TE Vwgh Erkenntnis 2008/4/10 2007/16/0228

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Veröffentlicht am 10.04.2008
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
20/11 Grundbuch;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

ABGB §6;
ABGB §7;
GBG 1955 §13 Abs1;
GBG 1955 §15 Abs1;
GGG 1984 §1;
GGG 1984 TP9 Anm7;
GGG 1984 TP9 Anm8;
GGG 1984 TP9 litb Z4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde der E Aktiengesellschaft in E, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Ebendorferstraße 3, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 9. November 2007, Zl. Jv 5144-33a/07, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Grand Hotel Gesellschaft m.b.H. (in der Folge kurz: Grand Hotel) ist Eigentümerin eines 41.674/94.262tel Anteils (B-LNr. 2) an der Liegenschaft EZ 575, GB 01004 Innere Stadt. Weiters ist die Erste Wiener Hotel AG (in der Folge kurz: EWH) Eigentümerin eines 51.240/94.262tel Anteils (B-LNr. 17 bis 93 und 96) an der genannten Liegenschaft.

Mit Beschluss vom 10. November 2006 bewilligte das Grundbuchsgericht am Miteigentumsanteil der EWH die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Verpfändung für einen Höchstbetrag von EUR 60.000.000,--.

Auf Grund einer am 23. und 26. April 2007 zwischen der Beschwerdeführerin einerseits und der Grand Hotel sowie der EWH andererseits abgeschlossenen Hypothekarvereinbarung und des genannten Rangordnungsbeschlusses vom 10. November 2006 beantragte die Beschwerdeführerin die Einverleibung des Pfandrechts im Höchstbetrag von EUR 60.000.000,-- am Miteigentumsanteil der Grand Hotel und - im Rang des Beschlusses vom 10. November 2006 - an jenen der EWH.

Das Grundbuchsgericht bewilligte mit Beschluss vom 24. Mai 2007 die Einverleibung der Pfandrechte und vollzog diese Eintragungen am selben Tag.

Mit Zahlungsauftrag vom 31. Juli 2007 schrieb der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien der Beschwerdeführerin Eintragungsgebühren nach TP 9 lit. b Z. 4 GGG im Betrag von EUR 720.000,-- und nach TP 9 lit. b Z. 6 GGG im Betrag von EUR 360.000,-- sowie eine Einhebungsgebühr nach § 6 GEG im Betrag von EUR 8,-- vor.

In ihrem Berichtigungsantrag vom 10. August 2007 brachte die Beschwerdeführerin vor, sie halte diese Vorschreibung für überhöht. Beim gegenständlichen Eintragungsvorgang handle es sich gerade um einen Fall, der ohne jegliche Abweichung dem Konzept der Simultanhypothek entspreche. Mit einer Urkunde sei ein Pfandrecht an mehreren Miteigentumsanteilen begründet worden, das auf Grund eines einzigen Antrages im Grundbuch einverleibt worden sei. Nach den Erwägungen des Gesetzgebers gehe es dabei somit gerade nicht um einen Vorgang, der durch die Euro-Gerichtsgebühren-Novelle doppelt vergebührt werden sollte. Der einzige Unterschied zwischen dem "Standardfall" eines Globalpfandrechts und dem vorliegenden Fall bestehe darin, dass vor der Eintragung des Pfandrechts auf einem Miteigentumsanteil eine Pfandrechtsrangordnung bestanden habe. Diese Rangordnung rechtfertige allerdings keine vom Standardfall abweichende rechtliche Beurteilung durch das Gericht. Nach der neuen Rechtslage sei bei der Verpfändung mehrerer Miteigentumsanteile die Eintragungsgebühr nur einmal vorzuschreiben, wenn es im Grundbuch faktisch nur zu einem einzigen Eintragungsvorgang komme. Ein Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 9. Juli 2002 beschreibe einzelne Fallkonstellationen, in denen es je nach Sachverhalt zur einfachen oder doppelten Vorschreibung komme. Der dort als Fallbeispiel genannte Standardfall betreffe die Eintragung gemäß der bisherigen Praxis ("Globalpfandrecht"). Ein solches Globalpfandrecht liege vor, wenn das Pfandrecht - in seinem Gesamtbetrag - im C-Blatt einmal eingetragen worden sei, und zwar entweder auf der gesamten Liegenschaft oder auf einer Mehrzahl von Miteigentumsanteilen (mit der Formulierung "auf Anteil B-LNr. bis B-LNr."). Nach der Rechtsauffassung des Grundbuchsgerichtes hätte es im gegenständlichen Fall auf Grund der bestehenden Rangordnung, die nur einen Teil der Miteigentumsanteile betroffen habe, gerade keine vertragliche Möglichkeit gegeben, die doppelte Gebühr zu vermeiden. Konsequenz dieses Rechtsstandpunktes wäre es, dass nur die einfache Gebühr angefallen wäre, wenn die Rangordnung an allen Miteigentumsanteilen bestanden hätte oder keine Rangordnung eingeräumt worden wäre, jedoch zwingend die doppelte Gebühr, wenn sich die Rangordnung nur auf einen Teil der Miteigentumsanteile beziehe. Dieses Ergebnis sei weder mit den Absichten des Gesetzgebers noch mit den Ausführungen des Bundesministeriums für Justiz in Einklang zu bringen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde diesem Berichtigungsantrag nicht Folge. Anmerkung 7 zu TP 9 GGG (in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 131/2001) bestimme, dass für die Einverleibung (Vormerkung) einer Simultanhypothek die Eintragungsgebühr nur einmal zu bezahlen sei, sofern die Eintragung entweder in einem einzigen Gesuch oder für alle Hypothekarobjekte gleichzeitig begehrt werde. Nach Anmerkung 8 gelte Anmerkung 7 entsprechend, wenn Pfandrechte für dieselbe Forderung

