TE Vwgh Erkenntnis 2008/5/21 2007/02/0165

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.05.2008
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/02 Arbeitnehmerschutz;

Norm

ArbeitsmittelV 2000 §6 Abs1;
ASchG 1994 §130 Abs1 Z16;
VStG §22 Abs1;
VStG §31 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §44a Z1;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2007/02/0166

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerden des JH in V, vertreten durch Dr. Walter Breitwieser, Mag. Paul Max Breitwieser, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Maria-Theresia-Straße 6, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich je vom 19. April 2007, 1. Zl. VwSen-280938/7/Wim/Ps (protokolliert zur hg. Zl. 2007/02/0165), und 2. Zl. VwSen-280937/6/Wim/Ps (protokolliert zur hg. Zl. 2007/02/0166), beide betreffend Übertretungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 712,30 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck hat mit Schreiben vom 18. Juni 2004 bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (nach der Aktenlage dort eingelangt am 23. Juni 2004) Anzeige betreffend die Holzindustrie H. GmbH erstattet. Anlässlich einer Überprüfung der Arbeitsstätte dieser Gesellschaft im Jahr 2002 sei festgestellt worden, dass Arbeitsmittel (Krananlagen, Hubstapler, Tore, Druckbehälter) ohne die erforderlichen Prüfungen nach der Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) verwendet worden seien. Trotz mehrfacher Aufforderungen seien die erforderlichen Überprüfungen nicht durchgeführt worden.

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Schreiben vom 9. Juli 2004 unter anderem den Beschwerdeführer als verantwortlichen handelsrechtlichen Geschäftsführer der Holzindustrie H. GmbH aufgefordert, zu den vom Arbeitsinspektorat erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen.

Mit Straferkenntnis vom 18. Juli 2006 hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck dem Beschwerdeführer als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung der Holzindustrie H. GmbH nach außen Berufenen zur Last gelegt:

"dass eine Überprüfung der am 19.4.2004 dem Arbeitsinspektorat Vöcklabruck übermittelten Unterlagen (Prüfbücher und Bescheinigungen der im Betrieb verwendeten prüfpflichtigen Arbeitsmittel) ergeben hat, dass die nachstehend im Detail angeführten Arbeitsmittel entgegen der Bestimmung des § 6 Abs. 1 Arbeitsmittel-Verordnung ohne die erforderlichen Überprüfungen verwendet werden, obwohl

I. Krane mindestens einmal jährlich, jedoch längstens im Abstand von 15 Monaten einer wiederkehrenden Prüfung unterzogen werden müssen

lfd.Nr.

Arbeitsmittel Bezeichnung

Abnahmeprüfung

Wiederkehrende Prüfung

1

20 to Laufkran, Kone Sowitsch AG Hersteller Nr. 2350, Bj. 1987

26.11.1987

Seit 1987 nicht erfolgt

2

2 to Elektrozuglaufkatze, Sowitsch Hersteller Nr. ECN 10.019 Bj. 1975

14.4.1981

Seit 1981 nicht erfolgt

3

Kalmar Diesel Rundholzladegerät Hersteller Nr. 170181, Bj. 2002

Nicht erforderlich

2.7.2002

4

Kalmar Rundholzlader Hersteller Nr. 170164, Bj. 2000

Nicht erforderlich

16.10.2000

II. Hubstapler (selbstfahrende Arbeitsmittel) mindestens einmal jährlich, jedoch längstens im Abstand von 15 Monaten einer wiederkehrenden Prüfung unterzogen werden müssen

