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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des GS in L, vertreten durch Mag. Johann Juster, Rechtsanwalt in 3910 Zwettl, Landstraße 52, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 21. Juni 2006, Zl. Wa-130/05, betreffend Waffenverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalls ist auf das hg Erkenntnis vom 28. März 2006, Zl 2005/03/0251, zu verweisen, mit dem der Bescheid der belangten Behörde vom 4. August 2005 aufgehoben wurde. Mit dem nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid hat die belangte Behörde neuerlich die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid, mit dem über ihn ein Waffenverbot gemäß § 12 Abs 1 Waffengesetz 1996 (WaffG) verhängt worden war, abgewiesen. In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges aus, dass auf Grund der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes am 18. Mai 2005 (gemeint: 2006) der Vater und die Schwester des Beschwerdeführers vom Referenten der belangten Behörde in den Amtsräumen der Polizeiinspektion Groß Gerungs niederschriftlich einvernommen worden seien. Wörtlich heißt es dann:
"Im Zuge dieser Einvernahmen gab (die Schwester des Beschwerdeführers) an:
'Vor ca. 4 Jahren befand sich mein Bruder in der Wohnküche. Ich saß auf dem Sofa. Plötzlich kam mein Bruder zu mir und sagte "Willst auch ein Spritzerl, dann tut dir nichts mehr weh?". Dabei richtete er den Lauf seines Gewehres gegen meinen Körper.
Bei dem Vorfall, als mein Bruder meinem Vater einen Topf an den Kopf warf, war ich zwar nicht direkt dabei, kam aber sofort nach dem Vorfall zu meinem Vater, weil ich mich öfters um meinen Vater kümmere. Die Verletzung habe ich selbst gesehen.
Mein Bruder ist eigentlich immer sehr jähzornig und das nicht nur gegen meinen Vater. Er drangsalierte auch bereits meine Kinder. Einmal, es muss dies 2001 gewesen sein, hat er meinen Sohn Gerhard mit dem Kopf in einen "Wassergrand" getaucht, der mit Wasser gefüllt war. Mein Bruder macht solche Aktionen eigentlich aus nichtigen Anlässen.'
(Der Vater des Beschwerdeführers) gab an:
'Im Jänner 2005 fügte mir mein Sohn eine rissquetschwunde an der Stirn zu. Als ich gerade aus meinem Zimmer kam, schlug er mir plötzlich und für mich völlig unerwartet, einen Topf auf den Kopf.
Mein Sohn beschimpfte mich ständig und bei jeder Gelegenheit. Dabei schrie er mich immer an, dass ich mich in mein Zimmer schleichen soll und dass die alten Leute sowieso aller "veramt" gehören.
Sehr oft attackierte mich mein Sohn so, dass er mir einen Stoß versetzte, dass ich ins Stolpern kam. Dabei schrie er immer, dass ich in der Küche nichts verloren habe, weil ich ein verkalkter Trottel bin und dass ich mich in mein Zimmer schleichen soll.
Mehrmals schlug mich mein Sohn. Einmal kam er in mein Zimmer, schrie mich an und versetzte mir einen derart heftigen Stoß, dass ich das Gleichgewicht verlor und auf mein Bett stürzte.
Voriges Jahr, knapp vor Weihnachten, drangsalierte und beschimpfte mich mein Sohn Gerhard wieder so arg, dass ich es nicht mehr ausgehalten habe.
Mein Sohn riss alle Fenster und Türen auf, obwohl es bereits sehr kalt war. Ich kam aus meinem Zimmer und sagte zu meinem Sohn, dass er die Tür und die Fenster wieder schließen soll, weil mir kalt ist. Mein Sohn beschimpfte mich jedoch wieder und spuckte mir Wasser ins Gesicht. Er selbst hatte dabei eine Jacke angezogen und eine Mütze aufgesetzt."
Weiters sei erhoben worden, dass das Bezirksgericht Zwettl am 12. Dezember 2005 neuerlich eine einstweilige Verfügung gegen den Beschwerdeführer erlassen habe. Gemäß dieser Verfügung sei dem Beschwerdeführer aufgetragen worden, ein näher bezeichnetes Haus zu verlassen und es sei ihm die Rückkehr in dieses Haus und in die unmittelbare Umgebung für die Dauer von drei Monaten verboten worden. In der Begründung dieser einstweiligen Verfügung sei ausgeführt worden, dass als bescheinigt gelte, dass der Beschwerdeführer nach wie vor jede sich bietende Möglichkeit benutze, um seinen Vater zu beschimpfen und er habe beispielsweise bei niedrigen Temperaturen sämtliche Fenster und Türen geöffnet, um den Vater des Beschwerdeführers zu provozieren. Er habe ihn aufs Wüsteste beschimpft, als er sie wieder schließen habe wollen und ihn neuerlich - wie schon vorher - in sein Schlafzimmer verwiesen. Auch das Betreten der Küche habe der Beschwerdeführer seinem Vater immer wieder verwehrt und ihm auch in der Nacht vom
25. auf den 26. November (2005) einen Schluck Wasser ins Gesicht gespuckt.
