Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2007/09/0208Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde 1. der S. und 2. der St., beide in G und vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark jeweils vom 3. August 2007, Zl. UVS 333.15-2/2007-42 (betreffend die Erstbeschwerdeführerin, protokolliert zur hg. Zl. 2007/09/0207), und Zl. UVS 333.15-1/2007-35 (betreffend die Zweitbeschwerdeführerin, protokolliert zur hg. Zl. 2007/09/0208), betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den in Beschwerde gezogenen - im Wesentlichen wortgleichen - Bescheiden der belangten Behörde vom 3. August 2007 wurden die Beschwerdeführerinnen in Erledigung ihrer Berufungen gegen die Punkte 1.) und 2.) des Straferkenntnisses des Bürgermeisters der Stadt Graz jeweils vom 30. Jänner 2007 schuldig erkannt, als persönlich haftende Gesellschafterinnen der W.-OEG mit Sitz in Graz und somit als zur Vertretung nach außen berufene Organe des Arbeitgebers zu verantworten, dass diese Gesellschaft zwei namentlich bezeichnete ungarische Staatsangehörige in der Zeit vom 29. September 2005 bis 27. Februar 2006 als Bauhilfsarbeiter ohne die erforderlichen arbeitsmarktbehördlichen Bewilligungen und damit entgegen § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (kurz: AuslBG) beschäftigt habe; hinsichtlich der verhängten Strafe wurde den Berufungen dahingehend Folge gegeben, dass über die Beschwerdeführerinnen zu Punkt 1.) und 2.) jeweils zwei Geldstrafen in der Höhe von EUR 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von je vier Tagen) verhängt wurden.
Die belangte Behörde ging auf Grund der Ergebnisse der von ihr durchgeführten - gemeinsamen - öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung davon aus, dass die Erstbeschwerdeführerin seit dem 12. April 2005 gemeinsam mit der Zweitbeschwerdeführerin, welche die Tochter von Herrn W., dem Ehemann der Erstbeschwerdeführerin, ist, persönlich haftende Gesellschafterin der zwischenzeitig aufgelösten W.-OEG mit dem Sitz in Graz gewesen seien.
Der Gesellschaftsvertrag habe unter anderem folgende, im Firmenbuch nicht protokollierte Vereinbarung enthalten:
"5.
Die Geschäftsführung und Vertretung ist zu 90 % Frau S. (Erstbeschwerdeführerin) und zu 10 % Frau St. (Zweitbeschwerdeführerin).
6.
Der Anteil jedes Gesellschafters am Vermögen der Gesellschaft bestimmt sich in Ermangelung von Kapitaleinlagen nach dem Verhältnis der Arbeitsleistungen der Gesellschafter, wobei Frau S. mit 90 % und Frau St. mit 10 % beteiligt ist."
Erst in der Berufungsverhandlung sei eine mit 27. Jänner 2005 datierte Generalvollmacht mit folgendem Wortlaut vorgelegt worden:
"Generalvollmacht
Ich, (Erstbeschwerdeführerin), ...., bevollmächtige Herrn W.,
.... für die Firma W. Gruppe S, Rumänien, ..... und für die Firma
W.-OEG, .... alle Rechtsgeschäfte im Namen der Firmen und in
meinem Namen uneingeschränkt durchführen zu können."
Eine inhaltlich gleichlautende Vollmacht habe auch zu Gunsten der Zweitbeschwerdeführerin existiert. Eine Meldung von Herrn W. oder anderen Personen als verantwortliche Beauftragte gemäß § 28a Abs. 3 AuslBG sei nicht erfolgt.
Unternehmensgegenstand der W.-OEG sei die Durchführung von Verspachtelungsarbeiten und die Montage von Rigipsplatten gewesen. Während des Tatzeitraumes habe es fünf näher bezeichnete Mitarbeiter (drei Österreicher und zwei ungarische Staatsangehörige) gegeben.
