TE Vwgh Erkenntnis 2008/4/18 2008/17/0035

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.04.2008
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
14/03 Abgabenverwaltungsorganisation;
19/05 Menschenrechte;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
55 Wirtschaftslenkung;

Norm

AMA-Gesetz 1992 §21a;
AMA-Gesetz 1992 §21b Z15 idF 1999/I/154;
AMA-Gesetz 1992 §21c Abs1 Z9 idF 1999/I/154;
AMA-Gesetz 1992 §21c Abs3;
AMA-Gesetz 1992 §21d Abs3;
AMA-Gesetz 1992 §21e Abs1 Z9 idF 1999/I/154;
AMA-Gesetz 1992 §21f Abs1 Z6 idF 1999/I/154;
AMA-Gesetz 1992 §21f Abs2;
AMA-Gesetz 1992 §21g;
AMA-Gesetz 1992 §21j;
BAO §201;
BAO §239;
B-VG Art7;
MRK Art6;
UFSG 2003 §2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2008/17/0036 Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2008/17/0037 E 27. Mai 2008 2008/17/0029 E 27. Mai 2008 2008/17/0039 E 27. Mai 2008 2008/17/0038 E 27. Mai 2008 2008/17/0027 E 27. Mai 2008 2008/17/0007 E 27. Mai 2008 2008/17/0028 E 27. Mai 2008

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerden der A. GmbH & Co KG in H, vertreten durch Dr. Josef Hofer und Mag. Dr. Thomas Humer, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Ringstraße 4, gegen die Bescheide des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 1. vom 30. August 2007, Zl. BMLFUW-LE.4.3.2/0061-I/2/2007 (Zl. 2008/17/0035), und 2. vom 3. Mai 2007, Zl. BMLFUW-LE.4.3.2/0007-I/2/2006 (Zl. 2008/17/0036), jeweils betreffend Vorschreibung von Agrarmarketingbeiträgen für das erstmalige Inverkehrbringen von Wein für die Jahre 1999 bis 2003 (Zl. 2008/17/0035) bzw. für das Jahr 2004 (Zl. 2008/17/0036), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1. Aus den zunächst an den Verfassungsgerichtshof erhobenen und von diesem mit Beschlüssen vom 8. Februar 2008, B 1769/07-5 und

B 970/07-8, nach der Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetretenen und über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerden und den mit ihnen vorgelegten Kopien der angefochtenen Bescheide ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

1.1. Mit Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 16. April 2004 wurde der Beschwerdeführerin Agrarmarketingbeitrag für die Jahre 1999 bis 2003 vorgeschrieben.

Die von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 11. April 2005 abgewiesen. Auf Grund der Beschwerde der Beschwerdeführerin an den Verfassungsgerichtshof wurde dieser Bescheid nach Aufhebung eines Schreibens des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und einer Information der AMA, die vom Verfassungsgerichtshof als Verordnungen qualifiziert wurden, mangels gehöriger Kundmachung mit Erkenntnis vom 28. Februar 2007, V 97-100/06 (Kundmachung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft BGBl. II Nr. 106/2007), aufgehoben.

Im fortgesetzten Verfahren erging der nunmehr zur hg. Zl. 2008/17/0035 angefochtene Bescheid, mit welchem die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin unter Hinweis auf § 289 BAO in Verbindung mit § 21c Abs. 8, § 21d Abs. 3 und § 21e Abs. 1 Z 9 AMA-Gesetz 1992 neuerlich als unbegründet abwies.

1.2. Mit Bescheid der AMA vom 3. November 2005 wurde der Beschwerdeführerin Agrarmarketingbeitrag für das Jahr 2004 vorgeschrieben.

Auf Grund der Berufung der Beschwerdeführerin erging der nunmehr zur hg. Zl. 2008/17/0036 angefochtene Bescheid, mit welchem die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abwies.

