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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des Disziplinaranwaltes beim Bundesministerium für Finanzen gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 11. Oktober 2005, Zl. 90,91,95/28-DOK/00, betreffend die Disziplinarstrafe der Geldstrafe sowie disziplinarrechtlicher Freisprüche (mitbeteiligte Partei: N in Wien, vertreten durch DDr. Rene Laurer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 6-8/47), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Der 1968 geborene Mitbeteiligte steht als Gruppeninspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; bis zu seiner Suspendierung war er als Abfertigungsbeamter der Zollwache im Bereich des Zollamtes K tätig.
Im Zuge sicherheitsbehördlicher Erhebungen wegen des Verdachtes der Schleppertätigkeit im Bereich der Grenzkontrolle K im März 1997 wurde (u.a.) der Mitbeteiligte am 20. März 1997 vom Landesgendarmeriekommando Burgenland einvernommen. Am darauf folgenden Tag wurde gegen ihn und einen weiteren Beamten der Zollwache (in der Folge: K.) wegen des Verdachtes nach §§ 146 und 302 StGB an die Staatsanwaltschaft Eisenstadt eine Anzeige erstattet. Auf Grund der Anklageschrift vom 12. Jänner 1998 wurde der Mitbeteiligte - ebenso wie K. - mit Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 22. Juli 1998 wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt, von 1995 bis 20. März 1997 in K als Zollwachebeamte mit dem Vorsatz, dadurch die Republik Österreich in ihrem Recht auf Einhebung der Umsatzsteuer zu schädigen, ihre Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organe in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte, nämlich die zollrechtliche Abfertigung durch Überprüfung der Touristenexporte vorzunehmen, wissentlich dadurch missbraucht zu haben, dass sie die ihnen von zwei namentlich genannten ungarischen Staatsangehörigen vorgelegten "U 34-Formulare" mit dem Abfertigungsstempel versehen hätten, ohne die dafür erforderlichen Voraussetzungen, insbesondere den tatsächlichen Export der darin angeführten Waren durch die ausländischen Abnehmer, die die Waren auch gekauft hätten, zu überprüfen, wobei durch die Tat ein jeweils S 500.000,-- übersteigender Schaden herbeigeführt worden sei.
Infolge der sowohl von K. als auch vom Mitbeteiligten dagegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde wurde das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 22. Juli 1998 mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 18. Mai 1999, 14 Os 173/98-6, aufgehoben.
Mit dem im zweiten Rechtsgang ergangenen, in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 20. August 1999 wurde der Mitbeteiligte von dem wider ihn erhobenen - oben wiedergegebenen - Vorwurf freigesprochen.
Unter Verweis auf die bis 20. August 1999 gehemmte Verjährungsfrist erstattete die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland mit Eingabe vom 18. Jänner 2000 die Disziplinaranzeige gegen den Mitbeteiligten.
Mit Beschluss der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom 3. Februar 2000 wurde gegen den Mitbeteiligten (ebenso wie gegen K.) gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 das Disziplinarverfahren eingeleitet und gemäß § 124 Abs. 1 leg. cit. eine mündliche Verhandlung anberaumt. Dabei wurde dem Mitbeteiligten Folgendes zur Last gelegt:
"2. Gr.Insp. N steht im Verdacht, er habe von Anfang 1995 bis 2. Oktober 1995 und vom 18. Mai 1996 bis 20. März 1997 zu Unrecht im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Beamter des Zollamtes K zu Unrecht
A) auf Ausfuhrbescheinigungen (Lager Nr. U 34) a.) in einer großen Anzahl von Fällen bestätigt, J, I
oder andere Personen ohne inländischen Wohnsitz hätten als Abnehmer Waren im Reiseverkehr oder in jenen Fällen außerhalb des Reiseverkehrs, in denen nach zollrechtlichen Vorschriften schriftliche Anmeldung nicht erforderlich ist, in das Ausland verbracht, obwohl ihm bewusst war, dass er diese Bestätigungen entsprechend den dafür geltenden Weisungen und sonstigen Vorschriften in der durchgeführten Art des Verfahrens und auf den vorliegenden Formularen nicht hätte geben dürfen, da die dafür erforderlichen Voraussetzungen infolge der Bestimmung der Waren zur gewerblichen Verwendung und der Höhe des Rechnungsbetrages in diesen Fällen nicht vorlagen,
b.) in einer großen Anzahl von Fällen fiktive Sachverhalte durch Anführung anderer Personen als der tatsächlichen Exporteure und Beisetzung eines unrichtigen Datums für die Bestätigung bescheinigt,
B) J und I in allen unter Abschnitt A genannten Fällen durch die geleistete Hilfestellung bei der Bestätigung der Ausfuhrbescheinigungen durch bevorzugte Abwicklung und die von ihm in der Folge auch eingehaltene Zusicherung die Organe der ungarischen Zollverwaltung von ihren Exporten nicht zu informieren, bei ihrem Schmuggel von Parfümeriewaren nach Ungarn unterstützt, und (Anm.: im Disziplinarerkenntnis erster Instanz dann Pkt. C.), da weiters der Verdacht besteht, er habe dadurch, dass er vor seiner mehrmonatigen Abwesenheit von der Dienststelle wegen der Absolvierung eines Fortbildungslehrganges ab 3. Oktober 1995 Gr.Insp. K für die Zeit der Abwesenheit ersuchte,
J und I durch die Erteilung der Ausfuhrbestätigungen behilflich zu sein und dafür von diesen kleine Geschenke in Aussicht stellte, bewirkt, dass auch Gr.Insp. K zu Unrecht gegenüber J und I bei der Erteilung von Ausfuhrbescheinigungen entsprechend der Darstellung in den Abschnitten A und B so vorging wie er selbst, ihn also dazu angestiftet."
