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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §52;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des R H und der J H in Ernstbrunn, beide vertreten durch Schuppich, Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Falkestraße 6, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 8. März 2007, Zl. RU1-BR-542/001-2006, betreffend eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. L S und 2. A S, beide in Maisbirbaum 63, 2115 Ernstbrunn und 3. Marktgemeinde Ernstbrunn, 2115 Ernstbrunn), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien beantragten mit Schriftsatz vom 30. August 2004 die Erteilung einer Baugenehmigung für den Um- und Neubau eines Schweinestalles und einer Güllegrube im Ausmaß von 339 m3 auf den im Bauland-Agrargebiet liegenden, in der Folge zum Grundstück Nr. 87 vereinigten Grundstücken Nr. 81/1, 87 und 88 der EZ. 63 KG Maisbirbaum. Dem Einreichplan ist zu entnehmen, dass in drei Gebäudekomplexen nach deren Zu- und Umbau mehrere Stallabteile ("Abteile oder auch Ställe") geschaffen werden, die der Aufzucht der Schweine dienen.
Der Baubeschreibung und den Einreichplänen lag eine Lüftungsbeschreibung der Fa. Sch. für den Aufzucht- und Wartestall der mitbeteiligten Parteien bei. Aus dieser Lüftungsbeschreibung ergibt sich eine nähere Darstellung des Lüftungssystems. In Bezug auf den Tierbesatz der einzelnen Ställe verwies diese Lüftungsbeschreibung auf die Angaben der mitbeteiligten Bauwerber. Demnach sollten in den Ställen 1 und 2 je 120 Ferkel mit einem Maximalgewicht von 20 kg, in den Ställen 3 und 4 je 120 Ferkel mit einem Maximalgewicht von 35 kg, im Stall 5 13 Zuchtschweine mit einem Maximalgewicht von 200 kg und 130 Ferkel mit einem Maximalgewicht von 10 kg/Tier, im Stall 6 12 Zuchtschweine mit einem Maximalgewicht von 200 kg und 120 Ferkel mit einem Maximalgewicht von 10 kg/Tier, im Stall 7 13 Zuchtschweine mit einem Maximalgewicht von 200 kg, 5 Jungsauen mit einem Maximalgewicht von 150 kg und ein Eber mit einem Maximalgewicht von 250 kg, und schließlich im Stall 8 60 Zuchtschweine mit einem Maximalgewicht von 200 kg, 5 Jungsauen mit einem Maximalgewicht von 150 kg und ein Eber mit einem Maximalgewicht von 250 kg gehalten werden.
Die Behörde erster Instanz führte am 22. Dezember 2004 eine mündliche Verhandlung durch, in deren Rahmen unter anderem der Amtssachverständige für Agrartechnik ein Gutachten abgab. Er erklärte, bei projektsgemäßer Ausführung und Einhaltung bestimmter bautechnischer Auflagen ergäben sich aus rein agrartechnischer Sicht keine zusätzlichen Vorschreibungen und es entspreche die geplante Bauausführung und Ausgestaltung einem heute üblichen Stand der Nutztierhaltung. In weiterer Folge nahm er auf die Beurteilung des Geruches Bezug und meinte, dabei bestehe die Besonderheit, dass eine Messbarkeit nicht gegeben sei. Im Sinne einer Richtlinie des ehemaligen Umweltministeriums bestehe jedoch die Möglichkeit, im Vorhinein aus einem Projekt heraus eine Abschätzung durch die Berechnung einer sogenannten Geruchszahl vorzunehmen, in welche alle für die Geruchsentstehung maßgeblichen Kriterien, wie Tierart, Nutzungsrichtung, Tierzahl, Entmistungs- , Lüftungs- und Fütterungstechnik einflössen. Daraus errechne sich für das vorgelegte Projekt eine Geruchszahl von ca. 41,50. Diese entspreche in ihrer Größe den seit Jahren im Bauland-Agrargebiet üblichen und typischen Größenordnungen. Abschließend wies er darauf hin, dass zur Abklärung der Frage einer Gesundheitsgefährdung im Sinne des § 48 Abs. 1 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 (NÖ BauO 1996) und allenfalls zur Frage der Zumutbarkeit von Belästigungen hinsichtlich ihrer Wirkungen auf den menschlichen Organismus die Beurteilung durch einen medizinischen Sachverständigen notwendig sei.