Der Beschwerdeführer sei zu diesen Angaben gehört worden und habe dazu eine Stellungnahme abgegeben, die im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen wörtlich wiedergegeben wird. Darin habe der Beschwerdeführer angegeben, dass im Zuge einer Verhandlung vor dem Landesgericht Krems das dortige Gericht zum Schluss gekommen sei, dass das Verfahren nach § 6a ZPO unterbrochen werden müsse, um zu prüfen, ob für den Vater des Beschwerdeführers ein Sachwalter bestellt werden müsse. Allein auf Grund dieser Umstände würden dessen Angaben einer Beurteilung nicht zu Grunde gelegt werden können, vor allem nicht, bevor geklärt sei, ob für den Vater des Beschwerdeführers ein Sachwalter bestellt werde oder nicht. Davon abgesehen habe der Vater des Beschwerdeführers in der Niederschrift vom 18. Mai 2006 nicht behauptet, dass er vom Beschwerdeführer mit einer Waffe bedroht worden wäre. Nachdem der Vater des Beschwerdeführers jede Kleinigkeit, die angeblich vorgefallen sein solle, angebe, hätte er sicher, wäre es zu einem derartigen Ereignis gekommen, dies der Behörde auch entsprechend mitgeteilt.
Es liege auch ein Widerspruch in den Aussagen seines Vaters vor, der in einem Verfahren vor dem Bezirksgericht Zwettl am 18. Jänner 2005 ausgesagt habe, dass der Beschwerdeführer ihn einmal - "und zwar vor ca 1 Jahr (gemeint zurückgerechnet ab Jänner 2005)" - dadurch verletzt habe, als er Geschirr nach ihm geworfen und ihn dabei am Kopf getroffen habe; nunmehr habe sein Vater ausgesagt, dass ihm der Beschwerdeführer unerwartet einen Topf auf den Kopf geschlagen habe. Dies sei etwas völlig anderes, als er früher behauptet habe, zwischen werfen und schlagen bestehe ein Unterschied. Die Behauptung seiner Schwester, dass der Beschwerdeführer den Lauf seines Gewehrs gegen ihren Körper gerichtet habe, werde vom Beschwerdeführer ausdrücklich als unrichtig bestritten.
Die belangte Behörde führte aus, dass nach Auskunft des Bezirksgerichtes Zwettl ein Verfahren betreffend Sachwalterschaft für den Vater des Beschwerdeführers geführt worden sei, dieses Verfahren jedoch am 2. Juni 2006 eingestellt worden sei. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach ein bedeutender Unterschied zu sehen sei, ob er seinem Vater Geschirr nachgeworfen habe und dieser dabei verletzt worden sei, oder ob dieser mit dem Geschirr geschlagen worden sei, vermöchten für seine Sache nichts zu gewinnen. Für einen juristischen Laien sei es nicht wirklich erheblich, ob der Gegenstand, der ihn verletzt habe, geworfen worden sei, oder ob mit diesem Gegenstand geschlagen worden sei. Entscheidend sei für diese Person, dass sie verletzt worden sei.
Der Beschwerdeführer habe selbst angegeben, eine hervorragende Beziehung zu seiner Schwester zu haben. Umso mehr bestehe für die belangte Behörde kein Grund, deren Ausführungen keinen Glauben zu schenken, da auf Grund der guten Beziehung nicht zu erwarten sei, dass sie diese Angaben tätige, nur um den Beschwerdeführer zu schaden. "Grosso modo" gesehen würden die Angaben der Schwester und des Vaters des Beschwerdeführers nachvollziehbar und plausibel erscheinen, hingegen meine die belangte Behörde, in den Angaben des Beschwerdeführers großteils Schutzbehauptungen zu erkennen. Die belangte Behörde sei zur Annahme der Richtigkeit der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung im Rahmen der von ihr vorzunehmenden freien Beweiswürdigung schon deshalb berechtigt, weil die Überzeugungskraft der ihr vorliegenden Beweise auch nach den Erfahrungen des täglichen Lebens für eine solche Annahme spreche.