a) an mehreren nicht verbücherten Liegenschaften oder Bauwerken (Anmerkung 11) oder

b) einerseits an einer nicht verbücherten Liegenschaft oder einem Bauwerk (Anmerkung 11) und andererseits an einem Grundbuchskörper erworben würden.

Die frühere für die Eintragung von Pfandrechten für dieselbe Forderung auf mehrere Miteigentumsanteile desselben Grundbuchskörpers geltende Anmerkung 8 lit. a zu TP 9 GGG "aF" gebe es seit Jahresbeginn 2002 nicht mehr. Seither habe eine mehrfache Pfandrechtseintragung auf derselben Liegenschaft auch ein mehrfaches Anfallen von Eintragungsgebühr zur Folge. Wenn also ein Pfandrecht für dieselbe Forderung getrennt auf verschiedenen Miteigentumsanteilen eines Grundbuchskörpers und somit mehrfach eingetragen werde, habe das auch ein mehrfaches Anfallen von Eintragungsgebühr zur Folge.

Im vorliegenden Fall sei genau dies geschehen: Es sei nicht etwa nur einmal ein Pfandrecht einverleibt worden, sondern es seien zwei getrennte Pfandrechtseintragungen - einmal auf Anteil 2 und ein zweites Mal auf den Anteilen 17 bis 93 und 96 - vorgenommen worden. Nach dem im Gerichtsgebührenrecht herrschenden Grundsatz des Anknüpfens an formale äußere Tatbestände seien durch diese beiden Pfandrechtseintragungen auch zwei getrennt zu beurteilende Gebührentatbestände erfüllt worden. Gerade der Erlass des Bundesministeriums für Justiz, auf den die Beschwerdeführerin Bezug nehme, weise ausdrücklich darauf hin, dass bei Wohnungseigentumsliegenschaften die Eintragungsgebühr nur dann bloß einmal vorzuschreiben sei, wenn es im Grundbuch faktisch nur zu einem einzigen Eintragungsvorgang komme. Im konkreten Fall seien wohl deshalb zwei verschiedene Pfandrechtseintragungen beantragt worden, weil auf den Anteilen 17 bis 93 und 96 eine Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Verpfändung bestanden habe, die nun ausgenützt werden sollte. Dies hätte jedoch auch in anderer Weise als durch zwei getrennte Pfandrechtseintragungen bewerkstelligt werden können, nämlich durch eine einheitliche Pfandrechtseinverleibung, verbunden mit dem Hinweis "auf den Anteilen 17 bis 93 und 96 im Range ...". Bei einem solchen Antrag wäre die Eintragungsgebühr nur einmal angefallen. Dass die Beschwerdeführerin nicht diesen "gebührenschonenden" Weg, sondern jenen einer zweifachen Pfandrechtseinverleibung gewählt habe, falle ihr nach dem schon erwähnten Grundsatz des Anknüpfens an äußere Tatbestände selbst zur Last.