Die Beschwerdeführer verlangten eine Umweltverträglichkeitsprüfung und erklärten, keinen Einwand gegen den Stall an sich, sondern gegen die Form der Entmistung und Entlüftung, zu haben.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 30. Dezember 2004 wurde den erst- und zweitmitbeteiligten Parteien die Baubewilligung zum Um- und Neubau eines Schweinestalles und einer Güllegrube und zum Abbruch bestimmter Bauwerke auf dem Grundstück Nr. 87 erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden als unbegründet abgewiesen.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung, in der sie darauf verwiesen, dass die Stallungen samt Güllegrube nur etwa 25 m von ihrem Anwesen entfernt, mitten im Ortsgebiet, errichtet würden. In unmittelbarer Nachbarschaft befinde sich ein weiterer Schweinemastbetrieb. Dadurch komme es zu einer kumulativen Geruchsbelästigung, auf die im gegenständlichen Bescheid nicht eingegangen worden sei. Es seien auch die meteorologischen Ausbreitungsbedingungen in keiner Weise berücksichtigt worden. Vor allem durch das Zusammenwirken beider Mastbetriebe erhöhe sich die Geruchsbelästigung um ein Vielfaches und entspreche bei bestimmten Windverhältnissen nicht mehr dem ortsüblichen Ausmaß. Weiters rügten sie das Fehlen eines medizinischen Gutachtens und beantragten als Auflage zumindest den Einbau entsprechender Geruchsfilter und Schalldämpfer, die 24 Stunden in Betrieb zu halten seien.
Der agrartechnische Amtssachverständige erstattete daraufhin ein weiteres Gutachten vom 24. März 2005, in dem er die Ansicht vertrat, die Berücksichtigung einer kumulativen Geruchsbelästigung sei nach der derzeitigen Gesetzeslage nicht vorgesehen. Zu beurteilen sei in einem Projektsgenehmigungsverfahren die Auswirkung jedes einzelnen Projektes für sich allein, weshalb die vorhandene Belastung in der immissionstechnischen Begutachtung auch nicht berücksichtigt worden sei. Weiters legte er näher begründet dar, warum die Schwellenwerte des UVP-G 2000 im vorliegenden Fall nicht überschritten würden. In diesem Zusammenhang erläuterte er, für welche Art von Tieren Schwellenwerte im UVP-G 2000 festgesetzt seien und meinte, Jungsauen, Eber, Aufzuchtferkel bis 30 kg oder andere Tierarten seien für die Schwellenwertprüfung nicht heranzuziehen. Für den Betrieb der Mitbeteiligten seien daher 98 Zuchtsauenplätze und 240 Mastplätze (Ferkel über 30 kg) zu berücksichtigen. Schließlich verwies er darauf, dass die Frage der Lebens- und Gesundheitsgefährdung durch einen medizinischen Sachverständigen zu beurteilen sei, wobei als Grundlage für diese medizinische Beurteilung die Geruchszahl (ca. 41,50) nach einer Richtlinie des ehemaligen Umweltministeriums errechnet und immissionstechnisch bewertet worden sei. Dabei sei sehr wohl die örtliche Situation zu den Nachbarn als auch die Ausbreitungssituation (Meteorologie) bedacht worden, welche sich jedoch im vorliegenden Fall mit vielen anderen vergleichbaren Fällen innerhalb von Bauland-Agrargebieten decke und keinesfalls eine ungewöhnliche, besonders herausrage Einzelfallsituation darstelle. Aus rein immissionstechnischer Sicht sei somit auch keine fachliche und/oder rechtliche Rechtfertigung für die Vorschreibung spezifischer, immissionsmindernder Auflagen oder Vorschreibungen zu erkennen, solange sich solches nicht aus einer medizinischen Beurteilung zwingend ableiten lasse.
Daraufhin holte die Baubehörde zweiter Instanz das Gutachten des Gemeindearztes vom 28. April 2005 ein. Dieser ging in seinem Befund (unter "Sachverhalt") davon aus, dass insgesamt 240 Mastplätze (Ferkel über 30 kg) für 98 Zuchtsauen geplant seien. Weiter führte er aus, da es sich um eine Neubewilligung handle, sei bei der Beurteilung des Bauvorhabens aus medizinischer Sicht auf die örtlich gegebene Geruchsbelastung des gesamten Ortes, auf den bewilligten Baubestand der benachbarten, ebenfalls Schweine züchtenden Familie K. mit einer maximal zu haltenden Tierzahl von 120 Mastschweinen sowie auf das gegenständlich zu beurteilende Bauvorhaben Rücksicht zu nehmen. Zusammenfassend gelangte er zu dem Urteil, dass die gegenständliche Stallung laut agrartechnischem Gutachten mit Geruchsemissionen in die Umgebung verbunden sei, die jedoch eben solchen in vergleichbaren Siedlungsgebieten entspreche. Auch die Verbauungsverhältnisse, die Größe der landwirtschaftlichen Betriebe und die damit bestehende Geruchsbelastung würden denen in vergleichbaren Orten entsprechen. Durch die Errichtung einer Stallung in der projektierten Form, bei der derzeit gegebenen Geruchsvorbelastung der Umgebung und unter Berücksichtigung der Geruchsentwicklung der derzeit schon bewilligten Stallungen seien daher entsprechend den Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft und des medizinischen Sachverständigen weder eine Gesundheitsgefährdung noch eine unzumutbare Belästigung der Anrainer zu erwarten.