Es bestehe der Verdacht, dass der Mitbeteiligte durch diese Handlungen Dienstpflichten gemäß §§ 43 Abs. 1 und 2 und § 44 Abs. 1 BDG 1979 verletzt habe.
Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom 26. Juni 2000 wurde der Mitbeteiligte nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wegen dieser Dienstpflichtverletzungen "gemäß §§ 43 Abs. 1 und 2 und § 44 Abs. 1 BDG 1979" für schuldig erkannt und über ihn gemäß § 92 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt, wobei die Disziplinarkommission die im Einleitungs- und Verhandlungsbeschluss unter Pkt. B) umschriebenen Tathandlungen in Punkte B) (Unterstützungsvorwurf) und C) (Vorwurf der Anstiftung des K.) unterteilte.
Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Berufung, welcher mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. Dezember 2000 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 105 BDG 1979 - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit Ausnahme des Spruchpunktes 2. A) b.), von welchem Vorwurf der Mitbeteiligte gemäß § 126 Abs. 2 BDG 1979 (rechtskräftig) freigesprochen wurde, keine Folge gegeben und der Bescheid der Behörde erster Instanz mit der Maßgabe bestätigt wurde, dass die in den Spruchpunkten 2. A) a.) angeführten Dienstpflichtverletzungen dem § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 und die in den Spruchpunkten 2. B) und 2. C) genannten Dienstpflichtverletzungen dem § 43 Abs. 2 BDG 1979 zu unterstellen seien.
Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Beschwerde zunächst an den Verfassungsgerichtshof, welcher sie mit Beschluss vom 26. November 2001, B 364/01-9, ablehnte und über Antrag des Beschwerdeführers mit weiterem Beschluss vom 27. Februar 2002, B 364/01-11, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Mit dem hg. Erkenntnis vom 6. April 2005, Zl. 2002/09/0057, auf welches im Übrigen zur Vermeidung von Wiederholungen hinsichtlich des weiteren Geschehens und der darin vertretenen Rechtsansicht gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, wurde der angefochtene Bescheid im Umfang der Bestätigung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses hinsichtlich seines Spruchpunktes 2. A) a.), des Spruchpunktes 2. C), soweit darauf auf Spruchpunkt 2. A) verwiesen wird, und des Strafausspruches wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie im Umfang der Bestätigung des übrigen Spruchpunktes 2. C) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof vertrat in diesem Erkenntnis die Auffassung, der Bescheid der belangten Behörde vom 12. Dezember 2000 entspreche in seinem Spruchpunkt 2. A) a.) nicht den Konkretisierungserfordernissen eines verurteilenden Disziplinarerkenntnisses, weil der Anschuldigungspunkt, der Mitbeteiligte habe Ausfuhrbescheinigungen auf einem Formular Lager Nr. U 34 erteilt, obwohl ihm bewusst gewesen sei, dass er diese Bestätigungen entsprechend den dafür geltenden Weisungen und sonstigen Vorschriften in der durchgeführten Art des Verfahrens und auf den vorliegenden Formularen nicht hätte geben dürfen, dem § 44 Abs. 1 BDG 1979 und nicht dem § 43 Abs. 1 und 2 leg. cit. zu subsumieren gewesen wäre und in diesem Falle der Inhalt der verletzten Weisung auf die in der Rechtsprechung wiederholt dargestellte für den Spruch eines Disziplinarerkenntnisses zu fordernde ausreichend präzise Weise darzustellen gewesen wäre. Dem angefochtenen Bescheid sei kein Hinweis zu entnehmen, welche Weisung oder welche konkreten "sonstigen Vorschriften" im Sinne des § 43 Abs. 2 BDG 1979 der Mitbeteiligte durch das ihm vorgeworfene Verhalten verletzt haben solle. Es bleibe völlig offen, welche konkreten Handlungs- oder Unterlassungspflichten in diesen nicht näher genannten "sonstigen Vorschriften" enthalten seien, denen der Mitbeteiligte durch das ihm vorgeworfene Verhalten zuwider gehandelt haben solle, ob diese etwa in einer Vorschrift des Umsatzsteuerrechtes oder des Zollrechtes enthalten seien. Mit dieser Vorgehensweise habe die belangte Behörde den Mitbeteiligten außer Stande gesetzt, sich sowohl mit den konkreten tatvorwurfbezogenen rechtlichen Argumenten als auch mit Beweisanboten zur Wehr zu setzen. Damit habe sie den Mitbeteiligten in seinen Rechten verletzt, was im gleichen Maße auch für die von der Behörde angeführten Gründe zu Spruchpunkt 2. C) betreffend Anstiftung des K. hinsichtlich eines dem Abschnitt A zuwider laufenden Verhaltens desselben zu gelten habe. Im Übrigen habe die belangte Behörde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung und ohne eigene Beweisaufnahme Tatsachenfeststellungen zu den Punkten 2. A) a.) und 2. C) getroffen, was sie rechtsrichtigerweise lediglich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Vornahme einer eigenen Beweiswürdigung hätte tun dürfen. Insoweit sei hinsichtlich des Spruchpunktes 2. C) der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben gewesen.
