TE Vwgh Erkenntnis 2008/5/28 2008/15/0011

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.05.2008
beobachten
merken

Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

BAO §184;
FinStrG §115;
FinStrG §13;
FinStrG §33 Abs1;
FinStrG §33 Abs2 lita;
FinStrG §33 Abs3 lita;
FinStrG §82 Abs1;
FinStrG §83 Abs2;
UStG 1994 §21;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des JK in I, vertreten durch Dr. Erwin Markl, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom 31. August 2007, GZ. FSRV/0039-I/06, betreffend Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde das gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 24. April 2006 eingeleitete Finanzstrafverfahren erweitert, weil der Verdacht bestehe, dass der Beschwerdeführer als verantwortlicher Geschäftsführer der K GmbH im Bereich des Finanzamts Innsbruck fortgesetzt vorsätzlich hinsichtlich der Zeiträume 03-12/2004, 01-12/2005 und 01-05/2006 unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Abgabenverkürzung an Umsatzsteuer im Gesamtbetrag von EUR 30.929,20 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten und hiemit ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen habe.

Die belangte Behörde führte in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, mit Bescheid vom 24. April 2006 habe das Finanzamt als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer ein finanzstrafbehördliches Untersuchungsverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass er als verantwortlicher Unternehmer im Bereich des Finanzamtes Innsbruck fortgesetzt vorsätzlich hinsichtlich der Monate 01-12/2002, 01-12/2003, 05-12/2004 und 01-12/2005 unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Abgabenverkürzung an Umsatzsteuer im Gesamtbetrag von EUR 16.474,54 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten und hiemit ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen habe. Dieser Bescheid sei unbekämpft in Rechtskraft erwachsen.

Mit Bescheid vom 7. September 2006 habe das Finanzamt als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer den Einleitungsbescheid vom 24. April 2006 ausgedehnt. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2006 habe der Beschwerdeführer die als Einspruch bezeichnete Administrativbeschwerde erhoben. In Beantwortung eines Vorhaltes des Finanzamtes habe er ergänzend ausgeführt, die Unterlassung der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen sei von ihm keinesfalls vorsätzlich bewirkt worden. Diese Umsatzsteuervoranmeldungen als auch die sonstigen Steuererklärungen habe immer seine Ehefrau verfasst und für deren rechtzeitige Einbringung beim Finanzamt gesorgt. Auf Grund zahlreicher Zivilrechtsstreitigkeiten und familiärer Probleme sei seine Ehefrau in eine depressive Phase getreten. Dadurch habe sie die ihr übertragenen Angelegenheiten entweder nicht oder nicht ordnungsgemäß erledigt. Dies sei ihm bis zur Einleitung des Strafverfahrens verborgen geblieben. Es könne ihm nicht angelastet werden, dass er allenfalls irgendwelche Überwachungspflichten gegenüber seiner Ehefrau vernachlässigt habe, weil sie bis dato sämtliche steuerliche Angelegenheiten als Agenden übernommen habe und für ihn keinerlei Anlass bestanden habe, daran zu zweifeln, dass sie die ihr übertragenen Aufgaben verlässlich und ordnungsgemäß ausführen werde. Seine Ehefrau habe ihm keinerlei Mitteilung über ihre gesundheitlichen Probleme gemacht und seien diese nach außen nicht in Erscheinung getreten.

Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, mit Bescheid vom 24. April 2006 sei gegen den Beschwerdeführer das Finanzstrafverfahren eingeleitet worden, weil dieser als Einzelunternehmer durch verschiedene Tathandlungen Verkürzungen an Umsatzsteuer bewirkt habe. Dem bekämpften Bescheid vom 7. September 2006 liege zu Grunde, dass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der - im Akt näher umschriebenen - K GmbH vorsätzlich Abgabenverkürzungen hinsichtlich der K GmbH bewirkt habe. Die K GmbH sei mit Gesellschaftsvertrag vom 18. September 1991 gegründet worden. Gegenstand der Gesellschaft sei die Erbauung und Errichtung sowie die Vermietung eines Wohn- und Geschäftshauses. Der Beschwerdeführer sei Gesellschafter und für die Dauer seiner Zugehörigkeit zur Gesellschaft zum alleinverantwortlichen Geschäftsführer bestellt worden. Er sei daher auch für die abgabenrechtlichen Angelegenheiten der K GmbH verantwortlich gewesen. Mit Beschluss des Landesgerichtes vom 4. April 2007 sei der Konkursantrag betreffend die K GmbH mangels Vermögen abgewiesen worden. Die Gesellschaft sei infolge rechtskräftiger Abweisung des Konkursantrages gemäß § 39 Firmenbuchgesetz aufgelöst.

Für die Zeiträume 03-12/2004 seien für die K GmbH keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben und keine Umsatzsteuervorauszahlungen entrichtet worden. Wegen Unterlassung der Abgabe der Umsatzsteuererklärung für 2004 seien die Besteuerungsgrundlagen geschätzt und sei der K GmbH die daraus resultierende Nachforderung an Umsatzsteuer für 2004 in Höhe von EUR 11.468,08 mit Bescheid vom 14. August 2006 vorgeschrieben worden. Dieser Bescheid sei unbekämpft in Rechtskraft erwachsen. Die Finanzstrafbehörde erster Instanz habe die gesamte bescheidmäßig festgesetzte Nachforderung aus 2004 auf die Zeiträume 03-12 verteilt und die Vorsteuer im Ausmaß von 5 % der geschätzten Umsatzsteuer in Abzug gebracht.

Für die Zeiträume 01-12/2005 und 01-05/2006 seien dem Finanzamt die Umsatzsteuerzahllasten am 31. Juli 2007 und damit durchwegs verspätet mit jeweils EUR 1.179,-- (ausgenommen 02/2006:

EUR 1.170,52) bekannt gegeben worden.

     Die gesamten Beträge hafteten auf dem Abgabenkonto der K GmbH

unberichtigt aus.

     Auf Grund dieser unbestrittenen Feststellungen bestehe der

Verdacht, dass der Beschwerdeführer durch die verspätete Abgabe, die Unterlassung der Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und die Unterlassung der Entrichtung von Umsatzsteuervorauszahlungen für 03-12/2004, 01-12/2005 und 01-05/2006 eine Verkürzung an Umsatzsteuer im Gesamtbetrag von EUR 30.929,20 bewirkt und hiemit den objektiven Tatbestand des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG verwirklicht habe. Da der Abgabenbehörde der Abgabenanspruch dem Grunde nach bekannt gewesen sei und auch sonst - insbesondere im Hinblick auf die eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen - keine Anhaltspunkte für die Verwirklichung eines Deliktes nach § 33 Abs. 1 FinStrG hinsichtlich der Jahresumsatzsteuer bestünden, sei vom Tatverdacht nach § 33 Abs. 2 lit. a leg. cit. und nicht etwa nach § 33 Abs. 1 leg. cit. auszugehen.

Für die Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG werde bezüglich der Pflichtverletzung Vorsatz und betreffend den Verkürzungserfolg Wissentlichkeit vorausgesetzt. Es sei in Unternehmerkreisen allgemein bekannt und bedürfe keines steuerlichen Spezialwissens, dass die erzielten Umsätze der Finanzbehörde in den Umsatzsteuervoranmeldungen zu erklären und entsprechend Umsatzsteuervorauszahlungen zu leisten seien. Der Beschwerdeführer sei bereits seit 1975 unternehmerisch tätig und sei seit 1991 allein verantwortlicher Geschäftsführer der K GmbH. Auf Grund seiner langjährigen einschlägigen Erfahrungen sei davon auszugehen, dass ihm die Verpflichtung zur rechtzeitigen Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und die Entrichtung von Umsatzsteuervorauszahlungen bekannt sei. Auf Grund der unternehmerischen Erfahrungen des Beschwerdeführers bestehe der Verdacht, dass er gewusst habe, dass er durch die Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und der Unterlassung der Entrichtung von Umsatzsteuervorauszahlungen eine Verkürzung an Umsatzsteuer bewirkt habe. Im Übrigen sei auch auf dem unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Einleitungsbescheid vom 24. April 2006 zu verweisen.

