TE Vwgh Erkenntnis 2008/5/8 2006/06/0266

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Veröffentlicht am 08.05.2008
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
25/02 Strafvollzug;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §62 Abs1;
AVG §62 Abs3;
AVG §63 Abs5;
StVG §120 Abs2 Satz2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der Bundesministerin für Justiz, gegen den Bescheid der Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Linz vom 6. September 2006, Vk 84/06-6, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde gegen eine Ordnungsstrafe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Anstaltsleiter der Justizanstalt G verhängte über C.L., der zu diesem Zeitpunkt in dieser Justizanstalt eine Freiheitsstrafe (Strafzeit: 13. Jänner 2004 bis 18. August 2006) verbüßte, wegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 107 Abs. 1 Z. 10 i. V.m. § 109 Z. 4 und § 113 StVG eine Geldbuße in Höhe von EUR 22,--.

Die belangte Behörde wies die Beschwerde des C.L. mit dem angefochtenen Bescheid wegen verfrühter Einbringung zurück. Sie begründete dies im Wesentlichen damit, dass das Straferkenntnis dem C.L. am 21. Juni 2006 mündlich verkündet worden sei. Am 28. Juli 2006 sei auf entsprechendes Ersuchen des C.L. die Aushändigung einer schriftlichen Ausfertigung des Straferkenntnisses erfolgt. Gleichfalls am 28. Juli 2006 habe C.L. gegen das angeführte Straferkenntnis Beschwerde im Wege des Direktionsbüros der Justizanstalt G eingebracht, die diese Beschwerde per Telefax noch am selben Tag an die belangte Behörde übermittelt habe. Gemäß § 120 Abs. 2 StVG könne eine Beschwerde frühestens am 1. Tag, spätestens aber am 14. Tag nach jenem Tag erhoben werden, an welchem die Entscheidung dem Strafgefangenen verkündet oder zugestellt worden sei. Für den Fall, dass eine mündliche Verkündung eines Straferkenntnisses und in der Folge auf Verlangen des Strafgefangenen innerhalb von drei Tagen die Zustellung eines schriftlichen Bescheides stattfinde, lasse diese Bestimmung nicht erkennen, was für den Lauf der Berufungsfrist maßgeblich sei. Nach der jüngst ergangenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 2006, Zl. 2005/06/0033, sei nunmehr gesichert, dass in diesem Fall für den Lauf der Berufungsfrist die Zustellung des schriftlichen Bescheides maßgeblich sei. Demnach sei die Beschwerde verfrüht, nämlich am Tag der Ausfolgung des schriftlichen Erkenntnisses, erhoben worden und sei demnach als unzulässig zurückzuweisen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat den Verwaltungsakt vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 120 Abs. 2 erster und zweiter Satz Strafvollzugsgesetz, BGBl. Nr. 144/1969, in der Fassung BGBl. I Nr. 136/2004 (StVG), kann eine Beschwerde außer bei Gefahr im Verzug frühestens am 1. Tag, spätestens aber am 14. Tag nach jenem Tag erhoben werden, an welchem dem Strafgefangenen der Beschwerdegrund bekannt geworden ist. Richtet sich die Beschwerde gegen eine Entscheidung, so kann sie außer bei Gefahr im Verzug frühestens am 1. Tag, spätestens aber am 14. Tag nach jenem Tag erhoben werden, an welchem die Entscheidung dem Strafgefangenen verkündet oder zugestellt worden ist.

Die Beschwerdeführerin macht zutreffend geltend, dass gegen ein mündlich verkündetes und daher rechtlich existentes Straferkenntnis auch schon vor der Zustellung der verlangten schriftlichen Ausfertigung zulässigerweise Berufung erhoben werden kann. Auch wenn die Berufungsfrist gegen einen mündlich erlassenen Bescheid erst mit dem Tag der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides beginnt, so hindert dies nicht die Erhebung der Berufung bereits zwischen der Verkündung des Bescheides und der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 11. März 1988, Zl. 88/11/0031, zu den diesbezüglich vergleichbaren Regelungen betreffend die Beschwerdeerhebung im VwGG, und vom 30. März 1993, Zl. 92/08/0234, zu § 62 Abs. 3 AVG; siehe auch Walter - Mayer, Grundriss des Verwaltungsverfahrensrechts8, S. 260, in Rz 517, Pkt.3.). Nichts Anderes kann im Anwendungsbereich von Ordnungswidrigkeitsverfahren nach dem StVG gelten. Mit dem hg. Erkenntnis vom 25. April 2006, Zl. 2005/06/0033, wurde für diesen Bereich nur ausgesprochen, dass im Falle des rechtzeitigen Verlangens einer schriftlichen Ausfertigung im Sinne des § 62 Abs. 3 AVG die Berufungsfrist erst ab Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides zu laufen beginnt. Dies betrifft aber - wie bereits ausgeführt - nicht die Frage, ab wann gegen ein Straferkenntnis betreffend eine Ordnungswidrigkeit eines Strafgefangenen, das mündlich verkündet und schriftlich zugestellt worden war, das vorgesehene Rechtsmittel der Beschwerde erhoben werden darf. § 120 Abs. 2 zweiter Satz StVG steht mit dieser Auslegung im Einklang. Danach kann Beschwerde frühestens am 1. Tag, nach dem die Entscheidung dem Strafgefangenen verkündet wurde, erhoben werden. Diese Voraussetzung lag im Beschwerdefall vor. Die belangte Behörde ist daher unzutreffenderweise von der Unzulässigkeit der verfahrensgegenständlichen Beschwerde wegen verfrühter Einbringung ausgegangen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Wien, am 8. Mai 2008

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2006060266.X00

Im RIS seit

24.06.2008

Zuletzt aktualisiert am

14.03.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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