5

Kalmar Frontgabelstapler Hersteller Nr. T 33103.0603, Bj. 1999

Nicht erforderlich

6.3.2002

6

Kalmar Frontgabelstapler Hersteller Nr. T 33103.1226, Bj. 2000

Nicht erforderlich

6.3.2002

7

Linde Dieselgabelstapler, H 25 D Hersteller Nr. H2X351K02407, Bj. 1999

Nicht erforderlich

16.1.2003

8

Linde Dieselgabelstapler, H 80 D Hersteller Nr. E1X353M00043, Bj. 01

Nicht erforderlich

Seit 2001 nicht erfolgt

9

Baumann Diesel Seitenstapler Hersteller Nr. 5428, Bj. 2001

Nicht erforderlich

13.4.2001

10

Baumann Diesel Seitenstapler Hersteller Nr. 5438, Bj. 2001

Nicht erforderlich

22.6.2001

III. kraftbetriebene Tore bzw. Tore, die sich nach oben öffnen und eine Torblattgröße von mehr als 10 m2 aufweisen, mindestens einmal jährlich, jedoch längstens im Abstand von 15 Monaten einer wiederkehrenden Prüfung unterzogen werden müssen

11

Rolltor, Herst.-Nr. 64146902, Bj. 1979

14.4.1981

Seit 1981 nicht erfolgt

12

Rolltor, Herst.-Nr. 640-46902, Bj. 1979

14.4.1981

Seit 1981 nicht erfolgt

13

Rolltor, Herst.-Nr. 70032801, Bj. 1985

Nicht erfolgt

Nicht erfolgt

14

Hubgliedertor, Herst.-Nr. 15.233, Bj. 1987

13.11.1987

Seit 1987 nicht erfolgt

15

Rolltor, Herst.-Nr. 70048501, Bj. 1985

Nicht erfolgt

Nicht erfolgt

16

Rolltor, Herst.-Nr. 84040501, Bj. 1999

14.12.1999

Seit 1999 nicht erfolgt

17

Sektionaltor, Herst.-Nr. 19829295, Bj. 1998

30.4.1999

Seit 1999 nicht erfolgt

18

Stakettenschiebetor, Herst.-Nr. 96.539 Bj. 1996

20.6.1996

Seit 1996 nicht erfolgt

IV. Druckbehälter alle sechs Jahre einer Betriebsprüfung durch das zuständige Überwachungsorgan zu unterziehen sind

19

Druckbehälter, 11 bar, 3000 Liter, Bj. 1995 Farbriks-Nr.: 95519

Nicht erfolgt

Nicht erfolgt

20

Druckbehälter, 15 bar, 74 Liter, Bj. 2000 Fariks-Nr.: G-0003945

Nicht erfolgt

Nicht erfolgt

21

Druckbehälter, 15 bar, 31 Liter, Bj. 1999 Fabriks-Nr.: G-9902954

Nicht erfolgt

Nicht erfolgt

22

Druckbehälter, 15 bar, 225 Liter, Bj. 1976 Erzeugungs-Nr.: 8360

2.10.1979

18.11.1993

23

Druckbehälter, 210 bar, 52 Liter, Bj. 1981 Erzeugungs-Nr.: 2299/3/65/81

Nicht erfolgt

Nicht erfolgt

24

Druckbehälter, 330 bar, 4 Liter, Bj. 1980 Erzeugungs-Nr.: D 25967

Nicht erfolgt

Nicht erfolgt"

Der Beschwerdeführer habe dadurch jeweils § 130 Abs. 1 Z. 16 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) iVm § 6 Abs. 1 AM-VO verletzt, im Besonderen iVm zu Punkt I. § 8 Abs. 1 Z. 1 AM-VO, zu Punkt II. § 8 Abs. 1 Z. 14 AM-VO, zu Punkt III. § 8 Abs. 1 Z. 9 und 10 AM-VO und zu Punkt IV. § 56 Abs. 2 lit b iVm § 38 Abs. 1, § 55 Abs. 3 Dampfkesselverordnung (DKV) und § 33 Kesselgesetz.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer Strafen von insgesamt EUR 27.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von insgesamt

3.660 Stunden verhängt. Zudem wurde der Beschwerdeführer zur Zahlung eines Kostenbeitrages in der Höhe von EUR 2.700,-- verpflichtet.

In der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer in erster Linie vor, die im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides erhobenen Tatvorwürfe seien in zeitlicher und örtlicher Hinsicht nicht näher umschrieben worden. Der Ort der Begehungen sei nicht angeführt worden, die Tatzeiträume wären im Hinblick auf das Vorliegen von Dauerdelikten genau zu umschreiben gewesen.

