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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des C H in A, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Klaus Herke, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 33, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats in Tirol vom 4. Februar 2004, Zl uvs-2002/20/209-11, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 28. Oktober 2002 wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe es "als Geschäftsführer und somit gemäß § 9 VStG als nach außen hin zur Vertretung berufenes Organ der Firma C H, mit Sitz in D- A, ..., die Zulassungsbesitzerin" des nach den Kennzeichen bestimmten LKW sei, unterlassen, dafür Sorge zu tragen, dass für die durchgeführte ökopunktepflichtige Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich vom Grenzübergang Brennerpass, Einreise am 6. Juni 2002 um 15 Uhr, Richtung Österreich fahrend, der Fahrer infolge mangelhafter bzw unterlassener Belehrung den Umweltdatenträger auf ökopunktepflichtige Transitfahrt eingestellt habe, sodass die Ökopunkteabbuchung auf elektronischem Weg nicht erfolgt sei. Der Beschwerdeführer sei insbesondere verpflichtet, vor Fahrtbeginn dafür zu sorgen, dass die Fahrt ohne Verletzung der Ökopunkte-Verordnung durchgeführt werden könne. Hiezu habe er dem Lenker eine entsprechende Anzahl von Ökopunkten zu übergeben oder wenn er einen Umweltdatenträger benütze, so habe er sich davon zu überzeugen, dass ausreichend Ökopunkte zur Verfügung stünden, der Umweltdatenträger ausreichend funktioniere und der Fahrer belehrt worden sei, welche Maßnahmen dieser zur Einhaltung der Ökopunkte-Verordnung zu treffen habe. Letzteres habe der Beschwerdeführer insoweit unterlassen, als er dem Lenker die Belehrung erteilt habe, die gegenständliche Fahrt als bilaterale Fahrt zu deklarieren. Diese Übertretung sei anlässlich einer Kontrolle durch Bedienstete der Zollwache Abteilung Brenner/MÜG am 6. Juni 2002 um 15 Uhr auf der A 13 Brennerautobahn bei km 10,8 im Gemeindegebiet von Schönberg i. St. in Fahrtrichtung Österreich festgestellt worden. Dadurch habe der Beschwerdeführer § 23 Abs 1 Z 6 und 9 iVm § 9 Abs 3 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl Nr 593 idF BGBl I Nr 106/2001, iVm Art 1 Abs 1 lit a und b sowie Art 2 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr 3298/94 vom 21. Dezember 1994 idF der Verordnungen Nr 1524/96 vom 30. Juli 1996, Nr 609/2000 vom 21. März 2000 und Nr 2012/2000 vom 21. September 2000. Auf Grund dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 23 Abs 1 Z 6 iVm § 23 Abs 4 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 idF BGBl I Nr 106/2001 eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.450,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: fünf Tage) verhängt.
Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e VStG keine Folge gegeben und der Spruch des Straferkenntnisses wie folgt richtig gestellt: Der Beschwerdeführer "hat als Einzelunternehmer mit Sitz in D- 83544 Albaching, ..., der Zulassungsbesitzer" des besagten LKW war, unterlassen, dafür Sorge zu tragen, dass die von ihm veranlasste und durchgeführte genannte ökopunktepflichtige Transitfahrt, wie ihm im Straferkenntnis im Übrigen vorgeworfen, erfolgte.
Begründend wurde insbesondere Folgendes festgehalten: In der Berufung gegen das Straferkenntnis sei unter anderem auch vorgebracht worden, dass die vorliegende Fahrt zu Unrecht als Transitfahrt qualifiziert worden wäre. Tatsächlich hätte der Lenker des in Rede stehenden LKW einen Umladeplatz in S ansteuern und dort das Transportgut zwischenlagern sollen, was er auch tatsächlich getan hätte. Durch die Zwischenlagerung des Transportgutes wäre die Fahrt nicht mehr als bilaterale Fahrt zu qualifizieren. Mit einer Bestätigung der Firma U vom 8. März 2002 würde nachgewiesen, dass die Firma H in S einen Lagerplatz angemietet hätte, um dort entsprechend Transportgüter zwischenzulagern (dabei handle es sich um keine Zweigstelle, es werde dort auch kein Büro unterhalten). Hintergrund dieser Zwischenlagerung in S wäre, dass der Auftraggeber und die Empfänger der jeweiligen Transporte, die die Firma H durchzuführen hätte, vorschreiben würden, dass diese nicht nur nicht zu spät sondern auch nicht zu früh ausgeführt werden dürften, sodass die Anlieferung "just in time" zu erfolgen hätte. Die Zwischenlagerung in S wäre für die Firma H mit erheblichen zusätzlichen Kosten-, Arbeits- und Zeitaufwand verbunden.
In Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vom 27. Oktober 2003 habe der Meldungsleger mitgeteilt, dass seiner Einschätzung nach die der Anzeige zugrunde liegende Amtshandlung um ca 14.50 Uhr begonnen und in etwa 40 Minuten gedauert hätte und der Lenker die Fahrt um ca 15.30 Uhr fortgesetzt hätte. Bei der besagten Verhandlung sei der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter rechtsfreundlich vertreten worden. Nach dieser Verhandlung sei vom Beschwerdeführer mitgeteilt worden, dass die Abladung durch "Abbrücken" (also Abstellen des Fahrzeugaufbaus) in S erfolgt wäre. Der LKW wäre in der Folge mit Folien der Firma U beladen worden und hätte seine Fahrt fortgesetzt. Die Tachoscheibe wäre auf Grund des Ablaufs der Aufbewahrungsfrist nicht mehr vorhanden. Die Mineralwasserpaletten wären am 7. Juni 2003 mit dem besagten LKW und einem nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger von S zum Empfänger nach Deutschland transportiert und dort termingerecht entladen worden. Auf Grund der Technik des "Abbrückens" wäre es in relativ kurzer Zeit möglich gewesen, dass eine Entladung in Schaftenau in zeitgemäßer Hinsicht in Betracht gekommen wäre.
Am 2. Februar 2004 sei eine weitere öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt worden, zu welcher der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers und der Zeuge A (Sohn des Beschwerdeführers) erschienen seien. In der zu Handen des Rechtsvertreters zugestellten Ladung an den Beschwerdeführer zu dieser Verhandlung sei dieser irrtümlich mit C H bezeichnet worden, auf Grund des übrigen Inhalts des Ladungsbescheids sei jedoch klar zu erkennen gewesen, dass es sich hiebei um einen offensichtlichen Schreibfehler gehandelt habe.
Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens stehe der dem Straferkenntnis der Erstbehörde zugrunde gelegte Sachverhalt als erwiesen fest. Insbesondere stehe als erwiesen fest, dass vorliegend eine ökopunktepflichtige Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich durchgeführt worden sei, wobei der Lenker C N in Entsprechung einer diesbezüglichen Belehrung durch das Unternehmen des Beschwerdeführers die Deklaration "ökopunktebefreite Fahrt" gewählt habe.
Diesen Feststellungen liege folgende Beweiswürdigung zugrunde: Nach der Stellungnahme des Meldungslegers habe die Amtshandlung um 15.30 Uhr geendet. Die belangte Behörde habe keine Bedenken in Bezug auf die Richtigkeit dieser Angabe, was durch den Umstand gestützt werde, dass die der Anzeige angeschlossene Tachoscheibe um ca 15.10 Uhr aus dem LKW entnommen worden sei. Auf Grund des Datenmaterials der Firma Kapsch ergebe sich, dass die Ausreise des in Rede stehenden LKW am 6. Juni 2002 um 17.05 Uhr am Grenzübergang Kufstein/Kiefersfelden erfolgt sei. Dies bedeute, dass zwischen dem Ende der besagten Anhaltung bei der Mautstelle Schönberg und der Ausfahrt am genannten Grenzübergang ein Zeitraum von ca einer Stunde und 35 Minuten verstrichen sei. Bereits auf Grund dieser zeitlichen Verhältnisse sei es als in hohem Ausmaß unwahrscheinlich anzusehen, dass mit dem LKW die Inntalautobahn A 12 verlassen, das Firmengelände der Firma U AG in S angefahren und dort eine Be- und Entladung durchgeführt worden sei. Dabei sei nämlich zu beachten, dass zwischen dem Anhalteort bei der Mautstelle Schönberg und dem Grenzübergang Kufstein/Kiefersfelden eine Distanz von ca 85 km zurückgelegt haben werde müsse, wobei im Bereich der Brennerautobahn A 13 LKW auf Grund des dort bestehenden Gefälles eine Geschwindigkeitsbeschränkung in Höhe von 40 km/h auf einer Strecke von mehreren Kilometern bestehe. Darüber hinaus sei auf Grund einer Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verkehrsbeschränkungen für Schwerfahrzeuge auf einem Großteil der von der Mautstelle Brenner zum Grenzübergang Kufstein/Kiefersfelden zurückgelegte Strecke ein Überholverbot verordnet. Unter Bedachtnahme auf die Verkehrsbeschränkungen und unter Berücksichtigung des hohen Verkehrsaufkommens, welches nicht zuletzt auf Grund des hohen LKW-Verkehrs auf der Inntal- und Brennerautobahn herrsche, werde für die Strecke von Schönberg nach Kufstein zumindest eine Dauer von 1,25 bis 1,30 Stunden benötigt. Für die Gesamtstrecke Brenner bis Kufstein/Kiefersfelden sei je nach Fahrtrichtung eine Fahrtzeit von zumindest einer Stunde und 40 Minuten bis zu zwei Stunden zu veranschlagen, was sich anhand des vorliegenden Datenmaterials belegen lasse. Die behauptete Be- und Entladung in S sei daher schon deshalb als unglaubwürdig anzusehen.