Zu den Einwendungen des Beschwerdeführers sei Folgendes zu bemerken:

Für die K GmbH seien vom 26. April 2004 (Einreichung für U 02/2004) bis zum 7. August 2006 (verspätete Einreichung der Erklärungen betreffend U 01/2005-05/2006) weder Umsatzsteuervoranmeldungen eingebracht noch Umsatzsteuervorauszahlungen entrichtet worden. Der Beschwerdeführer sei während dieses Zeitraumes allein verantwortlicher Geschäftsführer der K GmbH und somit für die Einhaltung der abgabenrechtlichen Vorschriften verantwortlich gewesen. Es sei nicht glaubhaft, dass ihm diese Versäumnisse während dieses mehrjährigen Zeitraumes verborgen geblieben seien. Zudem seien die Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen für die K GmbH für 2000 am 15. November 2002 und jene für 2001 am 27. Mai 2003 eingereicht worden. Diese Erklärungen seien vom Beschwerdeführer eigenhändig unterfertigt worden. Daraus ergebe sich, dass er mit steuerlichen Angelegenheiten befasst gewesen sei. Für die Folgejahre seien keine Abgabenerklärungen mehr abgegeben worden. Schließlich sei auf den unbekämpften in Rechtskraft erwachsenen Einleitungsbescheid vom 24. April 2004 zu verweisen, wonach der Verdacht bestehe, dass der Beschwerdeführer die Umsatzsteuervoranmeldungen für 01-12/2002, 01-12/2003, 05- 12/2004 und 01-12/2005 vorsätzlich nicht oder nicht rechtzeitig eingebracht und keine Umsatzsteuervorauszahlungen entrichtet habe. Diese Umstände sprächen dafür, dass der Beschwerdeführer, der während dieses Zeitraumes den abgabenrechtlichen Verpflichtungen nicht mehr nachgekommen sei, es jedenfalls ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden habe, dass die entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldungen nicht eingebracht und keine Umsatzsteuervorauszahlungen geleistet wurden. Da ihm auch zweifelsfrei bekannt gewesen sei, dass die K GmbH während des hier gegenständlichen Zeitraumes Umsätze erzielt habe, bestehe auch der Verdacht, dass er gewusst habe, dass dadurch eine Verkürzung an Umsatzsteuer bewirkt werde. Es bestünden daher hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer auch die subjektive Tatseite des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG verwirklicht habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes macht der Beschwerdeführer geltend, er sei seit Bestehen der K GmbH nie mit der Erledigung der Voranmeldungen befasst gewesen. Auf Grund der jahrzehntelangen Verlässlichkeit seiner Ehegattin habe er keine Kontrolle ihrer diesbezüglichen Tätigkeit vorgenommen. Betreffend den subjektiven Tatbestand lägen nicht genügend Verdachtsmomente vor, welche die Einleitung des Finanzstrafverfahrens gegen ihn rechtfertigten.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird in der Beschwerde ausgeführt, die Finanzstrafbehörde erster Instanz habe den Beschwerdeführer mit dem bekämpften Bescheid vom 7. September 2006 zwar zur schriftlichen Rechtfertigung aufgefordert, habe es jedoch unterlassen, ihn zur Beibringung der seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel aufzufordern. Auch die belangte Behörde habe diesen Verfahrensmangel nicht aufgegriffen. Wenn er zur Bekanntgabe oder Beischaffung von Beweismitteln aufgefordert worden wäre, hätte er seine Ehefrau als Zeugin zum Beweis dafür namhaft gemacht, dass sie für die steuerlichen Agenden der K GmbH, insbesondere die Vornahme der Umsatzsteuervoranmeldungen, allein verantwortlich gewesen sei.