Im Rahmen des Parteiengehörs erstatteten die Beschwerdeführer dazu eine Stellungnahme vom 27. Mai 2005, in der sie insbesondere darauf verwiesen, dass die Gesamtzahl der gehaltenen Tiere zu berücksichtigen sei, das seien 590 Ferkel, Jungsauen und Eber zuzüglich einer unbestimmten Zahl von Ferkeln aus der Zucht, somit eine Gesamttierzahl von deutlich über 650 Stück. Aus dem gegenständlichen Gutachten gehe aber nicht hervor, wie der Sachverständige auf die Geruchszahl von 41,5 gekommen sei bzw. welche Parameter berücksichtigt worden seien. In diesem Punkt sei das Gutachten ergänzungsbedürftig. Dies gelte auch für die geländeklimatologischen Kriterien, weil der Sachverständige lediglich auf eine Berücksichtigung der örtlichen Situation und der Ausbreitungssituation verwiesen habe, ohne die geländeklimatologischen Verhältnisse miteinbezogen zu haben. Schließlich beziehe sich der medizinische Sachverständige auf eine falsche, von der Einreichung abweichende Tierzahl, nämlich auf 240 Mastplätze (Ferkel über 30 kg) und 98 Zuchtsauen. Auch dieses Gutachten sei daher ergänzungsbedürftig.
In einer weiteren gutachtlichen Stellungnahme vom 17. Jänner 2006 führte der agrartechnische Amtssachverständige im Bezug auf die Tierzahl aus, dass im Projekt (und zwar in der Lüftungsbeschreibung der Firma Sch. vom 30. Juli 2004) für jeden Stall im Detail die Tierart, die Nutzungsrichtung und die genaue maximale Tierzahl angeführt seien. Genau diese Tierzahlen seien auch der Geruchszahlenberechnung und der immissionstechnischen Beurteilung zugrunde gelegt worden. Es habe aus sachverständiger und behördlicher Sicht nie ein Zweifel am Inhalt dieser klaren und eindeutigen Angaben gegeben. Eine Gesamtstückzahl aller Tiere sei bisher nicht genannt worden, weil sich der beantragte Tierbestand aus Tieren unterschiedlichster Nutzungsrichtungen und Tiergewichte mit unterschiedlichstem Emissionsverhalten zusammensetze. So könne ein neugeborenes säugendes Ferkel bei einer Zuchtsau mit einer bis zu 200 kg schweren Zuchtsau nicht direkt über eine Gesamttierzahl verglichen werden. Diese sei daher für die immissionstechnische Beurteilung ohne Aussagekraft. Weiters nahm der agrartechnische Sachverständige zur Geruchszahlberechnung Stellung und auf die vom Bundesministerium für Umwelt im Dezember 1995 unter dem Titel "vorläufige Richtlinie zur Beurteilung von Immissionen aus der Nutztierhaltung in Stallungen" herausgegebene Arbeit. Nach Darstellung der Grundsätze und Vorgangsweisen nach der Richtlinie (Geruchszahl = Tierzahl x Tierspezifik x Landtechnik) führte der Sachverständige weiters aus, die auf diese Weise berechnete Geruchszahl sei zwar dimensionslos, ermögliche jedoch einen objektiven Vergleich von Emissionsstärken untereinander, da sie alle für das Entstehen von Geruchsemissionen verantwortlichen Faktoren enthalte. Es könnten auf diese Art die Geruchszahlen bei bestehenden Anlagen verschiedenster Größe und Ausstattung errechnet werden, um ihnen sodann die aus einem zu genehmigenden Projekt heraus berechnete Geruchszahl gegenüber zu stellen. Damit könne festgestellt werden, ob die Emission einer projektierten Anlage im Vergleich mit bestehenden Anlagen in einer üblichen, durchschnittlichen Größenordnung bzw. ob und wie weit sie darunter oder vielleicht darüber liege.
