TE Vwgh Erkenntnis 2008/4/22 2005/18/0670

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Veröffentlicht am 22.04.2008
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §64 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §39 Abs1;
StGB §70;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schmidl, über die Beschwerde des E O in R, geboren am 20. März 1986, vertreten durch Mag. Thomas Fischer, Rechtsanwalt in 4910 Ried im Innkreis, Gartenstraße 38, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 14. Juli 2005, Zl. SD 718/05, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 14. Juli 2005 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen und der im erstinstanzlichen Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 15. April 2005 getroffene Ausspruch, dass gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen werde, bestätigt.

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid - unter Übernahme der im erstinstanzlichen Bescheid getroffenen Feststellungen - von folgendem wesentlichen Sachverhalt aus:

Der Beschwerdeführer sei am 27. Juli 2003 nach Österreich gelangt und habe am selben Tag einen Asylantrag gestellt, der im Instanzenzug beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sei. Der Beschwerdeführer verfüge über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz.

Am 11. März 2004 sei er vom Landesgericht Wiener Neustadt gemäß § 27 Abs. 1 und 2 Z. 2 Suchtmittelgesetz - SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von fünf Monaten rechtskräftig verurteilt worden. (Laut dem in den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltenen Urteil vom 11. März 2004 lag dieser Verurteilung zugrunde, dass er in der Zeit zwischen Mitte Mai 2003 bis zumindest 23. Oktober 2003 in Traiskirchen den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift erworben und besessen sowie in wiederholten Angriffen durch gewinnbringenden Verkauf anderen überlassen hatte, wobei er die Tat gewerbsmäßig begangen hatte.)

Schon am 24. November 2004 sei der Beschwerdeführer vom Bezirksgericht J neuerlich gemäß § 27 Abs. 1 SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten rechtskräftig verurteilt worden, weil er am 14. Juli 2004 in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider 0,5 Gramm Cannabiskraut erworben und besessen habe.

Am 4. März 2005 sei der Beschwerdeführer wegen des Verdachts des Suchtgifthandels festgenommen und am 29. März 2005 vom Landesgericht für Strafsachen Wien nach dem SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten rechtskräftig verurteilt worden. (Laut dem diesbezüglichen, in den Verwaltungsakten enthaltenen Urteil hatte der Beschwerdeführer den bestehenden Vorschriften zuwider unbekannt gebliebenen Suchtgiftkonsumenten seit Anfang Februar 2005 bis 4. März 2005 mehrere Kugeln Heroin und Kokain gewerbsmäßig überlassen und seit 24. November 2004 bis 4. März 2005 zweimal Marihuana zum Eigenkonsum erworben und besessen.)

Der Beschwerdeführer verfüge über keine familiären Bindungen in Österreich.

In rechtlicher Hinsicht vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass der in § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG normierte Tatbestand verwirklicht sei, das Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit - in concreto: das öffentliche Interesse an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität - in erheblichem Ausmaß beeinträchtige, sodass die Voraussetzungen zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 36 Abs. 1 leg. cit. gegeben seien, und diese Maßnahme auch gemäß § 37 Abs. 1 und 2 leg. cit. zulässig sei. Weiters vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass im Hinblick auf die Art und Schwere der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Straftaten und die damit verbundene Wiederholungsgefahr von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zukommenden Ermessens Abstand genommen werden könne und in Anbetracht aller Umstände nicht vorhersehbar sei, wann der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebliche Grund, nämlich die erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, weggefallen seien würde.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In Anbetracht der obgenannten strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers begegnet die - unbekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt und darüber hinaus in Anbetracht seines Gesamtfehlverhaltens die in § 36 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinen Bedenken.

2. Die Beschwerde bringt vor, dass die Behörde keine ausreichende Interessenabwägung nach § 37 Abs. 1 und 2 FrG vorgenommen habe, weil sie nicht sämtliche Lebensumstände (des Beschwerdeführers) berücksichtigt und nicht beachtet habe, dass er durch den Erwerb und Besitz der Suchtmittel zum Eigenkonsum die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht gefährdet habe, weil dies seiner Privatsphäre zuzurechnen sei.

Dieses Vorbringen ist bereits deshalb nicht zielführend, weil der Beschwerdeführer - wie oben (I. 1.) dargestellt - Suchtgift nicht bloß zum Eigenkonsum erworben und besessen hat, sondern vielmehr gewerbsmäßig - das heißt in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Straftat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (vgl. § 70 StGB) - und wiederholt anderen verkauft hat.

Im Übrigen bestreitet die Beschwerde nicht, dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine familiären Bindungen verfügt. Welche "Lebensumstände" die belangte Behörde noch hätte berücksichtigen müssen, wird in der Beschwerde nicht substanziiert dargelegt, sodass die Relevanz der von ihr behaupteten Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens nicht dargetan ist.

Im Übrigen begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch gemäß § 37 Abs. 1 und 2 FrG zulässig sei, keinen Bedenken und genügt es, auf die insoweit zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheides zu verweisen.

3. Weiters kann der Verwaltungsgerichtshof auch nicht finden, dass der belangten Behörde ein (materieller) Ermessensfehler unterlaufen sei, ergeben sich doch weder aus der Beschwerde noch dem angefochtenen Bescheid oder dem übrigen Inhalt der Verwaltungsakten besondere Umstände, die gemäß § 36 Abs. 1 FrG eine Ermessensübung zugunsten des Beschwerdeführers geboten hätten.

4. Nach der hg. Judikatur ist ein Aufenthaltsverbot - unter Bedachtnahme auf § 39 Abs. 1 FrG - für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit (unbefristet) zu erlassen, wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann.

Angesichts der wiederholten einschlägigen Straftaten des Beschwerdeführers während seines verhältnismäßig kurzen inländischen Aufenthaltes kann der Auffassung der belangten Behörde, der Zeitpunkt des Wegfalls des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes könne nicht vorhergesehen werden, nicht entgegengetreten werden.

5. Schließlich ist auch der Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde hätte bei ihrer Entscheidung über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung zu berücksichtigen gehabt, dass ein Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof auf Grund einer Beschwerde gegen den abweisenden Asylbescheid anhängig sei, nicht zielführend. Der von der Erstbehörde ausgesprochene Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung blieb in der vom Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung unbekämpft, weshalb die belangte Behörde nicht gehalten war, sich mit diesem Ausspruch auseinander zu setzen. Bei dieser Sachlage wurde der Beschwerdeführer dadurch, dass die belangte Behörde den genannten Ausspruch der Erstbehörde bestätigt hat, in keinem Recht verletzt.

6. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 22. April 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2005180670.X00

Im RIS seit

14.05.2008

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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