1.3. Begründend gibt die belangte Behörde in dem zur hg. Zl. 2008/17/0035 angefochtenen Bescheid zunächst die Vorgeschichte des Verfahrens (Aufhebung des im ersten Rechtsgang ergangenen Berufungsbescheides durch den Verfassungsgerichtshof nach Aufhebung zweier gesetzwidriger Verordnungen) wieder. Begründend führt sie in diesem Bescheid zunächst aus, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) Marketingbeiträge wie der gegenständliche als Maßnahme fiskalischer Art nicht unter die von der Beschwerdeführerin in der Berufung genannten Art. 28 ff EG fielen, sondern unter die Art. 23 und 25 oder Art. 90 EG (Hinweis auf die Urteile des EuGH vom 13. Dezember 1983, Rs 222/82, Apple and Pear Development Council, Slg. 1983, 4083, Rn. 30, und vom 17. Juni 2003, Rs C-383/01, de Danske Bilimportorer). Entsprechend dem letztgenannten Urteil liege eine zollgleiche Abgabe nicht vor, wenn sie Teil eines allgemeinen inländischen Abgabesystems sei, das die Waren nicht im Hinblick auf die Überschreitung der Grenze erfasse. In diesem Sinn habe der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 20. März 2000, Zl. 98/17/0201, festgestellt, dass es sich beim AMA-Beitrag im Weinbereich nicht um eine parafiskalische Abgabe anlässlich der Einfuhr eines Produktes, wie sie der EuGH als unzulässig qualifiziert habe, handle. Es werde nicht eine Abgabe auf ausländische und einheimische Erzeugnisse erhoben, die der Finanzierung einer den einheimischen Waren spezifisch zu Gute kommenden Tätigkeit diene, sondern es werde eine allgemeine, von einheimischen Unternehmen, die Wein in Verkehr bringen, zu entrichtende Abgabe eingehoben, die den Grundsätzen des Urteils des EuGH in der Rechtssache Apple und Pear Development Council entspreche. Der Verwaltungsgerichtshof habe festgestellt, dass durch die Rechtsprechung des EuGH die Rechtslage bezüglich des AMA-Beitrages im Weinbereich ausreichend geklärt sei und deswegen von der Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens abgesehen.

§ 21e Z 9 des AMA-Gesetzes 1992 stelle hinsichtlich der Abgabepflicht nicht auf das Überschreiten der Grenze ab, sondern auf das erstmalige Inverkehrbringen, unabhängig davon, ob dies im Ausland oder im Inland erfolge. Das vom EuGH entwickelte Tatbestandsmerkmal "Grenzüberschreitung als Erhebungsgrund" sei demzufolge nicht erfüllt. Es treffe zwar weiters zu, dass eine innerstaatliche Abgabe selbst dann gemäß Art. 23 und Art. 25 EG unzulässig sein könne, wenn sie innerstaatliche Waren gleichermaßen wie importierte oder exportierte Waren treffe. Dies allerdings nur dann, wenn die Abgabe ausschließlich dazu verwendet werde, die inländische Erzeugnisse treffende Belastung vollständig auszugleichen, wenn also die Vorteile aus der erhobenen Abgabe zur Gänze und unter Ausschluss der importierten und exportierten Waren den inländischen Produkten zuflössen, sodass eine vollständige Nettoentlastung der inländischen Waren erfolge (Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 19. Juni 1973, Rs 77/72, Capolongo, Slg. 1973, 611).

Auch dieser Sachverhalt sei jedoch im Beschwerdefall nicht verwirklicht. Die aus den Abgaben "fließenden Vorteile (Imageverbesserung des österreichischen Weines)" flössen nachweislich sowohl der im Inland verbleibenden Produktion als auch dem in die EU verbrachten Wein zu. Ausländische und inländische Werbeaktivitäten würden annähernd im gleichen Ausmaß durchgeführt. Damit sei keine Anwendbarkeit des Verbotes zollgleicher Abgaben gegeben, sondern liege allenfalls ein im Lichte des Art. 90 EG zu beurteilender Sachverhalt vor. Das Verbot des Art. 90 EG stelle nicht darauf ab, dass die Abgabe ausschließlich dazu bestimmt wäre, Tätigkeiten zu fördern, die allein dem belasteten einheimischen Erzeugnis zu Gute komme. Gemäß Art. 90 EG sei eine inländische Abgabe bereits dann verboten, wenn sie hauptsächlich zur Finanzierung von Beihilfen diene, die allein den inländischen Erzeugnissen zu Gute komme und dadurch Erzeugnisse aus den anderen Mitgliedstaaten mittelbar schwerer belastet würden als die inländischen Erzeugnisse (Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 21. Mai 1980, Rs 73/79, Sovraprezzo, Slg. 1980, 1533).