In weiterer Folge des Gutachtens stellte der Sachverständige die Berechnung der Geruchszahl für die einzelnen Ställe und deren Belegung in Form einer Tabelle näher dar; daraus errechnete sich die Geruchszahl von 41,33. Der Amtssachverständige erläuterte weiters die in diese Berechnung eingeflossenen Faktoren und verwies schließlich darauf, dass zur Bewertung der Stärke des Emittenten und in der Folge der Immissionen ausschließlich die Geruchszahl objektiv aussagekräftig sei und nicht die Gesamtstückzahl eines gemischt zusammengesetzten Tierbestandes. Für die Stärke der Gesamtemission - und nur auf diese komme es letztlich an - seien nur zum Teil Gesamttierzahlen entscheidend, vielmehr komme es hier auf die Tierart, die Nutzungsrichtung, die maximalen Tiergewichte und vor allem auch auf die technische Ausgestaltung der Stallung an.
Im Bezug auf die Geländeklimatologie vertrat er die Ansicht, diese sei sehr wohl bezüglich der Ausbreitungssituation in der vergleichenden Standortbewertung berücksichtigt worden. Als Faktoren seien die Windverteilung und Windhäufigkeit, aber auch die Geländeklimatologie enthalten, wobei letztere unauffällig sei. Auch für die geländeklimatologische Situation biete die Richtlinie Kriterien für eine objektive Abschätzung. Diese seien im Wesentlichen abhängig von der Durchlüftung des Standortes, von einer Hang- oder einer Talsituation und von der Calmenhäufigkeit. Im vorliegenden Fall liege nach dieser Richtlinie eine eher unauffällige geländeklimatologische Situation vor, da es sich weder um einen ausgeprägten Hangstandort noch um einen Talstandort handle und auch die Calmenhäufigkeit unter 30 % liege. Lediglich die Durchlüftung sei auf Grund der Lage im verbauten Gebiet und durch das Vorhandensein von Bepflanzungen herabgesetzt, was allerdings in keiner Weise auffällig und für die Ausbreitung in keiner Weise ungewöhnlich sei, da solche Verhältnisse für unzählige Standorte in verbauten Bereichen zutreffen würden. Immissionstechnisch seien die Geländeverhältnisse in der vergleichenden Standortbewertung somit ohne entscheidende Bedeutung.
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten geht nicht hervor, dass dieses Gutachten den Beschwerdeführern zur Kenntnis gebracht wurde.
Mit Bescheid vom 10. März 2006 wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet ab. Die Behörde zweiter Instanz stützte ihren Bescheid auf das medizinische Gutachten und auf die agrartechnischen Gutachten vom 24. März 2005 und vom 17. Jänner 2006. Der Inhalt des letztgenannten Gutachtens wurde zusammenfassend lediglich mit den Worten wiedergegeben, dass "gegen das Bauvorhaben Zu- und Umbau des Schweinestalles und die Haltung von Mastferkeln, Ferkeln, Jungsauen und Eber und die Errichtung einer Güllegrube in der beantragten Art kein Einwand bestehe." Auf Grund der Ergebnisse dieser Gutachten sowie der Stellungnahme des agrartechnischen Sachverständigen hiezu sei den Bauwerbern die beantragte baubehördliche Bewilligung erteilt worden. Die vorgebrachten Einwände würden auf Grund der Sachverständigenstellungnahme als unbegründet abgewiesen. Die Stellungnahme des agrartechnischen Sachverständigen vom 6. März 2006 sowie die Niederschrift über die Bauverhandlung vom 22. Dezember 2004 bildeten einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides und lägen diesem Bescheid als Beilagen a) und b) bei.
In der im Akt erliegenden Urschrift dieses Bescheides ist die Niederschrift über die Bauverhandlung am 22. Dezember 2004 dem Bescheid angeschlossen, eine Stellungnahme des agrartechnischen Sachverständigen vom 6. März 2006 findet sich weder im Akt noch als Bescheidbeilage.
