TE Vwgh Erkenntnis 2008/5/20 2007/12/0119

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Veröffentlicht am 20.05.2008
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
64/03 Landeslehrer;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
LDG 1984 §12 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §42 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des H in N, vertreten durch Mag. Klaus Hehenberger, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Maria-Theresia-Straße 53, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 20. Juni 2007, Zl. Bi- 010369/13-2007-Zei, betreffend Versetzung in den Ruhestand nach § 12 LDG 1984, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahre 1952 geborene Beschwerdeführer stand bis zu seiner mit dem angefochtenen Bescheid mit Ablauf des 30. Juni 2007 verfügten Versetzung in den Ruhestand als Hauptschuloberlehrer in einem (aktiven) öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Oberösterreich. Er hatte zuletzt an der Polytechnischen Schule Grieskirchen unterrichtet.

Zur Darstellung des bisherigen Verfahrensgeschehens wird auf das in dieser Sache ergangene hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2007, Zl. 2006/12/0035, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde vom 17. Jänner 2006, mit dem die Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers im Instanzenzug mit Ablauf des 31. Jänner 2006 verfügt worden war, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf und führte hiezu tragend aus:

"Die belangte Behörde stützt die besagte Annahme einer psychischen Störung des Beschwerdeführers auf die Aussage des Sachverständigen Dr. H. in seinem Gutachten vom 5. November 2005, der - aufbauend auf seinem Gutachten vom 24. Mai 2005, in dessen Befund er u.a. Ergebnisse des eingangs wiedergegebenen Disziplinarverfahrens wiedergab - offenbar auch die dort gegenständlichen Sachverhalte seinem Befund und damit seinem Gutachten zu Grunde legte. In diesem Zusammenhang ist allerdings festzuhalten, dass die Disziplinarbehörde zweiter Instanz von einer, wenn auch verminderten, Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers hinsichtlich der ihm angelasteten disziplinären Verhaltensweisen ausging, somit von einem willensgetragenen Verhalten des Beschwerdeführers, was der Annahme von Verhaltensdefiziten, die nicht vom Willen des Beschwerdeführers getragen sind, grundsätzlich entgegen steht. Auch ist den von der belangten Behörde zu Grunde gelegten Gutachten nicht zu entnehmen, dass von einem progressiven Verlauf der Beeinträchtigung des Beschwerdeführers auszugehen wäre, die letztlich in einer willentlich nicht mehr beherrschbaren psychischen Störung münden würde.

Schließlich entbehren die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen über die in Hinkunft zu erwartenden Verhaltensdefizite des Beschwerdeführers in ihrer abstrakten Umschreibung einer hinreichenden Deutlichkeit, um anhand dessen im Sinne der eingangs wiedergegebenen Rechtsprechung die Auswirkung auf die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben eines Lehrers beurteilen zu können. Auch die belangte Behörde geht in ihrem Bescheid offensichtlich nicht davon aus, dass sich das von ihr angenommene Defizit in der Person des Beschwerdeführers in einer (objektiven) Wiederholung der ihm angelasteten dienstrechtlichen Verfehlungen manifestieren würde.

Die Rechtsfrage, ob eine dauernde Dienstunfähigkeit vorliegt oder nicht, hat letztlich nicht der ärztliche Sachverständige, sondern die Dienstbehörde auf Grund nachvollziehbar begründeter Sachverhaltsfeststellungen zu beantworten.

Die belangte Behörde belastete damit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Für das fortzusetzende Verfahren sei abschließend festgehalten, dass im Rahmen des Verweisungsaspektes nach § 12 Abs. 3 LDG 1984 auf die beschränkten Einsatzmöglichkeiten der Landeslehrer im Sinn der §§ 19 ff LDG 1984 Bedacht zu nehmen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. November 1994, Zl. 94/12/0158; siehe auch das zur vergleichbaren Rechtslage im Fall eines Bundeslehrers ergangene hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1999, Zl. 98/12/0397, sowie das zu einem Landeslehrer ergangene hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2001, Zl. 2000/12/0211)."