Die Finanzstrafbehörde erster Instanz hat gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG die ihr gemäß § 80 oder 81 zukommenden Verständigungen und Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Die Prüfung ist nach den für die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes im Untersuchungsverfahren geltenden Bestimmungen vorzunehmen. Ergibt diese Prüfung, dass die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz nach Abs. 3 leg. cit. das Strafverfahren einzuleiten. Für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens genügt es, wenn gegen den Verdächtigen genügend Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt. Es geht bei der Prüfung, ob tatsächlich genügend Verdachtsgründe im Sinn des § 82 Abs. 1 FinStrG für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind, nicht darum, schon jetzt die Ergebnisse des förmlichen Finanzstrafverfahrens gleichsam vorwegzunehmen, sondern lediglich darum, ob die bisher der Finanzstrafbehörde zugekommenen Mitteilungen für einen Verdacht ausreichen oder nicht. Die Beantwortung der Frage, ob der Beschwerdeführer das ihm zur Last gelegte Finanzvergehen tatsächlich begangen hat oder nicht, ist jedenfalls dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens nach den §§ 115 leg. cit. vorbehalten (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. September 2007, 2007/15/0094, und vom 28. November 2007, 2007/15/0228).

Für die auf der Grundlage des § 82 Abs. 1 FinStrG zu lösende Rechtsfrage des Vorliegens von genügenden Verdachtsgründen für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens ist Folgendes von Bedeutung:

Im Spruch des Einleitungsbescheides muss das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, das als Finanzvergehen erachtet wird, nur in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht "bestimmt", somit nicht in den für eine Subsumption relevanten Einzelheiten geschildert werden. In der Begründung des Einleitungsbescheides ist darzulegen, von welchem Sachverhalt die Finanzstrafbehörde ausgegangen ist und welches schuldhafte Verhalten dem Beschuldigten vorgeworfen wird. Der Verdacht muss sich sowohl auf den objektiven als auch auf den subjektiven Tatbestand erstrecken. Für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens genügt es somit, wenn gegen den Verdächtigen genügend Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt.

Soweit die Beschwerde die Annahme des subjektiven Tatbestandes in Zweifel zieht, ist sie darauf zu verweisen, dass gerade das mit dem angefochtenen Bescheid eingeleitete - erweiterte - Finanzstrafverfahren klären soll, ob die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tatbestände erfüllt sind. Dazu gehört auch die Prüfung, ob dem Beschwerdeführer ein tatbestandsmäßiges Verschulden anzulasten ist. Durch die Behauptung, er habe auf Grund einer jahrzehntelangen Verlässlichkeit seiner Ehefrau keine Kontrolle ihrer diesbezüglichen Tätigkeit vorgenommen, wird ein solches Verschulden nicht unter allen Umständen ausgeschlossen. Auch die in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge zeigt nicht auf, dass die belangte Behörde die auf der Grundlage des § 82 Abs. 1 FinStrG zu lösende Rechtsfrage des Vorliegens von genügenden Verdachtsgründen für die Erweiterung eines Finanzstrafverfahrens nicht dem Gesetz entsprechend beantwortet hat.