Zu 1. (Zl. 2007/02/0165):

Mit dem zu 1. angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde über die Berufung des Beschwerdeführers unter anderem wie folgt abgesprochen:

"Der erstinstanzliche Spruch wird insofern ergänzt, als klargestellt wird, dass die Dauer des strafbaren Verhaltens jeweils bis zum 18. Juni 2004 vorgeworfen wird. Der Beginn des strafbaren Verhaltens wird zu den nachstehenden Fakten festgelegt wie folgt:

Faktum 1: 28.2.2003, Faktum 2: 1.10.2001, Faktum 3:

2.10.2003,                     Faktum 4: 16.1.2002, Faktum 5 und

6: 6.6.2003, Faktum 7: 16.4.2004,            Faktum 8: 15.5.2002,

Faktum 9: 13.7.2002, Faktum 10: 22.9.2002, Faktum 11 bis 18:

1.10.2001, Faktum 22: 1.7.2000."

     Zudem wurde der Beschwerdeführer zur Zahlung eines

Kostenbeitrages von EUR 2.400,-- verpflichtet.

     In den Entscheidungsgründen gab die belangte Behörde den Gang

des Verwaltungsstrafverfahrens wieder und stellte unter anderem folgenden Sachverhalt fest:

"(Der Beschwerdeführer) und (die in den Verfahren Zlen. 2007/02/0167 und 0168 beschwerdeführende Partei) sind beide Geschäftsführer der Holzindustrie H. GmbH ... und vertreten diese seit 20. November 1997 jeweils selbstständig. Sie betreibt an ihrem Firmensitz ihr einziges Sägewerk.

Anlässlich einer Überprüfung der Arbeitsstätte in der gegenständlichen Betriebsanlage im Jahr 2002 durch das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck wurde festgestellt, dass Arbeitsmittel (Krananlagen, Hubstapler, Tore und Druckbehälter) ohne die erforderlichen Prüfungen gemäß Arbeitsmittelverordnung verwendet wurden. Der Arbeitgeber wurde schriftlich aufgefordert die fehlenden Prüfungen unverzüglich bei den zuständigen Stellen (TÜV, Ziviltechniker, Servicedienst, Hersteller) zu beantragen. Bei einer weiteren Überprüfung im Jahr 2003 wurde festgestellt, dass der Aufforderung nicht nachgekommen wurde. Zur Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen dieser Umstände wurde dem Arbeitgeber schriftlich aufgetragen, die Prüfbücher und Bescheinigungen der im Betrieb verwendeten prüfpflichtigen Arbeitsmittel gemäß § 8 Arbeitsinspektionsgesetz dem Arbeitsinspektorat bis spätestens 31.10.2003 zu übersenden. Die Nichtbeachtung dieses Termins hatte die Einleitung eines Strafverfahrens, wegen dieser Nichtvorlage zur Folge in welchen

durch den Unabhängigen Verwaltungssenat ... eine Geldstrafe von

500 Euro festgesetzte wurde.

Weiters erfolgte die Festlegung eines neuerlichen Termins. Diesmal sollten die Unterlagen bis spätestens 31. Jänner 2004 übersandt werden. Es erfolgte wegen Wiederholung der Terminüberschreitung ein neuerliches Strafverfahren, in welchem

durch den Unabhängigen Verwaltungssenat ... eine Geldstrafe von

700 Euro festgesetzte wurde.

Weiters erfolgte neuerlich eine neue Festlegung eines Vorlagetermins mit 30. April 2004. Am 19.4.2004 wurden die geforderten Unterlagen schließlich dem Arbeitsinspektorat übergeben.

Im Zuge von Kontrollen der am 19.4.2004 den Arbeitsinspektorat Vöcklabruck übermittelten Unterlagen (Bücher und Bescheinigungen, der im Betrieb verwendeten prüfungspflichtigen Arbeitsmittel) wurde bei insgesamt 24 im Einzelnen aufgezählten Arbeitsmitteln festgestellt, dass zum Teil keine Abnahmeprüfungen, aber in jedem Fall keine wiederkehrenden Prüfungen über im Einzelnen angeführte längere Zeiträume vorgenommen worden sind.