Mit Erledigung vom 27. März 2007 ersuchte die belangte Behörde den schon im ersten Verfahrensgang als Amtssachverständigen beigezogenen Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, Dr. H., unter Bedachtnahme auf das zitierte Erkenntnis vom 31. Jänner 2007 sowie auf das Vorbringen des Beschwerdeführers in dessen Berufung, unter Wiedergabe des § 12 Abs. 3 LDG 1984 und unter Hinweis auf die Umschreibung der dienstlichen Aufgaben bzw. lehramtlichen Pflichten des Landeslehrers in § 31 LDG 1984 um Erstellung eines Gutachtens zur Beurteilung, ob beim Beschwerdeführer eine dauernde Dienstunfähigkeit vorliege.

Dr. H. führte in seinem Gutachten vom 10. Mai 2007 aus:

"...

Folgende Unterlagen liegen vor:

-

Verfahrensakt des Landesschulrates für O.Ö.

-

Verfahrensakt der belangten Behörde

-

Psychiatrisches Gutachten vom 24.05.2005

-

ergänzendes Gutachten vom 05.11.2005

-

klinisch-psychologischer Befund von Herrn Dr. H. M. vom 10.06.2005

Zur Prognose:

Wie schon im Gutachten vom 24.05.2005 und im Ergänzungsgutachten vom 05.11.2005 ausgeführt liegt eine kombinierte narzisstische und histrionische Persönlichkeitsstörung vor, die als habituelle Charaktereigenschaft zu bewerten ist. Im Ergänzungsgutachten vom 05.11.2005 habe ich zur Prognose bereits ausgeführt, dass bei einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung die Fähigkeit zur Selbstkritik in der Regel eingeschränkt ist. Durch den pathologischen Selbstbezug ist nicht zu erwarten, dass es im Fall einer Konfrontation mit Sichtweisen, die von der eigenen Meinung abweichen, zu Reflexionsprozessen und Anpassungsleistungen kommt. Ganz im Gegenteil werden im Konfliktfall andere Meinungen in der Regel als Angriff erlebt. Eine fruchtbare und zielführende Auseinandersetzung und eine Konfliktlösung bleiben daher in der Regel aus. Eine spontane Verhaltens- und Einstellungsänderung ist daher nicht zu erwarten.

Zur Behandelbarkeit: Durch psychopharmakologische Methoden ist die Störung nicht beeinflussbar. Durch psychotherapeutische Verfahren ist kaum eine Veränderung der narzisstischen Persönlichkeitsstruktur zu erwarten. Die Beziehungsdynamik in psychotherapeutischen Beziehungen ist nicht grundsätzlich anders wie oben beschrieben. Es ist daher auch bei langfristigen Therapien meist keine relevante Besserung zu erreichen.

Im Fall vom Beschwerdeführer entspricht die Beziehungsdynamik typisch dem Muster, das im Fall einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung zu erwarten ist bzw. ist diese Beziehungsstörung besonders akzentuiert. Eine relevante Änderung der narzisstischen und histrionischen Persönlichkeitsstörung bzw. der habituellen Charaktereigenschaften ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Daher ist auch die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen.

Ein progressiver Verlauf der Störung - wie im Erkenntnis des VwGH formuliert - ist zwar nicht zu erwarten. Es ist aber zu erwarten, dass sich jene problematischen Verhaltensweisen, wie in der Vorgeschichte, wiederholen. Zu den im Disziplinarakt im Detail beschriebenen Vorwürfen kam es ja, obwohl der Beschwerdeführer schon vor Jahren in ähnliche Schwierigkeiten verwickelt war und er 'extrem aufgepasst habe, dass er niemanden berührt' (Zitat aus meinem Gespräch mit dem Beschwerdeführer vom 24.05.2005). Es ist daher sehr unwahrscheinlich, dass bei Weiterbestehen der Persönlichkeitsstörung der Beschwerdeführer in der Lage sein wird, die Auswirkungen dieser Persönlichkeitsstörung willentlich zu beherrschen.

Zu den Auswirkungen der narzisstisch-histrionischen Persönlichkeitsstörung auf die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben als Lehrer:

Wie schon oben beschrieben sind die Auswirkungen in erster Linie im zwischenmenschlichen Bereich zu erwarten, sowohl im Kontakt mit Schülern als auch im Kontakt mit Kollegen und Vorgesetzten. Die im Disziplinarakt aufgelisteten Vorfälle sind typische Auswirkungen der oben genannten Persönlichkeitsstörung, die sich in erster Linie in distanzlosem und grenzüberschreitendem Verhalten gegenüber Schülerinnen zeigen:

-

zweideutige Signale über email, in Chatrooms, wie am 14./15.06.2004

-

er nennt Schülerinnen 'Kekserl'

-

er erkundigt sich nach deren privaten Beziehungen

-

Einladungen zu einem Besuch des Freibades

-

Einladungen zu Motorradfahrten, gemeinsamen Ausflügen. Der Beschwerdeführer rechtfertigt sich, er habe Schülerinnen aufs Motorrad setzten lassen, um sie zu pflanzen.

