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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
EStG 1988 §95 Abs4 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde der S Aktiengesellschaft in W, vertreten durch die Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Ring 12, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 17. Dezember 2003, GZ. RV/2543-W/02, betreffend Kapitalertragsteuer Juli, September, Oktober, November und Dezember 1999 sowie Jänner, März, April, Mai, Juni und Juli 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung, somit betreffend Kapitalertragsteuer September 1999 sowie März, April, Mai und Juni 2000, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Bei der beschwerdeführenden Partei handelt es sich um ein Kreditinstitut. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist die Kapitalertragsteuer im Zusammenhang mit Nullkuponanleihen strittig. Dazu wird in der Gegenschrift zur Beschwerde von der belangten Behörde ausgeführt, im angefochtenen Bescheid habe die belangte Behörde die Auffassung vertreten, "dass für die Kapitalertragsteuergutschrift und den Kapitalertragsteuerabzug anlässlich des Erwerbes bzw. der Veräußerung von Nullkuponanleihen ein kalkulatorisch zu ermittelnder Unterschiedsbetrag im Sinne des § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 nicht linear sondern finanzmathematisch zu berechnen ist, dass anlässlich der Entnahme von Nullkuponanleihen aus dem Depot der Bank ein Kapitalertragsteuerabzug vorzunehmen ist und dass die Bank bei einer unrichtigen Berechnung der Kapitalertragsteuer bzw. bei Nichtvornahme eines Kapitalertragsteuerabzuges bei Entnahmen von Nullkuponanleihen aus dem Depot gemäß § 95 Abs. 2 EStG 1988 zur Haftung für die Fehlbeträge heranzuziehen ist". Im angefochtenen Bescheid wird zur genauen Zusammensetzung "der Beträge und ihre Verteilung auf Käufe, Verkäufe und Ausfolgungen (Entnahmen)" auf die Darstellung in der Niederschrift der Betriebsprüfung vom 17. April 2001 verwiesen (Aus der Tz. 1 dieser Niederschrift ist u. a. für die Monate März bis Juni 2000 ersichtlich, dass sich in diesen Monaten zu Lasten der Beschwerdeführerin Veränderungen durch die seitens der Betriebsprüfung errechneten Kapitalertragsteuerbeträge gegenüber den Beträgen "lt. bericht. Erkl." ergaben).
In der an den Verfassungsgerichtshof erhobenen, von diesem mit Beschluss vom 28. Februar 2005, B 184/04 u.a., nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretenen Beschwerde wird der angefochtene Bescheid "insoweit vollinhaltlich angefochten, soweit die belangte Behörde der Berufung nicht Folge gegeben hat". Zugleich wird in der Beschwerde festgehalten, dass die Berufung hinsichtlich "der Monate September 1999 und März bis Juni 2000 abgewiesen wurde". Aus dieser Prozesserklärung ergibt sich der Anfechtungsumfang des angefochtenen Bescheides mit seinem Abspruch über die Kapitalertragsteuer für die Monate September 1999 sowie März, April, Mai und Juni 2000.
In der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten Beschwerde sieht sich die Beschwerdeführerin u.a. in ihrem Recht auf gesetzmäßige Festsetzung der "KESt gemäß § 95 Abs 1, Abs 4 Z 3 und Abs 6 EStG" verletzt, wobei auch eine mögliche Doppelbesteuerung bei den die Beschwerdeführerin betreffenden Fällen der Depotentnahmen angesprochen wird. Mit der solcherart geltend gemachten Rechtsverletzung wird schon deshalb eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt, weil der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 19. Dezember 2007, 2005/13/0075, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, u.a. zu Recht erkannt hat, dass Depotentnahmen nicht dem § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 subsumiert werden können und dafür eine Vorschreibung von Kapitalertragsteuer nicht zulässig ist.
Damit war der angefochtene Bescheid schon deshalb (im Umfang der Anfechtung) gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war. Klarstellend ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass der Prüfungsmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes durch die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltende Rechtslage gebildet wird. Wenn der Gesetzgeber zwischen der Erlassung des angefochtenen Bescheides und der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof das Gesetz rückwirkend ändert, hat dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren unbeachtlich zu bleiben (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 21. Oktober 1999, 97/15/0111, und vom 29. März 2007, 2005/15/0008, mwN). Die durch das am 7. Mai 2008 ausgegebene Bundesgesetz BGBl. I 65/2008 rückwirkend ab 1. Jänner 1998 auch im Bereich des § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 teilweise neu gestaltete Rechtslage war somit im gegenständlichen Fall für die nachprüfende Kontrolle des angefochtenen Bescheides nicht maßgeblich.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 4. Juni 2008
Schlagworte
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage RechtsquellenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2005130061.X00Im RIS seit
15.07.2008Zuletzt aktualisiert am
08.04.2015