Die Zweitbeschwerdeführerin sei im Unternehmen primär mit Büroarbeiten befasst gewesen, unter anderem mit der Buchhaltung, mit der Durchführung diverser Abrechnungen und auch mit der An- und Abmeldung neuer Mitarbeiter bei der Gebietskrankenkasse. Die Erstbeschwerdeführerin habe gemeinsam mit ihrem Mann, Herrn W., Baustellenkontrollen und Materialtransporte auf die Baustellen durchgeführt und habe fallweise, ebenso wie Herr W., auf den Baustellen mitgearbeitet.
Die beiden genannten ungarischen Staatsangehörigen hätten sich bei der Erstbeschwerdeführerin vorgestellt und dabei Meldezettel und Reisepässe vorgewiesen. Da sie angegeben hätten, in Österreich schon einmal "selbständig" gewesen zu sein, habe sich die Zweitbeschwerdeführerin "in allgemeiner Form beim AMS Graz erkundigt, ohne die Personalien der beiden ungarischen Staatsangehörigen bekannt zu geben, ob diese wegen ihrer angeblichen vorangegangenen Selbständigkeit ohne Bewilligung nach dem AuslBG in Österreich arbeiten hätten dürften." Kopien jener Unterlagen, welche die beiden ungarischen Staatsangehörigen beim Einstellungsgespräch vorgewiesen hätten, seien nicht angefertigt worden. Die beiden näher bezeichneten Ungarn seien am 29. September 2005 zur Sozialversicherung angemeldet worden und hätten ab diesem Zeitpunkt bis zum 27. Februar 2006 auf verschiedenen Baustellen gearbeitet, unter anderem auch auf der Baustelle an der Adresse W.
Auf dieser Baustelle seien seitens der W.-OEG im Zeitraum ca. Anfang Dezember 2005 bis Ende Februar 2006 verschiedene Bauarbeiten (Verlegung von Rigipsplatten, Malerarbeiten, Schutt wegräumen, diverse Entsorgungsarbeiten) durchgeführt worden. Es habe sich um die Generalsanierung eines Mehrparteienhauses, an welcher verschiedene Firmen beteiligt gewesen seien, gehandelt. Außer den beiden ungarischen Staatsangehörigen hätten dort auch noch zwei näher bezeichnete Österreicher gearbeitet. Die Baustelle sei von Beamten des Zollamtes Graz zwei Mal, nämlich am 13. Jänner 2006 und am 9. Februar 2006 kontrolliert worden. Beide Male seien die zwei ungarischen Staatsangehörigen arbeitend angetroffen worden. Bei der Kontrolle vom 13. Jänner 2006 sei ferner der Bruder M. der Erstbeschwerdeführerin anwesend gewesen. Die zwei ungarischen Staatsangehörigen hätten bei beiden Kontrollen die in ungarischer Sprache abgefassten Personenblätter ausgefüllt und hierbei übereinstimmend die W.-OEG als Arbeitgeber angegeben und als Beschäftigungsbeginn den 29. September 2005 und als Entlohnung EUR 650,-- angeführt.
Die Erstbeschwerdeführerin sei bei beiden Kontrollen nicht auf der Baustelle anwesend gewesen; verständigt sei jeweils ihr Ehemann, Herr W., worden. Mit der Fertigstellung dieser Baustelle am 27. Februar 2006 habe das Beschäftigungsverhältnis der beiden Ungarn geendet und die ungarischen Staatsangehörigen seien auch mit diesem Datum bei der Sozialversicherung abgemeldet worden.
Die beiden ungarischen Staatsangehörigen hätten während des gesamten Tatzeitraums über keine der im angefochtenen Straferkenntnis angeführten Bewilligungen bzw. Bestätigungen nach dem AuslBG verfügt und sie hätten auch nicht die Voraussetzungen für eine EU-Freizügigkeitsbestätigung gemäß § 32a AuslBG erfüllt.