Selbst wenn man der Argumentation der Beschwerdeführerin folgte und deshalb - entgegen obigen Ausführungen - nur eine Eintragungsgebühr anfiele, würde sich diese nicht etwa mit 0,6 %, sondern mit 1,2 % der Bemessungsgrundlage und daher mit EUR 720.000,-- errechnen. Dass es sich bei der Annahme einer einheitlichen Eintragung teilweise nur um eine Einverleibung in der angemerkten Rangordnung handle und daher diesbezüglich nur 0,6 % der Bemessungsgrundlage anfielen, könne bei einer Gesamtbetrachtung nicht von Bedeutung sein, weil es sich hier ja nicht um eine Simultanhypothek handle, bei der sich der heranzuziehende Gebührensatz nach dem Stand der Haupteinlage richte. Hier gebe es keine Haupt- und keine Nebeneinlage, sondern sei, wenn man schon - entgegen obigen Ausführungen - eine einheitliche Betrachtung anlegen wollte, der Gesamtvorgang nach der weitestreichenden Veränderung zu beurteilen und daher ein Gebührenfaktor von 1,2 % zugrunde zu legen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem "Recht auf Nichtvorschreibung von rechtswidrig überhöhten Gerichtsgebühren" verletzt und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde unter Zuerkennung verzeichneter Kosten beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin vertritt - wie schon im Verwaltungsverfahren - den Standpunkt, das Grundbuchsgericht habe den Eintragungsvorgang gebührenrechtlich offenbar als zwei Eintragungsvorgänge angesehen und folglich die Gerichtsgebühr doppelt vorgeschrieben. Beim gegenständlichen Eintragungsvorgang handle es sich gerade um einen Fall, der ohne jegliche Abweichung dem Konzept der Simultanhypothek entspreche. Mit einer Urkunde sei ein Pfandrecht an mehreren Miteigentumsanteilen begründet worden, das auf Grund eines einzigen Antrages im Grundbuch einverleibt worden sei. Nach den Erwägungen des Gesetzgebers gehe es dabei somit gerade nicht um einen Vorgang, der durch die Euro-Gerichtsgebühren-Novelle doppelt vergebührt werden sollte. Für die Eintragung dieses Pfandrechtes wäre daher richtigerweise die Gerichtsgebühr auch nur einmal vorzuschreiben gewesen. Sämtliche im Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 9. Juli 2002 über die Eintragungsgebühr für die Einverleibung eines Pfandrechts auf mehreren Miteigentumsanteilen bzw. Wohnungseigentumsobjekten einer Liegenschaft angeführten Fallkonstellationen träfen auf den vorliegenden Fall nicht zu. Die belangte Behörde sei der Auffassung, dass auf Grund der Gestaltung des Antrages die doppelte Gerichtsgebühr vorzuschreiben gewesen sei. Diese Auffassung ergebe sich jedoch nicht zwingend aus dem Wortlaut des Gesetzes. Demnach unterlägen Eintragungen zum Erwerb des Pfandrechts der Gebühr von 1,2 %. Der Wortlaut des Gesetzes lasse es durchaus zu, die Eintragung eines einzigen Gesamtpfandrechts auf mehreren Miteigentumsanteilen als einen einzigen gebührenauslösenden Tatbestand anzusehen. Eine Differenzierung danach, ob die Einverleibung ein und desselben Pfandrechts in einem Schriftsatz in zwei Unterpunkten oder in einem einzigen Satz beantragt werde, ergebe sich aus dem Wortlaut des Gesetzes nicht. Nach dem Zweck des Gesetzes wäre richtigerweise auch in diesem Fall die Gerichtsgebühr nur einmal vorzuschreiben gewesen. Es sei nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen, für einheitliche, dem Konzept der Simultanhypothek entsprechende Pfandrechte eine Gebührenerhöhung zu schaffen. Die Behörde unterstelle der Anmerkung 8 zu TP 9 GGG einen gleichheits- und verfassungswidrigen Inhalt.

Die belangte Behörde halte schließlich fest, dass selbst unter der Annahme einer einheitlichen Eintragung nicht lediglich eine Gebühr von 0,6 % der Bemessungsgrundlage vorzuschreiben gewesen wäre. Auch damit unterstelle sie TP 9 lit. b Z. 4 und 6 GGG einen verfassungswidrigen Inhalt. Durch die Eintragung eines Gesamtpfandes würden materielle Verhältnisse geschaffen, die jenen der Simultanhypothek nahe kämen. Wenn für die Eintragung einer Simultanhypothek bei Bestehen einer Rangordnung der beabsichtigten Verpfändung auch nur auf der Haupteinlage nur eine Gebühr in der Höhe von 0,6 % vorzuschreiben sei, so habe dies auch zu gelten, wenn die Rangordnung zur beabsichtigten Verpfändung auf nur einem Miteigentumsanteil bestehe, wenn ein gleichheitswidriges Ergebnis vermieden werden solle.

Im Beschwerdefall wurde das Pfandrecht auf verschiedene Miteigentumsanteile an derselben Liegenschaft einverleibt; fraglich ist, ob dieser Vorgang unter die Befreiungsbestimmung der Anmerkung 7 zu Tarifpost 9 GGG idF der Euro-Gerichtsgebühren-Novelle, BGBl. I Nr. 131/2001, fällt.

Das Gerichts- und Justizverwaltungsgebührengesetz 1962, BGBl. Nr. 289 - GJGebGes. 1962, hatte in seiner Tarifpost 11 für Grundbuchsachen Gerichtsgebühren bestimmt, und zwar in ihrer lit. a Eingabengebühren und in ihrer lit. b Eintragungsgebühren.

Tarifpost 11 lit. b sah für Eintragungen in das Grundbuch (Landtafel, Eisenbahnbuch, Bergbuch), und zwar für

1.

Eintragungen zum Erwerb des Eigentums,

2.

Eintragungen zum Erwerb des Pfandrechtes (Ausnahme Z. 4),

3.

Anmerkungen der Rangordnung der beabsichtigten Verpfändung und

              4.              nachträgliche Eintragung des Pfandrechtes in der angemerkten Rangordnung der beabsichtigten Verpfändung

näher nach Hundert- und Tausendsätzen bestimmte Gebühren vor.

Die Anmerkungen zu Tarifpost 11 GJGebGes. 1962 lauteten zu lit. b auszugsweise:

              "6.              Für die Einverleibung (Vormerkung) einer Simultanhypothek ist die Eintragungsgebühr nur einmal zu bezahlen, auch dann, wenn die Eintragung zu verschiedenen Zeiten beantragt wird oder wenn mehrere Grundbuchsgerichte in Frage kommen; die Eintragungsgebühr ist anlässlich der ersten Eintragung zu entrichten.

              7.              Als Eintragung nach Tarifpost 11 lit. b Z. 2 gelten auch die Vormerkung eines Pfandrechtes und die Übertragung einer Forderung oder eines Pfandrechtes.

              8.              Wird an einer nicht verbücherten Liegenschaft oder an einem Bauwerk das Eigentumsrecht oder ein Pfandrecht durch gerichtliche Hinterlegung der Urkunde über das Erwerbsgeschäft (§§ 434 bis 437, 451 Abs. 2 ABGB) oder ein Pfandrecht durch pfandweise Beschreibung (§§ 90 bis 95 EO) erworben, so ist für die gerichtliche Hinterlegung der Urkunde oder die pfandweise Beschreibung dieselbe Gebühr zu entrichten wie für die bücherliche Eintragung des Rechtes. Das gleiche gilt für die Einreihung der Protokollabschrift über den Zuschlag (§ 183 EO). Hingegen ist die Einreihung von Urkunden, aus der die Löschung solcher Rechte hervorgeht, gebührenfrei.

              9.              Von der Eintragungsgebühr sind befreit:

..."

Die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes über die Gerichtsund Justizverwaltungsgebühren (GJGebG 1985) sah in ihrer Tarifpost 9 Gerichtsgebühren für Grundbuchsachen vor, und zwar in ihrer lit. a für Eingaben (Protokollaranträge) um Eintragung in das Grundbuch (Landtafel, Eisenbahnbuch, Bergbuch) und ihrer lit. b für Eintragungen in das Grundbuch (Landtafel, Eisenbahnbuch, Bergbuch); Z. 4 bis 6 lauteten:

"4.

Eintragung zum Erwerb des Pfandrechtes (Ausnahme Z. 6),

5.