Der Bescheid über die Einleitung des Finanzstrafverfahrens muss - wie sich dies aus dem Wortlaut des § 83 Abs. 2 FinStrG ergibt - u.a. die zur Last gelegte Tat und die in Betracht kommende Strafbestimmung zum Ausdruck bringen. Es muss somit im Bescheid dargelegt sein, auf welches Finanzvergehen sich der Verdacht bezieht.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Strafbarkeit einer Abgabenhinterziehung im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG dann ausgeschlossen, wenn einer Strafbarkeit infolge der nachfolgenden Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 leg. cit. wegen des gleichen Umsatzsteuerbetrages für den selben Zeitraum kein Hindernis entgegensteht, weil in einem solchen Fall die Tathandlung im Sinn des § 33 Abs. 2 lit. a als eine - durch die Ahndung nach § 33 Abs. 1 - nachbestrafte Vortat zu betrachten ist, was auch für solche Fälle gilt, in denen sowohl die Abgabenverkürzung nach § 33 Abs. 2 lit. a als auch jene nach § 33 Abs. 1 durch Unterlassung der Einbringung der Umsatzsteuervoranmeldungen und der Jahresumsatzsteuererklärungen bewirkt oder zu bewirken versucht wird. Eine Bestrafung eines Täters nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG erfordert klare und eindeutige Feststellungen dahingehend, ob der Täter nicht ohnehin den Tatbestand nach § 33 Abs. 1 leg. cit. hinsichtlich der Jahresumsatzsteuer erfüllt hat (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 15. Juli 1998, 97/13/0106, und vom 30. Jänner 2001, 2000/14/0109).

Die belangte Behörde geht sowohl davon aus, dass der Abgabenbehörde der Abgabenanspruch dem Grunde nach bekannt gewesen sei und im Hinblick auf die eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen keine Anhaltspunkte für die Verwirklichung eines Deliktes nach § 33 Abs. 1 FinStrG hinsichtlich der Jahresumsatzsteuer bestehen, als auch, dass Jahresumsatzsteuererklärungen für 2004 nicht und für 2005 und 2006 verspätet eingereicht worden sind. Diese Erwägungen sind noch nicht geeignet, das Vorliegen einer Abgabenhinterziehung i.S.d.

§ 33 Abs. 1 FinStrG verneinen zu lassen. Zur Klarstellung wird im gegebenen Zusammenhang darauf verwiesen, dass Tathandlung einer Hinterziehung der Jahresumsatzsteuer auch die Unterlassung der Einbringung der Umsatzsteuererklärung sein kann. Unbeschadet der Bestimmung des § 33 Abs. 3 lit. a FinStrG - § 33 Abs. 3 leg. cit. enthält lediglich Legaldefinitionen des Bewirkens einer Abgabenverkürzung und des Zeitpunktes der technischen Vollendung des Vergehens, nicht aber die Tatbestände der Abgabenhinterziehung -, ist dabei für die Tathandlung nicht entscheidend, ob ein Steuerpflichtiger aktenmäßig beim zuständigen Finanzamt erfasst ist. Gleiches gilt für den Fall, dass der Abgabenanspruch dem Grunde nach bekannt ist. Bei einem solchen Steuerpflichtigen kann die Unterlassung der Abgabe der Umsatzsteuererklärung im Hinblick auf die Möglichkeit der Ermittlung der Abgaben durch Schätzung nach § 184 BAO auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines absolut untauglichen Versuches betrachtet werden. Überdies ist zu bedenken, dass nach ständiger Rechtsprechung die Verkürzung einer Abgabe schon dann bewirkt ist, wenn die Abgabe dem Abgabengläubiger nicht zu dem Zeitpunkt zufließt, in dem er diese nach den Abgabenvorschriften zu erhalten hat. Der Umstand allein, dass zu einem späteren Zeitpunkt eine Veranlagung auf Grund einer Schätzung durchgeführt wird, vermag an der durch die Unterlassung der Einbringung der Abgabenerklärung eingetretenen Verletzung der Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, die eine Abgabenverkürzung bewirkte, nichts zu ändern (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, 93/13/0055). Die belangte Behörde hat es somit unterlassen, ausreichende Erwägungen darüber anzustellen, ob nach der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides gegebenen Sachlage dem Verdacht einer Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG nicht Vorgänge betreffend die Jahressteuererklärungen entgegenstehen.

Der angefochtene Bescheid wurde dadurch mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 28. Mai 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008150011.X00

Im RIS seit

25.06.2008

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten