TE Vwgh Beschluss 2008/6/17 2008/22/0028

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Veröffentlicht am 17.06.2008
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Index

E1E;
E3L E02100000;
E3L E05100000;
E3L E19100000;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
59/04 EU - EWR;

Norm

11997E234 EG Art234;
32004L0038 Unionsbürger-RL;
AVG §38;
NAG 2005 §21 Abs1;
VwGG §38b;
VwGG §62 Abs1;

Beachte

Vorabentscheidungsverfahren:* Vorabentscheidungsantrag des VwGH oder eines anderen Tribunals:2007/21/0271 B 22. November 2007 Vorabentscheidungsverfahren:* Ausgesetztes Verfahren: 2007/21/0271 B 22. November 2007 * EuGH-Entscheidung: EuGH 62007CO0551 19. Dezember 2008

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, in der Beschwerdesache des A, vertreten durch Dr. Lorenz E. Riegler, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Rilkeplatz 8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. Oktober 2007, Zl. 149.809/2- III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, den Beschluss gefasst:

Spruch

Das Beschwerdeverfahren wird bis zur Vorabentscheidung des in der hg. Beschwerdesache Zl. 2007/21/0271 angerufenen Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften ausgesetzt.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 6. Juli 2004 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen.

Die belangte Behörde legte dieser Entscheidung zu Grunde, dass der Beschwerdeführer am 10. August 2003 illegal eingereist sei und am 13. April 2004 in Österreich eine britische Staatsangehörige geheiratet habe. Sein am 12. August 2003 gestellter Asylantrag sei mit Bescheid vom 20. Oktober 2004 in erster Instanz "rechtskräftig negativ entschieden" worden. Da sich der Beschwerdeführer seit dem Inkrafttreten des NAG am 1. Jänner 2006 und somit auch zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht rechtmäßig im Inland aufhalte, stehe (das Erfordernis der Auslandsantragstellung des) § 21 Abs. 1 NAG einer Bewilligung des Antrages entgegen. Die Ehefrau des Beschwerdeführers habe zwar ihre gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeit in Anspruch genommen, jedoch liege wegen der durchgehenden amtlichen Hauptwohnsitzmeldung des Beschwerdeführers in Österreich eine korrekte "Ausübung der Freizügigkeit in Bezug auf einen relevanten grenzüberschreitenden Sachverhalt" nicht vor.

Mit hg. Beschluss vom 22. November 2007, Zl. 2007/21/0271 (EU 2007/0009), wurden dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art. 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

"1. a) Sind die Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 2 sowie Art. 7 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG - im Folgenden RL - so auszulegen, dass sie auch jene Familienangehörigen im Sinn von Art. 2 Nr. 2 der RL erfassen, die unabhängig vom Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat (Art. 2 Nr. 3 der RL) gelangt sind und erst dort die Angehörigeneigenschaft oder das Familienleben mit dem Unionsbürger begründet haben?

b) Wenn dies der Fall ist, kommt es ergänzend darauf an, dass sich der Familienangehörige im Zeitpunkt der Begründung der Angehörigeneigenschaft oder des Familienlebens rechtmäßig im Aufnahmemitgliedstaat aufhält? Wenn ja, genügt es für einen rechtmäßigen Aufenthalt, dass der Familienangehörige lediglich kraft seiner Stellung als Asylwerber zum Aufenthalt berechtigt ist?

c) Wenn sich aus der Beantwortung der Fragen 1. a) und b) aus der RL kein Aufenthaltsrecht eines 'bloß' als Asylwerber zum Aufenthalt berechtigten Familienangehörigen, der unabhängig vom Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat gelangt ist und erst dort die Angehörigeneigenschaft oder das Familienleben mit dem Unionsbürger begründet hat, ergibt: Lässt sich dessen ungeachtet in einer Situation, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sich der Familienangehörige seit knapp vier Jahren im Aufnahmemitgliedstaat aufhält und dort ein Jahr mit einem Unionsbürger - mit dem er seit rd. dreieinhalb Jahren zusammenlebt und mit dem er ein 20 Monate altes gemeinsames Kind hat - verheiratet ist, aus den Art. 18 bzw. 39 EG im Lichte des Grundrechts auf Achtung des Familienlebens ein Recht zum Aufenthalt ableiten?

2. Stehen die Art. 9 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 1 der RL einer nationalen Regelung entgegen, wonach Familienangehörige eines Unionsbürgers, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und denen kraft Gemeinschaftsrecht, insbesondere nach Art. 7 Abs. 2 der RL, ein Recht auf Aufenthalt zukommt, allein deshalb keine Aufenthaltskarte ('Aufenthaltskarte für Familienangehörige eines Unionsbürgers') erhalten können, weil sie nach asylgesetzlichen Bestimmungen des Aufnahmemitgliedstaats (vorläufig) zum Aufenthalt in diesem Staat berechtigt sind?"

Da der Beschwerdeführer Familienangehöriger einer ihr Freizügigkeitsrecht in Anspruch nehmenden Unionsbürgerin im Sinn des Art. 2 Nr. 2 und 3 der Richtlinie 2004/38/EG ist, der unabhängig von dieser nach Österreich (den Aufnahmemitgliedstaat) gelangt ist, um erst dort die Angehörigeneigenschaft mit dem Unionsbürger zu begründen, und der zum Zeitpunkt der Begründung der Angehörigeneigenschaft allenfalls kraft seiner Stellung als Asylwerber zum Aufenthalt berechtigt war, bilden diese Fragen zum Teil auch im gegenständlichen Fall Vorfragen, die zufolge des Auslegungsmonopols des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften in Angelegenheiten des (primären oder sekundären) Gemeinschaftsrechts von einem anderem Gericht zu entscheiden sind.

Da das entsprechende Verfahren zur Einholung einer Vorabentscheidung bereits anhängig ist, liegen die Voraussetzungen des gemäß § 62 Abs. 1 VwGG auch vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendenden § 38 AVG vor, sodass mit einer Aussetzung des gegenständlichen Verfahrens vorgegangen werden konnte (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 29. Jänner 2008, Zl. 2007/18/0167).

Wien, am 17. Juni 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008220028.X00

Im RIS seit

05.11.2008

Zuletzt aktualisiert am

03.05.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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