Art. 90 EG erfasse allerdings nur Abgaben, die auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten erhoben würden, nicht aber Abgaben auf Waren, die in die einzelnen Mitgliedstaaten verbracht würden. Art. 90 EG sei dementsprechend auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar.

Zum Vorbringen, dass das AMA-Beitragssystem durch parafiskalische Abgaben finanziert werde, werde festgehalten, dass sich aus der EuGH-Rechtsprechung keine generelle Unzulässigkeit derartiger Abgaben ableiten lasse. Aus dem im Vorstehenden genannten Urteil des Verwaltungsgerichtshofes ergebe sich auch, dass die Erhebung des Agrarmarketingbeitrages mit der Systemrichtlinie 82/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 vereinbar sei; dies insbesondere im Hinblick auf das Erkenntnis des EuGH vom 9. März 2000, Rs C-437/97, Evangelischer Krankenhausverein Wien und Wein & Co Handelsges.m.b.H., Slg. 2000, I-01157. In der Folge geht die belangte Behörde ausführlich auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Organisation und Struktur der Österreich Weinmarketing Ges.m.b.H. ein. Dabei setzt sie sich insbesondere mit dem Vorbringen, die ÖWM erbringe für die Beschwerdeführerin keine Leistungen, auseinander.

1.4. In dem zur hg. Zl. 2008/17/0036 angefochtenen Bescheid führt die belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgeblichen Bestimmungen des AMA-Gesetzes 1992, BGBl. Nr. 376/1992 in der Fassung BGBl. Nr. 154/1999, aus, dass die Annahme der Beschwerdeführerin, es liege in ihrem Fall kein erstmaliges Inverkehrbringen vor, da der Wein "bereits gewonnen und hergestellt" sei, schon deshalb unrichtig sei, da ansonsten ein Handelsbetrieb, der den Wein gerade nicht gewinne und herstelle, keiner Beitragspflicht unterliegen könne. Nach dieser Auslegung könnte nur derjenige Beitragsschuldner sein, der den ersten Verarbeitungsschritt bei der Weinherstellung setze. Diese Auslegung stehe allerdings im Widerspruch zum Wortlaut des § 21e Abs. 1 Z 9 AMA-Gesetz 1992. Dieser bestimme nämlich, dass ein Handelsbetrieb Beitragsschuldner ist, wenn er Wein in Behältnissen mit einem Inhalt bis zu 50 Liter erstmals in Verkehr bringe. Im Sinne des § 2 Weingesetz 1999 bedeute dies, dass ein Handelsbetrieb bereits dann Beitragsschuldner sei, wenn er den in Behältnissen bis zu 50 Liter abgefüllten Wein in seinem Betrieb lagert oder feilhält. Da das Weingesetz nicht nur das Inverkehrbringen, sondern auch die Herstellung (zum Zwecke des Inverkehrbringens) von Wein umfasse, sei die Definition des Inverkehrbringens weit gefasst; sämtliche in § 2 Weingesetz 1999 aufgezählten Tätigkeiten fielen unter den Begriff des Inverkehrbringens. Das erstmalige Inverkehrbringen beziehe sich auf die erste Vertriebsstufe im Rahmen des Handels; üblicherweise würden Produkte über mehrere Handelsbetriebe (Groß- und Einzelhandel) bzw. Vertriebsstufen gehandelt. § 21e Abs. 1 Z 9 AMA-Gesetz 1992 besage daher, dass nur der erste Handelsbetrieb in einer angenommenen Kette von Vertriebswegen der Beitragspflicht unterliege.