Seitens des Beschwerdeführers sei auch noch im Schriftsatz vom 29. August 2003 behauptet worden, dass auf dem Lagerplatz der Firma U die komplette Ladung Mineralwasser abgeladen und das Fahrzeug mit Folie (Paletten-Ware) neu beladen worden wäre. Von einem "Abbrücken", also einem bloßen Abstellen bzw einer Neuaufnahme eines Fahrzeugaufbaues, sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Rede gewesen. Ein derartiges Vorbringen sei erst erstattet worden, als in der Verhandlung vom 27. Oktober 2003 auf die zeitlichen Gegebenheiten der gegenständlichen Fahrt (insbesondere den Zeitpunkt der Ausfahrt aus Österreich) hingewiesen worden sei. In der dem Verwaltungsverfahren zugrunde liegenden Anzeige finde sich unter der Rubrik "Schilderung der näheren Tatumstände" der Hinweis, dass der Fahrzeuglenker bei der Befragung angegeben hätte, dass er im Auftrag von seinem Chef, dem Beschwerdeführer, eine ökopunktbefreite Fahrt deklariert hätte, weil "die Ware am Parkplatz der Firma U in S von Herrn N persönlich abgeladen" würde. Bei seiner Einvernahme im Rechtshilfeweg habe der Fahrer C N erklärt, dass die Ware in S komplett abgeladen worden wäre und die Abladung durch ihn selbst erfolgt wäre. Der Stapler wäre durch die Firma U gestellt worden. Nach der Abladung wären die Paletten im Lager abgestellt worden. Was damit weiter passiert wäre, würde sich seiner Kenntnis entziehen. In Bezug auf die Abladedauer habe der Zeuge angegeben, dass man diesbezüglich üblicherweise 1,5 bis 2 Stunden benötigen würde. Im Zug seiner Einvernahme vor der belangten Behörde habe der Zeuge C N den Ablauf (aber) dahingehend geschildert, dass das Be- und Abladen jeweils ohne den Fahrer erfolgen würde und es lediglich zu einem Tausch des Sattelaufliegers gekommen wäre, was auch in wenigen Minuten möglich wäre. In Bezug auf diese Ausführungen habe die belangte Behörde den Eindruck gewonnen, dass der Zeuge A , der der Sohn des Beschwerdeführers und zwischenzeitlich auch Mitgesellschafter der Nachfolgefirma sei, versucht habe, das Vorliegen einer Bilateralfahrt glaubhaft zu machen. Es könne dahingestellt bleiben, inwieweit es in anderen Fällen durch LKW der Firma H zum Anfahren des Firmengeländes der Firma U gekommen sei. Im vorliegenden Fall gehe die belangte Behörde davon aus, dass es tatsächlich nicht zu einem Be- und Entladevorgang gekommen sei, zumal dies auf Grund der zeitlichen Umstände nicht möglich gewesen sei. In Bezug auf den einvernommenen Zeugen C N gehe die belangte Behörde jedoch davon aus, dass dieser auf Grund des Abhängigkeitsverhältnisses zum Beschwerdeführer von der Durchführung eines (wohl nicht nur wenige Minuten dauernden) persönlich durchgeführten Entladevorgangs gesprochen habe, obwohl dieser in der von ihm geschilderten Form gar nicht stattgefunden haben könne.
Das durchgeführte Beweisverfahren sei umfassend gewesen, die Durchführung weiterer Ermittlungen sei nicht erforderlich gewesen. Insbesondere sei auch die Einvernahme des Zeugen G sowie eine ergänzende Einvernahme des bereits im Rechtshilfeweg einvernommenen Zeugen C N nicht erforderlich gewesen.
