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19/05 Menschenrechte;Norm
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des J, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 28. November 2007, Zl. Fr 2514/06, betreffend Rückkehrverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Bescheidkopie ergibt sich Folgendes:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Kamerun, reiste Anfang November 2004 in das Bundesgebiet ein und beantragte in der Folge die Gewährung von Asyl. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 24. Jänner 2005 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen. Zugleich erklärte das Bundesasylamt die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 für zulässig und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 Asylgesetz 1997 aus Österreich aus. Über eine gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde bislang (jedenfalls bis zur Erlassung des im Folgenden näher dargestellten angefochtenen Bescheides) noch nicht entschieden.
Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 28. November 2007 erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 62 Abs. 1 und 2 iVm § 60 Abs. 2 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein mit zehn Jahren befristetes Rückkehrverbot. Dies begründete sie damit, dass der Beschwerdeführer mit - erkennbar rechtskräftigem - Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 17. April 2007 wegen der Begehung des Verbrechens nach § 28 Abs. 2, 3 und 4 Z 3 SMG als Beitragstäter zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von eineinhalb Jahren verurteilt worden sei. Dem Urteil habe zu Grunde gelegen, dass er in Wien als Mitglied einer kriminellen Vereinigung am 30. November 2006 zu der von V. ausgeführten Tat, welche in Schwechat den bestehenden Vorschriften zuwider Kokain in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge per Flugzeug von Rio De Janeiro über Paris kommend verborgen in der Verstärkung ihres Koffers nach Österreich eingeführt hat, dadurch beigetragen habe, dass er sich bereits vor dem Transport des Suchtgiftes durch V. gegenüber dem brasilianischen Auftraggeber dazu bereit erklärt habe, das Suchtgift an einem vorab vereinbarten Treffpunkt in Wien von V. abzuholen, um es weiter zu geben. Angesichts der besonderen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität habe es - so die belangte Behörde im Ergebnis - zur Erlassung eines Rückkehrverbotes zu kommen, zumal der Beschwerdeführer als Mitglied einer kriminellen Vereinigung tätig geworden sei und auch von daher nicht auf ein Wohlverhalten nach seiner Haftentlassung geschlossen werden könne. Der Beschwerdeführer habe keine Familienangehörigen in Österreich, seine Ehefrau und seine zwei minderjährigen Kinder seien in Nigeria wohnhaft. Eine Integration des Beschwerdeführers sei nicht zu erkennen, da eine Integration auch eine "gewisse Rechtstreue" voraussetze. Auch die Tätigkeit als Zeitungsverkäufer vor der Inhaftierung könne keine günstigere Wertung bewirken. Insofern stünden "weder die Kann-Bestimmung des § 62 Abs. 1 FPG 2005 noch § 66 FPG 2005 der Erlassung des Rückkehrverbotes entgegen". Dabei sei als besonders verwerflich zu werten, dass die beschriebene Straftat während des Asylverfahrens und während des Erhaltes von Leistungen aus der Grundversorgung begangen worden sei.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 62 Abs. 1 FPG kann gegen einen Asylwerber ein Rückkehrverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2).
Gemäß § 62 Abs. 2 FPG sind bestimmte Tatsachen im Sinn des Abs. 1 u.a. jene des § 60 Abs. 2 Z 1 FPG. Demnach hat als bestimmte Tatsache insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.
Angesichts der nicht in Abrede gestellten rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers steht zunächst fest, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 1 FPG, dessen Vorliegen im Fall von Asylwerbern gemäß § 62 Abs. 1 und 2 FPG die Erlassung eines Rückkehrverbotes ermöglicht, erfüllt ist. Es kann der belangten Behörde aber auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie ausgehend von dem der Verurteilung unstrittig zu Grunde liegenden Fehlverhalten zu dem Ergebnis gelangte, es müsse bezüglich des Beschwerdeführers eine negative Zukunftsprognose im Sinn des § 62 Abs. 1 FPG zu Grunde gelegt werden.
Der Beschwerdeführer räumt selbst ein, dass die Suchtmittelkriminalität als besonders gefährlich zu beurteilen sei, bringt jedoch vor, nur aus Sorge um seine Angehörigen in Afrika - diese befänden sich in einer prekären Situation, der er durch Geldzuwendungen abhelfen habe wollen - mit dem Gesetz in Konflikt gekommen zu sein; deshalb habe er sich überreden lassen, am Schmuggel von Suchtgift, wofür ihm EUR 500,-- geboten worden seien, mitzuwirken. Er selbst sei nicht suchtgiftabhängig und habe sich nur einmal verleiten lassen, demzufolge habe das Strafgericht lediglich mildernde Umstände (das umfassende Geständnis, den bisherigen ordentlichen Lebenswandel und die Tatbegehung in Form der Beitragstäterschaft) angenommen.
Nichts deutet darauf hin, dass sich an der "perspektivenlosen Situation" des Beschwerdeführers (so die Beschwerde an anderer Stelle) etwas geändert hätte. Von daher lassen auch die angeführten Umstände die behördliche Beurteilung nicht als verfehlt erscheinen. Zutreffend wird im bekämpften Bescheid darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer als Mitglied einer kriminellen Vereinigung tätig geworden ist, was die Einmaligkeit seines strafbaren Verhaltens unter dem Gesichtspunkt der Erwartbarkeit künftigen Wohlverhaltens relativiert. Ergänzend ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das deliktische Handeln des Beschwerdeführers erst kurze Zeit zurückliegt. Zu seinen Ungunsten fällt weiters ins Gewicht - auch darauf hat die belangte Behörde bereits hingewiesen -, dass er als Asylwerber und während des Erhalts von Leistungen aus der Grundversorgung - wenngleich nur als Beitragstäter - an einem Suchtgiftschmuggel mitwirkte. Wenn in der Beschwerde darauf bezugnehmend ausgeführt wird, der Beschwerdeführer habe vor Begehung dieses Delikts in einem Flüchtlingsheim gewohnt und als Zeitungsverkäufer bescheidene zusätzliche Einkünfte erzielt, weshalb nicht anzunehmen sei, dass er nochmals in die Kriminalität abrutschen werde, so ist ihm entgegenzuhalten, dass diese Umstände schon einmal strafrechtliches Fehlverhalten nicht zu verhindern vermochten. Auch eine "Fülle von positiven Faktoren" - so die Beschwerde ohne nähere Konkretisierung wörtlich - ist nicht ersichtlich.
Gegen die behördliche Beurteilung noch § 66 FPG bringt der Beschwerdeführer nichts vor. Er macht allerdings - erkennbar unter dem Gesichtspunkt des der Behörde eingeräumten Ermessens - geltend, diese habe nicht geprüft, inwieweit das Rückkehrverbot auch öffentliche Interessen negativ berühre. Wenn er in diesem Zusammenhang ausführt, ein Rückkehrverbot behindere seine Integration, so ist ihm freilich zu entgegnen, dass es letztlich ohnehin auf die dauerhafte Entfernung aus dem Bundesgebiet abzielt. Für den Fall, dass der Status des Asylberechtigten oder jener des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt werden sollte, ist auf die Rechtsfolgen nach § 65 Abs. 2 bzw. Abs. 3 FPG zu verweisen.
Auch unter dem zuletzt aufgezeigten Gesichtspunkt haftet dem bekämpften Bescheid demnach keine Rechtswidrigkeit an. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 28. Mai 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008210299.X00Im RIS seit
26.06.2008Zuletzt aktualisiert am
09.11.2011