§ 21e Abs. 1 Z 9 AMA-Gesetz 1992 unterscheide zwei Fälle, nämlich einerseits das bereits dargestellte erstmalige Inverkehrbringen von Wein in Behältnissen bis zu 50 Liter und andererseits das Verbringen von Wein außerhalb des Bundesgebietes in Behältnissen mit einem Inhalt über 50 Liter. Die Schlussfolgerung der Beschwerdeführerin, der "Transport offen im Tankzug" könnte nicht mit Abfüllen gleichgesetzt werden, so dass dieser Vorgang für sich schon das Tatbestandsmerkmal "abgefüllte Menge" nicht erfülle, könne im Hinblick auf den in § 21e Abs. 1 Z 9 AMA-Gesetz 1992 umschriebenen zweiten Fall nicht nachvollzogen werden.

Die belangte Behörde befasst sich sodann mit der Argumentation der Beschwerdeführerin bezüglich der Überlassung der Einnahmen aus der Abgabe an die ÖWM.

Zur Argumentation der Beschwerdeführerin betreffend die sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung durch die einheitliche Bemessungsgrundlage wird ausgeführt, dass gerade diese im Hinblick auf den Gleichheitssatz sachlich gerechtfertigt sei, da sie an objektiven und nachvollziehbaren Kriterien anknüpfe. Durch die generelle Bewerbung von Wein profitierten die Wirtschaftsbeteiligten von den Tätigkeiten der ÖWM in gleichem Ausmaß. Der Hinweis auf den "fehlenden Nutzen" für die Beschwerdeführerin gehe daher ins Leere.

Die Art der Finanzierung der ÖWM solle gewährleisten, dass für den Aufwand der ÖWM letztlich jene Verkehrskreise (nämlich Produktion und Handel) aufzukommen hätten, die von den Marketingmaßnahmen profitierten. So werde der Inhaber von Weingartenflächen für Wein von diesen Flächen ausschließlich mit dem Flächenbeitrag belastet und der Handel mit einem auf Basis der Hektarhöchstbegrenzung berechneten Literbeitrag. Diese gesetzlich festgelegte Beitragspflicht knüpfe lediglich an die unterschiedliche Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit an, um die nach dem AMA-Gesetz 1992 vorgesehenen Absatzförderungsmaßnahmen zu finanzieren. Zum Vorbringen, die Marketingmaßnahmen seien staatliche Beihilfen, wird darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich mit Schreiben vom 19. Dezember 1994 der Europäischen Kommission auf Grund des Artikels 144 der Beitrittsakte Österreichs zur Europäischen Union die österreichische Maßnahme zur Förderung des Marketings für österreichische Weinbauerzeugnisse als bestehende Beihilfe im Sinn des Art. 93 EGV (nunmehr Art. 88 EG) mitgeteilt habe. Mit Schreiben der Kommission vom 21. Jänner 1999 sei eine Änderung der notifizierten Beihilfe als mit dem EG-Vertrag vereinbar angesehen worden.

In der Folge wird näher auf die von der ÖWM durchgeführten Werbemaßnahmen eingegangen.

Zur Auffassung, der österreichische Anteil an Tafelwein, Verschnitt aus mehreren Ländern der EU, wäre nicht beitragspflichtig, wird darauf hingewiesen, dass diese Auffassung unzutreffend sei. Gemäß § 21c Abs. 2 AMA-Gesetz 1992 seien lediglich für Waren mit Ursprung im Ausland keine Beiträge zu entrichten. Im Gegenschluss sei daher für Waren mit Ursprung in Österreich - der österreichische Anteil des EU-Verschnittes verfüge schon begriffsmäßig über einen österreichischen Ursprung - ein Beitrag zu entrichten, und zwar unabhängig davon, ob der gesamte Verschnitt in der Bezeichnung einen Hinweis auf die österreichische Herkunft enthält oder nicht.

Abschließend geht die belangte Behörde auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Vorschreibung eines Erhöhungsbetrages gemäß § 21g Abs. 3 des AMA-Gesetzes 1992 ein.