Über diese Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 9 Abs 3 Güterbeförderungsgesetz (GütbefG) 1995, BGBl Nr 593 idF BGBl I Nr 106/2001, hat jeder Unternehmer, der veranlasst, dass eine Fahrt durch Österreich durchgeführt wird, für die gemäß der Verordnung (EG) Nr 3298/94, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr 2012/2000 (Ökopunkteverordnung), Ökopunkte zu entrichten sind, dem Fahrer vor Antritt der Fahrt die entsprechende Anzahl von Ökopunkten zu übergeben. Wird ein Umweltdatenträger benützt, hat sich der Unternehmer davon zu überzeugen, dass ausreichend Ökopunkte zur Verfügung stehen und dass der Umweltdatenträger einwandfrei funktioniert. Er hat weiters den Fahrer darüber zu belehren, welche Maßnahmen dieser zur Einhaltung der Ökopunkteverordnung zu treffen hat.
Gemäß § 23 Abs 1 Z 6 GütbefG 1995, BGBl Nr 593 idF BGBl I Nr 32/2002, begeht abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu EUR 7.267,-
- zu ahnden ist, wer § 9 Abs 3 GütbefG zuwiderhandelt.
Gemäß § 23 Abs 4 leg cit hat die Geldstrafe bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 23 Abs 1 Z 6 leg cit mindestens EUR 1.453,-- zu betragen.
Gemäß § 23 Abs 3 leg cit ist ein Unternehmer nach § 23 Abs 1 Z 6 leg cit auch dann strafbar, wenn er die in §§ 7 bis 9 leg cit genannten Verpflichtungen im Ausland verletzt.
Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, die belangte Behörde habe die Richtigstellung des Schuldvorwurfs betreffend den Beschwerdeführer als Einzelunternehmer erst lange nach Ablauf der (Verfolgungs-)Verjährungsfrist vorgenommen. Dieses Vorbringen geht fehl. Gemäß § 66 Abs 4 AVG - diese Vorschrift findet zufolge des § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung - hat die Berufungsbehörde außer dem im Abs 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60 AVG) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid (unter Bedachtnahme auf das im Verwaltungsstrafverfahren geltende Verbot der reformatio in peius) nach jeder Richtung abzuändern. "Sache" im Sinne dieser Gesetzesstelle ist immer die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat. Das bedeutet für den Bereich des Verwaltungsstrafverfahrens, dass die Berufungsbehörde trotz ihrer Berechtigung, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, doch auf die Ahndung der dem Beschuldigten im Strafverfahren erster Instanz zur Last gelegten Tat beschränkt bleibt, sodass sie ihn nicht für eine Tat schuldig sprechen darf, die ihm im Verfahren vor der ersten Instanz gar nicht zur Last gelegt worden ist. § 9 Abs 1 VStG legt zwar fest, wer unter bestimmten Voraussetzungen als strafrechtlich Verantwortlicher anzusehen ist, normiert jedoch nicht etwa ein zusätzliches, zum Tatbild der jeweiligen Strafnorm hinzutretendes Tatbestandselement, das mit der Änderung des Rechtsgrundes der Heranziehung zur strafrechtlichen Haftung gleichfalls eine Änderung erführe. Wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, findet allein durch die Aufrechterhaltung des Schuldspruches des erstbehördlichen Straferkenntnisses durch die Berufungsbehörde mit der Maßgabe, dass dem Beschuldigten die Straftat nicht für seine Person, sondern als Organ einer juristischen Person zuzurechnen sei, eine Auswechslung oder eine Überschreitung der "Sache" nicht statt. Nichts anderes gilt für den Fall, dass dem Beschuldigten die Straftat im erstbehördlichen Straferkenntnis als Organ einer juristischen Person, von der belangten Behörde aber für seine Person zugerechnet wurde (vgl dazu das hg Erkenntnis vom 26. April 2007, Zl 2006/03/0018). Damit ist für den Beschwerdeführer auch mit dem Hinweis nichts gewonnen, im angefochtenen Bescheid würde ihm nicht der Vorwurf gemacht, er persönlich hätte eine unrichtige Belehrung erteilt, vielmehr würde vorgeworfen, die Belehrung wäre "durch das Unternehmen" (nicht) erfolgt.