In ihrer Beweiswürdigung führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, die Beschäftigung der genannten ausländischen Arbeitskräfte sei auf Grund der Eintragungen der beiden Ungarn in den Erhebungsbögen und der - diese bestätigenden - Angaben des Zeugen W. als erwiesen anzunehmen. Eine über die getroffenen Feststellungen hinausgehende Verifizierung der von den beiden ungarischen Staatsangehörigen beim Vorstellungsgespräch vorgelegten Dokumente sei nicht möglich gewesen, da die Beschwerdeführerinnen und der Zeuge W. diesbezüglich nur unklare bzw. teilweise widersprüchliche Angaben gemacht und keinerlei Kopien dieser angeblich eingesehenen Unterlagen angefertigt haben, dasselbe gelte für eine nähere Überprüfung der Anfrage beim AMS mangels Namensnennung der angeblichen Auskunftsperson durch die Zweitbeschwerdeführerin, deren Anfrage in der von ihr behaupteten Form viel zu allgemein gehalten gewesen wäre, um einen schuldausschließenden Rechtsirrtum begründen zu können. Die zeugenschaftlichen Einvernahmen der beiden ungarischen Staatsangehörigen habe nicht erfolgen können, weil die Ladungen an dem laut Melderegister aufrechten Nebenwohnsitz in Graz - eine Heimatadresse sei nicht bekannt - mit dem Vermerk "unbekannt verzogen" retour gekommen seien.
Rechtlich gelangte die belangte Behörde zum Ergebnis, dass sowohl die objektive Tatseite der inkriminierten Verwaltungsnorm durch Beschäftigung der genannten Ausländer ohne die erforderlichen arbeitsmarktbehördlichen Bewilligungen als auch deren subjektive Tatseite erfüllt seien: der vorgelegte Gesellschaftsvertrag sei als interne Aufgabenteilung zu verstehen; diese sei aber für die Verantwortlichkeit der gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenen Personen nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (unter Zitierung der Erkenntnisse vom 14. September 2001, Zl. 2000/02/0181, und vom 5. September 2002, Zl. 98/02/0220) und auf Grund des Umstandes, dass diese Beschränkung der Geschäftsführung im Firmenbuch nicht protokolliert wurde, irrelevant. Auch die Behauptung, im Tatzeitpunkt lediglich Pro-Forma-Geschäftsführer zu sein, entbinde diesen nicht seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit, da die bloße Nichtausübung der Funktion dem ordnungsgemäß Bestellten nicht die Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer nimmt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. November 1990, Slg. 13.323/A). Die vorgelegte Handlungsvollmacht zugunsten von Herrn W. könne ebenso nicht exkulpieren, da diese Vollmacht unstrittig nicht den in § 28a Abs. 3 AuslBG genannten Behörden vorgelegt worden sei. Zusammenfassend sei für den gesamten Beschäftigungszeitraum zugunsten der Beschwerdeführerinnen, die die von den Ungarn beim Einstellungsgespräch vorgelegten Unterlagen - wenn überhaupt - nur äußerst oberflächlich geprüft haben, von fahrlässiger Begehung auszugehen, weil es nicht habe erwiesen werden können, dass bei beiden Kontrollen die Weiterbeschäftigung der Ungarn explizit untersagt wurde bzw. allfällige diesbezügliche Belehrungen tatsächlich den Beschwerdeführerinnen zur Kenntnis gelangt seien und diese glaubhaft den Eindruck vermittelt haben, die beiden ausländischen Arbeitskräfte während des gesamten Beschäftigungszeitraumes gutgläubig beschäftigt zu haben und deshalb keine Veranlassung gesehen hätten, das Beschäftigungsverhältnis nach den beiden Kontrollen zu beenden.
Im Übrigen legte die belangte Behörde auch ihre Strafbemessungsgründe dar.
Gegen diese Bescheide richten sich die - im Wesentlichen ebenfalls wortgleichen - Beschwerden jeweils mit den Anträgen, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete Gegenschriften, in denen sie jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der Rechtssachen wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhaltes zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes, BGBl. Nr. 52/1991, genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte (Abs. 2).
Nach § 9 Abs. 1 VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 137/2001 ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
§ 28a Abs. 3 AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2002, lautet wie folgt:
"(3) Die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 und 3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52, in der jeweils geltenden Fassung, für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes wird erst rechtswirksam, nachdem bei der zuständigen Zollbehörde eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des Bestellten eingelangt ist. Dies gilt nicht für die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten auf Verlangen der Behörde gemäß § 9 Abs. 2 VStG."
Unstrittig ist im konkreten Fall die Beschäftigung der zwei ungarischen Staatsangehörigen im genannten Zeitraum durch die W.- OEG als Arbeitgeber, als deren persönlich haftende Gesellschafterinnen zur damaligen Zeit die Beschwerdeführerinnen fungierten.
Die Beschwerdeführerinnen wenden sich in ihren Beschwerden gegen den ihnen angelasteten Vorwurf eines zumindest fahrlässigen Vorgehens und die daraus resultierende verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit, wozu sie die Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens und die unrichtige Beweiswürdigung rügen.
Dazu bringen sie vor, die belangte Behörde hätte die im Verfahren vorgelegten Urkunden wie auch die Aussagen der Beschwerdeführerinnen und des Zeugen W. nicht entsprechend gewürdigt und unter Zugrundelegung der vorgelegten Generalvollmacht, die vor dem Arbeitsbeginn der beiden ungarischen Staatsangehörigen datierte, zum Ergebnis gelangen müssen, dass eine Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerinnen im gegenständlichen Fall überhaupt nicht gegeben sein könne. Des Weiteren ergäbe sich daraus das Vorliegen eines schuldausschließenden Rechtsirrtums der Beschwerdeführerinnen, die auf Grund der von den ungarischen Staatsangehörigen Herrn W. vorgelegten Urkunden und des Umstandes, dass keine negative Stellungnahme des AMS bei der Anfrage der Zweitbeschwerdeführerin sowie auch von Seiten des Finanzamtes G. bei den Betretungen keine Hinderung an oder Untersagung der Weiterarbeit erfolgt sei, im guten Glauben auf eine rechtmäßige Beschäftigung vertrauen hätten dürfen.
Vorweg ist den Beschwerdeführerinnen zu entgegnen, dass die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG bedeutet, dass die Behörde von der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer bestimmten Tatsache zu überzeugen ist. Der Beschuldigte hat aber (weiterhin) initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu geschehen, welches - von Ausnahmefällen, wie etwa hinsichtlich notorischer Tatsachen, abgesehen - durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. Stellung konkreter Beweisanträge zu untermauern ist. Dem Beschuldigten ist dazu (faktisch) Gelegenheit zu geben. Ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt ebenfalls der Beweiswürdigung gemäß § 45 Abs. 2 AVG. Diesbezüglich erstreckt sich die nachprüfende Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes (wie auch sonst) darauf, ob die von der Behörde angestellten Erwägungen schlüssig sind und ob der Sachverhalt genügend ermittelt worden ist. Letzteres allerdings unter Beachtung des Umstandes, dass die Ermittelungspflicht der Behörde durch das Tatsachenvorbringen einschließlich der Beweisangebote des Beschuldigten eingeschränkt ist. Eine Verpflichtung der Behörde zur Ausforschung unbekannter Zeugen besteht in diesem Zusammenhang nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1989, Zl. 89/02/0017).
