TE Vwgh Erkenntnis 2008/6/4 2007/08/0326

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Veröffentlicht am 04.06.2008
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §14 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des L in Wien, vertreten durch Dr. Hans Schwarz, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Favoritenstraße 108/3, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 6. April 2007, Zl. LGSW/Abt. 3-AlV/05661/2007-555, betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der (1983 geborene) Beschwerdeführer bezog auf Grund seines Antrages vom 22. Dezember 2006 Arbeitslosengeld gemäß § 14 Abs. 1 AlVG im Zeitraum 22. Dezember 2006 bis 31. Jänner 2007. Am 15. Jänner 2007 nahm der Beschwerdeführer auf Grund eigener Bemühungen und ohne Hilfe seitens des Arbeitsmarktservice wieder ein Dienstverhältnis bei seinem früheren Arbeitgeber auf.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 14. Februar 2007 wurde der dem Beschwerdeführer gewährte Bezug des Arbeitslosengeldes infolge dieser Beschäftigung gemäß § 24 Abs. 2 AlVG für den Zeitraum 22. Dezember 2006 bis 31. Jänner 2007 widerrufen und der Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zum Ersatz des für diesen Zeitraum zu Unrecht bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von insgesamt EUR 1.045,91 verpflichtet. Dies wurde damit begründet, dass das seit 15. Jänner 2007 bestehende Dienstverhältnis zu spät gemeldet worden sei, weshalb die Voraussetzungen für eine Jugendanwartschaft nicht erfüllt und die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung im erwähnten Zeitraum zu Unrecht bezogen worden seien.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass es für ihn nicht nachvollziehbar sei, warum ihm das Arbeitslosengeld zustehen würde, wenn er den selbst gefundenen Job nicht angenommen hätte. Weiters habe er die Aufnahme der Beschäftigung dem AMS telefonisch gemeldet und keine Ahnung, was mit dieser Information passiert sei, weshalb er auch nicht habe wissen können, dass er die Leistung zu Unrecht bezogen habe.

Wie sich aus den Verwaltungsakten ergibt, hat die Ehegattin des Beschwerdeführers am 12. Februar 2007 telefonisch mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer am 15. Jänner 2007 ein Dienstverhältnis aufgenommen hat.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 8. März 2007 wurde der Beschwerdeführer hievon sowie von den anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen in Kenntnis gesetzt und bis 27. März 2007 um Stellungnahme bzw. Mitteilung ersucht, ob er oder seine Ehegattin die Beschäftigungsaufnahme telefonisch beim AMS gemeldet habe, wann diese erfolgt sei und mit wem er (seitens des AMS) gesprochen habe. Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten unterblieb zu diesem - durch Hinterlegung am 12. März 2007 zugestellten - Schreiben eine Reaktion durch den Beschwerdeführer.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. In der Begründung wurde das Vorliegen einer Anwartschaft auf Arbeitslosengeld in analoger Anwendung des § 14 Abs. 1 Z. 2 AlVG verneint, weil der Beschwerdeführer eine Beschäftigung innerhalb von vier Wochen selbst gefunden habe. Darüber hinaus wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer von der (mit Schreiben vom 8. März 2007 eingeräumten) Möglichkeit einer Stellungnahme nicht Gebrauch gemacht habe, weshalb davon auszugehen sei, dass die Meldung der Beschäftigungsaufnahme durch seine Ehegattin am 12. Februar 2007 telefonisch und demnach im Sinne von § 50 AlVG verspätet erfolgt sei.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 1. Dezember 2007, B 843/07-3, abgelehnt und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Dazu führte der Verfassungsgerichtshof aus:

"Die Beschwerde rügt die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf Unversehrtheit des Eigentums. Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere zur Frage nach der Auslegung von § 14 Abs. 1 Z 2 AlVG nicht anzustellen."