Hinsichtlich des Schuldspruches zu Spruchpunkt 2. B) wies der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG im Wesentlichen mit der Begründung ab, das darin vorgeworfene Verhalten sei vom Mitbeteiligten nicht in Abrede gestellt worden, es sei auch rechtsrichtig, dieses Verhalten unter die Norm des § 43 Abs. 2 BDG 1979 zu subsumieren.
Mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz-)Bescheid vom 11. Oktober 2005 gab die belangte Behörde nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung der Berufung Folge, sprach den Mitbeteiligten gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit §§ 105, 126 Abs. 2 BDG 1979 von den Anschuldigungspunkten 2. A) a.) und 2. C) frei und sprach im Hinblick auf den in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch zu Punkt 2. B) über den Mitbeteiligten eine Disziplinarstrafe der Geldstrafe im Sinne des § 92 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 in der Höhe von drei Monatsbezügen aus.
Nach Wiedergabe des Verfahrensganges stellte die belangte Behörde zunächst fest, dass der Freispruch des Mitbeteiligten von den in Spruchpunkt 2. A) b.) des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses genannten Dienstpflichtverletzungen mit Zustellung des Erkenntnisses der belangten Behörde vom 12. Dezember 2000 an den zustellungsbevollmächtigten Rechtsvertreter des Mitbeteiligten in Rechtskraft erwachsen und daher nicht mehr Verfahrensgegenstand sei. Da die Beschwerde des Mitbeteiligten gegen den Schuldspruch zu Spruchpunkt 2. B) vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen worden sei, sei damit ebenfalls Rechtskraft eingetreten, sodass auch dieser Spruchpunkt aus dem gegenständlichen Verfahren herausfalle.
Hinsichtlich der noch zu behandelnden Vorwürfe traf die belangte Behörde nach Darstellung der Rechtslage nach der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung des Umsatzsteuergesetzes 1994 ergänzende Feststellungen dahingehend, dass für die mündliche Anmeldung mit dem U 34-Formular bei der Ausgangszollstelle im Zeitraum vom 1. Jänner 1995 bis zum 14. August 1995 gemäß der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über Schwellenwerte bei der handelsstatistischen Anmeldung, BGBl. Nr. 182/1995, in Verbindung mit Art. 226 der Zollkodex-Durchführungsverordnung - ZK-DVO (in der Folge: ZK-DVO) eine Wertgrenze (Bagatellgrenze) von S 11.500,-- normiert gewesen sei. Diese Wertgrenze sei gemäß der Novelle BGBl. Nr. 526/1995 für die Zeit ab dem 15. August 1995 nach § 5b der Zollrechts-Durchführungsverordnung für Waren von geringer wirtschaftlicher Bedeutung im Sinne des Art. 226 Buchstabe d ZK-DVO auf S 25.000,-- angehoben worden. Diese Regelung habe bis zu einer mit BGBl. I Nr. 208/1998 erfolgten weiteren gesetzlichen Änderung gegolten. Gemäß Art. 61 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften; ABIEG Nr. L302 vom 19. Oktober 1992, Seite 1 (in der Folge kurz ZK genannt), sei in allen anderen Fällen eine schriftliche Zollanmeldung in den in Rede stehenden Zeiträumen bei einem Warenwert von S 25.000,-- bis EUR 3.000,-- ebenfalls bei einer Ausgangszollstelle abzugeben gewesen. Habe der Warenwert der auszuführenden Güter die dafür in Geltung gestandene Wertgrenze von EUR 3.000,-- jedoch überstiegen, dann habe gemäß Art. 794 Abs. 1 ZK-DVO im EU-Binnenland abgefertigt werden müssen. Gemäß der Dienstanweisung für die Zollämter (in der Folge kurz DAZ), GZ. Z-062/2-III/2/85, die ab 1. Juni 1985 wirksam gewesen sei, sei der Abfertigungsbeamte bei der Ausfuhr gehalten gewesen, sich "grundsätzlich" davon zu überzeugen, dass die auf dem entsprechenden Formular als ausgeführt angegebenen Waren bei der Ausfuhr auch tatsächlich vorhanden