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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AsylG 1997 §15 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Robl, Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des R, vertreten durch Mag. Dr. Karner & Mag. Dr. Mayer Rechtsanwaltspartnerschaft in 8010 Graz, Steyrergasse 103/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 20. Juni 2005, Zl. Fr 243/2005, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß den §§ 31, 33 Abs. 1 und 37 Abs. 1 des (bis 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 - FrG aus dem Bundesgebiet aus.
Sie legte dieser Maßnahme zu Grunde, dass der Beschwerdeführer am 29. September 2003 illegal eingereist sei. Er habe (am 30. September 2003) um Gewährung des Asylrechtes angesucht. Das "Asylverfahren" sei mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 1. Dezember 2004 "hinsichtlich § 7 Asylgesetz rechtskräftig negativ" abgewiesen worden. "Ihre Berufung gegen § 8 Asylgesetz und die Ausweisung wurde vom UBAS mit Bescheid vom 1.12.2004 stattgegeben und dieser Bescheidteil an die Erstbehörde zurückverwiesen." Der Beschwerdeführer gelte somit nicht mehr als Asylwerber, "zumal" sein Asylverfahren gemäß § 7 AsylG zweitinstanzlich rechtskräftig negativ abgeschlossen worden sei. Er dürfe jedoch bis zum Vorliegen einer Entscheidung gemäß § 8 AsylG in seinen Herkunftsstaat nicht abgeschoben werden. Die dem Beschwerdeführer seinerzeit erteilte vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 AsylG sei am 14. Jänner 2005 widerrufen worden.
In der weiteren Bescheidbegründung beurteilte die belangte Behörde die Ausweisung als dringend geboten nach § 37 Abs. 1 FrG.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten seitens der belangten Behörde erwogen:
Gemäß § 44 Abs. 1 und 3 AsylG in der Fassung der Asylgesetznovelle 2003, BGBl. I Nr. 101, sind anhängige Asylverfahren nach den Bestimmungen des AsylG in der Fassung vor der genannten Novelle weiterzuführen und es behalten Bescheinigungen nach § 19 AsylG ihre Gültigkeit bis zum vorgesehenen Zeitpunkt.
Die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 Abs. 1 oder Abs. 2 AsylG idF vor der AsylG-Novelle 2003 endet gemäß § 19 Abs. 4 leg. cit., wenn das Asylverfahren eingestellt oder rechtskräftig abgeschlossen ist.
Im vorliegenden Fall wurde dem Beschwerdeführer unbestritten die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 AsylG durch Aushändigung der Bescheinigung zuerkannt. Dass das Asylverfahren zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides eingestellt gewesen wäre, wurde von der belangten Behörde (dem Akteninhalt nach zutreffend) nicht angenommen.
Sie irrte aber in der Annahme, das Asylverfahren sei bereits "rechtskräftig abgeschlossen". Der unabhängige Bundesasylsenat hatte nämlich sowohl den Ausspruch nach § 8 AsylG als auch die Ausweisung im Berufungsweg aufgehoben. Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass die Asylbehörde die mit der Abweisung des Asylantrages zu verbindende Entscheidung nach § 8 AsylG nicht mehr im Rahmen des "Asylverfahrens" zu treffen hätte. Somit kann bei einer noch offenen Prüfung nach § 8 AsylG von einem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens keine Rede sein, zumal bei einem (nachfolgenden) Ausspruch der Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eine befristete Aufenthaltsberechtigung nach § 15 Abs. 1 leg. cit. zu erteilen ist und dem Gesetz keine Intention des Gesetzgebers entnommen werden kann, dass eine solche befristete Aufenthaltsberechtigung nicht unmittelbar an die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 leg. cit. anschließen solle.
Daher hatte die (mit der Fortsetzung des Asylverfahrens wieder aufgelebte) vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 AsylG nicht geendet und stand gemäß § 31 Abs. 1 Z 4 FrG einer auf § 33 Abs. 1 FrG gestützten Ausweisung entgegen.
Wegen Verkennung der Rechtslage war somit der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 17. Juni 2008
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008220520.X00Im RIS seit
24.07.2008Zuletzt aktualisiert am
06.11.2008