1.5. Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 29. November 2007 zu B 969 bis 974/07-6 und B 1768, 1769/07-3 lehnte der Verfassungsgerichtshof u.a. die Behandlung der Beschwerden der Beschwerdeführerin ab. Nach den Beschwerdebehauptungen wären die behaupteten Rechtsverletzungen zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen. Soweit die Beschwerden aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührten, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet werde, lasse ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hätten (Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Oktober 2007, B 968/07).

1.6. Über nachträglichen Antrag der Beschwerdeführerin trat der Verfassungsgerichtshof schließlich mit Beschlüssen vom 8. Februar 2008, B 1769/07 und B 970/07, die Beschwerden dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung ab.

1.7. In den über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerden wird Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und erwogen:

2.1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des AMA-Gesetzes 1992, BGBl. Nr. 376 in der Fassung BGBl. Nr. 420/1996 und BGBl. I Nr. 154/1999, lauten:

"§ 21a. Der Agrarmarketingbeitrag (im Folgenden Beitrag genannt) wird für folgende Zwecke erhoben:

1. zur Förderung und Sicherung des Absatzes von inländischen land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen und daraus hergestellten Erzeugnissen;

2. zur Erschließung und Pflege von Märkten für diese Erzeugnisse im In- und Ausland;

3.

zur Verbesserung des Vertriebs dieser Erzeugnisse;

4.

zur Förderung von allgemeinen Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung und -sicherung bezüglich dieser Erzeugnisse (insbesondere der entsprechenden landwirtschaftlichen Erzeugnisse) sowie zur Vermittlung von für die Verbraucher relevanten Informationen hinsichtlich Qualität und sonstiger Produkteigenschaften dieser Erzeugnisse;

              5.              zur Förderung sonstiger Marketingmaßnahmen (insbesondere damit zusammenhängender Serviceleistungen und Personalkosten).

§ 21b. Im Sinne dieses Abschnitts sind:

...

15. Wein: Tafelwein, Landwein und Qualitätswein im Sinne des Weingesetzes 1999, BGBl. I Nr. 141/1999.

§ 21c. (1) Bei

...

9. erstmaligem Inverkehrbringen von Wein in Behältnissen mit einem Inhalt bis zu 50 Liter sowie in Behältnissen mit einem Inhalt über 50 Liter, soweit diese außerhalb des Bundesgebietes verbracht werden,

ist nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen ein Beitrag zu entrichten.

(2) Auf eingeführte Waren mit Ursprung im Ausland werden keine Beiträge erhoben, wenn vom Beitragsschuldner der Ursprung im Ausland nachgewiesen wird.

§ 21d. (1) ...

(2) ...

(3) Der Beitrag beträgt für Wein 54,50 Euro je ha Weingartenfläche sowie 1,09 Euro je 100 l Wein.

§ 21e. (1) Beitragsschuldner ist:

1.

...

9.

für Wein hinsichtlich des Flächenbeitrags der Bewirtschafter der Weingartenflächen, die je Bewirtschafter ein Gesamtausmaß von 0,3 ha übersteigen, sowie hinsichtlich des Beitrags auf die abgefüllte Menge die Winzergenossenschaft oder der Inhaber des Handelsbetriebs, die (der) Wein, der in Behältnissen mit einem Inhalt bis zu 50 Liter abgefüllt ist, erstmals in Verkehr bringt oder in Behältnissen mit einem Inhalt über 50 Liter außerhalb des Bundesgebietes verbringt.

§ 21f. (1) Die Beitragsschuld entsteht

1.

...

6.

in den Fällen des § 21c Abs. 1 Z 9 jeweils am 1. Jänner, 1. April, 1. Juli, 1. Oktober, erstmals aber am 1. April 1995 für die in den vorangegangenen drei Monaten erstmals in Verkehr gebrachten Mengen an Wein in Behältnissen mit einem Inhalt bis zu 50 Liter sowie erstmals am 1. Jänner 2000 für die in den vorangegangenen drei Monaten außerhalb des Bundesgebietes verbrachten Mengen an Wein in Behältnissen mit einem Inhalt über 50 Liter.