Weiters wendet die Beschwerde ein, es könne nicht zu Lasten des Beschwerdeführers gehen, wenn der LKW-Fahrer nun ausgesagt habe, er hätte tatsächlich abgeladen, die Behörde ihm dies aber nicht glaube, solange dem Beschwerdeführer nicht nachgewiesen werden könne, dass er persönlich die Weisung erteilt habe, eine Transitfahrt durchzuführen und die Fahrt als ökopunktebefreit zu deklarieren. Dazu komme noch die Aussage des Zeugen A H in der Verhandlung vom 2. Februar 2004, wonach die Fahrer "ganz klar die Anweisung haben, wenn sie eine ökopunktbefreite Fahrt deklariert haben, dass diesfalls die Ware in Österreich auch entladen werden muss". Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Da es sich nach der ständigen hg Rechtsprechung bei der dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt handelt, hätte er gemäß § 5 Abs 1 VStG glaubhaft machen müssen, dass ihn an einer Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden treffe. Es wäre daher dem Beschwerdeführer oblegen, zur Umsetzung seiner gegenüber seinen Hilfsorganen bestehenden Kontrollpflicht ein wirksames begleitendes Kontrollsystem einzurichten, durch welches die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften jederzeit sichergestellt werden kann. Damit ein solches Kontrollsystem den Beschwerdeführer von seiner Verantwortung für die vorliegende Verwaltungsübertretung hätte befreien können, hätte er konkret darlegen müssen, welche Maßnahmen von ihm getroffen wurden, um derartige Verstöße zu vermeiden, insbesondere wann, wie oft und auf welche Weise und von wem Kontrollen der Angewiesenen vorgenommen wurden. Ein Vorbringen zu einem im Unternehmen eingerichteten tauglichen Kontrollsystem hat der Beschwerdeführer jedoch im Verfahren nicht erstattet. Die ins Treffen geführte bloße Anweisung zur Entladung in den angesprochenen Fällen reicht hiefür nicht aus (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 23. April 2008, Zl 2004/03/0050). Schon vor diesem Hintergrund entbehrt die Verfahrensrüge, der Beschwerdeführer habe bei der mündlichen Verhandlung am 2. Februar 2004 die Aussage des Zeugen A H - mangels Ladung zu dieser Verhandlung - nicht bestätigen können, der Relevanz im Sinn des § 42 Abs 2 Z 3 VwGG.
Wenn der Beschwerdeführer ferner einwendet, dass er seine Handlungen in Deutschland - somit außerhalb des Anwendungsbereichs des österreichischen Verwaltungsstrafgesetzes - gesetzt habe, ist er auf die in § 23 Abs 3 GütbefG enthaltene Regelung hinzuweisen, wonach ein Unternehmer auch dann strafbar ist, wenn er die in §§ 7 bis 9 leg cit genannten Verpflichtungen im Ausland verletzt. Örtlich zuständig ist diesfalls jene Behörde, in deren Sprengel der Lenker im Zug einer Straßenkontrolle betreten wird, sonst jene Behörde, in deren Sprengel der Grenzübertritt in das Bundesgebiet erfolgte (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 12. September 2007, Zl 2003/03/0191).
Weiters versagt der Einwand, der angefochtene Bescheid sei "in sich widersprüchlich" und nicht nachvollziehbar, weil der Beschwerdeführer danach zur selben Zeit - am 6. Juni 2002 um 15 Uhr - gleichzeitig die Brennergrenze überschritten und an der Hauptmautstelle Schönberg - gut 20 km weiter südlich - kontrolliert worden sei. Auf dem Boden der im angefochtenen Bescheid im Übrigen unstrittigen Darstellung betreffend die Einfahrt des in Rede stehenden LKW nach Österreich, dessen Kontrolle (die um 15.30 Uhr endete und bei welcher um 15.10 Uhr die Tachoscheibe dem LKW entnommen wurde), und der Ausfahrt des LKW aus Österreich um 17.05 Uhr ergibt sich, dass es sich bei der zeitlichen Gleichsetzung von Einfahrt und Kontrolle offensichtlich um ein Versehen handelt. Nach dem Maßstab des § 44a Z 1 VStG ist die Tat im Spruch des angefochtenen Bescheids angesichts der nach Datum, Einfahrtsort und (dem davon nicht weit entfernten) Kontrollort sowie der zeitlichen Angabe 15 Uhr näher determinierten Transitfahrt als noch ausreichend konkretisiert zu betrachten, zumal der Beschwerdeführer durch die Tatumschreibung in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und weiters der Spruch so geeignet ist, den Beschwerdeführer rechtlich davor zu schützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl dazu etwa das hg Erkenntnis vom 16. Oktober 2002, Zl 2002/03/0106, und nochmals das hg Erkenntnis Zl 2003/03/0191).
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.
Wien, am 28. Mai 2008
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verwaltungsstrafrecht Umfang der Abänderungsbefugnis Auswechslung des Rechtsgrundes Spruch der Berufungsbehörde Änderungen des Spruches der ersten Instanz "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2 Verantwortlichkeit (VStG §9) zur Vertretung berufenes Organ "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild) Berufungsverfahren Befugnisse der Berufungsbehörde hinsichtlich Tatbestand und SubsumtionEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2004030049.X00Im RIS seit
25.06.2008Zuletzt aktualisiert am
15.10.2008