Im vorliegenden Fall hat der Zeuge W., der ebenso wie die am Vorstellungsgespräch der beiden Ungarn teilnehmende Erstbeschwerdeführerin nicht der ungarischen Sprache mächtig ist, bei der Einvernahme in der Berufungsverhandlung angegeben, neben Reisepässen und Meldezetteln Unterlagen der beiden Ungarn gesehen zu haben, wonach diese in der Zeit von 1994 bis 1997 bereits in Wien selbständig tätig gewesen wären; darunter hätten sich auch eine scheckkartenähnliche Bewilligung und ein Befreiungsschein befunden, er wisse aber nicht wie diese Dokumente hießen und ob sich daraus irgendein Zeitraum für eine gültige Bewilligung ergeben habe; weiters habe er sich keine Kopien angefertigt, sondern stichwortartig notiert, welche Unterlagen er von den Ungarn gesehen habe, und anschließend der Zweitbeschwerdeführerin gesagt, sie solle sich beim AMS erkundigen, ob sie die Ungarn beschäftigen können, wenn sie "das und das" an Unterlagen hätten; die Zweitbeschwerdeführerin habe dann nach mehreren Telefonaten die Auskunft erhalten, dass dies zulässig sei.
Die Erstbeschwerdeführerin gab dazu an, selbst Meldezettel und Reisepässe angesehen zu haben, im Übrigen habe sie dem Zeugen W. - ihrem Ehemann - vertraut, der ihr gesagt habe, die beiden hätten selbständig in Wien eine Firma gehabt und irgendwelche Unterlagen vorgewiesen.
Nach der Darstellung der Zweitbeschwerdeführerin habe diese weder gewusst, ob und welche Dokumente die beiden Ungarn beim Vorstellungsgespräch bei der Erstbeschwerdeführerin vorgewiesen hätten, noch Dokumente gesehen; die Erstbeschwerdeführerin habe ihr gesagt, die beiden Ungarn hätten schon mit Bewilligungen nach dem AuslBG bzw. als Selbständige in Österreich gearbeitet. Sie habe daraufhin beim AMS G. mit einer Dame, deren Name ihr nicht erinnerlich sei, gesprochen; diese habe erklärt, dass die - namentlich von der Zweitbeschwerdeführerin nicht erwähnten - ungarischen Staatsangehörigen ohne Weiteres bei der SV angemeldet werden können, wenn "das so wäre" (wiederholend über Befragung durch den Beschwerdeführervertreter: "wenn die Ausländer zuvor in Österreich bereits beschäftigt waren oder selbstständig tätig waren").
Zusammengefasst vermochten diese Personen, die nach eigenen Angaben keine Kenntnis der entsprechenden Bestimmungen nach dem AuslBG verfügen, (neben den erwähnten Widersprüchlichkeiten zur internen Informationsweitergabe und Zahl der Anfragen beim AMS) keinerlei konkrete Unterlagen zu nennen.
Damit können die Beschwerdeausführungen aber keine Zweifel an der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde dargelegten Erwägungen zur Beweiswürdigung aufkommen lassen, wenn diese auf Grundlage der erwähnten Angaben im Ergebnis zu Negativfeststellungen zur Behauptung der Vorlage relevanter Unterlagen sowie hinsichtlich einer daraus resultierenden Anfrage bei der zuständigen Behörde, deren Unrichtigkeit für die Beurteilung der Schuldfrage von Bedeutung sein könnte, gelangt.
Des Weiteren verkennen die Beschwerdeführerinnen, dass es ihnen nach der Bestimmung des § 28 Abs. 7 AuslBG, die eine Rechtsvermutung im Sinne des Vorliegens eines der Bewilligungspflicht unterliegenden Beschäftigungsverhältnisses normiert und dem Beschuldigten im Sinne einer Beweislastumkehr überlässt, den Nachweis für das Fehlen eines solchen Beschäftigungsverhältnisses zu erbringen, zugekommen wäre, glaubhaft zu machen, dass eine unberechtigte Beschäftigung nicht vorlag. Diese Glaubhaftmachung ist den Beschwerdeführerinnen jedoch nicht gelungen.