Auch wenn diese grenzüberschreitenden Verhaltensweisen Ausdruck des Bestrebens des Beschwerdeführers sind, als lässiger Lehrer einen lockeren Umgang mit Schülern und Schülerinnen zu pflegen, ändert das nichts an den schädlichen Auswirkungen dieses Verhaltens auf Schüler und Schülerinnen. Er begibt sich durch sein Verhalten in Situationen, die von Schülerinnen als Übergriffe einer Autoritätsperson erlebt werden und die Schülerinnen emotionalen Schaden zufügen können.

Dadurch dass der Beschwerdeführer von seiner besonderen fachlichen Eignung überzeugt ist, seine Lehrerkollegen als minder qualifiziert wahrnimmt, sind auch im Kontakt mit Kollegen und Vorgesetzten weitere Konflikte vorprogrammiert. Neben dem erhöhten Konfliktpotenzial an sich ist zu erwarten, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage ist, zur Lösung auftretender Konflikte konstruktive Beiträge zu leisten."

Mit Erledigung vom 16. Mai 2007 übermittelte die belangte Behörde das Gutachten Dris. H. unter Einräumung der Möglichkeit, hiezu binnen zwei Wochen ab Zustellung schriftlich Stellung zu nehmen, an den Beschwerdeführer persönlich. Diese Sendung wurde vom Beschwerdeführer an seinem Wohnort am 21. Mai 2007 übernommen.

In seiner Eingabe vom 1. Juni 2007 stellte der nunmehr durch Rechtsanwalt Mag. Hehenberger rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer den Antrag auf Verlängerung der Frist um weitere vier Wochen, weil er medizinisch nicht vorgebildet sei und daher die Richtigkeit des Gutachtens Dris. H. aus eigenem Nichtüberprüfen nicht entkräften könne. Er sei auf fremde fachliche Hilfe angewiesen und habe sich bereits an einen Sachverständigen zur Klärung offener Fragen in Bezug auf dieses Gutachten gewandt. Auf Grund der Kürze der vorgegebenen Frist zur Stellungnahme sei jedoch eine abschließende Beurteilung und Auswertung noch nicht möglich. Zur Stellungnahme unter Zuhilfenahme eines Privatgutachters zu Ermittlungsergebnissen, denen nur in dieser Weise wirksam entgegen getreten werden könnte, sei von der Behörde eine angemessene Frist zu gewähren.

Mit ihrer - an den nunmehrigen Rechtsfreund gerichteten - Erledigung vom 5. Juni 2007 "gewährte" die belangte Behörde in teilweiser Entsprechung des Antrages vom 1. Juni 2007 eine Fristverlängerung um zwei Wochen, "sohin bis 18. Juni 2007". Dazu halte sie fest, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes etwa ein Monat als angemessene Frist zur Stellungnahme unter Zuhilfenahme eines Privatgutachtens zu Ermittlungsergebnissen angesehen werde.

