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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der Hauseigentümergemeinschaft S in W, vertreten durch Dr. Werner Masser, Dr. Ernst Grossmann, Dr. Eduard Klingsbigl, Dr. Robert Lirsch und Dr. Florian Masser, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Singerstraße 27, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice vom 10. Juni 2005, Zl. 3/08114/245 5706, betreffend Beschäftigungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. Juni 2005 wurde in Erledigung der Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien-Esteplatz vom 17. Mai 2005 der Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für eine namentlich genannte Staatsbürgerin der damaligen Republik Serbien und Montenegro für die Beschäftigung als Hausbetreuerin für eine Arbeitszeit von drei Wochenstunden gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 6 AuslBG abgewiesen.
Nach Zitierung der in Anwendung gebrachten gesetzlichen Bestimmungen führte die belangte Behörde dazu begründend im Wesentlichen aus, nach der zuletzt für Juni 2005 veröffentlichten Statistik sei die für das Bundesland Wien mit der Verordnung BGBl. II Nr. 443/2004 festgesetzte Höchstzahl von 66.000 um 17,4 Prozent überschritten. Die von der beschwerdeführenden Partei beantragte Arbeitskraft zähle nicht zur begünstigt zu behandelnden Personengruppe des § 4b AuslBG, die primär in den Arbeitsmarkt zu integrieren sei. Es sei davon auszugehen, dass auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt der Hausbetreuer/innen Arbeitssuchende vorgemerkt seien, die für eine Vermittlung in Betracht kämen.
Die beschwerdeführende Partei habe ausdrücklich und ohne Angabe von rechtlich relevanten Gründen eine Zuweisung von Ersatzkräften abgelehnt. Die beschwerdeführende Partei habe vorgebracht, dass die Zuweisung von Ersatzkräften auf Grund der Anforderungen an den Arbeitnehmer und der Wohnsituation im vorliegenden Fall unmöglich wäre, weil auch die Bedürfnissituation der Hauseigentümergemeinschaft zu berücksichtigen wäre, die Schwiegermutter der beantragten Arbeitskraft wäre rund 20 Jahre Hausbesorgerin im Sinne des Hausbesorgergesetzes gewesen und die beantragte Arbeitskraft hätte seit mehreren Jahren mit ihrem Ehegatten und ihren beiden minderjährigen Kindern im Haus gewohnt. Die gesuchte Arbeitskraft müsste im Haus selbst wohnen, es wären jedoch keine weiteren Wohnungen zur Unterbringung eines neuen Hausbesorgers frei und man könnte die Familie der ehemaligen Hausbesorgerin nicht kündigen. Die Hausbesorgerarbeiten würden derzeit vom Ehegatten der gewünschten Ausländerin im Zweitberuf verrichtet, dieser benötigte jedoch spätestens mit Beginn der Wintersaison die Hilfe seiner Ehegattin. Die beantragte Arbeitskraft lebte unbestrittenermaßen schon eineinhalb Jahre in Österreich, wäre hier integriert und aufenthaltsverfestigt.
Die belangte Behörde führte aus, dass die Zuweisung von Ersatzarbeitskräften nicht unmöglich sei. Dem von der Beschwerdeführerin aufgestellten Anforderungsprofil der Position einer die Hausbetreuung durchführenden Arbeitskraft, die wöchentlich drei Stunden tätig sei, könne die beantragte Arbeitskraft nicht gerecht werden, die Tätigkeit der allfälligen Betreuung älterer Personen, der Entgegennahme von Paketen und der Reduzierung des Einbruchsrisikos durch ihre Anwesenheit im Haus falle nicht in das Anforderungsprofil einer Hausbetreuerin. Die Betreuung der Heizungsanlage werde erfahrungsgemäß durch Professionisten wahrgenommen. Es sei nicht zu erblicken, weshalb eine Fremdreinigung des Hauses ausgeschlossen sein sollte. Der erstmaligen Zulassung der beantragten Arbeitskraft zum österreichischen Arbeitsmarkt als Hausbetreuerin bei einer geringfügigen Beschäftigung von drei Stunden pro Woche mit einer Entlohnung von EUR 8,02 pro Stunde stünden im Hinblick auf das daraus zu erzielende minimale Einkommen, wodurch nur eine marginale finanzielle Verbesserung der Einkommenssituation der Familie erzielt werden könne und nicht annähernd die Kosten des Lebensunterhaltes abgedeckt werden könnten, und wodurch auch keine integrationspolitische Maßnahme erfolge, öffentliche Interessen entgegen.