Die Beschwerdeführer erhoben Vorstellung an die belangte Behörde mit dem Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Dies begründeten sie unter anderem damit, dass dem Gutachten des medizinischen Sachverständigen eine unrichtige Anzahl von gehaltenen Tieren zugrunde liege. Weiters bleibe der angefochtene Bescheide jede rechtliche Beurteilung schuldig. Offensichtlich stütze sich die Baubehörde auch in ihrer Rechtsauffassung auf das Gutachten des agrartechnischen Sachverständigen vom 24. März 2005, wonach die Berücksichtigung einer kumulativen Geruchs- und Lärmbelästigung mit einem bestehenden Stall eines anderen Betriebes nach derzeitiger Gesetzeslage im Baurecht nicht vorgesehen sei. Diese Rechtsauffassung sei aber unhaltbar, weil nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung der örtlichen Zumutbarkeit von Belästigungen auch die bereits durch bewilligte Bauwerke bestehende Immissionsbelastung zu berücksichtigen sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Dies wurde damit begründet, dass zur Prüfung der Frage, ob im gegenständlichen Fall eine das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigende Belästigung durch Lärm-, Geruch usw. zu erwarten sei, die Baubehörden der mitbeteiligten Marktgemeinde je ein Gutachten eines agrartechnischen und eines medizinischen Sachverständigen eingeholt hätten. Zur Schlüssigkeit der Gutachten stellte die Aufsichtsbehörde fest, dass diese eine umfangreiche Befundaufnahme enthielten, die Gutachten inhaltlich widerspruchsfrei seien und den logischen Denkgesetzen entsprächen. Den Sachverständigen mangle es nicht an Ortskenntnissen und Berufserfahrung auf Grund jahrelanger Tätigkeit. Alle Gutachter kämen übereinstimmend zum Ergebnis, dass vom gegenständlichen Bauvorhaben bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen keinerlei Gefahren oder Belästigungen zu erwarten seien, die das örtlich zumutbare Ausmaß überstiegen. Die Aufsichtsbehörde könne den Baubehörden beider Instanzen nicht entgegen treten, wenn sie diese schlüssigen Gutachten der Sachverständigen ihren Entscheidungen zugrunde gelegt hätten, zumal die Einschreiter sich nicht damit begnügen hätten dürfen, diese Auffassung der Sachverständigen mit einer bloß gegenteiligen laienhaften Behauptung zu erwidern, sondern die Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene bekämpfen hätten müssen. Die Aufsichtsbehörde sei auf Grund der vorstehenden Ausführungen entgegen dem Vorbringen in der Vorstellung der Auffassung, dass durch den angefochtenen Bescheid weder formelle noch materielle Rechte der Einschreiter verletzt worden seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift, in der sie sich für die Abweisung der Beschwerde aussprach.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen der NÖ BauO 1996 haben folgenden Wortlaut:
"§ 6. (1) In Baubewilligungsverfahren und baupolizeilichen Verfahren nach § 32, § 33 Abs. 2, § 34 Abs. 2 und § 35 haben Parteistellung:
der Bauwerber und/oder der Eigentümer des Bauwerks der Eigentümer des Baugrundstücks
die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück angrenzen oder von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z.B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind (Nachbarn), und
...
Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt sind. Beteiligte sind alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden.
(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die
1.den Schutz vor Immissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben, gewährleisten ...
§ 48. (1) Emissionen, die von Bauwerken oder deren Benützung ausgehen, dürfen
1.
das Leben oder die Gesundheit von Menschen nicht gefährden;
2.
Menschen durch Lärm, Geruch, Staub, Abgase, Erschütterungen, Blendung oder Spiegelung nicht örtlich unzumutbar belästigen.
(2) Ob Belästigungen örtlich zumutbar sind, ist nach der für das Baugrundstück im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungsart und der sich daraus ergebenden zulässigen Auswirkung des Bauwerks und dessen Benützung auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen zu beurteilen."
Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass das geplante Bauvorhaben auf einem Grundstück mit der Widmung Bauland-Agrargebiet verwirklicht werden soll.
§ 16 Abs. 1 Z 5 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1976 (NÖ ROG 1976) hat folgenden Wortlaut:
"§ 16. (1) Das Bauland ist entsprechend den örtlichen Gegebenheiten in folgende Widmungsarten zu gliedern:
...
5. Agrargebiete, die für Bauwerke land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und der sonstigen Tierhaltung, die über die übliche Haltung von Haustieren hinausgeht, bestimmt sind; andere Betriebe, welche keine das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigende Lärm- oder Geruchsbelästigungen sowie sonstige schädliche Einwirkungen auf die Umgebung verursachen und sich in ihrer Erscheinungsform in das Ortsbild und in die dörfliche bauliche Struktur einfügen, sowie Wohnnutzungen mit höchstens vier Wohneinheiten pro Grundstück sind zuzulassen;
..."