Anmerkungen der Rangordnung der beabsichtigten Verpfändung,

6.

nachträgliche Eintragung des Pfandrechtes in der angemerkten Rangordnung der beabsichtigten Verpfändung;"

Die Anmerkungen zu Tarifpost 9 lit. b lauteten nach dieser Regierungsvorlage auszugsweise:

              "7.              Für die Einverleibung (Vormerkung) einer Simultanhypothek ist die Eintragungsgebühr nur einmal zu bezahlen, auch dann, wenn die Eintragung zu verschiedenen Zeiten beantragt wird oder wenn mehrere Grundbuchsgerichte in Frage kommen; die Eintragungsgebühr ist anlässlich der ersten Eintragung zu entrichten.

              8.              Anmerkung 7 gilt sinngemäß, wenn Pfandrechte für dieselbe Forderung

a)

auf mehrere Miteigentumsanteile eingetragen werden,

b)

an mehreren nicht verbücherten Liegenschaften oder Bauwerken erworben werden (Anmerkung 11),

              c)              einerseits an einer nicht verbücherten Liegenschaft oder einem Bauwerk (Anmerkung 11) und andererseits an einem Grundbuchskörper (Anmerkung 7) erworben werden."

Die ErläutRV zum GJGebG 1985, 366 BlgNR XVI. GP 35 f, führten zu Tarifpost 9 u.a. aus:

"Auf Grund von Anregungen, die im Begutachtungsverfahren erstattet worden sind (Verwaltungsgerichtshof, Österreichische Notariatskammer, Bundeswirtschaftskammer, Verband österreichischer Banken und Bankiers), wurde die bisherige gebührenrechtliche Regelung für Simultanhypotheken, dass die Eintragungsgebühr nur einmal zu bezahlen ist, auf weitere gleichartige Fälle ausgedehnt (siehe Anmerkung 8 zu Tarifpost 9)."

Im Bericht des Justizausschusses, 454 BlgNR XVI. GP 2, wurde vorerst einmal die Änderung des Kurztitels des Gesetzes in "Gerichtsgebührengesetz - GGG" beantragt. In Anmerkung 8 lit. a zu Tarifpost 9 GGG beantragte der Justizausschuss die Einfügung der Worte "desselben Grundbuchskörpers" zur Vermeidung von Auslegungsproblemen, in welchen Fällen bei mehrfacher Pfandrechtseintragung für dieselbe Forderung nur eine Eintragungsgebühr zu entrichten sei (vgl. den zitierten AB, aaO 5).

Tarifpost 9 lit. b GGG, BGBl. Nr. 501/1984, sieht Gerichtsgebühren für Eintragung in das Grundbuch vor, und zwar in ihrer

Z. 4 für Eintragungen zum Erwerb des Pfandrechtes (Ausnahme Z. 6.), Z. 5 für Anmerkungen der Rangordnung der beabsichtigten Verpfändung und Z. 6 für nachträgliche Eintragung des Pfandrechtes in der angemerkten Rangordnung der beabsichtigten Verpfändung.

Die Anmerkungen 7 und 8 zu Tarifpost 9 GGG lauteten in der Stammfassung dieses Gesetzes:

              "7.              Für die Einverleibung (Vormerkung) einer Simultanhypothek ist die Eintragungsgebühr nur einmal zu bezahlen, auch dann, wenn die Eintragung zu verschiedenen Zeiten beantragt wird oder wenn mehrere Grundbuchsgerichte in Frage kommen; die Eintragungsgebühr ist anlässlich der ersten Eintragung zu entrichten.

              8.              Anmerkung 7 gilt sinngemäß, wenn Pfandrechte für dieselbe Forderung

              a)              auf mehrere Miteigentumsanteile desselben Grundbuchskörpers eingetragen werden,

              b)              an mehreren nicht verbücherten Liegenschaften oder Bauwerken erworben werden (Anmerkung 11),

              c)              einerseits an einer nicht verbücherten Liegenschaft oder einem Bauwerk (Anmerkung 11) und andererseits an einem Grundbuchskörper (Anmerkung 7) oder Liegenschaftsanteil erworben werden."