In seiner Eingabe vom 18. Juni 2007, an diesem Tag auch im Wege der Telekopie an die belangte Behörde übermittelt, nahm der Beschwerdeführer dahingehend Stellung, er habe sich an einen Sachverständigen zur Klärung und Überprüfung des Ergänzungsgutachtens vom 10. Mai 2007 gewandt. Das entsprechende Gutachten liege noch nicht vor, sei jedoch in den nächsten Tagen, jedenfalls aber bis Ende Juni 2007 zu erwarten. Er werde dieses Gutachten unverzüglich nach Erhalt nachreichen. Zu den Ausführungen des Sachverständigen vom 10. Mai 2007 sei festzuhalten, dass sich dieser auf historische Erhebungen aus dem Jahr 2005 beziehe, ohne neuerliche Untersuchungen durchzuführen und ohne auf die vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten Gutachten Dris. L. vom 30. September und 10. Oktober 2005 einzugehen. Der Sachverständige Dr. H. treffe Prognosen und stütze sich dabei auf Gutachten vom 24. Mai und 5. November 2005, ohne zwischenzeitig die Gelegenheit zu nutzen, durch eigene Erhebungen an der Person des Beschwerdeführers die Persönlichkeitsentwicklung der letzten beiden Jahre festzustellen. Nur daraus wäre gerechtfertigt, eine Fachmeinung zum momentanen Status festzuhalten. Es wäre dem Sachverständigen ein Leichtes gewesen, den Beschwerdeführer vorzuladen und neuerliche Untersuchungen vorzunehmen, um dann im Vergleich zu den Gutachten aus dem Jahr 2005 Rückschlüsse zu ziehen und Entwicklungsstadien detailliert zu beschreiben. Der Sachverständige gehe auch in keiner Weise auf die bereits vorliegenden, vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten Dris. L. ein. Der Beschwerdeführer werde das von ihm zum aktuellen Status in Auftrag gegebene Gutachten unverzüglich nach Erhalt nachreichen und wiederhole daher seinen Antrag auf Fristerstreckung bis 2. Juli 2007.

Mit dem angefochtenen, am 22. Juni 2007 erlassenen Ersatzbescheid wies die belangte Behörde die Berufung vom 7. Dezember 2005 ab und bestätigte den Erstbescheid mit der Maßgabe, dass die Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand mit Ablauf des 30. Juni 2007 wirksam werde. Begründend führte die belangte Behörde unter Darstellung des Verfahrensganges, insbesondere unter Wiedergabe des Gutachtens vom 10. Mai 2007 in rechtlicher Hinsicht aus:

"Dieses psychiatrische Gutachten vom 10. Mai 2007 wird von der Berufungsbehörde auf Grund der darin enthaltenen widerspruchsfreien Ausführungen als entsprechend begründet und schlüssig erachtet und konnte sohin dem Entscheidungsinhalt zu Grunde gelegt werden.

Nach Ansicht der Berufungsbehörde hat sich Dr. H. in diesem Gutachten sehr ausführlich mit Ihrem Gesundheitszustand und der Frage, ob Sie zur Ausübung des Lehrberufes in medizinischer Hinsicht noch in der Lage sind, auseinandergesetzt.

Im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Jänner 2007 ist er dabei auch auf den progressiven Verlauf Ihrer Beeinträchtigungen und die in Hinkunft zu erwartenden Verhaltensdefizite eingegangen und hat die Auswirkungen auf die Erfüllung Ihrer dienstlichen Aufgaben als Lehrer dargestellt.

...

Auf Grund der medizinisch erhobenen Befunde gelangt auch die Berufungsbehörde zur Auffassung, dass die bei Ihnen vorliegende Persönlichkeitsstörung derart ausgeprägt ist, dass Sie zur Erfüllung Ihrer dienstlichen Aufgaben als Lehrer nicht mehr fähig sind. Dies vor allem deshalb, da die Auswirkungen auf zwischenmenschlichen Beziehungen und somit auf den Unterrichts- und Lehrbetrieb gegeben sind.

Bei Würdigung der in medizinischer Hinsicht vorhandenen Beweismittel gelangt die Berufungsbehörde in Übereinstimmung mit der Erstbehörde zur Ansicht, dass bei Ihnen auf Grund ihres Gesundheitszustandes dauerhafte Dienstunfähigkeit vorliegt, da laut psychiatrischem Gutachten eine Änderung der Einstellungen und Ihres Verhaltens nicht zu erwarten und damit die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit unwahrscheinlich ist.

Dazu kommt, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Schluss auf Dienstunfähigkeit, gerade was habituelle Charaktereigenschaften betrifft, nicht nur auf Grund ärztlicher Feststellungen zulässig ist. Ihr Verhalten beim Landesschulrat - auch wenn Sie in Ihrer Berufung nun völlig unglaubwürdig behaupten, dass von Ihnen verlangt wurde sich auf die Knie zu werfen - sowie die Ausführungen in den Erkenntnissen der Disziplinarkommissionen lassen ebenfalls den Schluss auf das Vorliegen einer dauernden Dienstunfähigkeit zu.

