TE Vwgh Erkenntnis 2008/5/8 2007/06/0231

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Veröffentlicht am 08.05.2008
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
10/10 Grundrechte;
19/05 Menschenrechte;
25/02 Strafvollzug;

Norm

MRK Art10;
MRK Art8;
StGG Art10;
StGG Art10a;
StGG Art13;
StVG §20;
StVG §21 Abs1;
StVG §24 Abs2;
StVG §24 Abs3 Z3;
StVG Abschn2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des KS in K, vertreten durch Mag. Günther Katzensteiner, Rechtsanwalt in 3500 Krems, Gartenaugasse 3, gegen den Bescheid der Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Wien vom 4. Mai 2007, 2 Vk 45/07, betreffend eine Angelegenheit nach dem Strafvollzugsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer verbüßt in der Justizanstalt S eine lebenslange Freiheitsstrafe. Der frühestmögliche Zeitpunkt einer bedingten Entlassung fällt auf den 20. März 2009.

Der Beschwerdeführer stellte am 22. Februar 2007 ein Ansuchen an den Anstaltsleiter, ihm einem Internetzugang zu gewähren ("ANSUCHEN um INTERNETZUGANG! BITTE UM INTERNETZUGANGSERLAUBNIS! BEGRÜNDUNG nach § 13 Bundesverfassungsgesetz (Meinungsfreiheit u. Information) BITTE um genaue Erkenntnis"). Diesem Ansuchen wurde mit Verfügung des Anstaltsleiters vom 7. März 2007 "unter Bedachtnahme auf eine vorliegende Entscheidung des Bundesministeriums für Justiz nicht Folge gegeben".

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 13. März 2007 Beschwerde an die belangte Behörde, in welcher er wie folgt ausführte:

"Hier ein PC der Mittelklasse, von mir zusammengestellt, für welchen ich versuche, von der Justiz die Bestell- und BAUerlaubnis zu erhalten!

1.) soll ein HTSSPC ('Home Theater Sound Spiele Personal Computer') werden! (PATENT! (KST)

2.) soll ein HTSSSPC ('Home Theater Sound Spiele Sicherheit Personal Computer') sein! Pat. KST

3.) soll ein HVSPC ('Home Versicherung Sicherheits Personal Computer') sein! Patent! (KST)

2. und 3. dienen auch als Schließanlagen und 3Kreis-ALARMANLAGEN, womit die Versicherungskosten reduziert werden können, sowie die EINBRUCHSDELIKTE SINKEN!

ZUR VERNETZUNG DER VERSCHIEDENEN ORGANISATIONEN BRAUCHE ICH

INTERNETZUGANG; DA ICH WÄHREND MEINER HAFT SCHON AN DIE 1000,- Euro an Postgebühren bezahlt habe, was ich belegen kann!"

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Beschwerde keine Folge. Der angefochtene Bescheid ist nach einer Darstellung von Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes (insb. § 24) damit begründet, dass die Gewährung eines PC's in die Kompetenz des Anstaltsleiters falle und diese betreffend "Ausgabe von PC's samt Zubehör" insofern durch den Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 13. Juni 2003, GZ 44001/4 - V.3/2003, eingeschränkt sei, als die Übertragung von Daten oder der Zugang zu Datenübertragungseinrichtungen den Insassen nicht gestattet werden dürfe. Wenn der Beschwerdeführer vermeine, er werde in seinem Recht auf Informationsfreiheit eingeschränkt, wenn ihm der Zugang zum Internet nicht gewährt werde, so verkenne er, dass dem Wesen des Strafvollzuges die Abschließung des Strafgefangenen und der aus der Anhaltung in einer Anstalt folgende weitgehende Verlust der Freizügigkeit, verbunden mit dem Verbot, beliebigen Verkehrs mit Personen außerhalb der Anstalt zu haben, immanent sei, weshalb der Beschwerde ein Erfolg versagt habe bleiben müssen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, und auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet. Kostenersatz wird nicht angesprochen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Strafvollzugsgesetz, BGBl. Nr. 144/1969 (StVG), in der Fassung BGBl. I Nr. 113/2006 und BGBl. II Nr. 506/2006 anzuwenden.