Im Bauland-Agrargebiet ist die Errichtung eines Schweinestalles grundsätzlich zulässig, weil es sich um ein Betriebsgebäude im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 5 NÖ ROG 1976 handelt, das landwirtschaftlichen Zwecken dient (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. April 1993, Zl. 92/05/0028 und vom 23. März 1999, Zl. 97/05/0339). Mit der Errichtung eines Schweinemaststalles ist auch die Zulässigkeit einer damit verbundenen Errichtung einer Güllegrube gegeben (vgl. das zu einer Düngerstätte und Jauchegrube ergangene hg. Erkenntnis vom 25. September 1990, Zl. 90/05/0069).
Die Widmungskonformität des beschwerdegegenständlichen Bauvorhabens wird von den Beschwerdeführern auch nicht angezweifelt. Sie behaupten jedoch, insbesondere auf Grund der projektierten Lage eine über das örtlich zumutbare Maß hinausgehende Geruchsbelästigung durch den Um- und Zubau der Schweineställe.
Nun ist mit der Widmung Bauland-Agrargebiet nach § 16 Abs. 1 Z 5 NÖ ROG 1976 kein Immissionsschutz im Zusammenhang mit land- und forstwirtschaftlichen Betrieben - um einen solchen handelt es sich hier - und für die sonstige Tierhaltung verbunden. Dennoch kommt dem Nachbarn ein Immissionsschutz zu, nämlich jener, der in § 48 NÖ BauO 1996 festgesetzt ist (vgl. die zur Vorgängerbestimmung des § 48 NÖ BauO 1996, dem § 62 Abs. 2 NÖ BauO 1976 ergangenen hg. Erkenntnisse vom 24. Februar 1998, 97/05/0286, und vom 17. Juni 2003, 2002/05/1073, 1075).
Die Beschwerdeführer haben rechtzeitig Einwendungen im Bezug auf die zu erwartende Geruchsbelästigung erhoben. Die Baubehörden waren verpflichtet zu prüfen, ob durch das Projekt der Mitbeteiligten eine Gefährdung oder Belästigung durch Emissionen im Sinne des § 48 Abs. 1 NÖ BauO 1996 vorlag oder nicht.
Strittig war in diesem Zusammenhang, ob eine bestehende Grundbelastung bei der Beurteilung der Gefährdung bzw. Belästigung nach § 48 Abs. 1 NÖ BauO 1996 heranzuziehen war oder nicht. Der von den Behörden beigezogene agrartechnische Amtssachverständige vertrat die - von den Gemeindebehörden offenbar übernommene - Rechtsansicht, die sich auch in der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei findet, wonach eine bereits bestehende Immissionsbelastung nicht zu berücksichtigen sei. Die belangte Behörde hat sich zu dieser Rechtsfrage überhaupt nicht geäußert.
Nach § 48 Abs. 1 Z 1 NÖ BauO 1996 dürfen Emissionen, die von Bauwerken oder deren Benützung ausgehen, das Leben oder die Gesundheit von Menschen nicht gefährden. Aus dieser Bestimmung ist nicht ableitbar, dass bei der Beurteilung der Gesundheitsgefährdung eine vorhandene Grundbelastung nicht zu berücksichtigen gewesen wäre. So hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der diesbezüglich vergleichbaren Bestimmung des § 74 Abs. 2 Z 1 GewO 1994 bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Frage, ob eine nach den Umständen des Einzelfalls voraussehbare Gefährdung von Leben und Gesundheit iSd § 74 Abs. 2 Z 1 GewO 1994 vermieden wird, unter Bedachtnahme auf die in der Umwelt bereits gegebenen Gefährdungen zu beurteilen ist. Dieser Beurteilung ist daher die durch das Hinzutreten der durch die beantragte Anlage bewirkten Immissionen zu der - aus anderen Quellen stammenden - Grundbelastung entstehende Gesamtsituation zugrunde zu legen. Maßgeblich ist nicht, wie sich die Veränderung der Gesamtsituation auf Leben und Gesundheit iSd § 74 Abs. 2 Z 1 GewO 1994 auswirkt, maßgeblich sind vielmehr die Auswirkungen der veränderten Gesamtsituation (vgl. ua. die hg. Erkenntnisse vom 26. September 2005, 2003/04/0103, und vom 29. Juni 2005, 2004/04/0048, mwN). Bei einer Beurteilung nach § 48 Abs. 1 Z 1 NÖ BauO 1996 ist daher auch eine gegebenen Vorbelastung miteinzubeziehen.