In seiner Beschwerdeergänzung im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 14 Abs. 1 AlVG in der hier zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 77/2004 hat folgenden Wortlaut:

"Anwartschaft

§ 14. (1) Bei der erstmaligen Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes ist die Anwartschaft erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten 24 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 52 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war. Handelt es sich jedoch um einen Arbeitslosen, der das Arbeitslosengeld vor Vollendung des 25. Lebensjahres beantragt, ist die Anwartschaft erfüllt, wenn

1. der Arbeitslose in den letzten zwölf Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 26 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war, wobei höchstens 16 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtige Zeiten nach § 35 Abs. 2 des Arbeitsmarktservicegesetzes, BGBl. Nr. 313/1994, herangezogen werden dürfen, und

2. ihm das Arbeitsmarktservice auch unter weitestmöglichem Einsatz von Förderungsmitteln binnen vier Wochen weder eine Arbeitsaufnahme noch den Eintritt in eine geeignete arbeitsmarktpolitische Maßnahme ermöglicht."

Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer entsprechende arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigungszeiten innerhalb der Rahmenfrist aufweisen kann, um die Voraussetzungen für die begünstigte Anwartschaft für Jugendliche gemäß § 14 Abs. 1 Z. 1 AlVG zu erwerben; weiters ist unstrittig, dass er auf Grund eigener Bemühungen mit 15. Jänner 2007 ein neues (arbeitslosenversichertes, anwartschaftbegründendes) Beschäftigungsverhältnis eingegangen ist.

Der vorliegende Beschwerdefall gleicht hinsichtlich der hier relevanten und strittigen Rechtsfrage, ob auch die nicht auf eine Vermittlungstätigkeit des Arbeitsmarktservice zurückgehende Aufnahme einer neuen Beschäftigung das Entstehen der begünstigten Anwartschaft für Jugendliche gemäß § 14 Abs. 1 Z. 2 AlVG hindert, jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 13. August 2003, Zl. 2002/08/0058, zugrunde liegt. Bereits in jenem Erkenntnis, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof die Voraussetzungen für die Erfüllung der Jugendanwartschaft als nicht erfüllt erachtet, wenn der Arbeitslose innerhalb von vier Wochen eine selbst gefundene Beschäftigung begonnen hat und damit nach Ablauf dieser Frist nicht mehr arbeitslos war. Im Übrigen ist anzumerken, dass auch die in der Beschwerde erwähnte, spätere (mit BGBl. I Nr. 104/2007 ab 1. Jänner 2008 eintretende) Änderung von § 14 Abs. 1 AlVG (durch ersatzlosen Wegfall von dessen Z. 2) in diese Richtung geht, wenn nicht mehr als weiteres Erfordernis das darin beschriebene Tätigwerden des AMS innerhalb von vier Wochen verlangt wird.

Darüber hinaus kann die Beschwerde auch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen, soweit sie sich gegen die Rückforderung des Arbeitslosengeldes richtet:

Gemäß § 24 Abs. 2 AlVG ist, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt, die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen. Gemäß § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG ist in diesem Fall der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.

Nach § 49 Abs. 1 AlVG hat sich der Arbeitslose zur Sicherung des Anspruches auf den Bezug auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe wöchentlich mindestens einmal bei der nach seinem Wohnort zuständigen regionalen Geschäftsstelle unter Vorweisung der Meldekarte persönlich zu melden. Je nach der Situation auf dem Arbeitsmarkt kann die regionale Geschäftsstelle die Einhaltung von Kontrollmeldungen gänzlich nachsehen, die Zahl der einzuhaltenden Kontrollmeldungen herabsetzen oder öftere Kontrollmeldungen vorschreiben. Die regionale Geschäftsstelle kann auch öftere Kontrollmeldungen vorschreiben, wenn der begründete Verdacht besteht, dass das Arbeitslosengeld bzw. die Notstandshilfe nicht gebührt.

Wer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, ist weiters nach § 50 Abs. 1 AlVG verpflichtet, die Aufnahme einer (die Arbeitslosigkeit ausschließende) Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 leg. cit. unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen. Darüber hinaus ist nach dieser Bestimmung jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß seines Anspruches maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen sowie jede Wohnungsänderung der regionalen Geschäftsstelle ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses, anzuzeigen.