Die §§ 20 und 21 StVG lauten auszugsweise:

"Zwecke des Strafvollzuges

§ 20. (1) Der Vollzug der Freiheitsstrafen soll den Verurteilten zu einer rechtschaffenen und den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepassten Lebenseinstellung verhelfen und sie abhalten, schädlichen Neigungen nachzugehen. Der Vollzug soll außerdem den Unwert des der Verurteilung zugrunde liegenden Verhaltens aufzeigen.

(2) Zur Erreichung dieser Zwecke und zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in den Anstalten zum Vollzug von Freiheitsstrafen sind die Strafgefangenen nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und der darauf gegründeten Vorschriften von der Außenwelt abzuschließen, sonstigen Beschränkungen ihrer Lebensführung zu unterwerfen und erzieherisch zu beeinflussen.

(3) ..."

"Abschließung

§ 21. (1) Die Strafgefangenen dürfen, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, die Anstalt zum Vollzug von Freiheitsstrafen bis zu ihrer Entlassung nicht verlassen, Außenarbeiten nur unter Aufsicht verrichten und mit Personen außerhalb der Anstalt nicht verkehren.

(2) ..."

§ 24 StVG lautet (vor dem 1. Jänner 2007 hieß es in Abs. 3 statt "Genehmigung der Vollzugsdirektion": "Genehmigung des Bundesministeriums für Justiz"):

"Vergünstigungen

§ 24. (1) Einem Strafgefangenen, der erkennen lässt, dass er an der Erreichung der Zwecke des Strafvollzuges mitwirkt, sind auf sein Ansuchen geeignete Vergünstigungen zu gewähren.

(2) Als Vergünstigungen dürfen nur solche Abweichungen von der in diesem Bundesgesetz bestimmten allgemeinen Art des Strafvollzuges gestattet werden, die die Zwecke dieses Vollzuges (§ 20) nicht beeinträchtigen, insbesondere solche, die die Vorbereitung des Strafgefangenen auf ein straffreies Leben in Freiheit fördern.

(3) Über die Gewährung, Beschränkung und Entziehung von Vergünstigungen hat unbeschadet der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes über das Verfahren bei Ordnungswidrigkeiten und bei Beschwerden der Anstaltsleiter zu entscheiden. Andere als die im folgenden besonders angeführten Vergünstigungen dürfen nur mit Genehmigung der Vollzugsdirektion gewährt werden:

1.

Tragen eigener Oberbekleidung;

2.

Benutzung eigener Sportgeräte und -bekleidung;

3.

Benutzung eigener Fernseh- oder Radioapparate sowie sonstiger technischer Geräte;

4.

Musizieren auf eigenen Instrumenten;

5.

längere Beleuchtung des Haftraumes (§ 40 Abs. 3 letzter Satz).

(4) Soweit ein Strafgefangener die ihm gewährten Vergünstigungen missbraucht oder sonst die Voraussetzungen, unter denen sie gewährt worden sind, nachträglich wieder wegfallen, sind die Vergünstigungen zu beschränken oder zu entziehen."

Der achte Unterabschnitt des StVG, überschrieben mit "Verkehr mit der Außenwelt", enthält auch Regelungen für den Briefverkehr, Telefongespräche und Besuche, wobei eine Kontrolle dieses Verkehrs vorgesehen ist. Die §§ 90, 94, 95 und 96a StVG lauten auszugsweise

"§ 90. (1) Von Strafgefangenen verfasste Schreiben sind vor ihrer Absendung und für Strafgefangene eingehende Schreiben vor ihrer Aushändigung im Allgemeinen nur zu überwachen, soweit dies notwendig ist, um allenfalls darin enthaltene unerlaubte Sendungen von Geld und anderen Gegenständen zurückzuhalten. Außerdem sind sie vom Anstaltsleiter oder einem von diesem hiezu bestimmten Strafvollzugsbediensteten stichprobenweise und ansonsten insoweit zu lesen, als dies mit Rücksicht auf die psychiatrische oder psychologische Betreuung des Strafgefangenen oder deswegen erforderlich ist, weil der Verdacht besteht, dass ein Schreiben nach § 90a zurückzuhalten sein werde.

(2) ..."

"(§ 94.) (4) Soweit nicht nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes eine Überwachung des Inhalts des Gespräches zwischen dem Strafgefangenen und dem Besucher zu unterbleiben hat, ist das Gespräch verständlich, in deutscher Sprache und auch sonst so zu führen, dass es leicht überwacht werden kann. ..."

"§ 95. Die Besuche sind schonend zu überwachen. Soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt wird, kann sich die Überwachung auch auf den Inhalt des zwischen dem Strafgefangenen und dem Besucher geführten Gespräches erstrecken, soll sich jedoch auf Stichproben beschränken. ..."

"§ 96a. Aus berücksichtigungswürdigen Gründen sind Strafgefangenen Telefongespräche, insbesondere mit Angehörigen, Sachwaltern und sozialen Einrichtungen sowie mit öffentlichen Stellen, Rechtsbeiständen und Betreuungsstellen (§ 90b Abs. 4 bis 6), zu ermöglichen. Der Inhalt der zwischen den Strafgefangenen und den im § 90b Abs. 4 bis 6 genannten Personen und Stellen geführten Gespräche ist nicht zu überwachen; im Übrigen kann auf eine Überwachung des Gesprächsinhalts verzichtet werden, soweit keine Bedenken bestehen. ..."

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem subjektiven Recht auf Gewährung einer Vergünstigung gemäß § 24 StVG, nämlich auf Gewährung eines sonstigen technischen Gerätes, verletzt.

Er bringt vor, er betreibe als eigenständig initiierte Resozialisierungsmaßnahme derzeit ein Kunststudium und sei diesbezüglich auch im Besitz einer Mal- und Bastlererlaubnis zur Beschaffung von Malutensilien wie Pinsel, Farbe und Leinwand. Weiters verfüge er über einen PC zur Unterstützung seines Studiums. Weshalb die Gewährung eines PC's samt Internetzugang einem Strafgefangenen nicht zu einer rechtschaffenen oder den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepassten Lebenseinstellung verhelfen oder den sonstigen Zwecken des Strafvollzuges zuwiderlaufen solle, werde von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid nicht begründet. Faktum sei nämlich, dass gerade die Vorbereitung auf die Reintegration in die Gesellschaft nach Entlassung aus dem Strafvollzug eine der Kernaufgaben des Strafvollzuges darstelle und die Benützung und Anwendung des Mediums Internet mittlerweile den Gewohnheiten des täglichen Lebens außerhalb des Strafvollzuges entspreche, weshalb eine Vorbereitung auf diese Gewohnheit geradezu typisch den Zwecken des Strafvollzuges entsprechen würde. Auch könne eine Berufung auf das Erfordernis der Abgeschlossenheit von der Außenwelt zur Verwirklichung der Zwecke des Strafvollzuges der Gewährung eines Internetzuganges nicht entgegenstehen, zumal durch technische Vorkehrungen am gewährten PC durchaus dafür Sorge getragen werden könnte, dass der Strafgefangene auf Internetseiten, welche den Zwecken des Strafvollzuges zuwiderlaufen könnten, keinen Zugriff habe. Insbesondere könnte auch "mit einfachsten Mitteln" der Informationsaustausch mit der Außenwelt mit e-mail unterbunden werden und es gebe demgemäß keinen nachvollziehbaren Grund, warum ein PC samt Internetzugang nicht ebenfalls eines der im § 24 Abs. 3 Z 3 StVG angeführten technischen Geräte darstellen könne. Weiters würde ein Internetzugang für den Beschwerdeführer auch eine Bereicherung in Bezug auf sein Kunststudium darstellen, das im Rahmen des Strafvollzuges klarerweise auf natürliche Barrieren stoße, welche durch den Internetzugang jedoch zumindest ausgedehnt werden könnten. Auch hier sei auf den eigentlichen Zweck des Strafvollzuges als Resozialisierungszeit zu verweisen. Der bezogene Erlass sei keine Rechtsnorm, die seinem Begehren entgegengestellt werden könnte.

Die Beschwerde ist begründet:

Die belangte Behörde hat zur Begründung des angefochtenen Bescheides bloß ausgeführt, dass der Anstaltsleiter bei seiner Entscheidung gemäß § 24 StVG durch einen Erlass des Bundesministers für Justiz so eingeschränkt sei, "als die Übertragung von Daten oder der Zugang zu Datenübertragungseinrichtungen den Insassen nicht gestattet werden darf". Dazu ist darauf zu verweisen, dass der bezogene Erlass des Bundesministers für Justiz vom 22. März 2002 mangels entsprechender Kundmachung als Rechtsverordnung keine Rechtsnorm darstellt und daher dem Beschwerdeführer auch nicht als Rechtsnorm entgegengehalten werden kann (vgl. die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, z.B. die hg. Erkenntnisse vom 25. Juni 2007, Zl. 2006/14/0107, zu Erlässen der Finanzverwaltung, vom 19. Dezember 2006, Zl. 2006/06/0143, zu Rundschreiben, uva).

Ansonsten besteht die Begründung des angefochtenen Bescheides in einem Hinweis auf das "Wesen des Strafvollzuges". Damit verkennt die belangte Behörde, dass dem StVG ein ausnahmsloses Verbot der Kommunikation von Strafgefangenen mit Personen oder Einrichtungen außerhalb der Anstalt weder in allgemeiner Hinsicht noch bezogen auf das Kommunikationsmittel des Internets entnommen werden kann.

Zwar besteht nämlich gemäß § 21 Abs. 1 StVG kein Verkehr von Strafgefangenen mit Personen außerhalb der Anstalt, soweit das StVG nichts anderes bestimmt. Jedoch räumt das Strafvollzugsgesetz in § 24 Abs. 3 Z 3 dem Strafgefangenen als Vergünstigung grundsätzlich ausdrücklich die Möglichkeit der Zulassung der Benutzung eigener Fernseh- oder Radioapparate sowie sonstiger technischer Geräte ein, worauf bei Vorliegen der Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle ein subjektives Recht besteht (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. Jänner 1999, Zl. 97/20/0076, und vom 2. Juni 2006, Zl. 2005/06/0345). Auch bei einem Computer, mit welchem auf das Internet zugegriffen werden kann, und bei einem in der Anstalt vorhandenen Internetzugang handelt es sich um technische Geräte im Sinne des § 24 Abs. 3 Z 3 StVG.

Nach dem zweiten Absatz des § 24 StVG darf durch eine Vergünstigung nur eine solche Abweichung von der im StVG bestimmten allgemeinen Art des Strafvollzuges (dazu gehört, dass der Strafgefangene gemäß § 21 Abs. 1 StVG, soweit im StVG nicht anderes bestimmt ist, die Anstalt nicht verlassen und mit Personen außerhalb der Anstalt nicht verkehren darf) bewirkt werden, welche die im § 20 leg. cit. umschriebenen Zwecke des Vollzuges nicht beeinträchtigt. Diese Zwecke sind in dieser Gesetzesstelle dahingehend definiert, dass dem Strafgefangenen zu einer rechtschaffenen und den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepassten Lebenseinstellung zu verhelfen und er abzuhalten ist, schädlichen Neigungen nachzugehen, außerdem soll der Vollzug den Unwert des der Verurteilung zugrunde liegenden Verhaltens aufzeigen. Es ist keine Begründung dafür ersichtlich, weshalb die Benutzung des Internets - allenfalls mit erforderlichen Beschränkungen - in jedem Falle als Beeinträchtigung der Zwecke des Strafvollzuges in diesem Sinne anzusehen und daher ausnahmslos zu verbieten wäre.