Die von der Beschwerdeführerin gewünschte Arbeitskraft erfülle auch keine der im § 4 Abs. 6 Z 2 bis 6 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) genannten Tatbestände. Sie weise keine fortgeschrittene Integration auf, weil sie sich erst durch eine ihr vom 31. Dezember 2004 bis zum 16. Juli 2005 erteilte Niederlassungsbewilligung mit dem Zweck der Familiengemeinschaft durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet befinde. Sohin sei auch das Erfordernis des § 4 Abs. 6 Z 2 AuslBG nicht erfüllt. Auch ein anderer Grund des § 4 Abs. 6 leg. cit. sei nicht gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Bescheides sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 28/2004, lauten:
"§ 4. (1) Die Beschäftigungsbewilligung ist, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
...
(6) Nach Überschreitung festgelegter Landeshöchstzahlen gemäß
§ 13 dürfen weitere Beschäftigungsbewilligungen nur dann erteilt
werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 bis 3 vorliegen und
1. der Regionalbeirat die Erteilung der
Beschäftigungsbewilligung einhellig befürwortet oder
2. die Beschäftigung des Ausländers im Hinblick auf
seine fortgeschrittene Integration geboten erscheint oder
3. die Beschäftigung im Rahmen eines Kontingents gemäß
§ 5 ausgeübt werden soll oder
4. der Ausländer die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5
erfüllt oder
4a. der Ausländer Ehegatte oder Kind einer
Schlüsselkraft gemäß § 2 Abs. 5 ist oder
5. die Beschäftigung auf Grund einer
zwischenstaatlichen Vereinbarung ausgeübt werden soll oder
6. der Ausländer einer Personengruppe angehört, die
auch nach Überziehung der Bundeshöchstzahl zu einer Beschäftigung zugelassen werden darf (§ 12a Abs. 2).
...
Prüfung der Arbeitsmarktlage
§ 4b. (1) Die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes (§ 4 Abs. 1) lässt die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zu, wenn für die vom beantragten Ausländer zu besetzende offene Stelle weder ein Inländer noch ein am Arbeitsmarkt verfügbarer Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, die beantragte Beschäftigung zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen auszuüben. Unter den verfügbaren Ausländern sind jene mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, Inhaber einer Arbeitserlaubnis, eines Befreiungsscheines oder eines Niederlassungsnachweises sowie EWR-Bürger (§ 2 Abs. 6) und türkische Assoziationsarbeitnehmer zu bevorzugen. Der Prüfung ist das im Antrag auf Beschäftigungsbewilligung angegebene Anforderungsprofil, das in den betrieblichen Notwendigkeiten eine Deckung finden muss, zu Grunde zu legen. Den Nachweis über die zur Ausübung der Beschäftigung erforderliche Ausbildung oder sonstige besondere Qualifikationen hat der Arbeitgeber zu erbringen."
In § 4b Abs. 1 AuslBG wird näher definiert, wann "die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes" im Sinne des § 4 Abs. 1 AuslBG die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zulässt. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2002, Zl. 99/09/0093, m. w. N.), bezweckt diese Bestimmung einen Vorrang von Inländern und ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmern bei der Arbeitsvermittlung. Diesem Zweck würde es widersprechen, wenn entgegen der allgemeinen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen wäre, weil z.B. der einzelne (ausländische) Arbeitnehmer einen - aus welchen Gründen auch immer - zu seiner Einstellung bereiten Arbeitgeber gefunden hat. Mit Hilfe dieser Bestimmung soll in rechtsstaatlichen Grenzen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen die Möglichkeit für einen lenkenden Einfluss auf die Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet gewährleistet sein. Die Prüfung der Arbeitsmarktlage erübrigt sich indes dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft begründungslos abgelehnt wird. Das AuslBG eröffnet dem Arbeitgeber grundsätzlich keinen Anspruch auf Erteilung der Bewilligung für den individuell von ihm gewünschten Ausländer, solange die Möglichkeit einer Ersatzkraftstellung aus gegenüber diesem gemäß § 4b AuslBG bevorzugt zu behandelnden Arbeitskräften besteht (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2007, Zl. 2004/09/0012).