seien. Dabei genüge gemäß Punkt 9.1.7. der DAZ eine "Besichtigung"; die Vornahme einer weitaus gründlicheren "Beschau" (einer zolltarifarischen Einreihung) sei nicht erforderlich gewesen. Habe vom Zollwachebeamten auf Grund der äußeren Umstände festgestellt werden können, dass der Ausfuhrnachweis tatsächlich vollständig ausgefüllt gewesen sei, und der Reisende mit dem vorgelegten Pass übereingestimmt habe und habe die Ware nachgewiesen werden können, dann sei gemäß dem vorerwähnten Punkt der DAZ eine Besichtigung jeder einzelnen Ware nicht erforderlich gewesen. Gemäß den Punkten 9.1.2. Z. 2 und 9.1.10. der DAZ hätten die im U 34- Formular angeführten Personen mit den bei der Grenzabfertigung durch Vorlage der Reisepässe ausgewiesenen Personen ident sein müssen, was vom Abfertigungsbeamten im Hinblick auf das allfällige Vorliegen von Doppelwohnsitzen der Abnehmer (Wohnsitz sowohl im EU-Binnenland als auch im EU-Ausland) genauer zu überprüfen gewesen wäre. Das in der mündlichen Verhandlung am 11. Oktober 2005 durchgeführte Beweisverfahren habe keinerlei einen Schuldspruch tragenden Nachweis dafür erbracht, dass der Mitbeteiligte wider besseres Wissen und daher im Sinne des § 91 BDG 1979 schuldhaft in einer großen Anzahl von (insbesondere die genannten ungarischen Staatsbürger betreffenden) Fällen statt der für die vorgelegenen Sachverhalte vorgesehenen ZA 58-Formulare zu Unrecht U 34- Formulare abgefertigt hätte. Nicht nachzuweisen gewesen sei dem Mitbeteiligten weiters, dass er bei der Abfertigung der beiden genannten ungarischen Staatsbürger hinsichtlich der in den Formularen angeführten Waren nicht einmal die bloß grundsätzlich vorgesehen gewesenen Besichtigungen, sondern vielmehr überhaupt keine Kontrollen betreffend die Warenidentität durchgeführt habe. Auch habe der Vorwurf nicht erhärtet werden können, der Mitbeteiligte habe in diesen Fällen die Überprüfung der den Formularen beigeheftet gewesenen Rechnungen und des Zutreffens der angegebenen Warenwerte regelmäßig unterlassen. Was die vorgeschriebene Überprüfung der Personenidentität des auf dem jeweiligen Formular angeführten Abnehmers (der ausführenden Person) anhand der Vorlage der Reisepässe der Reisenden betreffe, sei der erkennende Senat auf Grund der Ergebnisse der mündlichen Berufungsverhandlung zum Ergebnis gelangt, dass der Mitbeteiligte während der hier in Rede stehenden Zeiträume dieser ihn gemäß den Punkten 9.1.2. Z. 2 und 9.1.10. der DAZ getroffen habenden dienstlichen Verpflichtung nicht in allen Fällen ordnungsgemäß, das heißt hinsichtlich jeder einzelnen Ausfuhr (der im Einleitungsbeschluss vom 27. Jänner 2000 genannten ungarischen Abnehmer) nachgekommen sei. Angesichts des dem erkennenden Senat bekannten, vom beigezogenen Sachverständigen bestätigten und von dem ehemaligen Vorgesetzten des Mitbeteiligten anschaulich dargestellten erheblichen Reisenden-Ansturms an dieser EU-Außengrenze infolge der Ostöffnung ab dem Ende des Jahres 1989 im Zusammenwirken mit der von den genannten Zeugen geschilderten, an der Dienststelle des Mitbeteiligten in dem in Rede stehenden Zeitraum geherrscht habenden und herrschenden nicht bloß angespannten Personalknappheit, sondern nahezu erdrückenden Personalnot gehe die belangte Behörde diesbezüglich vom Vorliegen eines rechtfertigenden Notstandes - zur Gewährleistung der von der Dienstbehörde gleichzeitig geforderten zügigen Grenzabfertigung - und damit vom Fehlen tatbestandsgemäßen disziplinären Fehlverhaltens aus. Auf Grund dieses Verfahrensergebnisses sei der Mitbeteiligte von den vom Spruchpunkt 2. A) a.) umfassten Dienstpflichtverletzungen insgesamt gemäß § 126 Abs. 2 iVm § 118 Abs. 1 Z. 1 und 2 BDG 1979 freizusprechen gewesen.