§ 48 Abs. 1 Z 2 NÖ BauO 1996 bezieht sich auf unzumutbare Belästigungen von Nachbarn (u.a. durch Geruch) und stellt dabei auf die örtliche Zumutbarkeit ab, deren Maßstab in § 48 Abs. 2 NÖ BauO 1996 definiert wird. Zum Verständnis dieses Maßstabes ist die Entwicklung des § 48 Abs. 2 leg. cit. näher zu betrachten.
Den Erläuterungen zur NÖ BauO 1996 in der Stammfassung ist im Zusammenhang mit der Bestimmung des § 48 Abs. 2 leg. cit. - diese Bestimmung löste § 62 Abs. 2 der NÖ BauO 1976 ab - zu entnehmen, dass die Regelung der Beurteilung von Belästigungen der Nachbarn als örtlich zumutbar aus der Gewerbeordnung 1994 übernommen werden sollte. Dabei werde jeweils einerseits von der Widmungs- und Nutzungsart des Grundstückes, auf dem eine Belästigung - im Bewilligungsverfahren voraussichtlich - wahrnehmbar sei, und andererseits von der schon gegebenen Vorbelastung mit einer gleichartigen Belästigung auszugehen sein (vgl. die in Hauer/Zaussinger, Niederösterreichisches Baurecht5, S. 304 wiedergegebenen Erläuterungen).
§ 48 Abs. 2 erster Satz NÖ BauO 1996 hatte in der Stammfassung bis zur Novelle LBGl 8900-3 vom 16. September 1999 daher den gleichen Wortlaut wie die Bestimmung des § 77 Abs. 2 GewO. Demnach hatte sich die Beurteilung der örtlichen Zumutbarkeit danach zu richten, "wie sich die durch die Bauwerke und deren Benützung verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen auswirken." Zusätzlich war dabei die im Flächenwidmungsplan festgelegte Widmungs- und Nutzungsart "zu berücksichtigen." Daraus ergab sich ohne Zweifel, dass bei der Beurteilung der örtlichen Zumutbarkeit auch die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen waren.
Die Novelle 1999 verkürzte den Abs. 2 des § 48 NÖ BauO 1996 nun insofern, als zwar weiterhin von der Beurteilung der örtlichen Zumutbarkeit die Rede ist, diese aber nur mehr im Zusammenhang mit der Widmungskonformität des Bauwerks und seiner Benützung zu beurteilen ist. Aus den Erläuterungen zu dieser Novelle ist für die Auslegung dieser Novelle nichts zu gewinnen. Wäre damit eine von der konkreten örtlichen Gegebenheit gänzlich losgelöste Prüfung der Zumutbarkeit von Belästigungen angeordnet worden, hätte sich die Bezugnahme im Gesetzestext auf die "örtliche" Zumutbarkeit als unnötig erwiesen.
§ 48 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 NÖ BauO 1996 stellen aber unverändert auf die örtliche Zumutbarkeit ab, sodass bei dieser Beurteilung weiterhin auf die Gegebenheiten des Einzelfalles Rücksicht zu nehmen ist. Eine rein abstrakte und vom konkreten Einzelfall losgelöste Beurteilung eines Bauvorhabens und seiner Benutzung in immissionstechnischer Sicht entspricht daher nicht dem Gesetz. Bei der Prüfung der örtlichen Zumutbarkeit ist vielmehr (auch) auf eine allenfalls bereits bestehende Vorbelastung Bedacht zu nehmen, sodass ein auf den konkreten Fall und auf die konkrete Örtlichkeit bezogenes Ergebnis der Prüfung der örtlichen Zumutbarkeit bzw Unzumutbarkeit erzielt werden kann. In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof auch bereits zur Rechtslage nach der Novelle 1999 in Bezug auf die Beurteilung nach § 48 Abs. 1 Z 2 NÖ BauO 1996 ausgesprochen, dass dabei die bestehende Immissionsbelastung der bewilligten Bauwerke oder deren Benützung zu berücksichtigen ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 10. Oktober 2006, Zl. 2005/05/0327, und vom 28. April 2006, Zl. 2005/05/0169).
Die Baubehörden wären daher verpflichtet gewesen, auf das Vorbringen der Beschwerdeführer, es liege auf Grund bereits vorhandener Geruchsbelastungen eine Situation vor, die zur örtlich unzumutbaren Belästigung führe, näher einzugehen. Nun hat zwar der medizinische Sachverständige in seinen Erwägungen erkennbar die Umgebungssituation (benachbarter Schweinemastbetrieb) in seine Bewertung miteinbezogen. Er hat sich aber zum einen auf die ohne Berücksichtigung der Umgebungssituation ermittelte Geruchszahl von 41,5 gestützt, zum anderen legte er seinem Gutachten in Bezug auf die Anzahl der von den Mitbeteiligten gehaltenen Tiere unrichtige, weil zu geringe Zahlen zu Grunde. Es besteht daher (auch) in Bezug auf das medizinische Gutachten eine Ergänzungsbedürftigkeit.