Ebensowenig liegt eine Verletzung der Ermittlungspflicht der belangten Behörde, die durch das Tatsachenvorbringen einschließlich der Beweisangebote der Beschwerdeführerinnen beschränkt ist, vor. Eine Verpflichtung der belangten Behörde zur Ausforschung der Auskunftsperson beim AMS besteht in diesem Zusammenhang nicht, da die Zweitbeschwerdeführerin diese trotz ausdrücklicher Aufforderung nicht namhaft gemacht hat; im Übrigen schied eine amtswegige Eruierung auch auf Grund der vagen Angaben (ohne Namen der Auskunftsperson, ohne Datum und ohne jegliche Konkretisierung der Unterlagen) aus.
Auch die Ausführungen der belangten Behörde zum Verschulden der Beschwerdeführerinnen entsprechen der Rechtslage:
Dem Einwand, durch die Generalvollmacht zugunsten des Zeugen W. vom 27. Jänner 2005 sei eine Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerinnen zum Vorfallszeitpunkt nicht gegeben gewesen, kommt keine Berechtigung zu, weil den Erfordernissen gemäß § 28a Abs. 3 AuslBG nicht nachgekommen wurde, wodurch auch keine Exkulpierung der Beschwerdeführerinnen eintreten kann; die Irrelevanz einer - wie hier vorliegenden - bloßen internen Aufgaben- und Verantwortungsaufteilung zwischen den Beschwerdeführerinnen für deren Verantwortlichkeit, die nach § 9 VStG jeden zur Vertretung nach außen Berufenen trifft, wurde bereits zutreffend von der belangten Behörde aufgezeigt (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 14. Dezember 1994, Zl. 94/03/0138, und vom 5. September 1997, Zl. 97/02/0235).
Nach der Sachlage haben die Beschwerdeführerinnen weder - soweit sie selbst damit unmittelbar befasst waren - ein entsprechend sorgfältiges Verhalten an den Tag gelegt, um eine den Bestimmungen des AuslBG zuwiderlaufende Beschäftigung zu verhindern, noch das Vorliegen effektiver organisatorischer Kontrollmaßnahmen behauptet, die die Einhaltung dieser gesetzlichen Bestimmungen durch von ihnen beauftragte Personen hätte gewährleisten sollen, womit ihnen der geforderte Entlastungsbeweis zur Widerlegung der beim vorliegenden Ungehorsamsdelikt - und die Übertretung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG gilt als solches (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. September 2006, Zl. 2003/09/0081) - im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG gegebenen Verschuldensvermutung jedenfalls nicht gelungen ist. Damit bleibt auch für das Vorliegen eines schuldausschließenden Rechtsirrtums kein Raum. Der Hinweis der Beschwerdeführerinnen, die "Weiterarbeit" der Ungarn sei von der Behörde "nicht verhindert" bzw. "umgehend untersagt" worden, geht ins Leere, weil eine Untersagung einer Beschäftigung nach dem AuslBG nur in den - hier nicht in Frage kommenden - Fällen der §§ 14g und 30 AuslBG zulässig wäre.
Darüber hinaus ist auch der Einwand von Begründungsmängeln verfehlt: Die belangte Behörde hat neben ihren Erwägungen zur Beweiswürdigung in der weiteren Begründung des angefochtenen Bescheides die für die rechtliche Beurteilung wesentlichen und auf Grundlage des Vorbringens ausreichenden Feststellungen getroffen und ist in ihrer klaren und übersichtlichen sowie zutreffenden rechtlichen Subsumtion zu einem die Berufung abschlägigen Ergebnis gelangt. Damit hält die Begründung des angefochtenen Bescheides einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof stand (vgl. zu den Erfordernissen unter anderem die hg. Erkenntnisse vom 12. September 1996, Zl. 95/20/0666, und vom 25. Februar 2004, Zl. 2003/12/0027).
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 EMRK wurde im gegenständlichen Fall durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan (vgl. z.B. das hg.
Erkenntnis vom 26. August 1998, Zl. 96/09/0120).
Aus diesen Gründen waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1
VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf
§§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 15. Mai 2008
Schlagworte
Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007090207.X00Im RIS seit
18.07.2008Zuletzt aktualisiert am
05.11.2008