Was den auf Spruchpunkt 2. A) a.) bezogenen Teil des Anschuldigungspunktes 2. C) betreffe, sei ebenfalls mit Freispruch des Mitbeteiligten vorzugehen gewesen, weil diesem die Anstiftung eines Dritten zur Begehung von disziplinär selbst nicht strafbaren Handlungen denkmöglich nicht angelastet werden könne.
Im Übrigen - was die Bezugnahme des Anschuldigungspunktes 2. C) auf die Spruchpunkte 2. A) b.) und
2. B) sowie das In-Aussicht-Stellen der Übergabe kleiner Geschenke durch die ungarischen Staatsangehörigen an K. betreffe - habe auf Grund der seit den inkriminierten Handlungen vergangenen Zeitspanne von mehr als zehn Jahren ein einen Schuldspruch tragenden Beweis schuldhaften Fehlverhaltens des Mitbeteiligten nicht mehr gewonnen werden können, sodass diesbezüglich in dubio habe ein Freispruch erfolgen müssen.
Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde nach Zitierung des § 93 Abs. 1 BDG 1979 und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus, der vom Spruchpunkt 2. B) des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses umfasste disziplinäre Vorwurf dienstlichen Fehlverhaltens gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979, hinsichtlich dessen die Beschwerde des Mitbeteiligten gemäß § 42 Abs. 1 VwGG vom Verwaltungsgerichtshof als unbegründet abgewiesen worden sei, betreffe die jedenfalls die beiden genannten ungarischen Staatsbürger gegenüber ausdrücklich erklärte Zusicherung, er werde die ungarischen Zollbeamten von der Einfuhr der in Rede stehenden Parfümeriewaren in die Republik Ungarn nicht verständigen, sowie das jeweilige Einhalten dieser Zusagen durch ihn. Damit habe der Mitbeteiligte als im Abfertigungsdienst stehender österreichischer Zollwachebeamter die demokratisch legitimierte Rechtsordnung eines anderen Staates (eines befreundeten Nachbarstaates) grob missachtet und daran mitgewirkt, dass ein Delikt zum Nachteil dieses Staates, nämlich die Hinterziehung von ungarischen Eingangsabgaben, habe gesetzt werden können. Dieses vom Mitbeteiligten wiederholt gesetzte dienstliche Fehlverhalten habe eine schwere Beeinträchtigung der Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben durch ihn bewirkt. Angesichts der besonderen Schwere dieser disziplinarrechtlich erheblichen Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 sei mit der Verhängung einer empfindlichen Disziplinarstrafe vorzugehen gewesen.
In Abwägung der Erschwerungsgründe des langen Tatzeitraumes (mehr als 19 Monate) und des Umstandes, dass die in Rede stehende pflichtwidrige Zusicherung gegenüber mehr als einem ausländischen Abnehmer gemacht worden sei, sowie des Milderungsgrundes der von dem ehemaligen Vorgesetzten ausgestellten hervorragenden Dienstbeschreibung und unter Berücksichtigung der persönlichen (drei Sorgepflichten) und wirtschaftlichen Verhältnisse des Mitbeteiligten erweise sich die Disziplinarstrafe der Geldstrafe im Ausmaß von drei Monatsbezügen als tat- und schuldangemessen, sowie der Schwere der Dienstpflichtverletzungen in adäquater Weise Rechnung tragend und zudem im Hinblick auf die spezial- und generalpräventiven Aspekte der Disziplinarstrafe ausreichend und geeignet, den Beschuldigten in Hinkunft von weiteren Dienstpflichtverletzungen abzuhalten sowie gegenüber anderen Beamten eine Warnfunktion hinsichtlich der Begehung vergleichbarer dienstlicher Verfehlungen zu erfüllen.
Gegen diesen Bescheid - seinem gesamten Inhalt nach - richtet sich die am 3. Jänner 2006 persönlich eingebrachte Beschwerde des Disziplinaranwaltes, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde, die die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Verwaltungsgerichtshof bereits zu der gegen den Suspendierungsbescheid erhobenen Beschwerde vorgelegt hatte, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand, beantragte aber die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Mitbeteiligte beantragte in einer Gegenschrift, der Beschwerde kostenpflichtig keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
I. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:
Der Mitbeteiligte macht die Verspätung der Beschwerde mit der Begründung geltend, ihm sei der angefochtene Bescheid bereits am 10. November 2005 direkt durch die belangte Behörde, ein weiteres Mal am 22. November 2005 im Wege der Behörde erster Instanz zugestellt worden. Ausgehend von der Annahme, dass mit gleicher Post, also auch am 10. November 2005, auch dem beschwerdeführenden Disziplinaranwalt zugestellt worden sei, erwiese sich die Beschwerde als verspätet.
Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes legte die belangte Behörde die Rückscheine betreffend die Zustellung des angefochtenen Bescheides an die Parteien des Verfahrens vor. Danach wurde der angefochtene Bescheid sowohl dem Mitbeteiligten am 11. November 2005 (durch Hinterlegung) als auch seinem Rechtsvertreter am 10. November 2005 direkt durch die belangte Behörde zugestellt. Eine zweite Zustellung im Wege der Behörde erster Instanz erfolgte am 22. November 2005 (Rechtsvertreter) bzw. am 25. November 2005 (Mitbeteiligter durch Hinterlegung). Die - einzige - Zustellung des angefochtenen Bescheides an den beschwerdeführenden Disziplinaranwalt erfolgte im Wege der Behörde erster Instanz am 24. November 2005. Damit erweist sich die am 3. Januar 2006 persönlich eingebrachte Beschwerde als rechtzeitig im Sinne des § 26 Abs. 1 VwGG.
II. Zur Beschwerde:
1. Der Beschwerdeführer macht unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit geltend, im Hinblick auf den Anschuldigungspunkt 2. A) a.) habe die belangte Behörde zu Unrecht eine Tathandlung "wider besseren Wissens" als nicht vorliegend angenommen. Rechtsrichtig käme aber bei Begehung von Dienstpflichtverletzungen auch fahrlässiges Handeln im Sinne des § 6 StGB in Betracht. Bei ordnungsgemäßer Beweiswürdigung und Sachverhaltsfeststellung hätte die Behörde das Verhalten des Mitbeteiligten wenigstens als fahrlässig und damit im Sinne des § 91 BDG 1979 als schuldhaft einstufen müssen.
Zu Unrecht sei die belangte Behörde hinsichtlich desselben Tatvorwurfs auch von einem rechtfertigenden Notstand ausgegangen. Eine Abwägung der Rechtsgüter (Durchführung einer dem Gesetz entsprechenden Personenkontrolle einerseits und der Personalknappheit andererseits) sei der Begründung des angefochtenen Bescheides aber nicht zu entnehmen. Die Nichtvornahme der erforderlichen Identitätskontrollen wäre vielmehr als Nichtbeachtung der einschlägigen Gesetzes- und Erlasslage, insbesondere des § 7 Abs. 6 UStG 1994 einerseits und der Dienstanweisung für die Zollämter (DAZ, insbesondere deren Pkte. 9.1.2. Z. 2, 9.1.7. und 9.1.10.) andererseits und damit als schuldhafte Verletzungen der §§ 43 Abs. 1 und 44 Abs. 1 BDG 1979 zu qualifizieren gewesen.
Ferner sei die Strafbemessung rechtswidrig, weil es sich bei den dem Mitbeteiligten vorgeworfenen Handlungen nicht bloß um ein einmaliges Fehlverhalten gehandelt habe, sondern um eine systematische Aneinanderreihung von Einzelhandlungen über mehrere Monate; auch hätten die Tathandlungen den Kernbereich der dienstlichen Aufgaben des Mitbeteiligten betroffen. Dadurch sei der Mitbeteiligte für den Zolldienst nicht mehr tragbar und das Vertrauensverhältnis zu seinem öffentlich-rechtlichen Dienstgeber zerstört.
Insoweit der beschwerdeführende Disziplinaranwalt darauf verweist, zu Unrecht hätte die belangte Behörde die Möglichkeit eines bloß fahrlässigen Handelns außer Betracht gelassen, zeigt sie keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Abgesehen davon, dass der Mitbeteiligte sich im gesamten Verfahren nie darauf berufen hat, lediglich fahrlässig gehandelt respektive die von ihm richtigerweise anzuwendenden Vorschriften, insbesondere des Zollkodex und der Punkte 9.1.2 Z. 2. und 9.1.10 der DAZ, fahrlässigerweise nicht gekannt zu haben, kommt der Frage, ob im konkreten Fall Fahrlässigkeit oder - wie sowohl im Einleitungs- und Verhandlungsbeschluss, als auch in den in dieser Angelegenheit bereits ergangenen Erkenntnissen vorausgesetzt - Vorsatz vorlag, keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Die belangte Behörde hat ihren Freispruch von der Anschuldigung zu Pkt. 2. A) a.) damit begründet, es sei in der damaligen Situation nach der Öffnung der Ostgrenzen und der herrschenden Personalknappheit für den Mitbeteiligten ein rechtfertigender Notstand vorgelegen. Liegt aber ein das Verschulden des Täters ausschließender Notstand vor, ist es unerheblich, welche Verschuldensform (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) ausgeschlossen wird. Einzig relevant bleibt in diesem Falle vielmehr die Frage, ob die belangte Behörde von einem rechtfertigenden Notstand ausgehen durfte.