Es wurde daher diesbezüglich vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck mit Schreiben vom 18.6.2004 diesbezüglich Strafanzeige an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck erstattet. In der Anzeige des Arbeitsinspektorates wie auch in der Aufforderung zur Rechtfertigung als auch im Spruch des Straferkenntnisses wurden Datum bzw. Vorhandensein bzw. die Erforderlichkeit der Abnahmeprüfung sowie die letzte wiederkehrende Prüfung, sofern eine solche erfolgt ist, angeführt und auch der jeweilige Überprüfungsintervall. Die Erstbehörde leitete daraufhin mit einer Aufforderung zur Rechtfertigung vom 9.7.2004, zugestellt am 13.7.2004, das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren ein.

Aus den im erstinstanzlichen Akt befindlichen und vom (Beschwerdeführer) vorgelegten Unterlagen geht hervor, dass Sicht- und Funktionsprüfungen zu den in den Fakten 3, 6, 7 und 8 beschriebenen Arbeitsmitteln des bekämpften Straferkenntnisses jeweils am 9.7.2004 durchgeführt wurden. Zum Faktum 5 wurde eine Prüfung am 20. Oktober 2004 vorgenommen. Zu den Fakten 11, 12, 13, 15 (auch am 29.9.2004) wurde jeweils am 2.9.2004, zu den Fakten 14, 17 und 18 jeweils am 9.7.2004 eine wiederkehrende Prüfung vorgenommen."

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, die Durchführung bzw. Unterlassung der Überprüfungen und die Daten der durchgeführten Überprüfungen seien vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden. Der Sägebetrieb befinde sich am Sitz des Unternehmens, der auch einziger Betriebsstandort sei.

In rechtlicher Hinsicht stellte die belangte Behörde die von ihr als maßgeblich erachtete Rechtslage dar und führte aus, die festgestellten Übertretungen seien Dauerdelikte, bei denen als strafbares Verhalten nicht nur die Herbeiführung des rechtswidrigen Zustandes, sondern auch dessen Aufrechterhaltung pönalisiert werde. Die Verjährungsfristen begännen dabei grundsätzlich erst ab dem Aufhören bzw. der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes zu laufen. Durch die Verwendung der Arbeitsmittel ohne entsprechende Prüfungen sei ein rechtswidriger Zustand geschaffen worden, der solange angehalten habe, bis wieder eine ordnungsgemäße Prüfung erfolgt sei. Zur Klarstellung des Beginnes des Zeitraumes, während derer die strafbaren Handlungen begangen worden seien, sei auf das Inkrafttreten der AM-VO mit 1. Juli 2000 hinzuweisen. Dieses Datum sei der Beginn für die Überprüfungsintervalle. Die erstinstanzliche Behörde habe im Spruch den einzelnen Gruppen von Arbeitsmitteln das jeweils vorgeschriebene Untersuchungsintervall vorangestellt sowie die letzte wiederkehrende Prüfung datumsmäßig - soferne eine solche erfolgt sei - benannt. Daraus habe sich für den Beschwerdeführer feststellen lassen, dass die Strafbarkeit in den Fällen, in denen die letzte wiederkehrende Prüfung nach Inkrafttreten der AM-VO stattgefunden habe, nach Ablauf des nächsten Intervalls, in den anderen Fällen nach Ablauf des ersten Intervalls ab Inkrafttreten begonnen habe. Damit sei auch sichergestellt, dass der Beschwerdeführer nicht noch einmal wegen derselben Tat verfolgt und bestraft werden könne. Für die Druckbehälter habe nach der Dampfkesselverordnung die Prüfpflicht bereits bei Inkrafttreten der AM-VO bestanden, sodass die Strafbarkeit der Verwendung dieser Arbeitsmittel ohne Prüfung sofort mit dem Inkrafttreten der AM-VO gegeben gewesen sei, sofern nicht eine Inbetriebnahme überhaupt erst nach diesem Zeitpunkt erfolgt sei. Da die Übertretungen zumindest bis zur Einbringung der Anzeige am 18. Juni 2004 angedauert hätten, sei nunmehr im Spruch klargestellt worden, dass sich die vorgeworfenen Tatzeiten der Dauerdelikte bis dorthin erstreckten; nur bis dorthin hätten die entsprechenden Überprüfungen vom Arbeitsinspektorat vorgenommen werden können. Da die erstinstanzliche Behörde das Verwaltungsstrafverfahren mit einer Aufforderung zur Rechtfertigung, die dem Beschwerdeführer am 13. Juli 2004 zugestellt worden sei, eingeleitet habe, liege weder Verfolgungs - noch Strafbarkeitsverjährung vor. Hinsichtlich des Verschuldens genüge fahrlässiges Verhalten, das bei Delikten wie den vorliegenden vermutet werde. Angesichts der jahre- bzw. jahrzehntelangen überprüfungslosen Verwendung von Arbeitsmitteln liege die Strafbemessung im unteren Bereich. Angesichts der verschiedenen Arbeitsmittel könne kein einheitliches Delikt angenommen werden, alle Übertretungen seien selbstständig zu bestrafen gewesen.

