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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO NÖ 1996 §35 Abs2 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des S in Wien, vertreten durch Dr. Friedrich Nusterer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 15. Februar 2007, Zl. RU1-BR-675/001-2006, betreffend Erteilung einer Baubewilligung und Bauauftrag (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Hainfeld), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des als "Grünland-Landwirtschaft" gewidmeten, 3.115 m2 großen Grundstückes Nr. 84, Karlsberg 17, KG Karlsberg, auf welchem ein Wohnhaus mit der Widmung erhaltenswertes Gebäude im Grünland (Geb) auf einer Fläche von 93 m2 errichtet ist. Rund 857 m2 dieses Grundstückes sind ein stehendes Gewässer (Fischteich). Im Süden und Westen ist dieses Grundstück von dem ebenfalls dem Beschwerdeführer gehörenden, als Grünland-Landwirtschaft gewidmeten Grundstück Nr. 86/1 Wald mit einer Größe von 1.710 m2 umgeben; im Norden liegt das 1.886 m2 große Grundstück Nr. 86/3 des Beschwerdeführers mit derselben Widmung.
Der Beschwerdeführer beantragte mit Schriftsatz vom 9. November 2004 die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Wohngebäudes sowie eines Flugdaches mit Schuppen für Geräte. Das Flugdach mit Schuppen soll auf dem Grundstück Nr. 86/3, das neu zu errichtende Wohnhaus an der Grenze der Grundstücke Nr. 84 und 86/1 rund 41,50 m vom bestehenden Wohnhaus südwestlich entfernt gelegen auf einem bereits bestehenden Keller in einer Größe von rund 8 m Länge und über 6,50 m Breite errichtet werden. Im Erdgeschoss dieses Gebäudes sind eine 13 m2 Wohndiele und ein Zimmer mit 5,13 m2 sowie Sanitärräumlichkeiten vorgesehen.
Der bautechnische Sachverständige hielt im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 28. März 2006 fest, dass in das bestehende Kellergeschoss zwei Zimmer, ein Sanitärbereich (Dusche und WC) sowie ein Vorraum eingebaut worden seien. Im Erdgeschoss gelange man über die Wohndiele in ein Zimmer, die Dusche und das WC. Die Räume seien beim Ortsaugenschein bereits teilweise eingerichtet gewesen (Betten und Fernseher).
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Hainfeld vom 10. Juli 2006 wurde unter Spruchpunkt I. der Antrag des Beschwerdeführers vom 9. November 2004 auf Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung des Wohngebäudes wegen Widerspruchs zu der im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungsart gemäß § 20 Abs. 1 und 3 NÖ Bauordnung 1996 abgewiesen und unter Spruchpunkt II. gemäß § 35 Abs. 2 Z. 3 NÖ Bauordnung 1996 der Abbruch des ohne baubehördliche Bewilligung ausgeführten Wohngebäudes angeordnet und aufgetragen, das Gebäude zur Gänze, einschließlich Kellers und aller Fundamente abzutragen, sowie das Gelände dem umgebenden Bestand anzupassen.
Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Stadtsenates der Stadtgemeinde Hainfeld vom 20. November 2006 als unbegründet abgewiesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer trägt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes vor, die belangte Behörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall keine Landwirtschaft vorliege. Im Zuge der nachträglichen Bewilligung des Zubaus eines Flugdaches mit Schuppengebäude habe die Baubehörde vielmehr festgestellt, dass eine nicht erwerbsorientierte land- und forstwirtschaftliche Nutzung in Form der Liebhaberei (§ 19 Abs. 5 Z. 1 NÖ Raumordnungsgesetz 1976) vorliege. Der Umstand, dass das Bauwerk im Nahverband zum erhaltenswerten Bau stehen müsse, werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Entfernung von 41,50 m zum bereits bestehenden erhaltenswerten Wohnhaus vorliege. Dieser Begriff sei vielmehr wirtschaftlich auszulegen. Solange eine funktionelle und sinnvolle Beziehung zum erhaltenswerten Bau gegeben sei, könne auch ein etwa 40 m entferntes Gebäude im Nahverband (dies entspreche dem Begriff des so genannten Hofverbandes) errichtet werden. In diesem Fall könne das Gebäude auch Aufenthaltsräume aufweisen. Dies habe die belangte Behörde vom Beginn an inhaltlich rechtswidrig ausgeschlossen. Selbst wenn man nicht von einem weiteren Bauwerk für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung ausginge, könne das Gebäude nach entsprechender Prüfung künftig nach Art eines Stadels und ohne Wohnnutzung verwendet werden, auch wenn dieses (für landwirtschaftliche Zwecke) Sanitärräumlichkeiten und einen Keller aufweise.