Zu Ihrem Antrag vom 1. Juni 2007 auf Fristverlängerung zur Wahrung des Parteiengehörs sei bemerkt, dass dem die Berufungsbehörde mit Schreiben vom 5. Juni 2007 insofern Rechnung getragen hat, als Ihnen eine Fristverlängerung um weitere zwei Wochen gewährt wurde.

Ihr neuerliches Ansuchen vom 18. Juni 2007 um weitere Fristerstreckung bis 2. Juli 2007 blieb hingegen unberücksichtigt, da nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes etwa ein Monat als angemessene Frist zur Stellungnahme unter Zuhilfenahme eines Privatgutachtens zu Ermittlungsergebnissen angesehen wird und die Ihnen gewährte Stellungnahmefrist bereits insgesamt vier Wochen umfasst hat. Im Übrigen liegt die Vermutung nahe, dass mit Ihrem neuerlichen Ansuchen um Fristerstreckung eher eine Verzögerungstaktik verfolgt wird, um die im § 12 Abs. 7 LDG 1984 normierte dienstrechtliche Regelung weitestgehend ausschöpfen zu können.

Zu Ihrem inhaltlichen Vorbringen in Ihrer Stellungnahme vom 18. Juni 2007 sei bemerkt, dass sich Dr. H. bereits in seinem Gutachten vom 5. November 2005 eingehend mit den von Ihnen vorgelegten Gutachten des Univ. Prof. Dr. W. L. auseinander gesetzt hat und sich daher ein neuerliches Eingehen in seinem Ergänzungsgutachten vom 10. Mai 2007 erübrigt. Zu Ihrem erhobenen Vorwurf, dass Dr. H. keine neuerliche Untersuchung durchgeführt hat, sei bemerkt, dass Dr. H. in seinem Gutachten vom 10. Mai 2007 glaubwürdig dargelegt hat, dass durch psychopharmakologische Methoden und durch psychotherapeutische Verfahren eine Veränderung der narzisstischen Persönlichkeitsstruktur nicht zu erwarten ist und daher auch bei langfristigen Therapien keine relevante Besserung erreicht werden kann.

Unter Bezugnahme auf Ihre Verhaltensmuster wird sodann ausgeführt, dass eine relevante Änderung der narzisstischen und histrionischen Persönlichkeitsstörung bzw. der habituellen Charaktereigenschaften mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist.

Dazu kommt, dass Sie nicht erst ab Ihrer mit Bescheid des Landesschulrates vom 22. November 2005 mit Ablauf des 31. Dezember 2005 ausgesprochenen Ruhestandsversetzung, sondern bereits seit dem Schuljahr 2004/2005 infolge von Suspendierungen und Krankenstand nicht mehr als Lehrer unterrichtet haben und daher die vom Verwaltungsgerichtshof geforderten Feststellungen über die Auswirkungen Ihres Gesundheitszustandes auf den Lehrberuf ohnedies nur auf Grund der Vorkommnisse bis zum Ende des Unterrichtsjahres 2003/2004 möglich sind.

Auf Grund dessen erübrigte sich daher auch eine neuerliche Untersuchung.

Im Übrigen sind nach Ansicht der Berufungsbehörde sämtliche medizinisch zu beurteilende Tatsachen hinreichend geklärt, ohne noch weitere Beweismittel zu den bereits zahlreich vorhandenen medizinischen Gutachten einholen zu müssen.

...

In seinem Erkenntnis vom 31. Jänner 2007 hat der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich auf die beschränkten Einsatzmöglichkeiten der Landeslehrer im Rahmen des Verweisungspaketes und seine dazu ergangene einschlägige Judikatur hingewiesen.

Demnach sind nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Grenzen der Verweisungsmöglichkeiten nach § 12 Abs. 3 LDG 1984 durch die Ernennung festgelegt. Für einen Lehrer bedeutet dies, dass eine nicht in der Ausübung des Lehramtes bestehende Verwendung als ein möglicher gleichwertiger Arbeitsplatz im Sinne des § 12 Abs. 3 LDG 1984 von Vornherein ausscheidet. Die Behörde, die davon ausgeht, dass der Lehrer nicht in der Lage sei, den gesetzlichen Anforderungen für die Ausübung des Lehrberufes zu entsprechen, ist auch nicht gehalten zu prüfen, ob dem Lehrer allenfalls ein anderer gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen hätte werden können ...