Zu 2. (Zl. 2007/02/0166):

Mit dem zu 2. angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung "hinsichtlich der Fakten 20 und 21 Folge gegeben und diesbezüglich das Straferkenntnis behoben", während sie im Übrigen das angefochtene Straferkenntnis bestätigt und den erstinstanzlichen Spruch dahin ergänzt hat,

"als klargestellt wird, dass die Dauer des strafbaren Verhaltens jeweils bis zum 18. Juni 2004 vorgeworfen wird. Der Beginn des strafbaren Verhaltens wird zu den nachstehenden Fakten festgelegt wie folgt:

Faktum 19: 19.9.2001, Faktum 23 und 24: 1.7.2000."

Zudem verpflichtete die belangte Behörde den Beschwerdeführer zur Leistung eines Kostenbeitrages in der Höhe von EUR 1.800,--.

Die Begründung des zu 2. angefochtenen Bescheides gleicht im Wesentlichen der Begründung des zu I. angefochtenen Bescheides; als Besonderheit dieses Verfahrens wurde zu den Fakten 19, 21, 23 und 24 auf die Prüfpflichten der Dampfkesselverordnung hingewiesen, was für die Fakten 23 und 24 bedeute, dass die Strafbarkeit mit 1. Juli 2000, beim Faktum 19 ab dem Ende des ersten 6-jährigen Prüfintervalls begonnen habe. Im Zeitpunkt der Anzeige am 18. Juni 2004 sei bei den Fakten 20 und 21 das relevante 6-jährige Überprüfungsintervall noch nicht abgelaufen gewesen, weshalb in diesen beiden Punkten das Straferkenntnis zu beheben gewesen sei.

Gegen beide Bescheide hat der Beschwerdeführer wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften Beschwerden erhoben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und Gegenschriften erstattet, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und darüber erwogen:

Zu 1. (Zl. 2007/02/0165):

Der Beschwerdeführer bestreitet in der Beschwerde nicht, dass die ihm zur Last gelegten Übertretungen arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften während der im angefochtenen Bescheid näher präzisierten Zeiträume begangen wurden. Der Beschwerdeführer erachtet jedoch den Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes für rechtswidrig, weil entgegen der Bestimmung des § 44a Z. 1 VStG bei den einzelnen Delikten die Tatzeit nicht näher umschrieben worden sei. Bei Dauerdelikten - als solche schätzt der Beschwerdeführer die ihm angelasteten Taten zunächst ein - müsse der Beginn und das Ende des Deliktzeitraumes feststehen. Von dieser Argumentation abweichend sieht der Beschwerdeführer in der Folge dennoch eine Festsetzung