(2) Der Beitrag ist spätestens am letzten Tag des der Entstehung folgenden Kalendermonats an die AMA zu entrichten.

(3) ...

...

Beitragserklärung

§ 21g. (1) Der Beitragsschuldner hat bis zu dem in § 21f Abs. 2 oder 3 genannten Termin unter Verwendung eines hiefür von der AMA aufgelegten Vordrucks eine Beitragserklärung einzureichen, in der er in den Fällen des § 21f Abs. 1 Z 1 bis 3 den für den Vormonat zu entrichtenden Beitrag, in den Fällen des § 21f Abs. 1 Z 5 lit. a den für das laufende Jahr und in den Fällen des § 21f Abs. 1 Z 5 lit. b und c den für das Vorjahr und in den Fällen des § 21f Abs. 1 Z 4 und 6 den für die jeweils vorangehenden drei Monate zu entrichtenden Beitrag selbst zu berechnen hat.

(2) Wird der Beitrag vom Beitragsschuldner nicht, nicht rechtzeitig oder nicht in der richtigen Höhe entrichtet, so hat die AMA den Beitrag mit Bescheid vorzuschreiben.

(3) Stellt die AMA fest, dass der Beitrag nicht oder nicht in der richtigen Höhe entrichtet wurde, kann sie eine Erhöhung bis zum Zweifachen des Beitrags vorschreiben. Bei der Festsetzung dieser Erhöhung ist zu berücksichtigen, inwieweit dem Beitragsschuldner bei Beachtung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes das Erkennen der Beitragsschuld zugemutet werden konnte und die Nichtentrichtung oder nicht richtige Entrichtung erstmalig oder wiederholt erfolgt ist. Bei verspäteter Entrichtung kann die AMA, soweit es im Einzelfall keine unbillige Härte bedeutet, Säumniszuschläge vorschreiben.

...

§ 21j. (1) Der Beitrag ist eine Einnahme der AMA. Die AMA hat aus dem Beitragsaufkommen die Kosten, die ihr durch die Beitragserhebung erwachsen, sowie die Verwaltungskosten im Zusammenhang mit der Förderung des Agrarmarketings zu bedecken.

(2) Das restliche Beitragsaufkommen und allfällige Zinsen sind durch die AMA für die in § 21a genannten Zwecke zu verwenden.

(3) Die restlichen Einnahmen aus dem Beitragsaufkommen bei Wein sind der Österreichischen Weinmarketingservice GesmbH als Finanzierungsanteil des Bundes zur Durchführung von Marketingmaßnahmen im Weinbereich zur Verfügung zu stellen. Soweit diese Einnahmen bei der Österreichischen Weinmarketingservice GesmbH nicht zur Durchführung von Marketingmaßnahmen im Weinbereich verwendet werden oder werden können, gilt Abs. 2."

2.2. Die Beschwerdeführerin wendet sich zunächst gegen die Annahme der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin sei Abgabeschuldnerin im Sinne des § 21e Abs. 1 Z 9 AMA-Gesetz 1992.

