TE Vwgh Beschluss 2008/4/2 2008/08/0037

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Veröffentlicht am 02.04.2008
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2008/08/0027

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi,

1. über den Antrag des RH in W, vertreten durch Dr. Matthias Göschke, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Bossigasse 27, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 15. Oktober 2007, Zl. 2007-0566-9-000687, betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe, und 2. in der Beschwerdesache der selben Partei gegen den eben genannten Bescheid, den Beschluss

Spruch

gefasst:

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit Beschluss vom 7. November 2007 wurde dem Beschwerdeführer vom Verwaltungsgerichtshof die Verfahrenshilfe zur Erhebung der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid bewilligt. Dieser Beschluss wurde dem vom Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien mit Bescheid vom 7. Dezember 2007 bestellten Vertreter des Beschwerdeführers gemeinsam mit dem Bestellungsbescheid am 14. Dezember 2007 zugestellt. Die Beschwerdefrist endete daher am 25. Jänner 2008, einem Freitag.

2. Mit der mit 28. Jänner 2008 datierten, am selben Tag zur Post gegebenen Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

3. Nach Vorhalt der Verspätung brachte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 18. Februar 2008, zur Post gegeben am 19. Februar 2008, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 VwGG gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde ein.

Im Wiedereinsetzungsantrag wird ausgeführt, dass der Vertreter des Beschwerdeführers nach Zustellung des Bescheides über die Bestellung zum Verfahrenshilfevertreter am 14. Dezember 2007 noch am selben Tag der mit Fristvormerkung befassten Kanzleimitarbeiterin ausdrücklich aufgetragen habe, die sechswöchige Frist zur Erhebung der Beschwerde vorzumerken und das Ende der Frist mit 25. Jänner 2008 ins Fristenbuch einzutragen. Die Kanzleimitarbeiterin habe den Auftrag zum Fristvormerk zwar entgegengenommen, bedauerlicherweise jedoch auf Grund starker - durch krankheitsbedingte Abwesenheit einer weiteren Kanzleimitarbeiterin bedingter - Arbeitsbelastung versehentlich die Frist nicht zum 25. Jänner 2008, sondern fälschlicherweise zum 28. Jänner 2008 eingetragen, was womöglich darauf zurückzuführen gewesen sei, dass das Datum "25." als "28." gelesen worden sei. Die bereits seit mehr als zehn Jahren in verschiedenen Rechtsanwaltskanzleien beschäftigte Kanzleimitarbeiterin habe sich bisher keinerlei Frist- oder sonstige Versäumnisse zu Schulden kommen lassen, sodass der Vertreter des Beschwerdeführers auch keinen Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit gehabt habe. Der Vertreter des Beschwerdeführers führe dennoch laufend stichprobenartige Kontrollen der Fristvormerkungen durch. Bedauerlichweise habe das gegenständliche Fristversäumnis jedoch auch durch diesen Kontrollmechanismus nicht verhindert werden können. Der Vertreter des Beschwerdeführers habe erst mit Zustellung der Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes am 13. Februar 2008 vom Fristversäumnis erfahren, sodass der Antrag auf Wiedereinsetzung innerhalb offener Frist gestellt werde.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind eine eidesstattliche Erklärung der Kanzleimitarbeiterin und eine Kopie des Fristenbuches des Vertreters des Beschwerdeführers für den Zeitraum vom 25. bis zum 28. Jänner 2008 vorgelegt, wobei darin die fehlerhafte Fristeintragung mit 28. Jänner 2008 dokumentiert ist. Gemeinsam mit dem Wiedereinsetzungsantrag wurde auch die bereits eingebrachte Beschwerde wiederholt.

4. Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Gemäß § 46 Abs. 3 VwGG ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen.

5. Im Beschwerdefall kann dahingestellt bleiben, ob der Antragsteller durch ein Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG ohne Verschulden verhindert war, die Beschwerdefrist einzuhalten. Keinesfalls kann nämlich davon ausgegangen werden, dass die zweiwöchige Frist zur Erstellung des Wiedereinsetzungsantrages gewahrt wurde. Diese Frist beginnt mit dem "Aufhören des Hindernisses". Als Hindernis ist dabei jenes Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG zu verstehen, das die Fristeinhaltung verhindert hat. Nach den Ausführungen im Wiedereinsetzungsantrag bestand dieses Hindernis in einem durch das Verhalten der mit der Führung des Fristenbuches beauftragten Kanzleimitarbeiterin verursachten Tatsachenirrtum über den Ablauf der Frist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde. In dem Zeitpunkt, in dem dieser Tatsachenirrtum als solcher erkannt werden konnte und musste, hörte auch das Hindernis im Sinne des § 46 Abs. 3 VwGG auf.

Der Irrtum über den Ablauf der Beschwerdefrist hätte im vorliegenden Fall bei nur geringer Aufmerksamkeit in Anbetracht des eigenen Vorbringens zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde, welche mit 28. Jänner datiert ist, spätestens bei Unterfertigung und Versendung dieser Beschwerde am 28. Jänner 2008 bemerkt werden müssen, zumal darin auch als Zustellung des Bescheides des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien der 14. Dezember 2007 angegeben war (zur Verpflichtung des Rechtsanwaltes zur Fristkontrolle bei Unterfertigung fristgebundener Schriftsätze vgl. den hg. Beschluss vom 22. Jänner 2003, Zl. 2002/08/0259).

Bei dieser Sachlage ist von einem "Aufhören des Hindernisses" nicht erst mit der am 13. Februar 2008 erfolgten Zustellung des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Februar 2008, sondern (spätestens) bereits in dem Zeitpunkt auszugehen, in dem die Beschwerde verfasst bzw. unterfertigt worden ist. Spätestens an diesem Tag, dem 28. Jänner 2008, begann die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 46 Abs. 3 VwGG zu laufen. Der am 19. Februar 2008 zur Post gegebene Wiedereinsetzungsantrag erweist sich demnach als verspätet (vgl. dazu etwa den hg. Beschluss vom 28. Februar 2002, Zl. 2001/15/0205).

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war somit gemäß § 46 Abs. 3 VwGG als verspätet zurückzuweisen.

6. Ausgehend von der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Beschwerdeführervertreters zum Verfahrenshelfer an diesen am 14. Dezember 2007, womit gemäß § 26 Abs. 3 VwGG die sechswöchige Beschwerdefrist zu laufen begann, war die am 28. Jänner 2001 zur Post gegebene Beschwerde somit nicht rechtzeitig.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Beschwerdefrist ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Wien, am 2. April 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008080037.X00

Im RIS seit

29.08.2008

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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