- zumindest - des Endes des strafbaren Verhaltens durch die erstinstanzliche Behörde mit 19. April 2004, weshalb durch die belangte Behörde, die das Ende der Tatzeiträume mit 18. Juni 2004 angenommen habe, eine unzulässige Ausdehnung dieser Zeiten erfolgt sei. Schließlich sei der angefochtene Bescheid auch deshalb inhaltlich rechtswidrig, weil die dem Beschwerdeführer angelasteten Taten verjährt seien. Bei Verwaltungsübertretungen, bei denen die vorgeschriebenen Überprüfungen vom Arbeitgeber nicht durchgeführt würden, handle es sich um Zustandsdelikte; diese seien in dem Zeitpunkt beendet, in dem die nächste periodische Prüfung vorzunehmen gewesen wäre, weil eine durchzuführende wiederkehrende Prüfung nicht im nächsten Jahr nachgeholt werden könne. Für den Beschwerdefall bedeute dies, dass auf Grund des im erstinstanzlichen Bescheid festgestellten Endes der Tatzeiträume am 19. April 2004 die Zustellung der angefochtenen Bescheide am 25. April 2007 mehr als drei Jahre später, somit außerhalb der Verjährungsfrist erfolgt sei.

Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Die Verjährungsfrist beträgt nach § 31 Abs. 2 VStG für die hier in Frage kommenden Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt. Sind seit dem in Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen, so darf gemäß § 31 Abs. 3 VStG ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden.

Die belangte Behörde hat in Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ausdrücklich die Verwendung ungeprüfter Arbeitsmittel als Tatbestand herangezogen. Die von der belangten Behörde der Bestrafung zu Grunde gelegten Bestimmungen sind nach Ansicht des Beschwerdeführers Zustandsdelikte, welcher Umstand von ihm für die Beantwortung der Verjährungsfrage als maßgeblich erachtet wird. Für die Beurteilung, welche Art von Delikten im Beschwerdefall vorliegen, sind die von der belangten Behörde der Bestrafung zu Grunde gelegten Bestimmungen in den Blick zu nehmen:

Gemäß § 130 Abs. 1 Z. 16 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 EUR bis 7 260 EUR, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 EUR bis 14 530 EUR zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

Die Verpflichtungen betreffend die Benutzung von Arbeitsmitteln konkretisiert § 6 Abs. 1 der am 1. Juli 2000 in Kraft getretenen AM-VO, wonach Arbeitsmittel nur verwendet werden dürfen, wenn die für sie erforderlichen Prüfungen durchgeführt wurden. Erforderlich sind unter anderem Erstprüfungen bzw. Prüfungen für das rechtmäßige Inverkehrbringen und die erste Betriebsprüfung bei Druckgeräten, Abnahmeprüfungen und wiederkehrende Prüfungen.

Während bei einem Zustandsdelikt nur die Herbeiführung eines rechtswidrigen Zustandes, nicht aber dessen Aufrechterhaltung pönalisiert wird (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 21. Oktober 1993, Zl. 93/02/0083, und vom 27. Juni 2006, Zl. 2004/05/0113), beginnt bei einem Dauerdelikt das Unrecht der Tat mit der Vornahme der Handlung und endet erst mit deren Aufhören (vgl. das Erkenntnis vom 27. Juni 2006, Zl. 2006/05/0113). Das Dauerdelikt weist Merkmale sowohl eines Begehungs- als auch eines Unterlassungsdelikts auf, weil einerseits die Herbeiführung des Erfolges, andererseits aber auch die anschließende Unterlassung des Beseitigens des geschaffenen gesetzwidrigen Zustandes kriminalisiert wird (vgl. Leukauf /Steininger, StGB, 159).

Die in Rede stehenden - oben wiedergegebenen - Strafbestimmungen richten sich als Gebot an den Arbeitgeber, die Verwendung von nicht geprüften Arbeitsmitteln nicht zuzulassen. Solange ungeprüfte Arbeitsmittel im Betrieb verwendet werden, verletzt der Arbeitgeber seine Verpflichtung gemäß § 130 Abs. 1 Z. 16 ASchG hinsichtlich der Benutzung der Arbeitsmittel. Den Arbeitgeber trifft demnach zunächst die Verpflichtung, verwendete Arbeitsmittel prüfen zu lassen, was den Beschwerdeführer offenbar dazu veranlasste, Zustandsdelikte anzunehmen. Allein mit der Unterlassung der Prüfung ist der ihm vorgeworfene Tatbestand aber noch nicht erfüllt, weil hinzutreten muss, dass ungeprüfte Arbeitsmittel auch verwendet werden. Erst wenn die Arbeitsmittel der erforderlichen Überprüfung zugeführt werden, endet die strafbare Verwendung im Sinne des § 6 AM-VO.