In Übereinstimmung mit den Ausführungen des für den Personaleinsatz der Pflichtschullehrer zuständigen Landesschulrates für Oberösterreich gelangt auch die Berufungsbehörde auf Grund der vorliegenden ärztlichen Gutachten zur Erkenntnis, dass Ihnen kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, der sich von der Aufgabenstellung her mit Ihrer körperlichen und geistigen Verfassung vereinbaren ließe.

Im Grunde der Bestimmung des § 12 Abs. 6 des LDG 1984 war Ihre Versetzung in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit mit Ablauf des Monates, in dem der Bescheid rechtskräftig wird, auszusprechen.

Auf Grund der gegebenen Sach- und Rechtslage war daher wie im Spruch zu entscheiden."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht verletzt, nicht ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 LDG 1984, in den Ruhestand versetzt zu werden.

Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit erblickt der Beschwerdeführer zusammengefasst darin, die belangte Behörde überschreite in der angefochtenen Ruhestandsversetzung ihren Ermessensspielraum, weil die dauernde Dienstunfähigkeit objektiv festzustellen und zu begründen sei. Allein der Umstand, dass die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit "unwahrscheinlich" wäre, reiche für eine ordnungsgemäße Manifestierung der herangezogenen Gesetzesstelle nicht aus. Auch die Prüfung der Frage, ob die Zuweisung eines mindestens gleichwertigen Arbeitsplatzes möglich sei, unterliege nicht dem freien Ermessen der Behörde, sondern sei nach objektiven Kriterien zu überprüfen und darzulegen. Die bloße Verweisung auf Entscheidungen sei nicht zulässig. Zur Argumentation, dass über die Auswirkungen des Gesundheitszustandes auf den Lehrberuf nur auf Grund der Vorkommnisse bis zum Ende des Unterrichtsjahres 2003/2004 zur Befundung habe zurückgegriffen werden können, sei auszuführen, dass die Dienstunfähigkeit zum momentanen Zeitpunkt zu überprüfen sei und nicht zu einem Zeitpunkt, der mehrere Jahre zurückliege. Die Behörde hätte jedenfalls Argumente dafür anbieten müssen, warum ein Verweisungstatbestand nicht vorliege.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrenvorschriften wiederholt der Beschwerdeführer vorerst seine Bedenken dagegen, die belangte Behörde stütze die Begründung des angefochtenen Bescheides auf von ihr eingeholte Gutachten, welche großteils knapp oder mehr als zwei Jahre zurücklägen, ohne zwischenzeitige Erhebungen, Untersuchungen und Befunde einzuholen.

Weiters bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe ihm mit Schreiben vom 16. Mai 2007, bei ihm eingelangt am

              21.              d.M., das Gutachten Dris. H. vom 10. d.M. zugestellt. Die von der belangten Behörde gewährte ursprüngliche Frist von zwei Wochen und die in weiterer Folge verlängerte Frist von vier Wochen sei zu kurz gewesen, um auf das Ergänzungsgutachten Dris. H. in entsprechender Weise entgegnen zu können. Allein der Umstand, dass der Beschwerdeführer der Behörde bereits bekannt gegeben hätte, ein Privatgutachten wäre in Auftrag gegeben und in Bearbeitung, läge jedoch noch nicht vor und wäre in Kürze zu erwarten, hätte die belangte Behörde dazu veranlassen müssen, in Wahrung des Parteiengehörs die begehrte Fristverlängerung zu gewähren.

Die belangte Behörde nimmt in ihrer Gegenschrift zum Vorwurf der Verletzung des Parteiengehörs dahingehend Stellung, es handle sich bei einer von der Behörde einzuräumenden Frist zur Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs um keine gesetzlich festgelegte Frist. Im Übrigen sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben der belangten Behörde vom 5. Juni 2007 im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine entsprechende Fristverlängerung gewährt worden, und damit dem Erfordernis einer angemessenen Frist zur Stellungnahme unter Zuhilfenahme eines Privatgutachtens zu Ermittlungsergebnissen sprechen zu können.

Nach dem gemäß § 1 Abs. 1 DVG anwendbaren § 45 Abs. 3 AVG ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.

