TE Vfgh Erkenntnis 2003/6/18 B359/00

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Veröffentlicht am 18.06.2003
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Niederösterreich ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seiner Rechtsvertreter die mit 2.143,68 € bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Schreiben vom 19. April 1996 beantragte der nunmehrige Beschwerdeführer die nachträgliche baubehördliche Bewilligung für die "konsenslos erweiterte Werkhalle und die konsenslos errichtete Aufstockung (Sozialtrakt) sowie diverser Abänderungen gegenüber dem Konsens und [um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung] für den Umbau des bestehenden Betriebsobjektes" auf den Grundstücken .49, 400/2, 409/2, .602/2 mit der Widmung "Bauland-Kerngebiet", KG Maria Enzersdorf. Der bautechnische Amtssachverständige führte in der Bauverhandlung am 23. Juli 1996 aus, dass aufgrund der bestehenden Baulichkeiten die Liegenschaften EZ 62 und 1181 eine Bebauungsdichte von je 88% bzw. 44% aufwiesen. Die sich aus dem Bestand ergebende Bebauungsdichte überschreite somit die im Bebauungsplan festgelegte Bebauungsdichte. Außerdem stünde die bestehende Werkhalle im Widerspruch zu einer im Abstand von etwa sieben Meter zur nördlichen Grundgrenze des Grundstückes Nr. 409/2 - etwa parallel zu dieser verlaufenden - hinteren Baufluchtlinie. Der Bereich zwischen dieser Baufluchtlinie und der nördlichen Grundgrenze der Liegenschaft EZ 62 sei als Freifläche festgelegt und dürfe somit nicht bebaut werden. Auch sei derzeit eine Bausperre aufrecht. In der Folge forderte der Bürgermeister der Marktgemeinde Maria Enzersdorf am Gebirge den Beschwerdeführer auf, sein Projekt dahingehend zu verbessern, dass die Widersprüche zum Bebauungsplan beseitigt würden. Aufgrund eines Devolutionsantrags vom 8. Juni 1998 ging die Zuständigkeit zur Entscheidung auf den Gemeinderat über, welcher mit Schreiben vom 29. September 1998 gemäß der NÖ Bauübertragungsverordnung, LGBl. 1090/2-2, den Antrag des Beschwerdeführers an die Bezirkshauptmannschaft abtrat, welche nicht innerhalb von sechs Monaten entschied. Mit neuerlichem Devolutionsantrag vom 7. April 1999 ging die Entscheidungskompetenz auf die Niederösterreichische Landesregierung über, welche mit Bescheid vom 4. Jänner 2000 den Antrag auf Baubewilligung unter Bezugnahme auf das im erstinstanzlichen Verfahren erstellte Gutachten und den sich daraus ergebenden Widerspruch zu dem in Geltung stehenden Bebauungsplan abwies. Der Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung bezog sich - ohne nähere Begründung - nicht mehr auf das Grundstück .602/2.

2. Die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde behauptet die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG), auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung (Bebauungsplan). Die Grundstücke seien betrieblich genutzt. Dem für diese Grundstücke geltenden Bebauungsplan der Marktgemeinde Maria Enzersdorf liege, insbesondere bezüglich der Einführung einer Schutzzone, der Bebauungsdichte, der durch ein behördlich bewilligtes Gebäude verlaufenden Baufluchtlinie auf dem Grundstück Nr. 400/2 und der Festlegung einer Freifläche, keine Grundlagenforschung zugrunde.

3. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Verwaltungsakten vor. Die Niederösterreichische Landesregierung habe der Marktgemeinde Maria Enzersdorf bereits mit Schreiben vom 25. August 1997 eine Änderung des Bebauungsplanes "dringend empfohlen", da bei der Erstellung des Bebauungsplans 1979 auf bewilligte Gebäude hätte Rücksicht genommen werden müssen.

4. Die Marktgemeinde Maria Enzersdorf erstattete eine Äußerung und legte weitere Verwaltungsakten vor.

II. 1. Aus Anlass dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof von Amts wegen gemäß Art139 Abs1 B-VG mit Beschluss vom 30. November 2002 ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Maria Enzersdorf am Gebirge, beschlossen am 11. Mai 1993, mit der der Bebauungsplan für das gesamte Gemeindegebiet abgeändert worden ist, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 13. Mai 1993 bis 28. Mai 1993, soweit sie Festlegungen für die Grundstücke .49, 400/2, 409/2 und .602/2, KG Maria Enzersdorf trifft, eingeleitet.

Mit Erkenntnis vom 18. Juni 2003, V4/03, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Maria Enzersdorf am Gebirge, beschlossen am 11. Mai 1993, mit der der Bebauungsplan für das gesamte Gemeindegebiet abgeändert worden ist, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 13. Mai 1993 bis 28. Mai 1993, soweit sie für die Grundstücke 400/2 und 409/2, KG Maria Enzersdorf, eine Baufluchtlinie, den "Abstand der Baufluchtlinien" von "21 m" sowie für das Grundstück .49, KG Maria Enzersdorf eine hintere Baufluchtlinie festlegt, gesetzwidrig war; soweit sie für die Grundstücke 400/2, 409/2 und .602/2, KG Maria Enzersdorf die Bebauungsdichte ("30"), die Bebauungsweise ("o.k"), die Bauklasse ("I,II"), die "Abgrenzung von Baulandfläche mit derselben Bebauungsweise, -höhe, und -dichte", eine Straßenfluchtlinie sowie eine Freifläche ("F") und für das Grundstück .49, KG Maria Enzersdorf die Bebauungsdichte ("45"), die Bebauungsweise ("g.h"), die Bauklasse ("I,II"), die "Abgrenzung von Baulandfläche mit derselben Bebauungsweise, -höhe, und -dichte" sowie eine Straßenfluchtlinie mit einer Anbaupflicht festlegt, hat der Verfassungsgerichtshof die Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben.

2. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf die gesetzwidrige Verordnung. Es ist nach der Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass ihre Anwendung für die Rechtsposition des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt (vgl. VfSlg. 10.404/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 327,- und eine Eingabegebühr in der Höhe von € 181,68 enthalten.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:B359.2000

Dokumentnummer

JFT_09969382_00B00359_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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