Daraus folgt aber, dass entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers im Beschwerdefall keine Zustandsdelikte vorliegen, weil nicht nur die Herbeiführung des rechtswidrigen Zustandes (Unterlassung der Prüfung verwendeter Arbeitsmittel), sondern auch dessen Aufrechterhaltung strafbar ist. Es handelt sich im vorliegenden Fall vielmehr um Dauerdelikte, bei denen die Verjährungsfrist von dem Zeitpunkt an zu laufen beginnt, in dem das strafbare Verhalten aufgehört hat (vgl. das Erkenntnis vom 27. Februar 1992, Zl. 92/02/0081).

Für die Beantwortung der Verjährungsfrage ist diese Unterscheidung dann ohne Bedeutung, wenn man - wie der Beschwerdeführer in der Beschwerde - davon ausgeht, die erstinstanzliche Behörde habe als Ende des Tatzeitraums den 19. April 2004 festgelegt; dann wäre der am 25. April 2007 erlassene Berufungsbescheid jedenfalls außerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist erlassen worden. Bei Annahme des Vorliegens von - hier nicht gegebenen - Zustandsdelikten wären die vor dem 25. April 2004 (Berufungsbescheid am 25. April 2007 erlassen) begangenen Zustandsdelikte ebenfalls verjährt gewesen.

Legt man dagegen den von der belangten Behörde ausdrücklich angeführten Zeitpunkt 18. Juni 2004 als Ende des Deliktzeitraums der vom Beschwerdeführer begangenen Dauerdelikte zu Grunde, wäre Verjährung nicht eingetreten. Es kommt somit darauf an, ob die belangte Behörde das Ende der Tatzeiträume mit dem 18. Juni 2004 rechtmäßig festgelegt hat.

Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Bei einem Dauerdelikt sind Anfang und Ende des strafbaren Verhaltens im Spruch des Bescheides anzuführen (vgl.  das Erkenntnis vom 31. Jänner 2003, Zl. 99/02/0337). Wurde allerdings bei einem Straferkenntnis, das über ein Dauerdelikt abspricht, der Tatzeitraum nicht ausdrücklich anders umschrieben, erfasst das Straferkenntnis die Begehung der Tat bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides (vgl. beispielsweise das Erkenntnis vom 2. Mai 2005, Zl. 2001/10/0183). Einer neuerlichen Verfolgung wegen desselben Dauerdelikts für die Zeit bis zur Erlassung des Straferkenntnisses durch die Behörde erster Instanz kann mit Erfolg diese bereits vorgenommene verwaltungsstrafrechtliche Verurteilung entgegenhalten werden. Gegen den Täter darf wegen des selben Delikts für den Zeitraum bis zur Zustellung des Bescheides der Behörde erster Instanz nicht neuerlich eine Strafe verhängt werden (vgl. das Erkenntnis vom 9. Oktober 2001, Zl. 97/21/0866).

Zu dem in der Beschwerde im Hinblick auf die behauptete Verjährung erhobenen Vorwurf, der Tatzeitpunkt sei im erstinstanzlichen Bescheid mit dem 19. April 2004 begrenzt worden, ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass sich eine solche zeitliche Grenze nicht erkennen lässt. Das genannte Datum wurde lediglich im Zusammenhang mit dem Tag der Übermittlung von Unterlagen an das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck angeführt, ohne dass irgendein zeitlicher Bezug zu den Tatvorwürfen hergestellt wurde.