Durch Art. 1 Z. 27 lit. d der Euro-Gerichtsgebühren-Novelle, BGBl. I Nr. 131/2001 - EGN, wurden die Anmerkungen 7 und 8 zu Tarifpost 9 GGG wie folgt neu gefasst:

              "7.              Für die Einverleibung (Vormerkung) einer Simultanhypothek ist die Eintragungsgebühr nur einmal zu bezahlen, sofern die Eintragung entweder in einem einzigen Gesuch oder für alle Hypothekarobjekte gleichzeitig begehrt wird.

              8.              Anmerkung 7 gilt entsprechend, wenn Pfandrechte für dieselbe Forderung

              a)              an mehreren nicht verbücherten Liegenschaften oder Bauwerken (Anmerkung 11) oder

              b)              einerseits an einer nicht verbücherten Liegenschaft oder einem Bauwerk (Anmerkung 11) und andererseits an einem Grundbuchskörper

erworben werden."

Die ErläutRV zur EGN, 759 BlgNR XXI. GP 31 f, führen zu Art. 1 Z. 27 (Änderung von Tarifpost 9 GGG) u.a. aus:

"Schließlich werden die Gebührenbefreiungen der Anmerkungen 7 und 8 enger gefasst, weil sie in ihrer derzeitigen weiten Textierung in der Praxis - unterstützt auch durch eine diesbezüglich großzügige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs - häufig für Konstellationen missbraucht wurden, die mit dem Konzept der Simultanhypothek kaum mehr in einem erkennbaren Zusammenhang standen. Deshalb ziehen die neuen Formulierungen vor allem in zeitlicher Hinsicht deutliche Schranken für die Inanspruchnahme dieser Begünstigung."

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Anmerkung 6 zu Tarifpost 11 GJGebGes. 1962 konnte für die Bedeutung des dort gebrauchten Wortes "Simultanhypothek" nur § 15 Abs. 1 des Grundbuchsgesetzes maßgebend sein (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 30. November 1966, Zl. 1332/66 = Slg. 3536/F, vom 21. November 1969, Zl. 1588/68, vom 12. Jänner 1978, Zl. 2272/77, vom 23. September 1982, Zl. 82/15/0043, und vom 22. April 1985, Zl. 83/15/0061).

Unter einem Grundbuchskörper im Sinne des Grundbuchsgesetzes versteht man alle in einer Grundbuchseinlage zusammengefassten Flächen als Ganzes, wobei jede Grundbuchseinlage eine Einlagezahl aufweist. Eine Simultanhypothek liegt nach § 15 Abs. 1 GBG dann vor, wenn das Pfandrecht für dieselbe Forderung ungeteilt auf zwei oder mehrere Grundbuchskörper oder Hypothekarforderungen eingetragen wird. Nach der Rechtsprechung kann bei einer Simultanhypothek das Pfandrecht für dieselbe Forderung zwar auf zwei oder mehreren Liegenschaften bzw. auch auf Liegenschaftsanteilen bestehen, bei Eintragung des Pfandrechtes auf verschiedene Miteigentumsanteile derselben Liegenschaft kann aber nicht von einer Simultanhypothek gesprochen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Mai 2004, Zl. 2003/16/0469, mwN; Rassi in Kodek, Grundbuchsrecht (2007) § 15 GBG Rz. 9 mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung knüpft die Gerichtsgebührenpflicht bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als sie über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen Tatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme hievon geknüpft ist, hinwegsieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden. Es geht auch nicht an, im Wege der Analogie einen vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Ausnahmetatbestand zu begründen (vgl. etwa das zitierte Erkenntnis vom 13. Mai 2004 sowie das hg. Erkenntnis vom 18. September 2007, Zl. 2007/16/0024, mwN).

Anmerkung 7 zu Tarifpost 9 GGG sah in ihrer Stammfassung - gleichlautend mit Anmerkung 6 zu Tarifpost 11 GJGebGes. 1962 - vor, dass für die Einverleibung (Vormerkung) einer Simultanhypothek die Eintragungsgebühr nur einmal zu bezahlen ist, auch dann, wenn die Eintragung zu verschiedenen Zeiten beantragt wird oder wenn mehrere Grundbuchsgerichte in Frage kommen; die Eintragungsgebühr war anlässlich der ersten Eintragung zu entrichten.

Anmerkung 8 lit. a zu Tarifpost 9 GGG ordnete die sinngemäße Geltung der Anmerkung 7 an, wenn Pfandrechte für dieselbe Forderung auf mehrere Miteigentumsanteile desselben Grundbuchskörpers eingetragen werden.

Die zitierten ErläutRV 366 BlgNR XVI. GP 36 sahen in Anmerkung 8 lit. a zu Tarifpost 9 eine Ausdehnung auf weitere "gleichartige Fälle" wie die Simultanhypothek.

Mit der EGN wurde Anmerkung 7 zu Tarifpost 9 GGG dahingehend eingeschränkt, dass die Eintragung entweder in einem einzigen Gesuch oder für alle Hypothekarobjekte gleichzeitig begehrt wird. Die bisher in Anmerkung 8 lit. a zu Tarifpost 9 vorgesehene sinngemäße Anwendung auf Pfandrechte auf mehreren Miteigentumsanteilen desselben Grundbuchskörpers entfiel. Die zitierten ErläutRV zur EGN  sahen in dieser Novellierung "vor allem in zeitlicher Hinsicht deutliche Schranken für die Inanspruchnahme dieser Begünstigung".

Nach dem bisher Gesagten kann bei der Eintragung eines Pfandrechtes (für dieselbe Forderung) auf verschiedene Miteigentumsanteile derselben Liegenschaft auch im Verständnis des GGG nicht von einer Simultanhypothek im Sinn der Anmerkung 7 zu Tarifpost 9 GGG gesprochen werden. Anmerkung 8 lit. a zu Tarifpost 9 GGG in seiner Stammfassung kam daher eine eigenständige normative Bedeutung dahingehend zu, dass die Begünstigung der Anmerkung 7 zu Tarifpost 9 GGG - unabhängig von einer Gleichzeitigkeit der Antragstellung - auf die Fälle der Eintragung von Pfandrechten für dieselbe Forderung auf mehrere Miteigentumsanteile desselben Grundbuchskörpers ausgedehnt wurden, die ohne diese Ausdehnung nicht von dieser Begünstigung erfasst gewesen wären. Die zitierten ErläutRV zur EGN sprechen von deutlichen Schranken für die Inanspruchnahme der Begünstigung "vor allem in zeitlicher Hinsicht", sie haben daher offenbar auch eine Einschränkung in sachlicher Hinsicht im Auge. Wäre der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die Eintragung von Pfandrechten für dieselbe Forderung auf mehrere Miteigentumsanteile desselben Grundbuchskörpers, in einem einzigen Gesuch oder gleichzeitig begehrt, nur eine Eintragung im Sinn der Tarifpost 9 lit. b Z. 4 GGG darstellten, hätte er in den zitierten ErläutRV zur EGN die Bedeutung dieser Novellierung wohl ausschließlich in der Einschränkung der Begünstigung in zeitlicher Hinsicht gesehen.

Die Neufassung der Anmerkung 8 zu Tarifpost 9 GGG durch die EGN ist daher mit der Folge verbunden, dass eine Eintragung von Pfandrechten für dieselbe Forderung auf mehrere Miteigentumsanteile desselben Grundbuchskörpers, auch wenn die Eintragung entweder in einem einzigen Gesuch oder gleichzeitig begehrt wird, nicht mehr wie die Einverleibung (Vormerkung) einer Simultanhypothek begünstigt ist.

Eine fortwährende Gleichbehandlung seit der Neufassung der Anmerkung 8 zu Tarifpost 9 GGG würde entgegen der wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Begründung eines Ausnahmetatbestandes im Wege der Analogie bedeuten.

In Anbetracht des klaren Wortlautes der in Rede stehenden Befreiungsbestimmung der Anmerkung 7 zu Tarifpost 9 GGG in der Fassung der EGN bleibt kein Raum für die von der Beschwerdeführerin argumentierte gebührenrechtliche Gleichbehandlung der Eintragung mehrerer Pfandrechte an verschiedenen Miteigentumsanteilen an derselben Liegenschaft mit einer Simultanhypothek.

Soweit die Beschwerdeführerin zur Stützung ihrer Auffassung Bedenken einer Verfassungswidrigkeit der in Rede stehenden Befreiungsbestimmung äußert, vermag der Verwaltungsgerichtshof solche Bedenken nicht zu teilen (vgl. den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 2004, B 573/04).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333, im Rahmen des von der belangten Behörde geltend gemachten Anspruches.

Wien, am 10. April 2008

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007160228.X00

Im RIS seit

09.06.2008

Zuletzt aktualisiert am

20.07.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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