Durch Notstand ist nach der Strafrechtsdogmatik jeder gerechtfertigt, der ein höherwertiges Rechtsgut auf Kosten eines geringerwertigen rettet, um einen gegenwärtigen bedeutenden Nachteil für ein eigenes oder fremdes Rechtsgut abzuwehren, sofern dies das einzige - und angemessene - Mittel zu dieser Abwehr darstellt. Auch ein Beamter kann in die Situation kommen, dass er ein bestimmtes Rechtsgut nur retten kann, indem er eine Dienstpflichtverletzung begeht. Der Rechtfertigungsgrund des Notstands erscheint im Disziplinarrecht deshalb problemlos anwendbar, weil es sich dabei um den Ausfluss eines allgemeinen Rechtsgedankens handelt. Lehre und Judikatur haben für das Vorliegen einer Notstandssituation und die Zulässigkeit einer Notstandshandlung allerdings detaillierte Voraussetzungen entwickelt. Das einzige für den Bereich des Disziplinarrechts bedeutsame Problem stellt dabei die Frage der Höherwertigkeit des geretteten Rechtsgutes, das heißt die Frage, welches Rechtsgut also höherwertig als das dienstliche Interesse ist, dar. Höherwertigkeit muss eindeutig und zweifellos vorliegen, was in der Regel bei allen persönlichen Rechtsgütern, wie Leib und Leben, anzunehmen ist; bei materiellen Rechtsgütern (Eigentum) wird man hingegen nicht von einer Höherwertigkeit ausgehen können (siehe Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten3, S. 29).
Davon zu unterscheiden ist der entschuldigende Notstand, welcher anzunehmen ist, wenn jemand eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um einen unmittelbar drohenden bedeutenden Nachteil von sich oder einem anderen abzuwenden, und der aus der Tat drohende Schaden nicht unverhältnismäßig schwerer wiegt als der Nachteil, den sie abwenden soll, und in der Lage des Täters von einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen kein anderes Verhalten zu erwarten war (so genannte Unzumutbarkeit, siehe § 10 Abs. 1 StGB). Im Unterschied zum rechtfertigenden Notstand, der ausschließlich auf einer Güterabwägung basiert und die Rettung des eindeutig höherwertigen auf Kosten des weniger wertvollen Gutes rechtfertigt, stellt die Definition des entschuldigenden Notstandes letztlich auf psychologische Wertungen ab. Eine Güterabwägung ist nur insofern erforderlich, als die verursachte Rechtsgutverletzung nicht unverhältnismäßig schwerer wiegen darf als die durch die Notstandstat abgewendete. Dabei kann sich der Täter weder im Fall eines rechtfertigenden Notstandes noch im Fall eines entschuldigenden Notstandes auf staatliche Interessen stützen. Der drohende Nachteil muss unmittelbar und bedeutend sein und es muss von dem Notstandstäter als einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundene Menschen kein anderes Verhalten zu erwarten sein, was etwa anzunehmen sein wird, wenn sich der Täter in einer Zwangslage befindet, die eine existenzielle Bedrohung oder sonstigen besonderen Motivationsdruck erzeugt und die - ohne die strafbare Handlung - zu überwinden besondere Widerstandskraft oder "ausnahmsweisen Heroismus" erfordern würde (siehe Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten3, S. 38f).
Die belangte Behörde begründete ihren Freispruch zwar mit "rechtfertigendem Notstand", die Beschwerdeausführungen zeigen aber zutreffend auf, dass ein solcher in der gegebenen Fallkonstellation nicht vorliegen kann, weil von einer "eindeutigen" und "zweifellosen" Höherwertigkeit der für den Mitbeteiligten sprechenden Belastungssituation gegenüber den von ihm verletzten Interessen an einer geordneten Zollabwicklung und Einhaltung der Dienstpflichten nicht gesprochen werden kann.
Auch für die Annahme eines entschuldigenden Notstandes (Unzumutbarkeit) liegen nach den oben dargelegten Kriterien keine Anhaltspunkte vor. Zutreffend rügt der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides eine Güterabwägung nicht einmal ansatzweise vorgenommen hat. Einziger Hinweis im angefochtenen Bescheid auf die Abwägungskriterien der belangten Behörde ist die - insoweit unangefochtene - Annahme, dass der Reiseflut aus den Ostländern nach Öffnung des Eisernen Vorhanges eine akute Personalnot gegenübergestanden sei. Dieser - allgemein bekannte und damit notorische - Umstand allein erscheint aber nicht geeignet, die Unzumutbarkeit der nach den Vorschriften der DAZ erforderlichen, vom Mitbeteiligten aber hinsichtlich der beiden Ungarn gänzlich unterlassenen Identitätsprüfungen und damit die disziplinäre Unerheblichkeit darzutun. Insbesondere fehlt eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob dies eine vom Mitbeteiligten (auf Grund der Arbeitssituation) generell so gehandhabte Praxis war oder nur zu Gunsten der genannten Ungarn beobachtet wurde. Bereits aus diesen Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig.