Die Beschwerdeführerin macht gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen geltend, dass die belangte Behörde darin das von der beschwerdeführenden Partei definierte Anforderungsprofil an die beantragte Arbeitskraft unrichtig dargestellt und uminterpretiert habe, insbesondere im Hinblick darauf, dass diese im Haus wohnen und ähnlich wie eine traditionelle Hausbesorgerin tätig werden solle. Die beschwerdeführende Partei bestreitet die Feststellung der belangten Behörde aber nicht, dass sie in ihrem Antrag ausdrücklich die Vermittlung von Ersatzkräften mit dem Hinweis darauf abgelehnt hat, dass die beantragte Arbeitskraft bereits im Haus wohne, was zur ordnungsgemäßen Erbringung der Leistungen unerlässlich sei u.a. wegen der laufend notwendigen Heizungsanlagenbetreuung und weil sie die Ehefrau des derzeit beschäftigten Hausbetreuers sei und Wohnungen im Haus derzeit nicht zur Verfügung stünden.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin einerseits insofern eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil es im Verfahren über einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung grundsätzlich Sache des Beschäftigers ist, das Anforderungsprofil hinsichtlich des zu besetzenden Arbeitsplatzes und der konkreten von der Arbeitskraft zu leistenden Tätigkeiten auf abstrakte Weise festzulegen. Der Beschäftiger hat zwar nach § 4a Abs. 1 letzter Satz AuslBG den Nachweis über die zur Ausübung der Beschäftigung erforderliche Ausbildung oder sonstige besondere Qualifikationen der gewünschten Arbeitskraft zu erbringen. Die belangte Behörde ist in diesem Rahmen aber grundsätzlich an das von der antragstellenden Partei formulierte Anforderungsprofil gebunden.
Auch die - durchaus von der Antragstellerin festzulegenden - Besonderheiten des Arbeitsplatzes und damit auch der an eine Ersatzkraft gestellten besonderen Anforderungen entbindet aber anderseits die antragstellende Partei nicht von ihrer Obliegenheit, an einem Ersatzkraftstellungsverfahren im Sinne des § 4b Abs. 1 AuslBG teilzunehmen. Auch im vorliegenden Fall sind daher - wie der Verwaltungsgerichtshof in vergleichbaren Fällen wiederholt dargelegt hat - keine Feststellungen darüber zu treffen, zu welchem Ergebnis ein Ersatzkraftstellungsverfahren - hätte die Beschwerdeführerin ein solches zugelassen - tatsächlich geführt hätte. Es konnte auch im vorliegenden Fall nicht von vorneherein ausgeschlossen werden, dass der beschwerdeführenden Partei auf diese Weise eine in den österreichischen Arbeitsmarkt integrierte - etwa in der Nachbarschaft wohnende - Arbeitskraft vermittelt hätte werden können. Hat der antragstellende Arbeitgeber offensichtlich nur an der Einstellung eines(r) bestimmten Ausländers(in) - wie im Beschwerdefall - Interesse und lehnt deshalb die Stellung von Ersatzkräften ab, so hindert dies die Behörde, konkrete Feststellungen über das Vorhandensein entsprechender Ersatzkräfte zu treffen (vgl. zum Ganzen die hg. Erkenntnisse vom 20. November 2001, Zl. 99/09/0242, vom 28. Februar 2002, Zl. 99/09/0039, und vom 24. Mai 2007, Zl. 2004/09/0012, m.w.N.).
Es war somit nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG verneint hat und demnach zu dem Ergebnis gelangte, dass die beantragte Beschäftigungsbewilligung nicht zu erteilen ist, und es war nicht weiter zu beurteilen, ob die belangte Behörde zu Recht auch das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG verneint hat.
Nach dem Gesagten war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 15. Mai 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2005090106.X00Im RIS seit
10.07.2008Zuletzt aktualisiert am
21.10.2011