Zwar hat die erstinstanzliche Behörde die Daten des Beginnes der strafbaren Handlungen nicht ausdrücklich angeführt, die jeweiligen Anfänge der Tatzeiträume ergeben sich aber im erstinstanzlichen Bescheid aus der Spalte "wiederkehrende Prüfung" bzw. wenn eine solche nicht erfolgte, aus dem Datum der Abnahmeprüfung bzw. auf Grund des Herstellungsjahres. Der Beginn der Tatzeiträume wurde demnach im erstinstanzlichen Bescheid durch die eben genannten Daten festgelegt. Anderseits wurden die Deliktszeiträume - gemäß der dargestellten Rechtsprechung - durch den Tag der Zustellung des Bescheides vom 18. Juli 2006 eingegrenzt.

Der oben dargestellte Zweck des Anführens von Anfang und Ende des strafbaren Verhaltens bei einem Dauerdelikt - insbesondere Ausschluss einer neuerlichen Verfolgung wegen desselben Dauerdelikts - wurde auch im Beschwerdefall erreicht, weil der Tatzeitraum bis zur Erlassung des Straferkenntnisses durch die Behörde erster Instanz reichte.

Die belangte Behörde hat die so festgesetzten Tatzeiträume nicht - wie der Beschwerdeführer meint - erweitert, sondern zeitlich in beide Richtungen eingeschränkt, sodass dem Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid datumsmäßig festgesetzte jeweils geringere Zeiträume der Tatbegehung zur Last gelegt wurden.

Der Beschwerdeführer hat nicht bestritten, während der im angefochtenen Bescheid genannten Zeiträume die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen begangen zu haben. Die Einschränkung der Zeiträume im angefochtenen Bescheid hatte keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Strafbescheides, weil dadurch keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers und keine Gefahr der Doppelbestrafung bewirkt wurde (vgl. das Erkenntnis vom 21. März 1997, Zl. 97/02/0071).

Insgesamt trifft nach dem Gesagten der vom Beschwerdeführer auch unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Vorwurf des durch die belangte Behörde veränderten Tatvorwurfes nicht zu, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Zu 2. (Zl. 2007/02/0166):

Die zu 2. erhobene Beschwerde wird erkennbar nur hinsichtlich des die Berufung des Beschwerdeführers abweisenden Teiles des angefochtenen Bescheides erhoben. Dieser betrifft die Fakten 19, 23 und 24, somit Druckbehälter, bei denen nach den Feststellungen entgegen den einschlägigen Bestimmungen der Dampfkesselverordnung und des Kesselgesetzes keine Abnahmeprüfung und keine wiederkehrende Prüfung erfolgt sind. Die belangte Behörde hat hier als Beginn der Tathandlungen das Inkrafttreten der AM-VO am 1. Juli 2000 angenommen, soweit die Prüfungsintervalle in der AM-VO geregelt seien bzw. bei Faktum 19 die 6-jährige Überprüfungsfrist nach der Dampfkesselverordnung, die am 19. September 2001 abgelaufen sei.

Der Beschwerdeführer hat wiederum nicht bestritten, dass während der im angefochtenen Bescheid festgestellten Zeiträume die Druckbehälter nicht ordnungsgemäß geprüft und verwendet wurden. Er wendete ein, es ergäbe sich aus dem erstinstanzlichen Bescheid kein Hinweis auf Prüfungsintervalle für die Druckbehälter.

Dem ist entgegen zu halten, dass sich diese aus den von der Behörde wiedergegebenen Bestimmungen der Dampfkesselverordnung (§ 56 Abs. 2) im Zusammenhalt mit den im Spruch genannten Herstellungsjahren ergeben. Abgesehen davon hat der Beschwerdeführer grundsätzlich die Strafbarkeit der zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht bestritten.

Im Übrigen wiederholt der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde die zu 1. erhobenen Beschwerdeargumente, weshalb auf die dort genannten Ausführungen verwiesen wird. Nachdem sich auch diese Beschwerde als unbegründet erweist, ist auch sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 21. Mai 2008

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit Dauerdelikt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007020165.X00

Im RIS seit

20.06.2008

Zuletzt aktualisiert am

06.05.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten