe, für glaubwürdiger und lebensnah erachte. Sie folge daher den schlüssigen Feststellungen im Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts, wonach S ein leicht beeinflussbarer Mensch sei, der stark in persönliche Abhängigkeiten verstrickt und sehr zurückgezogen sei. Es würde ihm jegliche Risikofreude oder unternehmerisches Denken und auch jede Eigeninitiative fehlen. Auffällig sei bei ihm, dass er in extremer Form dazu neige, über Vorhalte diese jeweils zu bestätigen oder andererseits Fragen ausweichend zu beantworten. Die leichte Beeinflussbarkeit des S werde auch durch die vor der Einspruchsbehörde getätigte Aussage bestätigt, in welcher er angegeben habe, dass bezüglich Arbeitsort und einzuhaltender Arbeitszeiten von ihm keine Vorgaben gemacht worden seien, die Beschwerdeführerin die Handwerker eingestellt habe und die Auftragsarbeiten vergeben habe, auf Befragen des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin aber angab, dass der vereinbarte Arbeitsort in der J-Straße 73 gewesen sei, sich die tatsächlichen Arbeitszeiten nach den Bautätigkeiten gerichtet hätten und er die Beschwerdeführerin mit der Bauaufsicht beauftragt bzw. er den Auftrag an den Baumeister erteilt habe.
Der Geschehensablauf könne auch im Zusammenhang mit dem Projekt der Beschwerdeführerin in Niederösterreich und der Entstehungsgeschichte der C Handelsgesellschaft mbH aus dem Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts schlüssig nachvollzogen werden. Aus den Aussagen von S vor der Einspruchsbehörde, seiner Verantwortung im Strafverfahren sowie dem vom Arbeits- und Sozialgericht vom Geschäftsführer gewonnenen Eindruck lasse sich eindeutig feststellen, dass dieser im Erwerb bzw. in der Renovierung des Hauses eine Geldanlage sah, aber weder über die notwendige Zeit noch über die Erfahrung verfügt habe, sich um die geschäftlichen Belange zu kümmern und sich daher diesbezüglich gänzlich auf die Beschwerdeführerin verlassen habe.
Aus sämtlichen Beweiserhebungen gehe hervor, dass die Beschwerdeführerin die treibende Kraft des Unternehmens gewesen sei, maßgeblich die Geschicke der C Handelsgesellschaft mbH gelenkt habe, in der Weise, dass sie Verhandlungen über die Kreditgewährung geführt habe, Behördenwege erledigt habe, Kostenvoranschläge für die Renovierung des Hauses eingeholt habe sowie in der Folge die Durchführung der Arbeiten auch überwacht habe. Nach dem gesamten Akteninhalt sei es völlig unglaubwürdig, dass S der Beschwerdeführerin Weisungen in Bezug auf den Arbeitsablauf oder die Arbeitszeit erteilt habe, vielmehr sei diese weitgehend eigenständig tätig geworden. Der Geschäftsführer habe auf Grund seiner eigenen Vollbeschäftigung als Dienstnehmer auch gar nicht die Zeit und die Möglichkeit gehabt, derartige Weisungen zu erteilen bzw. die Arbeitszeit zu kontrollieren. S habe sich bei sämtlichen geschäftlichen Besprechungen passiv verhalten, wobei dies nicht Zeichen "vornehmer Zurückhaltung" gewesen sei, sondern ein klares Signal der gänzlich fehlenden Einflussmöglichkeit.
Hinsichtlich der Vertretungsbefugnis führte die belangte Behörde aus, dass sich aus den unbedenklichen Feststellungen im Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts ergebe, dass die Beschwerdeführerin, wenn sie durch Krankenstand an der Ausübung der Arbeiten gehindert gewesen sei, ihren Nachbarn K damit beauftragt habe. Dieser habe im arbeitsgerichtlichen Verfahren auch angegeben, dass diese Tätigkeiten ohne jegliche Einflussnahme durch S erfolgt seien. Die Angaben von S, wonach eine Vertretung der Beschwerdeführerin nie vereinbart gewesen sei und auch nie stattgefunden habe, würden dadurch eindeutig widerlegt. Die Berufungsbehörde finde damit insgesamt keine Veranlassung, von dem "klar strukturierten, umfangreichen sowie nachvollziehbaren (höchstgerichtlich bestätigten) Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 23.1.1997 inhaltlich abzuweichen".
Auch der ehemalige Steuerberater der C Handelsgesellschaft mbH habe sich nur an gelegentliche Kontakte im Zuge der steuerlichen Vertretung mit der Beschwerdeführerin erinnern können, nicht jedoch mit S. Die Einspruchsbehörde habe in der mündlichen Verhandlung vom 24. August 2005 den persönlichen Eindruck gewonnen, dass S nicht über die notwendige Zeit und Erfahrung verfügt habe, sich um die geschäftlichen Belange zu kümmern und sich daher gänzlich auf die Beschwerdeführerin verlassen habe. Auch die Tatsache, dass über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren keinerlei Gehalt an die Beschwerdeführerin gezahlt worden sei, spreche gegen das tatsächliche Bestehen eines Dienstverhältnisses, da ein solches wohl von jedem anderen Dienstnehmer aufgelöst worden wäre.
Unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Vorliegen eines Verhältnisses persönlicher Abhängigkeit führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin eigenständig das Unternehmen geführt habe, an keine Weisungen des Geschäftsführers gebunden gewesen sei und auch keiner Kontrolle durch denselben unterlegen sei. S habe in den Arbeitsablauf auch auf Grund seiner eigenen Berufstätigkeit nicht eingegriffen, ebenso wenig sei die Beschwerdeführerin an eine einzuhaltende Arbeitszeit gebunden gewesen. Sie habe sich die Arbeitszeit frei einteilen können, Anwesenheiten auf Grund der Beaufsichtigung von Bauarbeiten im Haus hätten sich aus der Natur der Sache ergeben und seien keine Verpflichtung gewesen, welche ihr vom Geschäftsführer auferlegt worden sei, zumal sie die jeweiligen Professionisten zuvor im Wesentlichen eigenständig beauftragt habe.
Da die Beschwerdeführerin selbst in dem Haus gewohnt habe, sei ihre Anwesenheit schon aus diesem Umstand gegeben gewesen und nicht einer Anordnung von S entsprungen. Die Beschwerdeführerin sei auch nicht persönlich arbeitspflichtig gewesen, da sie sich bei der Verrichtung ihrer Arbeiten durch betriebsfremde Personen wie Herrn K habe vertreten lassen können und dies auch in Anspruch genommen habe. Von einer Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG könne beim gegenständlichen Sachverhalt nicht die Rede sein.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die viertmitbeteiligte Partei hat auf die Erstattung einer Gegenschrift ausdrücklich verzichtet; die weiteren mitbeteiligten Parteien haben sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. § 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung BGBl. Nr. 294/1990 lauten:
"§ 4. (1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet:
1. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer;
...
(2) Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen."
Gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG sind Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind, für den Fall der Arbeitslosigkeit versichert (arbeitslosenversichert).
2. Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, dass die belangte Behörde die Feststellung unterlassen habe, dass die Beschwerdeführerin zur Ausübung ihrer Tätigkeit ausschließlich Betriebsmittel der C Handelsgesellschaft mbH verwendet habe. Diese Feststellung ergebe sich aus den Aussagen der Beschwerdeführerin und des Zeugen S anlässlich der Verhandlung am 24. August 2005 vor der Einspruchsbehörde.
Zu diesem Vorbringen ist festzuhalten, dass Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG (und damit für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis) die persönliche Arbeitspflicht ist. Fehlt sie, dann liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis schon deshalb nicht vor. Besteht die Befugnis, die übernommene Arbeitspflicht generell durch Dritte vornehmen zu lassen oder Aufträge sanktionslos ablehnen zu können, mangelt es an der persönlichen Arbeitspflicht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. April 2007, Zl. 2005/08/0137 und vom 4. Juli 2007, Zl. 2006/08/0193).
Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid zum Ergebnis gekommen, dass die Beschwerdeführerin nicht persönlich arbeitspflichtig gewesen ist. Dem ist die Beschwerdeführerin auch nicht entgegengetreten. Vor dem Hintergrund der fehlenden persönlichen Arbeitspflicht würde auch die von der Beschwerdeführerin begehrte Feststellung, dass sie mit Betriebsmitteln der C Handelsgesellschaft mbH tätig gewesen sei, nichts am Ergebnis ändern.
3. Die Beschwerdeführerin rügt weiters, dass die belangte Behörde das Ermittlungsverfahren einseitig gestaltet und sich mit den für die Beschwerdeführerin günstigen Sachverhaltsmomenten nicht in nachvollziehbarer Weise beschäftigt habe. Die belangte Behörde hätte insbesondere auch das vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien geführte Verfahren 14 Cga 200/93w in ihre "Sachverhaltsermittlungsüberlegungen" miteinbeziehen müssen. In diesem Verfahren sei ein Vergleich geschlossen worden, in dem es heiße, dass das Beschäftigungsverhältnis einvernehmlich mit 1. Oktober 1993 beendet worden sei.
