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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1997 §36 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schmidl, über die Beschwerde des L S in H, geboren am 29. Oktober 1967, vertreten durch Dr. Alois Eichinger, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2/12, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Oberösterreich vom 27. Jänner 2005, Zl. St 226/04, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 27. Jänner 2005 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und 2 Z. 1 iVm den §§ 37 und 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Die Erstbehörde (Bezirkshauptmannschaft B) habe (in ihrem Bescheid vom 11. August 2004) folgenden Sachverhalt festgestellt:
Der Beschwerdeführer sei erstmals am 28. Mai 1985 in Österreich fremdenpolizeilich in Erscheinung getreten, als er in Wien einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen worden sei. Hiebei sei festgestellt worden, dass er ohne polizeiliche Anmeldung hier aufhältig gewesen sei.
Seit 20. März 1991 sei der Beschwerdeführer wieder ständig in Österreich aufhältig. An diesem Tag sei er sichtvermerksfrei eingereist. Am 5. April 1991 sei ihm von der Erstbehörde im Sinn einer Familienzusammenführung ein bis 31. Jänner 1992 gültiger Sichtvermerk erteilt worden, der laufend, zuletzt von der Erstbehörde am 31. März 2004 in Form einer Niederlassungsbewilligung bis 31. März 2006, verlängert worden sei.
Er weise drei inländische strafgerichtliche Verurteilungen auf. So seien über ihn mit Urteil des Bezirksgerichtes M vom 25. Juli 1995 wegen des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 StGB eine Geldstrafe in der Höhe von 60 Tagessätzen und mit Urteil des Bezirksgerichtes B vom 15. April 2002 wegen der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 und der Vollstreckungsvereitelung nach § 162 Abs. 1 StGB eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen verhängt worden. Am 13. Jänner 2003 sei er vom Landesgericht Ried im Innkreis wegen des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach den §§ 15, 201 Abs. 2 StGB unter Bedachtnahme auf das vorgenannte Urteil vom 15. April 2002 unter Anwendung der §§ 31 und 40 StGB zu einer zusätzlichen Freiheitsstrafe von zehn Monaten, bedingt auf drei Jahre, verurteilt worden.
Ferner weise er eine Reihe von (bei der Erstbehörde aufscheinenden) rechtskräftigen Verwaltungsvorstrafen im Zeitraum 20. September 1999 bis 5. Jänner 2004 auf (darunter neun Bestrafungen nach dem KFG, zwei gemäß § 20 Abs. 2 StVO, vier nach § 24 Schulpflichtgesetz und eine nach § 37 Abs. 1 FSG).
In dem genannten Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 13. Jänner 2003 habe das Strafgericht zum Schuldspruch wegen des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung ausgeführt, dass der Beschwerdeführer mit V., seinem Opfer, und deren Familie seit Jahren bekannt gewesen wäre und er im Mai 2001 durch die unversperrte Haustür in die Wohnung seines Opfers gekommen wäre, wo er V. gepackt und zu küssen versucht hätte. Diese hätte sich zunächst aus ihrer festen Umklammerung lösen können und wäre in das erste Stockwerk des Hauses in der Absicht, sich im Schlafzimmer einzusperren, geflohen. Er hätte V. eingeholt und gewaltvoll aufs Bett gezehrt, sie dort an den Händen festgehalten, am Bett fixiert und über der Kleidung im Brust- und Scheidenbereich betastet, wobei er in der Absicht gehandelt hätte, V. zur Vornahme oder Duldung des Beischlafes oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung durch Gewaltanwendung zu nötigen. V. hätte sich jedoch in weiterer Folge aus ihrer Umklammerung lösen und den Beschwerdeführer durch die Androhung, sie würde die Polizei rufen, dazu bewegen können, dass Haus unverrichteter Dinge zu verlassen.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des wesentlichen Inhaltes der vom Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung - worin er u. a. vorbrachte, dass er auf Grund seines langen ununterbrochenen Aufenthaltes in Österreich seit 20. März 1991 und der Tatsache, dass seine gesamte Familie hier wohnhaft sei, in Österreich völlig integriert sei und überdies seine erste ins Treffen geführte Verurteilung durch das Bezirksgericht M bereits getilgt sein müsste - und der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen weiter aus, es liege der Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Bezirksgericht B vom 15. April 2002 zu Grunde, dass er am 11. November 2000 in B H. durch Versetzen eines Faustschlages ins Gesicht, was eine Rissquetschwunde seitlich des rechten Auges zufolge gehabt habe, am Körper verletzt habe. Weiters habe er am 26. Juni 2001 und 4. Juli 2001 als Schuldner dadurch, dass er einen bereits gerichtlich gepfändeten PKW der Marke Opel, Baujahr 1990, seiner Ehegattin zu Fahrten zur Arbeitsstätte überlassen habe, einen Bestandteil seines Vermögens bei Seite geschafft und dadurch die Befriedigung seines Gläubiger, der B. GmbH, in einem anhängigen Zwangsvollstreckungsverfahren vereitelt. Ferner sei der Beschwerdeführer, wie oben dargestellt, vom Landesgericht Ried im Innkreis wegen des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach den §§ 15, 201 Abs. 2 StGB zu einer zusätzlichen, bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden.
Inwieweit das Urteil des Bezirksgerichtes M vom 25. Juli 1995 wegen des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 StGB für die in § 38 Abs. 1 Z. 2 und 3 FrG normierte Frist maßgeblich sei, bedürfe keiner weiterreichenden Ausführung, weil der Beschwerdeführer auch wegen einer am 11. November 2000 erfolgten Körperverletzung verurteilt worden und zu diesem Zeitpunkt noch nicht länger als zehn Jahre ununterbrochen in Österreich aufhältig gewesen sei. Im Hinblick auf sein aggressives Vorgehen - er habe damals H. durch Versetzen eines Faustschlages ins Gesicht am Körper verletzt - könne dieser maßgebliche Umstand zulässigerweise zur Begründung des Aufenthaltsverbotes herangezogen werden. Inwieweit die erste Verurteilung des Beschwerdeführers und dessen Verwaltungsstrafen diesbezüglich herangezogen würden, könne jedoch dahingestellt bleiben, weil er im Hinblick auf seine beiden weiteren Verurteilungen mehrere selbstständige strafbare Handlungen gesetzt und zudem das Verbrechen der versuchten Vergewaltigung begangen habe.
Es sei daher nicht nur die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme, sondern das Aufenthaltsverbot auch im Lichte des § 37 Abs. 1 leg. cit. gerechtfertigt. In Anbetracht des langjährigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers und der Tatsache, dass seine Ehegattin und seine drei minderjährigen Kinder in Österreich lebten, sei ihm ein gewisses Maß an Integration zuzugestehen. Diese Integration werde jedoch durch sein Gesamtfehlverhalten in ihrer sozialen Komponente in erheblichem Ausmaß gemindert. Im Hinblick auf die für seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu stellende negative Verhaltensprognose schienen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer zu wiegen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation, sodass diese Maßnahme auch im Sinne des § 37 Abs. 2 FrG zulässig sei.
Auch könne nicht davon gesprochen werden, dass das der Behörde eingeräumte Ermessen nicht im Sinn des Gesetzes geübt worden sei.
Die Gültigkeitsdauer des verhängten Aufenthaltsverbotes sei nicht als rechtswidrig zu erkennen, zumal erst nach Ablauf dieser Zeit erwartet werden könne, dass sich der Beschwerdeführer an die im Bundesgebiet geltenden Normen halten würde.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahren vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Vorauszuschicken ist, dass der Beschwerdeführer nach Ausweis der Verwaltungsakten noch in seinem an den Landeshauptmann von Wien gestellten Antrag vom 5. August 2004 die Staatsangehörigkeit seiner Ehegattin Slavica mit "Serbien" bezeichnet und auch im Verwaltungsverfahren gegenüber den Fremdenpolizeibehörden nicht behauptet hat, dass seiner Ehegattin die österreichische Staatsbürgerschaft zukomme. Es handelt sich daher bei seiner erstmals in der vorliegenden Beschwerde aufgestellten Behauptung, dass seine Ehegattin österreichische Staatsbürgerin sei, um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung, auf die nicht weiter einzugehen ist (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG). Im Hinblick darauf ist der Beschwerdeführer auch kein begünstigter Drittstaatsangehöriger (vgl. dazu § 49 Abs. 1 iVm § 47 Abs. 3 FrG), sodass dem Urteil des EuGH vom 2. Juni 2005, C-136/03 (Dörr und Ünal), für den vorliegenden Fall keine wesentliche Bedeutung zukommt.
2.1. In der Beschwerde bleibt die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht sei, unbekämpft. Im Hinblick auf die im Verhältnis gemäß §§ 31 und 40 StGB zum Urteil des Bezirksgerichtes Braunau am Inn vom 15. April 2002 stehende Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Landesgericht Ried im Innkreis vom 13. Jänner 2003 begegnet die genannte Ansicht der belangten Behörde keinen Bedenken.
2.2. Dieser letztgenannten Verurteilung des Beschwerdeführers liegt zu Grunde, dass er - wie oben (1.1.) dargestellt - im Mai 2001 V. zur Vornahme oder Duldung einer geschlechtlichen Handlung zu nötigen versucht hat, wobei ihn nur die Androhung durch V., dass sie die Polizei rufen würde, dazu bewegen konnte, von seinem Opfer abzulassen. Schon vor dieser Straftat, am 11. November 2000, war der Beschwerdeführer durch ein vorsätzliches Gewaltdelikt strafrechtlich in Erscheinung getreten, indem er einen anderen durch Versetzen eines Faustschlages ins Gesicht, was eine Rissquetschwunde seitlich dessen rechten Auges zufolge gehabt hatte, am Körper verletzt hatte.
In Anbetracht dieser beiden, jeweils unter Gewaltanwendung verübten Straftaten kann - entgegen der Beschwerdeansicht - auch die weitere Beurteilung der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Dass das Landesgericht Ried im Innkreis die wegen des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung über den Beschwerdeführer verhängte Freiheitsstrafe von zehn Monaten bedingt nachgesehen hat, ist hier nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung, weil die Fremdenpolizeibehörden die Beurteilung der Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eigenständig und unabhängig von den eine bedingte Strafnachsicht begründenden Erwägungen des Strafgerichtes zu treffen haben (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 24. April 2007, Zl. 2005/18/0677, mwN).
3.1. Die Beschwerde vertritt weiters die Auffassung, dass die Frage des § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG unrichtig gelöst worden sei, weil der Beschwerdeführer bis März 2001 mehr als zehn Jahre legal in Österreich aufhältig gewesen sei, sodass die zeitlichen Voraussetzungen für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft zu diesem Zeitpunkt bereits verwirklicht gewesen seien. Allein die einmalige Begehung einer Körperverletzung am 11. November 2000 könne nicht als maßgeblicher Umstand herangezogen werden.
3.2. Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend.
Gemäß § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn dem Fremden vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) hätte verliehen werden können, es sei denn, der Fremde wäre wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig zu mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Gemäß § 10 Abs. 1 StbG kann die Staatsbürgerschaft einem Fremden verliehen werden, wenn er seit mindestens zehn Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat (Z. 1) und keiner der in den Z. 2 bis 8 dieses Absatzes genannten Tatbestände verwirklicht ist. So ist u.a. für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an einen Fremden gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. Voraussetzung, dass er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, dass er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und weder eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellt noch andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen gefährdet.
Unter dem Zeitpunkt "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes" im Sinn des § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG ist der Zeitpunkt vor Eintritt des ersten der in ihrer Gesamtheit für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände zu verstehen. Im Fall eines auf strafbaren Handlungen gegründeten Aufenthaltsverbotes handelt es sich beim "maßgeblichen Sachverhalt" nicht um die jeweilige Verurteilung bzw. Bestrafung, sondern um das einer Verurteilung bzw. Bestrafung zu Grunde liegende Fehlverhalten, weil nur dieses die in § 36 Abs. 1 Z. 1 bzw. § 36 Abs. 1 Z. 2 FrG umschriebene, für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes notwendige Annahme rechtfertigen kann. Der "maßgebliche Sachverhalt" umfasst alle Umstände, die die Behörde zulässigerweise zur Begründung des im konkreten Fall in der festgesetzten Dauer (bzw. auf unbestimmte Zeit) verhängten Aufenthaltsverbotes herangezogen hat. Unzulässig wäre es, auch ein solches Fehlverhalten dem Aufenthaltsverbot zu Grunde zu legen und nach dem Gesagten in den "maßgeblichen Sachverhalt" im Sinn des § 38 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. einzubeziehen, das unter Berücksichtigung des seither verstrichenen Zeitraumes nicht (mehr) geeignet ist, eine relevante Vergrößerung der von dem Fremden ausgehenden Gefährdung der maßgeblichen öffentlichen Interessen herbeizuführen, weil es die Behörde dadurch in der Hand hätte, den für die Beurteilung der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes gemäß § 38 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. maßgeblichen Zeitpunkt so weit nach vorne zu verschieben, dass der Fremde "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes" die zehnjährige Wohnsitzfrist des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG - hiebei kommt es auf die Rechtmäßigkeit des inländischen Aufenthaltes nicht an - nicht erfüllt. Die belangte Behörde ist jedoch nicht verpflichtet, die Gesamtheit der Umstände, die demnach noch geeignet erscheinen, eine relevante Vergrößerung der von dem Fremden ausgehenden Gefährdung der maßgeblichen öffentlichen Interessen herbeizuführen, als für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgeblich anzusehen, wenn schon in der jüngeren Vergangenheit liegende Umstände allein ausreichen, die Verhängung des Aufenthaltsverbotes zu rechtfertigen. Hat die belangte Behörde den Zeitpunkt "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes" nach diesen Grundsätzen ermittelt, so liegt der Aufenthaltsverbot-Verbotsgrund nach § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG vor, wenn dem Fremden in diesem Zeitpunkt die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 StbG hätte verliehen werden können. Eine Verleihungsmöglichkeit in anderen Zeitpunkten vermag diesen Aufenthaltsverbot - Verbotsgrund nicht zu verwirklichen. Bei der Beurteilung, ob die Staatsbürgerschaft hätte verliehen werden können, ist die Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen gemäß § 10 Abs. 1 StbG zu prüfen. Dabei können die vor dem genannten Zeitpunkt liegenden Verhaltensweisen des Fremden einen Umstand darstellen, der der Verleihung der Staatsbürgerschaft zu diesem Zeitpunkt gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. entgegengestanden wäre (vgl. zum Ganzen etwa die hg. Erkenntnisse vom 14. Dezember 2006, Zl. 2003/18/0319, und vom 6. September 2007, Zl. 2005/18/0161, mwN).
Im angefochtenen Bescheid lastete die belangte Behörde dem Beschwerdeführer als für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebliches Fehlverhalten die genannte, am 11. November 2000 begangene (vorsätzliche) Köperverletzung und die versuchte Vergewaltigung im Mai 2001 an. Entgegen der Beschwerdeansicht kann es nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn die belangte Behörde in Anbetracht des am 11. November 2000 verübten Körperverletzungsdeliktes die Verleihungsvoraussetzung nach § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG als nicht gegeben erachtete. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Beschwerdeführer seinen Hauptwohnsitz noch nicht seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet.
Im Hinblick darauf steht § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG der Erlassung des vorliegenden Aufenthaltsverbotes nicht entgegen.
4. Der angefochtene Bescheid erweist sich dennoch als rechtswidrig.
Gemäß § 38 Abs. 1 Z 2 FrG darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn eine Ausweisung gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 oder 2 leg. cit. wegen des maßgeblichen Sachverhaltes unzulässig wäre. Gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 leg. cit. können Fremde, die sich auf Grund eines Aufenthaltstitels im Bundesgebiet aufhalten, mit Bescheid (nur) ausgewiesen werden, wenn nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre.
Die in Kenntnis eines Versagungsgrundes erfolgte Erteilung eines Aufenthaltstitels steht somit der Erlassung eines ausschließlich auf die diesen Versagungsgrund bildenden Umstände gestützten Aufenthaltsverbotes entgegen (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom 20. April 2006, Zl. 2003/18/0271, mwN).
Den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zufolge wurde dem Beschwerdeführer von der Erstbehörde am 31. März 2004 - somit nach seiner letzten, dem Aufenthaltsverbot zugrunde liegenden Verurteilung - eine weitere (bis 30. März 2006 gültige) Niederlassungsbewilligung erteilt.
Nach Ausweis der Verwaltungsakten hatte die Erstbehörde im Hinblick auf die ihr zur Kenntnis gelangten Strafanzeige gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachtes der versuchten Nötigung zum Beischlaf mit Schreiben vom 12. Juli 2002 die Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis um Bekanntgabe des Verfahrensausganges ersucht, worauf ihr von der genannten Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 16. Juli 2002 mitgeteilt wurde, dass gegen den Beschwerdeführer gemäß §§ 15, 201 StGB (somit wegen Verdachtes der versuchten Vergewaltigung) beim Landesgericht Ried im Innkreis Vorerhebungen beantragt worden seien. In weiterer Folge wurden der Erstbehörde das obgenannte Urteil vom 15. April 2002 (vgl. das erstbehördliche Schreiben vom 3. April 2003, mit dem der diesbezügliche Strafakt an das Bezirksgericht B zurückgestellt wurde) und auch das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 13. Jänner 2003 zur Kenntnis gebracht. Dennoch wurde dem Beschwerdeführer auf Grund seines Verlängerungsantrages vom 6. Oktober 2003 von der Erstbehörde am 31. März 2004 die genannte weitere Niederlassungsbewilligung erteilt.
Im vorliegenden Fall war somit der Erstbehörde bei Erteilung dieser weiteren Niederlassungsbewilligung an den Beschwerdeführer das dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegte Fehlverhalten des Beschwerdeführers in den wesentlichen Bereichen bekannt. Im Hinblick darauf erweist sich auf dem Boden der obzitierten hg. Judikatur das vorliegende Aufenthaltsverbot im Grund des § 38 Abs. 1 Z. 2 FrG (iVm § 34 Abs. 1 Z. 1 leg. cit.) als unzulässig.
5. Demzufolge war der angefochtene Bescheid - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG zusammengesetzten Senat - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 22. April 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2005180068.X00Im RIS seit
10.06.2008Zuletzt aktualisiert am
01.10.2008