Die Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 45 Abs. 3 AVG erfordert die Gestaltung des Vorganges in einer Weise, die der Partei nicht nur die Bedeutung zum Bewusstsein bringt, sondern ihr auch die Möglichkeit der Überlegung und entsprechenden Formulierung einräumt. Das Recht der Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme kann auch in der Art ausgeübt werden, dass sich die Partei eines Privatsachverständigen zwecks Stellungnahme bedient. Ein solches Recht muss der Partei dann zustehen, wenn es sich nicht um die Stellungnahme zu einem Beweisergebnis handelt, dessen Beurteilung jedermann möglich ist, sondern um die Stellungnahme zu einem sachverständigen Gutachten, dem nur in der Weise wirksam entgegen getreten werden kann, dass sich auch die Partei einer sachkundigen Person bedient. Zur Stellungnahme unter Zuhilfenahme eines Privatgutachters zu Ermittlungsergebnissen, denen nur in dieser Weise wirksam entgegen getreten werden könnte, ist von der Behörde eine den Umständen nach angemessener Frist zu gewähren (vgl. etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, unter E 479 ff zu § 45 AVG wiedergegebene Rechtsprechung).

Die belangte Behörde erachtete eine Frist zur Stellungnahme nach § 45 Abs. 3 AVG in der Dauer von vier Wochen als der Sache angemessen und legte, ausgehend von einer Zustellung des Gutachtens Dris. H. vom 10. Mai 2007 am 21. d.M., ihrer Entscheidung ein Ende der Frist zur Stellungnahme am 18. Juni 2007 zu Grunde.

Hiebei übersah sie allerdings, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren betreffend die Ruhestandsversetzung bereits mit seinem Schriftsatz vom 5. August 2005 seine Vertretung durch Dr. Gernot Kusatz, Rechtsanwalt in 4600 Wels, angezeigt hatte. Durch das Erkenntnis vom 31. Jänner 2007 trat das Verwaltungsverfahren nach § 42 Abs. 3 VwGG in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung des Bescheides der belangte Behörde vom 17. Jänner 2006 befunden hatte. Die vom Beschwerdeführer gegenüber Dr. Kusatz erteilte Vollmacht für das Ruhestandsversetzungsverfahren, die von ihrer Dauer her nicht beschränkt war, entfaltete daher auch für das fortgesetzte Ruhestandsversetzungsverfahren seine Bedeutung insbesondere dahingehend, dass sich die Behörde an den Vertreter zu wenden hatte, also alle Verfahrensakte mit Wirkung für die Partei diesem gegenüber zu setzen hatte, insbesondere - bei sonstiger Unwirksamkeit - auch Sendungen an den nach wie vor Bevollmächtigten zuzustellen hatte.

Davon ausgehend konnte jedoch die Zusendung des Gutachtens Dris. H. vom 10. Mai 2007 am 21. Mai d.J. direkt an den Beschwerdeführer nicht die Wirkung entfalten, dass diesem damit im Sinn des § 45 Abs. 3 AVG Gelegenheit gegeben wurde, vom Ergebnis der in Rede stehenden Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen. Damit entbehrt die Ansicht der belangten Behörde, dem Beschwerdeführer sei ausgehend von einer Zustellung des Gutachtens am 21. Mai 2007 in ausreichendem Maß Gehör eingeräumt worden, einer Grundlage. Die Beantwortung der Frage, ob bzw. wann dem vom Beschwerdeführer in weiterer Folge konsultierten und namhaft gemachten Bevollmächtigten das Gutachten zukam und ob die sodann noch zur Verfügung stehende restliche Frist zur Stellungnahme im Sinne der wiedergegebenen Rechtsprechung ausreichend war, kann dahingestellt bleiben, weil auch die belangte Behörde nicht davon ausgeht, dass eine kürzere Frist als vier Wochen zur Stellungnahme der Sache angemessen war.

Auch kann zum derzeitigen Verfahrensstand nicht ausgeschlossen werden, dass eine nähere Erörterung des vom Beschwerdeführer eingeholten, dem Beschwerdeschriftsatz in Ablichtung angeschlossenen Privatgutachtens Dris. L. vom 23. Juni 2007, insbesondere unter Beiziehung des Amtssachverständigen Dr. H., zu einem anderen, für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis führen könnte.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 20. Mai 2008

Schlagworte

Parteiengehör Verletzung des Parteiengehörs Verfahrensmangel Parteiengehör Parteienvertreter Parteiengehör Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007120119.X00

Im RIS seit

11.07.2008

Zuletzt aktualisiert am

05.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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