Für die Strafbemessung im fortgesetzten Verfahren ist allerdings auf das hg. Erkenntnis vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, zu verweisen.
2. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer Aktenwidrigkeiten, die der rechtlichen Beurteilung durch die belangte Behörde zu Grunde gelegt worden seien. Angesichts der aktenkundigen Unterlagen, wie etwa der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für das Burgenland vom 21. März 1997, die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Eisenstadt vom 12. Januar 1998 und anderen - im Einzelnen genannten - Urkunden hätte die belangte Behörde feststellen müssen, dass der Mitbeteiligte in einem Zeitraum von 19 Monaten insgesamt mehrere Hundert Stück U 34-Formulare zollrechtlich gegen die Vorschriften behandelt habe, wodurch eine Umsatzsteuervergütung an die genannten Ungarn von über 5 Millionen Schilling ermöglicht worden sei. Er wäre verpflichtet gewesen, die den Formularen angeschlossenen Unterlagen, die in diesen angeführten Waren und die Identität der diese Waren ausführenden Personen zumindest stichprobenweise zu überprüfen. Dies habe er unterlassen, obwohl die Fahrten dieser Ungarn einmal wöchentlich erfolgt seien. Die Beauftragung des K. zu derartigem Verhalten stelle für sich allein schon ein Indiz in Richtung Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit Grenzabfertigungen dar. Mit ihrer knappen Begründung des angefochtenen Bescheides hindere die belangte Behörde ein näheres Eingehen auf die vorliegenden Beweisergebnisse.
Auch mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Wesentlichen im Recht.
Nach dem gemäß § 105 BDG 1979 auch im Disziplinarverfahren geltenden § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dabei ist die Behörde verpflichtet, in der Begründung des Bescheides in eindeutiger, einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise aufzuzeigen, von welcher konkreten Sachverhaltsannahme sie bei ihrem Bescheid ausgegangen ist und auf welche Erwägungen sich die getroffenen Tatsachenfeststellungen im Einzelnen stützen. Dieser Rechtspflicht nicht entsprechend gestaltete Bescheide werden nicht nur dem Sinn und Zweck der §§ 58 und 60 AVG nicht gerecht, sondern hindern im Falle seiner Anrufung auch den Verwaltungsgerichtshof, seiner Rechtskontrollaufgabe, wie sie im § 41 Abs. 1 VwGG zum Ausdruck kommt, insoweit zu entsprechen, als nicht oder unzureichend begründete Bescheide inhaltlich auch keine Überprüfung "auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes" zulassen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 2006, Zl. 2005/09/0116).
Diesen Anforderungen entspricht der angefochtene Bescheid nicht. Ihm ist insbesondere nicht zu entnehmen, von welchen konkreten (allenfalls auch negativen) Feststellungen die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung ausgegangen ist und auf welchen Erwägungen ihre Beweiswürdigung beruht. Eine Auseinandersetzung mit den Ermittlungsergebnissen einschließlich jener Aktenteile, die Grundlage des Einleitungs- und Verhandlungsbeschlusses gewesen waren, hat nicht stattgefunden. Es wäre in diesem Sinne Sache der belangten Behörde gewesen, konkret und in substanzieller Weise im angefochtenen Bescheid darzutun, auf welche konkreten (beweiswürdigenden) Überlegungen sich die Schlussfolgerung stützt, im Beschwerdefall hätten die Voraussetzungen für ein disziplinär relevantes Fehlverhalten des Mitbeteiligten nicht als erwiesen angesehen werden können. Eine Überprüfung dieser Überlegungen durch den Verwaltungsgerichtshof war damit nicht möglich.
Entgegen den Ausführungen des Mitbeteiligten in der Gegenschrift war die belangte Behörde an jenen Sachverhalt, der Grundlage des in dieser Sache bereits ergangenen hg. Erkenntnisses vom 6. April 2005, Zl. 2002/09/0057, gewesen war, auch nicht gebunden, weil eine Bindung gemäß § 63 Abs. 1 VwGG erstens nur die vom Verwaltungsgerichtshof geäußerte Rechtsansicht betrifft und zweitens eine Bindung nicht mehr aufrecht ist, wenn der Sachverhalt in einer für die Entscheidung erheblichen Weise von jenem abweicht, den der Verwaltungsgerichtshof zunächst rechtlich beurteilt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. November 2005, Zl. 2004/07/0159, mwN).
Mit diesem Begründungsmangel belastete die belangte Behörde ihren Bescheid auch mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Da aber eine inhaltliche Rechtswidrigkeit der einer solchen infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften prävaliert, war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 3. April 2008
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2006090002.X00Im RIS seit
13.05.2008Zuletzt aktualisiert am
11.08.2008