Die belangte Behörde habe auch das Parteiengehör verletzt. Sie hätte der Beschwerdeführerin insbesondere das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien, vom 23. Jänner 1997, 14 Cgs 37/96z, die Aussagen der in diesem Verfahren gehörten Zeugen, aber auch den Akt 14 Cga 200/93w dieses Gerichts vorhalten müssen. Diesfalls wäre die Beschwerdeführerin in der Lage gewesen, die offensichtlich bestehenden Widersprüche zwischen den Feststellungen des Urteils des Arbeits- und Sozialgerichtes vom 23. Jänner 1997, 14 Cgs 37/96z, und dem Akt des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien 14 Cga 200/93w und den Aussagen in der Verhandlung vom 24. August 2005 aufzuklären. Hätte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin darüber in Kenntnis gesetzt, dass sie von den Feststellungen des Urteils des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 23. Jänner 1997, 14 Cgs 37/96z, ausgehen wolle, und ihr Gelegenheit gegeben, hiezu Stellung zu nehmen, wäre sie in der Lage gewesen darzustellen, dass die dort getroffenen Feststellungen nicht den Tatsachen entsprächen, hingegen das Vorbringen und der Akteninhalt des vor dem Arbeits- und Sozialgerichts geführten Prozesses, 14 Cga 200/93w, sowie die Aussagen der Verhandlung vom 24. August 2005 den wahren Sachverhalt wiedergeben.
Schließlich erblickt die Beschwerdeführerin eine Verletzung der Begründungspflicht durch die belangte Behörde darin, dass diese sich nicht mit dem Akt des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien 14 Cga 200/93w auseinander gesetzt habe. Aus diesem Verfahren ergebe sich, dass die Beschwerdeführerin in einem Angestelltenverhältnis zur C Handelsgesellschaft mbH gestanden sei, sodass eine vorgreifende Beweiswürdigung durch die belangte Behörde vorliege. Wäre der belangten Behörde der Begründungsfehler nicht unterlaufen, wäre sie zu dem Ergebnis gelangt, dass der Berufung der Beschwerdeführerin Folge zu geben und festzustellen gewesen sei, dass in der Zeit vom 13. März 1992 bis 15. November 1993 ein die Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht begründendes Beschäftigungsverhältnis vorgelegen sei.
Darüber hinaus sei die Beweiswürdigung unschlüssig. Die belangte Behörde hätte darlegen müssen, warum sie den Feststellungen des Urteils des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 23. Jänner 1997, 14 Cgs 37/96z, mehr Beweiskraft zugemessen habe, als dem Akt des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien, 14 Cga 200/93w. Die belangte Behörde habe daher den Grundsatz der amtswegigen Ermittlung der materiellen Wahrheit verletzt.
4. Dieses Vorbringen vermag eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053, Slg. Nr. 11.894/A) ist in Fragen der Beweiswürdigung die Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes darauf eingeschränkt, ob der maßgebende Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, das heißt ob sie unter anderem den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen. Ob der Akt einer Beweiswürdigung richtig in dem Sinne ist, dass eine den Beschwerdeführer belastende Darstellung und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht, kann der Verwaltungsgerichtshof auf Grund seiner eingeschränkten Prüfungsbefugnis in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde nicht überprüfen.
Die belangte Behörde hat nachvollziehbar und schlüssig dargelegt, aus welchen Erwägungen sie zu den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen gekommen ist. Dass sie sich dabei zu einem wesentlichen Teil auch auf Feststellungen eines rechtskräftigen Urteiles gestützt hat, das in einem von der Beschwerdeführerin angestrengten sozialgerichtlichen Verfahren ergangen ist, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht als unschlüssig zu erkennen. Dass das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 23. Jänner 1997 als Beweismittel im Verwaltungsverfahren berücksichtigt würde, musste der Beschwerdeführerin jedenfalls schon auf Grund des erstinstanzlichen Bescheides bekannt sein, der sich ebenfalls auf die in diesem Urteil getroffenen Feststellungen stützte. Spätestens mit Zustellung dieses Bescheides war die Beschwerdeführerin daher jedenfalls in der Lage, entsprechendes Vorbringen zu erstatten, durch das die im gerichtlichen Verfahren getroffenen Feststellungen hätten erschüttert werden können. Es liegt schon aus diesem Grund keine Verletzung des Parteiengehörs vor.
Auch soweit sich das Vorbringen der Beschwerdeführerin auf den vor dem Arbeits- und Sozialgericht geschlossenen Vergleich über die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bezieht, macht sie damit im Ergebnis Fragen der Beweiswürdigung geltend. Der belangten Behörde kann jedoch nicht entgegengetreten werden, wenn sie den Feststellungen in einem rechtskräftigen Urteil, das in einem strittigen und bis zum Obersten Gerichtshof geführten gerichtlichen Verfahren ergangen ist, höheren Beweiswert beigemessen hat, als einem bloßen Prozessvergleich, der gerade eben nicht einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen wurde. Die belangte Behörde hat zudem auch nachvollziehbar und unter Darlegung der jeweils für oder gegen die Glaubwürdigkeit einer konkreten Aussage sprechenden Umstände ausgeführt, welche vor der Einspruchsbehörde gemachten Aussagen sie ihren Feststellungen zu Grunde gelegt hat.
5. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 2. April 2008
Schlagworte
Verhältnis Gericht - Verwaltungsbehörde Dienstnehmer Begriff Persönliche Abhängigkeit Beweiswürdigung Wertung der BeweismittelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2006080160.X00Im RIS seit
03.06.2008Zuletzt aktualisiert am
22.09.2008