Gemäß § 14 Z. 1 NÖ Bauordnung 1996 bedürfen Neu- und Zubauten von Gebäuden einer Baubewilligung.
Gemäß § 23 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. ist eine Baubewilligung zu erteilen, wenn kein Widerspruch zu den in § 20 Abs. 1 Z. 1 bis 6 angeführten Bestimmungen besteht.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. hat die Baubehörde bei Anträgen nach § 14 vorerst zu prüfen, ob dem Bauvorhaben die im Flächenwidmungsplan festgelegte Widmungsart des Baugrundstücks, seine Erklärung zur Vorbehaltsfläche oder Aufschließungszone entgegensteht.
Gemäß § 19 Abs. 4 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 ist im Grünland ein bewilligungs- oder ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben gemäß der NÖ Bauordnung 1996 nur dann und nur in jenem Umfang zulässig, als dies für eine Nutzung gemäß Abs. 2 erforderlich ist und in den Fällen des Abs. 2 Z. 1a und 1b eine nachhaltige Bewirtschaftung erfolgt. Bei der Erforderlichkeitsprüfung ist darauf Bedacht zu nehmen, ob für das beabsichtigte Bauvorhaben geeignete Standorte im gewidmeten Bauland auf Eigengrund zur Verfügung stehen.
Die Grundstücke, auf denen das beschwerdegegenständliche Gebäude errichtet werden soll, sind gemäß § 19 Abs. 2 Z. 1a als "Land- und Forstwirtschaft" gewidmet. Das sind Flächen, die der land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung und der Errichtung von Bauwerken für die Ausübung der Land- und Forstwirtschaft und deren Nebengewerbe im Sinne der Gewerbeordnung sowie der Ausübung des Buschenschankes im Sinne des NÖ Buschenschankgesetzes dienen.
In ständiger Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass Landwirtschaft eine planvolle, grundsätzlich auf Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige - zumindest nebenberufliche landwirtschaftliche - Tätigkeit darstellt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. September 2003, Zl. 2002/05/1013, und vom 21. September 2007, Zl. 2005/05/0113).
Der Beschwerdeführer hat im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden die Ausübung einer solchen Tätigkeit nie behauptet. Dass das hier zu beurteilende Bauvorhaben für die nachhaltige Bewirtschaftung einer Landwirtschaft erforderlich wäre, ist im Beschwerdefall mangels jedweden Anhaltspunktes auszuschließen.
Der Beschwerdeführer stützt sein Vorbringen aber auf § 19 Abs. 5 NÖ Raumordnungsgesetz 1976. Diese Gesetzesstelle hat - soweit sie für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung ist - folgenden Wortlaut:
"(5) Für erhaltenswerte Gebäude im Grünland gilt:
1. Eine bauliche Erweiterung von 'erhaltenswerten Gebäuden im Grünland' darf nur dann bewilligt werden, wenn die bauliche Maßnahme
a)
für die Nutzung des Gebäudes erforderlich ist und
b)
gegenüber dem ursprünglichen Baubestand in einem untergeordneten Verhältnis steht und
c) nicht durch eine Änderung des Verwendungszweckes und eine Adaptierung bestehender Gebäudeteile (z.B. Dachboden, Stallraum, Futterkammer, u.dgl.) erreicht werden kann.
Bemessungsgrundlage für alle späteren baulichen Erweiterungen ist immer die Bausubstanz zum Zeitpunkt der Festlegung als 'erhaltenswertes Gebäude im Grünland'. Wurde das Höchstausmaß bereits ausgeschöpft, sind weitere Zubauten unzulässig. Bauwerke für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung sind auch zulässig, wenn sie nur der Ausübung einer nicht erwerbsorientierten Liebhaberei dienen und im Nahverband zum erhaltenswerten Bau stehen."
