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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und den Hofrat Mag. Nedwed, die Hofrätin Dr. Pollak sowie die Hofräte Dr. N. Bachler und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. Hans Kaser, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Freistädter Straße 3, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 31. Jänner 2007, Zl. 228.321/8E-XIV/39/02, betreffend § 7 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den am 7. Dezember 2001 gestellten Asylantrag des Beschwerdeführers, eines afghanischen Staatsangehörigen, im Instanzenzug gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab.
Sie stellte zusammengefasst fest, der Beschwerdeführer sei moslemischen Glaubens, gehöre zur Volksgruppe der Hazara und habe im Heimatland keiner politischen Partei angehört. Er sympathisiere - anders als sein Bruder, der ein aktives Mitglied der maoistisch ausgerichteten kommunistischen Partei Afghanistans gewesen sei und deshalb in Österreich Asyl erhalten habe - nicht mit der kommunistischen bzw. maoistischen Partei. Auch könne nicht festgestellt werden, dass er in Afghanistan einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen sei oder sei. Aus diesem Grund sei dem Beschwerdeführer kein Asyl zu gewähren.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:
Der Beschwerdeführer stützte seinen Asylantrag vor allem darauf, aus einer politisch sehr aktiven Familie zu stammen, die seit Jahrzehnten Anhänger und Aktivisten der Kommunistischen Partei Afghanistans hervorgebracht habe. In diesem Zusammenhang verwies er auf einen in Dari verfassten Brief seines Bruders, den er mit der Berufungsergänzung vorgelegt und dessen Übersetzung er beantragt hatte. Darin würden die "genaue Familiengeschichte und die aktuellen politischen Tätigkeiten von Familienmitgliedern" geschildert. Auch in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 7. Juni 2005 nahm er auf diesen Brief Bezug. In diesem stehe "alles genau drinnen" und er bitte, ihn übersetzen zu lassen. Diesen Antrag wies das entscheidende Organ der belangten Behörde mit der Begründung ab, der Brief stamme vom Bruder des Beschwerdeführers, der politisch aktiv gewesen sei. Der Beschwerdeführer sei jedoch nie Mitglied einer Partei gewesen und wolle auch kein Maoist sein. Es sei daher nicht nachvollziehbar, dass er in Afghanistan einer Verfolgung ausgesetzt wäre, zumal er nicht öffentlich für die Maoisten auftrete, sondern im "Gegenzug" als Moslem gesehen werden wolle. Diesem Vorhalt begegnete der Beschwerdeführer mit folgender Aussage:
"Es ist bedauerlich für mich, dass Sie das nicht nachvollziehen können. In Afghanistan ist es nicht so wie in Europa, dass jeder selbst zur Verantwortung gezogen wird, sondern es wird die ganze Familie herangezogen."
Mit dieser Aussage ist der Beschwerdeführer der Einschätzung der belangten Behörde, ihm drohe trotz politischer Tätigkeit von Familienmitgliedern in Afghanistan keine Gefahr, explizit entgegen getreten und er hat das Problem einer auch ihn betreffenden "Sippenhaftung" angesprochen. Dazu finden sich im angefochtenen Bescheid keine Ausführungen, durch welche die Befürchtungen des Beschwerdeführers entkräftet werden könnten. Schon deshalb leidet der Bescheid an einem (relevanten) Begründungsmangel.
Hinzu kommt, dass die belangte Behörde die Übersetzung des als Beweismittel für die dem Beschwerdeführer drohende Gefahr vorgelegten Briefes mit einer Begründung abgelehnt hat, die im Lichte des zuvor Gesagten einer nachprüfenden Kontrolle nicht standhält.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 16. April 2008
Schlagworte
Begründung BegründungsmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007190345.X00Im RIS seit
16.06.2008Zuletzt aktualisiert am
26.11.2008