Der in der Beschwerde zur Stützung der Argumentation, wonach der Beschwerdeführer seinen aus § 50 Abs. 1 AlVG obliegenden Meldepflichten nachgekommen sei, erhobenen Behauptung , dass "er (gemeint im Sinne von ihm zurechenbar: seine Gattin für ihn) die Arbeitsaufnahme rechtzeitig gemeldet und sein Nichterscheinen für den Kontrolltermin 27.1.2007 entschuldigt" hätte, und daraus abgeleiteten Folgerung, das AMS hätte bereits jedenfalls ab 27. Jänner 2007 die Leistung wegen Kontrollterminversäumung bis zur persönlichen Wiedermeldung einstellen müssen, ist zu entgegnen, dass sich weder in der Berufung noch in den Verwaltungsakten ein Hinweis auf einen Kontrolltermin mit diesem Datum findet. Vielmehr spricht der Umstand, dass der Beschwerdeführer bei Antragsrückgabe eine Wiedereinstellungszusage seines früheren Arbeitgebers vorgelegt hat, worin eine Beschäftigungsaufnahme ab Mitte März 2007 in Aussicht gestellt wurde, für das Erfordernis einer geringeren Zahl an Kontrollterminen im Sinne von § 49 Abs. 1 AlVG und auch für die Vollständigkeit der in den Verwaltungsakten im relevanten Beobachtungszeitraum aufscheinenden Kontrollterminen (am 29. Dezember 2006 sowie 28. Februar 2007 geändert auf 26. Februar 2007).

Die belangte Behörde hat dem Vorbringen in der Berufung, welches offen ließ, ob die behauptete Meldung durch den Beschwerdeführer persönlich oder durch seine Ehegattin erfolgt sei, im Hinblick auf den EDV-mäßig dokumentierten Anruf der Ehegattin des Beschwerdeführers vom 12. Februar 2007 dadurch Rechnung getragen, dass dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur ergänzenden Stellungnahme mit Schreiben vom 8. März 2007 eingeräumt wurde. Der Beschwerdeführer hat jedoch trotz nachweislicher Zustellung dieses Schreibens durch Hinterlegung am 12. März 2007 darauf nicht reagiert. Es bestehen daher keine Bedenken, wenn die belangte Behörde als Folge dieser Unterlassung einer Stellungnahme ohne weitere Ermittlungen allein aus der Aktenlage zur Feststellung der (erstmaligen) Mitteilung zum 12. Februar 2007 durch die Ehegattin des Beschwerdeführers gelangt.

Daran vermag auch die in der Beschwerde ohne jeglichen Nachweis aufgestellte weitere Behauptung der Absendung einer eingeschrieben aufgegebenen Stellungnahme der Gattin des Beschwerdeführers vom 23. März 2007 nichts zu ändern, zumal er selbst einräumt, dass diese bei der belangten Behörde nicht eingelangt ist. Überdies vermag er weder deren Relevanz für die rechtliche Beurteilung noch darüber hinaus darzulegen, worin die ebenfalls eingewendeten "so gravierenden und offensichtlichen sachverhaltsmäßigen Ungereimtheiten" liegen würden, die weitere Erhebungen der belangten Behörde notwendig gemacht hätten.

Zusammengefasst erweisen sich die Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde als für eine abschließende rechtliche Beurteilung ausreichend. Ebenso ist die als Rückforderungsgrund herangezogene Qualifizierung dieser - erst vier Wochen nach Aufnahme der neuen Beschäftigung erfolgten - Meldung als verspätet im Sinne von § 50 AlVG frei von Rechtsirrtum, zumal die Verletzung der Meldepflicht die Annahme einer Verschweigung maßgeblicher Tatsachen und somit die Rückforderung des unberechtigt Empfangenen rechtfertigt (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 2002, Zl. 97/08/0611).

Aus diesen Gründen war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 4. Juni 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007080326.X00

Im RIS seit

15.07.2008

Zuletzt aktualisiert am

11.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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