"Bevor der Wein in einem Tankzug das österreichische Bundesgebiet" verlasse, sei er "bereits gewonnen, hergestellt, behandelt und gelagert sowie weiter veräußert". Es hätten daher bereits mehrfach Vorgänge stattgefunden, welche als Inverkehrbringen zu bezeichnen seien.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. § 21c Abs. 1 Z 9 AMA-Gesetz 1992 unterscheidet im Wesentlichen zwei Fälle, nämlich das Inverkehrbringen in Behältnissen mit einem Inhalt bis zu 50 Liter und das Verbringen von Wein ins Ausland in Behältnissen mit einem Inhalt über 50 Liter, stellt also nicht allein auf ein "Inverkehrbringen" ab, sondern berücksichtigt auch, in welchen Behältnissen dieses Inverkehrbringen erfolgt. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass ein derartiges Verbringen ins Ausland in Behältnissen mit einem Inhalt über 50 Liter vorlag. Der Umstand, dass bei einem Inverkehrbringen in Behältnissen mit einem Inhalt von weniger als 50 Liter (und in diesem Falle auch im Falle des Exports des Weins) ebenfalls der Beitrag zu entrichten ist, vermag an der Beitragspflicht bei Erfüllung des zweiten Tatbestandes nichts zu ändern. Auch der Umstand, dass das Gesetz darauf abstellt, dass der Wein "erstmals in Verkehr" gebracht werde oder "in Behältnissen mit einem Inhalt über 50 Liter außerhalb des Bundesgebiets" verbracht werde, sodass das Wort "erstmals" auch auf die Verbringung ins Ausland bezogen werden kann, ändert an diesem Ergebnis nichts. Die Beschwerdeführerin hat nicht bestritten, dass es sich bei dem Verbringen ins Ausland in Behältnissen mit einem Inhalt von mehr als 50 Liter um ein erstmaliges Verbringen ins Ausland gehandelt hat. Wenn die Beschwerdeführerin darauf hinweist, dass der im Tankzug außer Landes gebrachte Wein nicht als "abgefüllt" zu gelten habe, so ist sie darauf hinzuweisen, dass das Merkmal der "Abfüllung" nicht zum zweiten Tatbestand des § 21e Abs. 1 Z 9 AMA-Gesetz 1992 gehört.

Unverständlich ist der Hinweis in der Beschwerde auf das hg. Erkenntnis vom 25. November 2003, Zl. 99/17/0271, soweit darin darauf hingewiesen wird, dass nach der Novelle des Jahres 1999 der erste Satzteil des § 21c Abs. 1 Z 9 AMA-Gesetz 1992 dahingehend zu verstehen sei, dass auch der Export in Behältnissen mit einem Inhalt bis zu 50 Liter erfasst sei. Dieser Hinweis bedeutet nur, dass nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes keine Gleichheitswidrigkeit insofern vorliegt, als der Export von Wein sowohl in Behältnissen mit einem Inhalt bis zu 50 Liter als auch in Behältnissen mit einem größeren Inhalt (insofern greift der zweite Tatbestand ein) von der Abgabepflicht erfasst ist.

2.3. Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin hinsichtlich eines Verstoßes gegen Art. 25 EG genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des auch von der Beschwerdeführerin genannten hg. Erkenntnisses vom 25. November 2003, Zl. 99/17/0271, zu verweisen. Die belangte Behörde ist im Sinne der Ausführungen in diesem Erkenntnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Erhebung des Agrarmarketingbeitrages entsprechend den oben wiedergegebenen Bestimmungen des AMA-Gesetzes 1992 nicht zu einer Abgabe gleicher Wirkung wie Ein- oder Ausfuhrzölle führt. Zu der in diesem Zusammenhang behaupteten Bevorzugung des Qualitätsweines zu Lasten des Tafelweines wegen des sich aus der Anknüpfung an den Umsatz für die Abgabenbemessung behaupteten "überproportionalen Beitrags zum Gesamtaufkommen" durch die Exporteure von Tafelwein ist darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsgerichtshof zu den von der Beschwerdeführerin geäußerten Bedenken in seinem Erkenntnis vom 12. Oktober 2007, B 968/07, ausgeführt hat, dass gegen die vom Gesetzgeber festgelegte Bemessungsgrundlage keine verfassungsrechtlichen Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes bestehen.