Ausdrückliche Regelungen betreffend die Verwendung des Internets durch Strafgefangene sind im StVG nicht enthalten. Jedoch ist die Kommunikation des Strafgefangenen mit Personen außerhalb der Anstalt nach dem achten Unterabschnitt des zweiten Abschnitts des StVG (§§ 86 - 100) teils auch ohne oder mit gelockerter Überwachung in Form des Briefverkehrs, mit Telefon oder in Form von Besuchen erlaubt. Diese Vorschriften sind vor dem Hintergrund des in Art. 8 EMRK gewährleisteten Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie des Briefverkehrs sowie der in Art. 13 StGG und Art. 10 EMRK normierten Freiheit zur Mitteilung und des Empfanges von Nachrichten oder Ideen anzuwenden, deren Einschränkung nur aus den in den Abs. 2 der angeführten Verfassungsbestimmungen genannten Gründen (hier insbesondere zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zur Verhinderung von strafbaren Handlungen) zulässig ist (vgl. dazu Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Auflage 2008, 202 ff, 218 ff, 260; vgl. auch die Art. 10, 10a und 13 StGG).

In Ermangelung spezifischer Regelungen betreffend die Verwendung des Kommunikationsmittels des Internets wird auch hinsichtlich der Frage, ob und mit welchen Beschränkungen im Grunde des § 24 Abs. 3 Z 3 StVG die Verwendung eines Computers mit der Möglichkeit des Internetzugangs als besondere Vergünstigung gewährt werden kann, grundsätzlich auf die Maßstäbe der §§ 86 - 99 StVG - vor dem Hintergrund der Art. 8 und 10 EMRK - abzustellen sein, und zwar jeweils je nachdem, ob es sich um dem Briefverkehr ähnliche Formen der Kommunikation (e-mails) oder um das sonstige Empfangen oder Senden von Nachrichten handelt und ob ausreichend sichere Vorkehrungen mit vertretbarem Aufwand möglich sind, einen über das zulässige Maß der Internetbenützung hinausgehenden Gebrauch (§ 24 Abs. 2 StVG) zu verhindern (vgl. z.B. durch Firewalls, Positivlisten, Negativlisten oder URL-Filter).

Zwar sieht das StVG kein ausdrückliches Recht auf Herstellung der technischen Voraussetzung für einen Zugang zum Internet vor. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde im Übrigen verkannt, dass das Ansuchen des Beschwerdeführers nicht ohne eine genauere, sachliche Beurteilung im oben dargelegten Sinn versagt werden durfte. Dabei hätte sie sich auch näher damit befassen müssen, was der Beschwerdeführer konkret anstrebte, nämlich wie der von ihm gewünschte Internetzugang erfolgen sollte, ob durch "Aufrüstung" seines Gerätes oder dadurch, dass ihm Gelegenheit gegeben wird, unter Aufsicht Daten abzurufen oder auf andere Weise.

Dadurch, dass die belangte Behörde die Beschwerde in Verkennung der Rechtslage ohne überprüfbare Begründung abgelehnt hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Das Mehrbegehren, gerichtet auf Zuspruch der Pauschalgebühr, war abzuweisen, weil eine solche infolge Bewilligung der Verfahrenshilfe nicht zu entrichten war. Wien, am 8. Mai 2008

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007060231.X00

Im RIS seit

18.06.2008

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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