Index
19/05 MenschenrechteNorm
FinStrG §86 Abs1 litb;Beachte
Besprechung in:ÖStZ 1989, 201;Rechtssatz
Die Freiheit der Person nimmt unter den Grundrechten einen hohen Rang ein. In dem Rechtsinstitut der Untersuchungshaft, die den sofortigen - und damit gerade überraschenden - Zugriff auf die Person des Beschuldigten ermöglichen soll, um seine Flucht oder eine Verdunkelung des Sachverhalts zu unterbinden, wird das Spannungsverhältnis zwischen dem Recht des Einzelnen auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf persönliche Freiheit und den unabweisbaren Bedürfnissen einer wirksamen Strafverfolgung deutlich sichtbar. Die volle Entziehung der persönlichen Freiheit durch Einschließung in eine Haftanstalt ist ein Übel, das an sich im Rechtsstaat grundsätzlich nur dem zugefügt werden darf, der wegen einer gesetzlich mit Strafe bedrohten Handlung rechtskräftig verurteilt worden ist. Diese Maßnahme schon gegen einen eines vorsätzlichen Finanzvergehens lediglich Verdächtigen zu ergreifen, kann nur in streng begrenzten Ausnahmefällen zulässig sein. Dies ergibt sich auch aus der grundsätzlichen Unschuldsvermutung des Art 6 Abs 2 MRK, die es ausschließt auch
bei noch so dringendem Tatverdacht gegen den Beschuldigten im Vorgriff auf die Strafe Maßregeln zu verhängen, die in ihrer Wirkung der Freiheitsstrafe gleichkommen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1988:1988160089.X01Im RIS seit
27.10.1988Zuletzt aktualisiert am
17.11.2016