TE Vfgh Beschluss 2003/6/25 B697/03

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Veröffentlicht am 25.06.2003
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33
VfGG §34
VfGG §82 Abs1
ZPO §146 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung eines Antrags auf meritorische Erledigung einer zurückgewiesenen Beschwerde wegen offenbarer Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes; Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags mangels Vorliegen eines unabwendbaren oder unvorhergesehenen Ereignisses

Spruch

I. Der Antrag auf meritorische Erledigung der Beschwerde vom 11. Juni 2002, B1036/02, wird zurückgewiesen.

II. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1.1. Mit Beschwerde vom 11. Juni 2002, protokolliert zu B1036/02, wandte sich die (nunmehrige) Antragstellerin gegen einen Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen, mit dem drei von ihr - im Zusammenhang mit der Abberufung von der Funktion als Abteilungsleiterin - gestellte Anträge abgewiesen wurden.

1.2. Der Verfassungsgerichtshof wies diese Beschwerde mit Beschluss vom 13. März 2003 teils mangels Erschöpfung des Instanzenzuges, teils in Folge des Fehlens jeglichen Beschwerdevorbringens als unzulässig zurück.

1.3. Mit der vorliegenden - selbst verfassten - Eingabe vom 7. Mai 2003 begehrt die Antragstellerin, der Verfassungsgerichtshof möge in der bezeichneten Beschwerdesache meritorisch entscheiden.

2. Der Antrag ist nicht zulässig.

Gegen Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes, insbesondere auch gegen seine Beschlüsse, ist kein Rechtsmittel zulässig (vgl. zB VfSlg. 9057/1980, 11.216/1987, 11.355/1987, 11.798/1988, VfGH 27.2.2001 B17/01); vielmehr sind diese Entscheidungen - abgesehen von den hier nicht in Betracht kommenden Fällen der Wiederaufnahme des Verfahrens und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§33 und 34 VfGG) - endgültig. Der Antrag war sohin wegen der offenbaren Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen.

II. 1.1. Neben der bereits unter Pkt. I.1.1. erwähnten Beschwerde gemäß Art144 Abs1 B-VG erhob die Antragstellerin - wie aus den Ausführungen der vorliegenden Eingabe vom 7. Mai 2003 hervorgeht - gegen die Spruchpunkte 1 und 2 des Bescheides des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auch fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung an die Berufungskommission beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport. Die Berufung wurde mit Bescheid vom 9. August 2002 abgewiesen. Dagegen stand der Antragstellerin die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof offen; von dieser Beschwerdemöglichkeit machte die Antragstellerin jedoch keinen Gebrauch.

1.2. In der Eingabe vom 7. Mai 2003 begehrt die Antragstellerin nunmehr - "in eventu" - auch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Beschwerdeführung gegen den genannten Bescheid der Berufungskommission beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport. Im Einzelnen wird dazu ausgeführt:

"Die von mir am 15.5.2002 erhobene Berufung wurde von der Berufungskommission am 9. August 2002 durch vollinhaltliche Bestätigung des Bescheides des BMSG entschieden und mir dagegen die Beschwerdemöglichkeit an den Verfassungsgerichtshof eingeräumt.

Es wurde allerdings insoweit ein falscher Sachverhalt zugrunde gelegt, als festgestellt wurde, dass ich von meiner Funktion als Leiterin abberufen worden und mir gleichzeitig der Arbeitsplatz einer Referentin in derselben Abteilung zugewiesen worden sei. In meinen Augen erfolgte durch diese falsche Feststellung ungerechtfertigterweise keine Auseinandersetzung mit zentralen Argumenten in meiner Beschwerde. Die Berufungskommission wurde umgehend hievon verständigt, zumal der fehlerhafte Bescheid, aus dem niemandem ein Recht erwachsen ist, gemäß §68 Abs2 AVG abgeändert hätte werden können.

Das mir zugestandene Rechtsmittel einer weiteren Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde von mir nicht ergriffen, da mir

1. die Gewerkschaft öffentlicher Dienst Rechtsschutz für ein zweites Verfahren nicht gewährte, und 2. - wie bereits angedeutet - vom Verfahren vor dem Höchstgericht eine eigenständige meritorische Entscheidung über die pekuniären Auswirkungen der Grundrechtsverletzung zu erwarten war sowie 3. eine Überfrachtung des Höchstgerichtes mit zwei Beschwerden hinsichtlich der unterschiedlichen Aspekte nur eines Falles nicht opportun schien."

2. Der Verfassungsgerichtshof hat über den Wiedereinsetzungsantrag erwogen:

2.1. Da das Verfassungsgerichtshofgesetz (VfGG) in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Unter "minderem Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. VfSlg. 9817/1983, 11.706/1988 uva.).

2.2. Im vorliegenden Fall lag jedoch kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis vor, das die Antragstellerin an der rechtzeitigen Erhebung einer Beschwerde gemäß Art144 Abs1 B-VG gehindert hätte. Die Einschreiterin hat es vielmehr bewusst (vgl. die unter II.1.2. wiedergegebenen Ausführungen) unterlassen, innerhalb der Beschwerdefrist gemäß §82 Abs1 VfGG gegen die Entscheidung der Berufungskommission vorzugehen.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher abzuweisen.

3. Bei diesem Verfahrensergebnis erübrigt es sich, über den - "für den Fall der Genehmigung der Wiedereinsetzung" - gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung abzusprechen.

III. Diese Beschlüsse konnten gemäß §19 Abs3 Z2 lita sowie §33 zweiter Satz VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

Schlagworte

VfGH / Fristen, Beschwerdefrist, VfGH / Wiederaufnahme, VfGH / Wiedereinsetzung, VfGH / Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:B697.2003

Dokumentnummer

JFT_09969375_03B00697_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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