TE Vwgh Erkenntnis 2008/4/29 2005/21/0104

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Veröffentlicht am 29.04.2008
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

ABGB §6;
ABGB §7;
FrG 1997 §7 Abs4 Z1 idF 2002/I/126;
FrG 1997 §94 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des Z, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/II/23, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 15. März 2005, Zl. III- 1187334/FrB/05, betreffend Aufenthaltserlaubnis, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines chinesischen Staatsangehörigen, vom 25. Oktober 2004 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck "Student" gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 iVm § 8 Abs. 1 und 3 iVm § 10 Abs. 2 Z 3 des (bis 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 - FrG ab.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde wörtlich aus:

"Der gegenständliche Antrag wurde im Generalkonsulat in München persönlich eingebracht. Sie belegten als Aufenthaltsberechtigung für Deutschland lediglich bereits ungültig gestempelte Aufenthaltsbescheinigungen, bis zuletzt 15.10.2004.

Der Aufenthaltszweck soll nunmehr eine Inskription an der INTERNATIONAL UNIVERSITY in Wien sein. Eine Zulassungsbestätigung vom 18.10.2004 hätte einen Studienbeginn bereits ab 28.10.2004 belegen sollen. Es hätte Anwesenheitspflicht bestanden, und es wäre zunächst ein Intensivsprachkurs für Englisch notwendig gewesen.

Die Tatsache des Aufenthaltes in Deutschland mit dem Begehren der Aufnahme eines englischsprachigen Studiums in Österreich, verbunden mit der Tatsache, dass Sie erst Englischkurse absolvieren müssten (um dem Studium überhaupt zu folgen), macht insgesamt den angegebenen Zweck Ihres Aufenthaltes völlig unglaubwürdig.

Das Studium wurde bis dato tatsächlich auch nicht aufgenommen. Die Inskriptionsbestätigung kann daher nicht anerkannt werden.

Es ist anzunehmen, dass Ihr beantragter Zweck nicht ausschließlicher Grund für die Beantragung der Aufenthaltserlaubnis ist."

In der Folge wertete die belangte Behörde die öffentlichen Interessen an der Verweigerung des Aufenthaltstitels höher als die eventuell nachteiligen Folgen der Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers. Wegen der "fehlenden Zugangsvoraussetzungen für Ihren beantragten Aufenthaltszweck" und der berechtigten Annahme, dass der Aufenthalt anderen nicht vom Titel umfassten Zwecken diene, müsse davon ausgegangen werden, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden würde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 FrG idF BGBl. I Nr. 126/2002 brauchen Drittstaatsangehörige eine Aufenthaltserlaubnis, wenn ihr Aufenthalt ausschließlich dem Zweck einer Schulausbildung oder eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums (Ausbildung) dient und der Besuch von Universitätslehrgängen nicht ausschließlich der Vermittlung der deutschen Sprache dient. Gemäß § 94 Abs. 3 FrG ist gegen die Versagung einer Erstaufenthaltserlaubnis eine Berufung nur zulässig, insoweit der Berufungswerber geltend macht, den Aufenthaltstitel zur Fortsetzung bestehenden Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK zu benötigen. Da der Beschwerdeführer die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens nicht geltend macht, stand ihm die Möglichkeit einer Berufung nicht offen. Dass diese Regelung entgegen der Beschwerdeansicht verfassungskonform ist, hat der Gerichtshof bereits im Erkenntnis vom 12. Dezember 2001, Zl. 99/18/0101, Slg. 15.733/A, ausgesprochen.

Im Übrigen kommt der Beschwerde jedoch Berechtigung zu. Die Bescheidbegründung ist - wie in der Beschwerde aufgezeigt - nicht nachvollziehbar. Warum eine bis 15. Oktober 2004 gültige Aufenthaltsberechtigung für Deutschland indizieren sollte, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährde, ist unklar. Dies trifft auch auf die Bescheidbegründung zu, in der auf einen Studienbeginn ab 28. Oktober 2004 hingewiesen wurde, stellte der Beschwerdeführer doch ohnedies schon vorher, nämlich am 25. Oktober 2004, den gegenständlichen Antrag.

Nicht nachvollziehbar ist der behördliche Vorwurf, dass der Beschwerdeführer das Studium nicht aufgenommen habe, hätte dies doch einer vorherigen illegalen Einreise in Österreich bedurft. Insgesamt gesehen fehlt eine tragfähige Begründung für die Ansicht der belangten Behörde, dass das beabsichtigte Studium nicht ausschließlicher Grund für die Beantragung der Aufenthaltserlaubnis sei. Auch mit dem Hinweis, dass der Beschwerdeführer erst Englischkurse absolvieren müsste, wird nicht nachvollziehbar dargelegt, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Wahrheit anderen Zwecken als der Absolvierung des Studiums dienen sollte.

Sollte hinter dem angefochtenen Bescheid die Überlegung gestanden sein, dass das Studium in unzulässiger Weise ausschließlich einem Spracherwerb dienen sollte, ist ergänzend auf das hg. Erkenntnis vom 7. September 2004, Zl. 2003/18/0194, hinzuweisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof mit ausführlichen Nachweisen ausgesprochen hat, dass der genannte Versagungsgrund nicht auf andere Sprachen als Deutsch angewendet werden könne.

Wegen des aufgezeigten Verfahrensmangels war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die beantragte Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG unterbleiben.

Die - einen Rechenfehler des Beschwerdeführers berücksichtigende - Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 29. April 2008

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3 Begründung Begründungsmangel Besondere Rechtsgebiete Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2005210104.X00

Im RIS seit

19.06.2008

Zuletzt aktualisiert am

14.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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