Die Behörde habe "in sämtliche entscheidungsrelevante Gerichtsakte Einsicht genommen" und diese seien auch "bei der Entscheidungsfindung eingeflossen".
Auch Vorfälle in der Art, dass jemand zu Unbeherrschtheit, Jähzorn, Aggressivität und Gewalttätigkeit neige, seien als eine Tatsache zu werten, die die Annahme rechtfertigten, dass eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch missbräuchliche Verwendung einer Waffe im Bereich der Möglichkeit liege, jedenfalls nicht ausgeschlossen werden könne. Im Rahmen der Gefahrenprognose habe die Behörde zu beurteilen, ob auf Grund der vorliegenden Sachverhaltselemente die Befürchtung bestehe, dass der Beschwerdeführer durch missbräuchliche Verwendung von Waffen eine Gefährdung für die in § 12 Abs 1 WaffG genannten Rechtsgüter darstellen könne. Zur Verhängung eines Waffenverbotes genüge es, wenn konkrete Umstände vorlägen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein Gesetz oder zweckwidriger Gebrauch gemacht werde und dadurch eine Gefährdung der in § 12 Abs 1 WaffG genannten Rechtsgüter eintreten könne. Eine schon erfolgte missbräuchliche Verwendung von Waffen sei nicht Voraussetzung für die Verhängung eines Waffenverbotes. Für die belangte Behörde stehe fest, dass die Frustrationstoleranzgrenze des Beschwerdeführers offenbar sehr niedrig sei und er unter gewissen Voraussetzungen zu aggressiven Handlungen neige. Es sei keinesfalls auszuschließen, dass er während solcher aggressiver Handlungen Waffen missbräuchlich verwenden und dadurch das Leben, die Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde rügt zunächst, dass der von der Bezirkshauptmannschaft Zwettl erlassene erstinstanzliche Bescheid an den Beschwerdeführer unter seiner Anschrift in Linz gerichtet und diesem auch dort zugestellt worden sei. Dies habe er in seiner Berufung gerügt, die belangte Behörde habe sich in dem nunmehr angefochtenen Bescheid damit nicht auseinander gesetzt. Nach § 48 Abs 2 WaffG richte sich die örtliche Zuständigkeit, sofern nichts anderes bestimmt sei, nach dem Hauptwohnsitz des Betroffenen, in Ermangelung eines Hauptwohnsitzes nach seinem Wohnsitz. Die erstinstanzliche Behörde sei, da sie den Bescheid an den Beschwerdeführer unter seiner Adresse in Linz gerichtet habe, somit davon ausgegangen, dass dies der Wohnsitz des Beschwerdeführers bzw sein Hauptwohnsitz sei. Wenn die erstinstanzliche Behörde dieser Auffassung gewesen sei, so hätte sie den bekämpften Bescheid jedoch nicht erlassen dürfen. Für Linz sei eine Bundespolizeidirektion eingerichtet und es hätte somit die Bundespolizeidirektion Linz in erster Instanz über die vom Beschwerdeführer gegen den Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Zwettl erhobene Vorstellung entscheiden müssen. Hätte sich die belangte Behörde mit der vom Beschwerdeführer in seiner Berufung geltend gemachten Unzuständigkeit der den erstinstanzlichen Bescheid erlassenden Behörde auseinander gesetzt, so hätte sie zum Schluss kommen müssen, dass die Bezirkshauptmannschaft Zwettl bereits allein auf Grund des Umstandes, dass deren Bescheid vom 18. April 2005 an den Beschwerdeführer unter seiner Anschrift in Linz gerichtet sei, für die Erlassung dieses Bescheides nicht zuständig gewesen sei. Die belangte Behörde hätte daher den bei ihr bekämpften Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zwettl wegen Unzuständigkeit aufheben müssen.
Zu diesem Vorbringen ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer nicht bestreitet, dass er zum Zeitpunkt der Erlassung des Mandatsbescheides, mit dem ein vorläufiges Waffenverbot über ihn verhängt wurde, seinen Wohnsitz im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Bezirkshauptmannschaft Zwettl gehabt hat. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bleibt die Behörde, die einen Mandatsbescheid erlassen hat, welcher nicht nach § 57 Abs 3 AVG von Gesetzes wegen außer Kraft getreten ist, für das weitere Verfahren betreffend die Entscheidung über die Vorstellung gegen den Mandatsbescheid zuständig, auch wenn sich in der Zwischenzeit die Verhältnisse, die zur Begründung ihrer Zuständigkeit geführt haben - wie hier durch die (behauptete) Verlegung des Wohnsitzes - geändert haben (vgl das hg Erkenntnis vom 11. April 1984, Zl 82/11/0358). Schon aus diesem Grund liegt die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit im Hinblick auf die Zuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde nicht vor. Im Übrigen lässt sich aus den im Akt erliegenden Meldeauskünften erkennen, dass der Beschwerdeführer zumindest während der gesamten Dauer des erstinstanzlichen Verwaltungsverfahrens seinen Hauptwohnsitz im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Bezirkshauptmannschaft Zwettl hatte.
2. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass sich aus dem angefochtenen Bescheid nicht ergebe, welchen Sachverhalt die belangte Behörde festgestellt hat.
Tatsächlich enthält der angefochtene Bescheid keine klar nachvollziehbare Darstellung des von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Sachverhalts. Aus den Ausführungen der belangten Behörde auf den Seiten sechs und sieben des angefochtenen Bescheides - insbesondere, dass die Angaben der Schwester und des Vaters des Beschwerdeführers "grosso modo" nachvollziehbar und plausibel erschienen, während in den Angaben des Beschwerdeführers Schutzbehauptungen zu erkennen seien - lässt sich jedoch erschließen, dass die belangte Behörde den vom Vater und von der Schwester des Beschwerdeführers in ihren Einvernahmen geschilderten Sachverhalt als erwiesen annimmt. Die von der belangten Behörde festgestellten "bestimmten Tatsachen", welche nach der Beurteilung der belangten Behörde im Sinne des § 12 WaffG die Annahme rechtfertigen, dass der Beschwerdeführer durch missbräuchliches Verwenden von Waffen, Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte, sind demnach vor allem die Bedrohung seiner Schwester mit einem Gewehr, die Verletzung seines Vaters durch Zufügung einer Rissquetschwunde mit einem Topf und mehrfache Tätlichkeiten sowie Beschimpfungen gegenüber seinem Vater.
3. Gemäß § 12 Abs 1 WaffG hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
Wie schon in dem in dieser Sache ergangenen Vorerkenntnis vom 28. März 2006 ist festzuhalten, dass die Bedrohung von Menschen mit einer Waffe jedenfalls ein missbräuchliches Verhalten darstellt, welches ein Waffenverbot rechtfertigt. Auch die von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegten wiederholten Aggressionshandlungen des Beschwerdeführers gegenüber seinem Vater würden die Verhängung eines Waffenverbotes rechtfertigen (vgl zu fortgesetzten Tätlichkeiten im Familienkreis etwa das hg Erkenntnis vom 17. Oktober 2002, Zl 2001/20/0418).
4. Der Beschwerdeführer rügt, dass sich die belangte Behörde mit seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren nicht bzw nur unzureichend auseinander gesetzt und damit den angefochtenen Bescheid mit wesentlichen Verfahrensmängeln belastet habe. Zusammengefasst macht der Beschwerdeführer geltend, dass er schon im Verwaltungsverfahren einige näher ausgeführte Argumente vorgebracht habe, die zur Feststellung hätten führen müssen, dass er weder seinen Vater noch seine Schwester bedroht habe, noch dass er tätlich gegen seinen Vater vorgegangen sei.
Soweit sich das diesbezügliche Vorbringen mit dem Vorwurf befasst, der Beschwerdeführer habe seinen Vater mit dem Gewehr bedroht, kommt ihm keine Relevanz zu, da dahingehende Feststellungen dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen sind.
Im Übrigen erweist sich das Vorbringen jedoch als berechtigt:
Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren eingehend zu den Aussagen seines Vaters und seiner Schwester Stellung genommen und dabei unter anderem auf von ihm behauptete Widersprüche zu Dokumenten in einem näher bezeichneten Gerichtsakt, dessen Beischaffung er auch beantragte, hingewiesen sowie konkrete Umstände vorgebracht, die aus seiner Sicht gegen die Glaubwürdigkeit der Aussagen sprechen. So hat der Beschwerdeführer etwa ausgeführt, dass seine Schwester im Verfahren vor dem Bezirksgericht Zwettl (betreffend die Erlassung einer einstweiligen Verfügung gegen den Beschwerdeführer nach § 382b EO) ein Heft mit Aufzeichnungen vorgelegt habe, in dem zwar eine Bemerkung "Brauchst a Spritzerl. Betäubungsmittel für Hirsche" vermerkt sei, jedoch kein Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer sein Gewehr gegen seine Schwester gerichtet habe; auch bestünden Bedenken gegen diese Aufzeichnungen, da seine Schwester darin den Beschwerdeführer schon zu einem Zeitpunkt als "Beklagten" bezeichne, zu dem noch nicht festgestanden sei, ob es überhaupt einmal zu einem Gerichtsverfahren kommen werde.
