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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AlVG 1977 §1 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des F in S, vertreten durch Dr. Reinhard Bruzek und Dr. Heinz Ager, Rechtsanwälte in 5061 Elsbethen, Gemeindeweg 12, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 5. November 2007, Zl. 20305-V/14.448/58-2007, betreffend Beitragsnachverrechnung und Beitragszuschlag (mitbeteiligte Partei: Salzburger Gebietskrankenkasse, Faberstraße 19-23, 5024 Salzburg), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 11. Februar 2005 schrieb die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse auf Grund von Meldepflichtverletzungen, die zu einer Nachberechnung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von EUR 50.199,54 geführt hätten, dem Beschwerdeführer einen Beitragszuschlag gemäß § 113 iVm § 59 ASVG in der Höhe von EUR 5.249,28 vor.
Mit Bescheid vom 31. Mai 2005 sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, dass bestimmte namentlich genannte Personen in näher angegebenen Beschäftigungszeiten auf Grund ihrer Tätigkeit für den Beschwerdeführer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit der Pflichtversicherung (Vollversicherung) in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs. 1 und 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen seien. Darunter befand sich hinsichtlich näher genannter Zeiträume in den Jahren 2003 bis 2004 auch W L.
Die Pflichtversicherung der Beschäftigten des Beschwerdeführers gemäß § 4 Abs. 2 ASVG wurde im Instanzenzug mit Bescheid des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz vom 4. Oktober 2007 rechtskräftig festgestellt (vgl. dazu das die Beschwerde des Beschwerdeführers abweisende hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2007/08/0252).
Mit weiterem Bescheid vom 31. Mai 2005 schrieb die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse dem Beschwerdeführer als Dienstgeber nachverrechnete Sozialversicherungsbeiträge sowie Beitragszuschläge in der Höhe von insgesamt EUR 50.199,54 abzüglich des auf Grund der Anmeldungen der Beschäftigten als freie Dienstnehmer geleisteten Betrages in Höhe von EUR 21.419,36, sohin insgesamt EUR 28.780,18 gemäß §§ 34, 35, 44, 49, 54, 58 und 68 ASVG vor.
Der Beschwerdeführer erhob hinsichtlich des Bescheides betreffend den Beitragszuschlag und die Beitragsnachverrechnung Einspruch.
Bei den vorgelegten Verwaltungsakten befindet sich ein Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 13. Juni 2006, das nach der Aktenlage rechtskräftig geworden ist. Mit diesem Urteil wurde die Klage des L. gegen den Beschwerdeführer, dieser sei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von EUR 10.923,47 brutto samt 9,47 % Zinsen seit 1. März 2004 zu bezahlen, abgewiesen. Wie sich aus der Urteilsbegründung ergibt, hat der Kläger diese Forderung auf Entgeltansprüche für Überstunden und aliquote Sonderzahlungen sowie eine Urlaubsersatzleistung in den Jahren 2002 bis 2004 gestützt.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde dem Einspruch des Beschwerdeführers betreffend den Beitragszuschlag teilweise Folge gegeben und der Beitragszuschlag mit einem Betrag von EUR 3.292,18 festgesetzt. Der Einspruch des Beschwerdeführers gegen den Bescheid betreffend die Beitragsnachverrechnung wurde als unbegründet abgewiesen.
Begründend legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, die Pflichtversicherung der Beschäftigten sei mit dem Bescheid des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz vom 4. Oktober 2007 rechtskräftig festgestellt worden. Der Beschwerdeführer sei der gemäß § 68 Abs. 1 ASVG angenommenen fünfjährigen Verjährungsfrist nicht entgegen getreten. Die rechnerische Korrektheit der Beitragsberechnungen habe er nicht in Frage gestellt. Die Höhe des Beitragszuschlages sei irrtümlich ausgehend vom gesamten Nachverrechnungsbetrag in Höhe von EUR 50.199,54 festgelegt worden. Dieser Betrag sei aber, wie sich aus dem Bescheid über die Beitragsnachverrechnung vom 31. Mai 2005 ergebe, um den Betrag von EUR 21.419,36 vermindert worden. Die Höhe des Beitragszuschlages sei daher entsprechend herabzusetzen gewesen. Eine Meldepflichtverletzung habe stattgefunden, da die Anmeldungen zur Pflichtversicherung lediglich für freie Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 4 ASVG nicht als ordnungsgemäß anzusehen seien. Die Anmeldungen hätten vom Bestand einer Vollversicherungspflicht ausgehen müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse auch, eine Gegenschrift erstattet mit dem Begehren, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Frage der Pflichtversicherung stellt hinsichtlich der Entscheidung über die Beitragspflicht (und damit auch in weiterer Folge hinsichtlich des Beitragszuschlages) eine Vorfrage dar. Die belangte Behörde war diesbezüglich an die Entscheidung des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz vom 4. Oktober 2007 gebunden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Mai 1995, Zl. 95/08/0118).
In der vorliegenden Beschwerde wird allerdings auch das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 13. Juni 2006 ins Treffen geführt. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg:
Maßgeblich für die zu entrichtenden Beiträge und damit ebenso für die Beitragszuschläge ist das tatsächlich geleistete, sowie das darüber hinaus gebührende Entgelt (§ 49 Abs. 1 ASVG). § 49 Abs. 6 ASVG sieht vor, dass die Versicherungsträger und die Verwaltungsbehörden an rechtskräftige Entscheidungen der Gerichte, in denen Entgeltansprüche des Dienstnehmers festgestellt werden, gebunden sind. Dieser Bindung steht die Rechtskraft der Beitragsvorschreibung nicht entgegen. Die Bindung tritt nicht ein, wenn der gerichtlichen Entscheidung kein streitiges Verfahren vorangegangen ist oder ein Anerkenntnisurteil gefällt oder ein gerichtlicher Vergleich geschlossen wurde.
Dem angefochtenen Bescheid kann nicht entnommen werden, dass die belangte Behörde das genannte Urteil vom 13. Juni 2006 bei ihrer Entscheidung berücksichtigt hat. Da dieses Urteil erst nach Erlassung des erstinstanzlichen Beitragsbescheides ergangen ist, konnte es auch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse noch nicht berücksichtigt haben. In Verkennung der Rechtslage hat sich die belangte Behörde mit dem genannten Urteil, zu dem allerdings zu bemerken ist, dass es sich lediglich auf einen der zahlreichen Beschäftigten bezieht, nicht auseinandergesetzt.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren war im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit gemäß § 110 ASVG abzuweisen. Wien, am 4. Juni 2008
Schlagworte
NachverrechnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007080298.X00Im RIS seit
15.07.2008Zuletzt aktualisiert am
11.11.2008