Der agrartechnische Amtssachverständige hat die Umgebungsbedingungen nicht berücksichtigt, diese flossen auch nicht in die von ihm ermittelte Geruchszahl ein. Auch hier liegt eine Ergänzungsbedürftigkeit des Gutachtens vor. Der von den Beschwerdeführern erhobene Vorwurf, auch dieser Sachverständige habe seinen Gutachten falsche Zahlen in bezug auf den Viehbestand der Mitbeteiligten zugrunde gelegt, ist allerdings nicht zielführend. Die von den Beschwerdeführern genannten zu geringen Zahlen stammen aus dem Teil des Gutachtens vom 14. März 2005, in dem der Sachverständige Ausführungen in Bezug auf die Berechnung der Schwellenwerte nach dem UVP-G 2000 erstattete und darlegte, wieviel Stück Vieh der Mitbeteiligten, nämlich nur 98 Zuchtsauen und 240 Mastplätze für Ferkel über 30 kg, bei dieser Berechnung zu berücksichtigen wäre. Dass er diese geringen Zahlen auch der Ermittlung der Geruchszahl zu Grunde gelegt hätte, ist - angesichts des weiteren, ausführlichen Gutachtens vom 17. Jänner 2006 - nicht zu erkennen.
Dieses Gutachten vom 17. Jänner 2006, in der sich nähere Ausführungen zur Tierzahl, eine begründete und ausführliche Darstellung der Geruchszahlberechnung samt Erläuterung der darin einfließenden Faktoren und Ausführungen zur Geländeklimatologie befanden, wurde den Beschwerdeführern allerdings nicht zur Kenntnis gebracht. Das Gutachten war dem Bescheid der Behörde zweiter Instanz, dem es offenbar zugrunde lag, weder angeschlossen noch wurde es dort inhaltlich wiedergegeben. Der Bescheid zweiter Instanz bezieht sich auf ein Gutachten vom "6. März 2006" - ein solches ist aber nicht aktenkundig.
Die Beschwerdeführer machen auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend, die Berechnung der Geruchszahl sei nicht nachvollziehbar, weil sie sich ohne jede Begründung auf eine Richtlinie des ehemaligen Umweltministeriums bezieht, und die vom Sachverständigen dem Gutachten zu Grunde gelegte Stückzahl sei unrichtig. Auch daraus ist zu schließen, dass den Beschwerdeführern das ergänzende Gutachten des Agrartechnikers vom 17. Jänner 2006, in welchem er den Irrtum in Bezug auf die Viehzahl aufklärte und die Berechnungsmethoden und -grundlagen der Geruchszahl detailliert darstellte, nicht zur Kenntnis gelangt ist. In diesem Zusammenhang wird darauf verwiesen, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, dass gegen die Heranziehung von Richtlinien bei der Beurteilung von Geruchsimmissionen keine Bedenken bestehen, wenn sie dem Stand der Technik entsprechen und denselben Fragenkomplex behandeln, der nach der anzuwendenden Rechtslage relevant ist. Dies ist für die Vorläufige Richtlinie zur Beurteilung von Immissionen aus der Nutztierhaltung in Stallungen (hrsg. vom Bundesministerium für Umwelt im Dezember 1995) zu bejahen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2007, 2006/06/0170, mwN).
In der Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör in Bezug auf dieses Gutachten liegt aber ein weiterer wesentlicher Verfahrensmangel der Baubehörden, den die belangte Behörde erkennen hätte müssen. Den Beschwerdeführern war es nicht möglich, dem Gutachten des agrartechnischen Amtsachverständigen vom 17. Jänner 2006 entgegenzutreten. Dadurch wurden sie bereits auf Gemeindeebene in ihren Parteirechten verkürzt. Auch die Nichtbeachtung dieser Rechtsverletzung der Beschwerdeführer führt zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde hat dadurch, dass sie trotz Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer deren Vorstellung abwies, den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 23. Juni 2008
Schlagworte
Planung Widmung BauRallg3Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Schutz vor Immissionen BauRallg5/1/6VerfahrensbestimmungenAnforderung an ein GutachtenBaurecht NachbarEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007050090.X00Im RIS seit
18.07.2008Zuletzt aktualisiert am
08.01.2013