§ 19 Abs. 2 Z. 4 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 definiert erhaltenswerte Gebäude im Grünland wie folgt:
"4. Erhaltenswerte Gebäude im Grünland:
a) solche sind baubehördlich bewilligte Hauptgebäude, die das Orts- und/oder Landschaftsbild nicht wesentlich beeinträchtigen bzw. der Bautradition des Umlandes entsprechen.
b) Gebäude dürfen nicht als erhaltenswert gewidmet werden, wenn sie entweder der lit. a) nicht entsprechen oder wenn der Bestand oder die dem Verwendungszweck entsprechende Benützbarkeit des Gebäudes durch Hochwasser, Steinschlag, Rutschungen, Grundwasser, ungenügende Tragfähigkeit des Untergrundes, Lawinen, ungünstiges Kleinklima oder eine andere Auswirkung natürlicher Gegebenheiten gefährdet oder die für den Verwendungszweck erforderliche Verkehrserschließung nicht gewährleistet ist. Für erhaltenswerte Gebäude im Grünland gelten die Bestimmungen des Abs. 5.
Die Gemeinde kann erforderlichenfalls die Nutzung eines erhaltenswerten Gebäudes im Grünland durch eine Zusatzbezeichnung im Flächenwidmungsplan einschränken bzw. dessen Kubatur und/oder bebaute Fläche beschränken."
Der Beschwerdeführer hat im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden zwar darauf hingewiesen, dass gemäß § 19 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 die Errichtung von Gebäuden im Grünland auch zulässig ist, wenn das Bauwerk der Ausübung einer nicht erwerbsorientierten Liebhaberei dient bzw. im Nahverband zum erhaltenswerten Bau steht (Stellungnahme vom 30. Oktober 2006). Ein konkretisiertes Vorbringen dahingehend, dass das zur Bewilligung eingereichte Gebäude der Ausübung einer nicht erwerbsorientierten Liebhaberei im Rahmen einer landwirtschaftlichen Nutzung dient, wurde hingegen nicht erstattet. Ein angekündigtes Betriebskonzept wurde nicht vorgelegt. Seinem Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung fehlen entsprechende Anhaltspunkte für eine solche Annahme. Aus dem Einreichplan und den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens der Baubehörden folgt vielmehr, dass im Hinblick auf den vorgesehenen Verwendungszweck des Gebäudes die geforderte landwirtschaftliche Nutzung nicht stattfindet. Ein Nahverband zum bestehenden erhaltenswerten Bau ist überhaupt nicht erkennbar. Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang der belangten Behörde zur Last gelegte Aktenwidrigkeit liegt somit nicht vor.
Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, dass der Bauauftrag nur nach rechtskräftiger Abweisung seines Antrages auf Erteilung der Baubewilligung erteilt hätte werden dürfen. Erst wenn der Abbruchauftrag in Rechtskraft erwachsen sei, sei eine Verwaltungsvollstreckung zulässig.
Diesem Vorbringen ist entgegen zu halten, dass gemäß § 35 Abs. 2 Z. 3 NÖ Bauordnung 1996 die Baubehörde den Abbruch eines Bauwerks anzuordnen hat, wenn für das Bauwerk keine Baubewilligung (§ 23) oder Anzeige (§ 15) vorliegt und das Bauwerk unzulässig ist (§ 15 Abs. 3 und § 23 Abs. 1) oder der Eigentümer den für die fehlende Bewilligung erforderlichen Antrag oder die Anzeige nicht innerhalb der von der Baubehörde bestimmten Frist ab der Zustellung der Aufforderung hiezu eingebracht hat.
Der Bauauftrag wäre auf Grund dieser Regelung daher auch dann zulässig gewesen, wenn die Baubehörde über den Baubewilligungsantrag noch nicht entschieden hätte, weil - wie oben bereits dargelegt - das Bauwerk wegen Widerspruchs zum Flächenwidmungsplan unzulässig ist.
Des Weiteren übersieht der Beschwerdeführer, dass der Bauauftrag der Titelbescheid für ein allenfalls erforderliches Vollstreckungsverfahren ist. Die Voraussetzungen für eine Vollstreckung nach den Bestimmungen des VVG (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2007, Zl. 2006/07/0090) sind erst im Rahmen eines von der zuständigen Behörde einzuleitenden Vollstreckungsverfahrens zu prüfen.
Die behauptete Rechtsverletzung liegt somit nicht vor. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 27. Mai 2008
Schlagworte
Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein BauRallg9/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007050062.X00Im RIS seit
10.07.2008Zuletzt aktualisiert am
24.04.2009