Weiters hat der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass - wiederum nach dem Gerichtsakt des Bezirksgerichts Zwettl - sein Vater im Jänner 2005 eine ihm vom Beschwerdeführer "vor ca. 1 Jahr" zugefügte Verletzung behauptet habe, da der Beschwerdeführer Geschirr nach ihm geworfen und ihn dabei am Kopf getroffen habe. In der Aussage vor der belangten Behörde habe sein Vater hingegen behauptet, der Beschwerdeführer habe ihm im Jänner 2005 eine Verletzung dadurch zugefügt, dass er ihn überraschend mit einem Topf auf den Kopf geschlagen habe.
Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung des Bescheides muss daher (auch) erkennen lassen, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, dass der festgestellte Sachverhalt zutrifft. Dabei muss nachvollziehbar sein, dass die Ausgangsgrundlagen des gedanklichen Verfahrens in einem einwandfreien Verfahren gewonnen wurden sowie welche Schlüsse in welcher Gedankenfolge mit welchem Ergebnis aus hieraus gezogen wurden. Aus der Begründung muss außerdem hervorgehen, ob die gezogenen Schlüsse den Gesetzen folgerichtigen Denkens entsprechen (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG, Rz 21 zu § 60 AVG und die dort angegebene hg Rechtsprechung).
Der angefochtenen Bescheid enthält lediglich zwei nachvollziehbare Erwägungen, die sich mit dem Beweiswert der Beweisergebnisse auseinander setzen. Einerseits wird dargelegt, dass für den Vater des Beschwerdeführers nicht erheblich sei, ob der Gegenstand, der ihn verletzte, geworfen wurde oder ob er damit geschlagen worden sei, womit zum Ausdruck gebracht wird, dass der Einwand des Beschwerdeführers die Glaubwürdigkeit der Aussage nicht erschüttern könne (auf den Umstand, dass auch unterschiedliche Zeitpunkte für die Verletzungen angegeben wurden, geht die belangte Behörde dabei nicht ein). Andererseits wird aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer selbst angebe, eine "hervorragende Beziehung" zu seiner Schwester zu haben, auf die Glaubwürdigkeit der Aussage seiner Schwester geschlossen, da nicht zu erwarten sei, dass sie ihm schaden wolle.
Darüber hinaus wird pauschal und ohne die zu Grunde liegenden Erwägungen offen zu legen ausgeführt, dass die Aussagen der Schwester und des Vaters des Beschwerdeführers "grosso modo" nachvollziehbar und plausibel seien und dass die belangte Behörde "zur Annahme der Richtigkeit der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung im Rahmen der von ihr vorzunehmenden 'freien Beweiswürdigung' schon deshalb berechtigt (gewesen sei), weil die Überzeugungskraft der ihr vorliegenden Beweise (deren innerer Wahrheitsgehalt) auch nach den Erfahrungen des täglichen Lebens für eine solche Annahme" spreche. Damit wird aber weder offen gelegt, aus welchen Gründen die Aussagen plausibel erscheinen, noch welche Erfahrungen des täglichen Lebens konkret für die von der Behörde gezogenen Schlussfolgerungen gesprochen haben.
Schließlich "bemerkt" die belangte Behörde noch, dass sie "in sämtliche entscheidungsrelevante Gerichtsakte" Einsicht genommen habe und dass diese "auch bei der Entscheidungsfindung eingeflossen" seien. Zumal dabei weder ausgeführt wird, welche konkreten Gerichtsakte als "entscheidungsrelevant" beurteilt wurden, noch in welcher Weise diese "in die Entscheidungsfindung eingeflossen" sind, kann - vor dem Hintergrund der vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren detailliert vorgebrachten Einwendungen gegen den Beweiswert bestimmter Dokumente aus dem von ihm genannten Gerichtsakt - nicht von einer ausreichenden Begründung des angefochtenen Bescheides gesprochen werden, welche dem Verwaltungsgerichtshof die Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf seine Rechtmäßigkeit ermöglicht.
Da sich der angefochtene Bescheid somit als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet erweist, war er gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.
Wien, am 23. April 2008
Schlagworte
Verhältnis zu anderen Materien und Normen AVGBegründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelBegründung BegründungsmangelWahrnehmung der Zuständigkeit von Amts wegen sachliche ZuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2006030172.X00Im RIS seit
15.05.2008Zuletzt aktualisiert am
27.06.2016