Auch der in der Beschwerde enthaltene Hinweis, dass das erstmalige Inverkehrbringen von Wein in Behältnissen mit einem Inhalt über 50 Liter im Inland nicht dem Agrarmarketingbeitrag unterliege, führt nicht dazu, dass die Einhebung des Beitrags für das Außerlandesverbringen in Behältnissen über 50 Liter eine Abgabe gleicher Wirkung darstellte. Da bei der Vermarktung im Inland das erstmalige Inverkehrbringen gemäß § 21c Abs. 1 Z 9 erster Tatbestand AMA-Gesetz 1992 bei dem Inverkehrbringen in Behältnissen mit einem Inhalt unter 50 Liter der Abgabe unterliegt, kommt es jedenfalls zu einer Einhebung des Beitrags auch für den im Inland vermarkteten Wein und dies insbesondere auch hinsichtlich des Tafelweins. Es liegt daher (auch wenn man, was offenbar in der Beschwerde zum Ausdruck kommen soll, zu Grunde legt, dass der Beitrag für das Außerlandesbringen in Behältnissen über 50 Liter nur Tafelwein betrifft) keine Erhebung einer Abgabe aus Anlass des Grenzübertritts im Sinne der Rechtsprechung des EuGH vor, zumal das Inverkehrbringen von Tafelwein im Inland nach der Abfüllung in Behältnisse unter 50 Liter erfolgt. Es liegt insofern keine ausschließliche Besteuerung von Tafelwein, der ins Ausland verbracht wird, vor.

2.4. Soweit in der Beschwerde ein Verstoß gegen Art. 6 EMRK und das verfassungsrechtliche Gebot einer Mindesteffizienz von Rechtsmitteln im Zusammenhang mit der Vorschreibung des Erhöhungsbetrags geltend gemacht wird, ist die Beschwerdeführerin darauf zu verweisen, dass ihre Prämisse, es sei ihr nur die Nichtentrichtung des Agrarmarketingbeitrages offengestanden, nicht zutreffend ist. Wie die Beschwerdeführerin selbst erkannt hat, kommt bei Selbstbemessungsabgaben, bei welchen der Abgabeschuldner der Auffassung ist, dass die Entrichtung im Hinblick auf verfassungsrechtliche Bedenken oder entgegenstehendes Gemeinschaftsrecht gesetzwidrig wäre, die Stellung eines Rückzahlungsantrages in Betracht. Die Annahme, die Beschwerdeführerin sei gezwungen gewesen, den Beitrag im Hinblick auf ihre rechtlichen Bedenken nicht zu entrichten, ist daher verfehlt.

Es trifft daher aber auch nicht zu, dass "durch die angeführte Gesetzesstelle" (die in diesem Zusammenhang nicht deutlich wird) der Rechtsschutz verhindert werde.

Auch soweit die Beschwerdeführin in diesem Zusammenhang sich auf Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes betreffend eine zwingende Mehrgebühr von 50 % der jeweiligen Gebührenschuld bezieht, ist der Zusammenhang mit den hier angewendeten Vorschriften nicht ersichtlich. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsgerichtshof bei Behandlung der Beschwerden der Beschwerdeführerin keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angewendeten Rechtsvorschriften äußerte.

2.5. Soweit in der Beschwerde schließlich eine Verfassungswidrigkeit darin erblickt wird, dass die Organe der AMA und die belangte Behörde als Verwaltungsbehörde nicht unabhängig seien und nicht die Kriterien eines Gerichts bzw. Tribunals im Sinne des Art. 6 EMRK erfüllten, ist darauf hinzuweisen, dass der österreichischen Bundesverfassung nicht die Anordnung entnommen werden kann, dass über die Vorschreibung von Abgaben durch ein Tribunal im Sinne des Art. 6 EMRK zu entscheiden sei. Auch nach der Rechtsprechung des EGMR fallen Abgabeansprüche nicht unter den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK (vgl. das Urteil des EGMR vom 23. November 2006, Appl 73053/01, Jussila v Finnland). Auch im Bundesgesetz über den Unabhängigen Finanzsenat (UFS-Gesetz), BGBl. I Nr. 97/2002, findet sich keine verfassungsrechtliche Absicherung der Aufgaben des mit dem genannten Gesetz eingerichteten Unabhängigen Finanzsenats (vgl. § 2 UFS-Gesetz). Es spricht daher nichts dagegen, die Organe der AMA und die belangte Behörde als Abgabebehörden einzurichten.

2.6. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen ließ, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 18. April 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008170035.X00

Im RIS seit

09.06.2008

Zuletzt aktualisiert am

14.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten