TE Vwgh Erkenntnis 2008/6/23 2006/05/0008

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Veröffentlicht am 23.06.2008
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L80004 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Oberösterreich;
L80204 Flächenwidmung Bebauungsplan einzelner Gemeinden
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;

Norm

BauO OÖ 1994 §30 Abs6;
BauO OÖ 1994 §35 Abs1 Z2;
BauRallg;
Bebauungsplan Molln Nr.2;
PZV OÖ 1994 Anl1 idF 1999/102;
PZV OÖ 1996 §2 Abs4;
PZV OÖ 1996 Anl1;
ROG OÖ 1994 §31 Abs1;
ROG OÖ 1994 §32 Abs6 idF 2005/115;
ROG OÖ 1994 §32;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl sowie den Senatspräsidenten Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde 1. des Mag. WL und 2. der GL, beide in Molln, beide vertreten durch Dr. Erich Bernögger, Rechtsanwalt in 4580 Windischgarsten, Bahnhofstraße 6, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 5. Dezember 2005, Zl. BauR-013562/1-2005-Ri/Vi, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien:

1. G Baugesellschaft mbH & Co KG in 4591 Molln, Schmiedstraße 3, und 2. Marktgemeinde Molln), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das hier gegenständliche Bauansuchen der mitbeteiligten Bauwerberin vom 24. Dezember 2004 bezieht sich auf das Grundstück Nr. 248/2, EZ 557, KG Molln, welches an einer Wohnstraße gelegen ist. Nordseitig benachbart an dieser Wohnstraße ist das Grundstück Nr. 248/4 der Beschwerdeführer.

Diese Grundstücke befinden sich in dem vom Bebauungsplan Nr. 2 der mitbeteiligten Gemeinde erfassten Gebiet (Gemeinderatsbeschluss vom 22. März 1999, von der Landesregierung genehmigt am 16. Juni 1999). Der Bebauungsplan umfasst die Grundstücke beidseits dieser Wohnstraße und wird im Süden durch einen Bach, im Norden durch eine Verkehrsfläche begrenzt. Alle Grundstücke liegen im Wohngebiet; für alle Grundstücke sind Baufluchtlinien eingetragen. In einer sog. Nutzungsschablone werden jeweils vier Kriterien festgelegt: Widmung, maximale Anzahl der Vollgeschoße, Bauweise und Grundflächenzahl. Nach der Legende ist die Grundflächenzahl das Verhältnis der bebauten Fläche zur Grundstücksfläche; bei der Bauweise wird zwischen offener Bauweise, Gruppenbauweise und sonstiger Bauweise (erklärt mit:

"Mindestabstände gemäß OÖ Bauordnung - bei einem gemeinsamen Projekt kann an die seitliche Grundgrenze angebaut werden") unterschieden.

Nach der Legende haben nachstehend beschriebene Signaturen folgende Bedeutung:

(a) Von einer strichlierten Linie umgrenztes Rechteck, beinhaltend eine mit zwei Pfeilen versehene Achslinie:

Geplantes Gebäude mit Angabe der Hauptfirstrichtung (Lage der eingezeichneten Gebäude ist unverbindlich).

(b) Von einer strichlierten Linie umgrenztes Rechteck:

Geplante Einfamilienhäuser/Garagen (Lage der eingezeichneten Gebäude ist unverbindlich).

(c) Von einer strichlierten Linie umgrenztes Rechteck, beinhaltend eine mit zwei Pfeilen versehene Achslinie und eine römische Ziffer:

Geplantes Gebäude mit Angabe der Hauptfirstrichtung und mit Angabe der für diesen Gebäudeteil max. zulässigen Anzahl der Vollgeschoße (Lage der eingezeichneten Gebäude ist unverbindlich).

(d) Strichlierte Linie:

Bauplatzgrenze geplant - geringfügige Lageveränderungen möglich.

Die soeben beschriebenen Signaturen befinden sich nur auf den Grundstücken, die keinen Bestand ausweisen. Die Signatur a) ist einmal, die Signatur c) zweimal, die Signatur b) mehrfach vorhanden. Auch auf dem Baugrundstück befindet sich die Signatur b) in Form eines an einer Ecke einspringenden Rechtecks; aus dem Plan lässt sich eine Fläche von 20 m x 5 m und 15 m x 5 m, also 175 m2 entnehmen. Die für das Baugrundstück festgelegte Grundflächenzahl (0,30) würde in Anbetracht der Grundstücksfläche von 1111 m2 (lt. Grundbuchsauszug) eine Verbauung von 333 m2 gestatten.

Die Mitbeteiligte beschrieb ihr Vorhaben als "Errichtung eines Kleinhausbaues". Nach dem vorliegenden Lageplan sollen in einem Abstand von 7 m zur nördlichen Grundgrenze (in West-Ostrichtung) folgende Baulichkeiten errichtet werden: Garage - Hauptgebäude - Garage - Hauptgebäude - Garage - Hauptgebäude. Es ist somit die Schaffung von drei Wohnungen in drei reihenhausartig, unterbrochen jeweils durch eine Garage, aneinander gebauten Häusern vorgesehen, wobei insgesamt 331,71 m2 zur Verbauung gelangen sollen.

Noch vor der Bauverhandlung wandten sich die Beschwerdeführer an die belangte Behörde um Rechtsauskunft. Mit Schreiben vom 12. Jänner 2005 teilte die belangte Behörde den Beschwerdeführern "unpräjudiziell" mit, dass der im Bebauungsplan genannte Begriff "Einfamilienhaus" zwar in den oberösterreichischen Bauvorschriften nicht ausdrücklich definiert sei, dass darunter aber ein Wohnhaus für eine Familie zu verstehen sei. Ein Kleinhausbau mit drei Wohnungen könne folglich kein Einfamilienhaus sein, weshalb die Errichtung eines Kleinhausbaues mit drei Wohnungen auf diesem Grundstück wegen Widerspruchs zum rechtswirksamen Bebauungsplan nicht als zulässig zu erachten sei.

Dementsprechend wandten die Beschwerdeführer bei der Bauverhandlung vom 17. Jänner 2005 ein, dass die geplante Errichtung eines Kleinhausbaues mit drei Wohnungen wegen Widerspruches zum Bebauungsplan nicht zulässig sei. Es sei gegenüber einem Einfamilienhaus mit erheblich höheren Emissionen für die Nachbarn zu rechnen und zu befürchten, dass vom geplanten Bauvorhaben unzulässige Immissionen in Form von Geruch, Lärm, Wegnahme von Licht und Luft etc. ausgingen. Die Zufahrt zu den geplanten Kleinhausbauten bzw. zu den Garagen würde entlang der südlichen Grundstücksgrenze des Grundstückes der Beschwerdeführer verlaufen. Daher seien sie unzumutbar durch Lärm, Geruch und Licht der Fahrzeuge belästigt und in ihrer Gesundheit gefährdet, zumal auch die Schlafzimmer nach Süden ausgerichtet seien. Durch das Vorhaben würden auch die Bestimmungen über die Bebauungsdichte nicht eingehalten werden. Zugänge und Eingangsbereiche seien ebenfalls als bebaute Fläche zu rechnen, sodass die im Bebauungsplan festgelegte Bebauungsdichte durch das Vorhaben überschritten werde.

Die Mitbeteiligte erklärte zu diesen Einwendungen in der Verhandlung, das Projekt sei ein Kleinhausbau im Sinne des § 2 Punkt 30 OÖ Bautechnikgesetz. Es handle sich um einen Baukörper mit drei Wohnungen.

Der beigezogene Bausachverständige sah folgende Änderungen als erforderlich an: Der Mindestabstand von 3 m zur westlichen Grundgrenze müsse senkrecht zur Grundgrenze gemessen werden. Bei den Abständen sei der in der Baubeschreibung angegebene Vollwärmeschutz zu berücksichtigen; dies gelte auch für die Berechnung der bebauten Fläche. Eine Überdeckung bzw. Überbauung der an die Garage angrenzenden Freiflächen sei, damit diese Überdachungen nicht angerechnet werden müssten, nicht zulässig. Türen mit einer lichten Durchgangsbreite von lediglich 70 cm seien nicht zulässig und entsprechend abzuändern.

Der Verfasser des hier gegenständlichen Bauplanes, der als Ortsplaner auch Planverfasser des Bebauungsplanes war, erklärte in seinem Schreiben vom 1. Februar 2005, dass in der Legende des Bebauungsplanes mehrere Begriffe aufgelistet seien. Diese Legende sei lediglich eine Planungsempfehlung für den individuellen Planer. Da der Begriff "Einfamilienhaus" im OÖ Baugesetz nicht definiert sei, sei sinngemäß die Definition des Kleinhausbaues gemeint. Definitiv festgelegt sei die Widmung, die Bauweise, die maximale Anzahl der Vollgeschoße und die Grundflächenzahl. Diesen Parametern würde das Projekt eindeutig entsprechen. Der Bebauungsplan Nr. 2 sei auch erstellt worden, um eine sinnvolle bauliche Verdichtung im Ortszentrum zu erreichen.

Über Aufforderung der mitbeteiligten Gemeinde gab die Abteilung Raumordnung der belangten Behörde am 16. Februar 2005 eine Stellungnahme ab. Danach sei die Eintragung "geplante Einfamilienhäuser" im Plan und in der Legende überflüssig, da die Möglichkeit der Bebauung durch die Angaben von Baufluchtlinien, Gebäudehöhe und Grundflächenzahl eindeutig bestimmt sei. Die Verwendung undefinierter Begriffe, wie hier, würde nur zur Verwirrung beitragen und sollte daher entfallen. Der Bebauungsplan Nr. 2 sei im Jahr 1999 Anlass eingehender Diskussionen gewesen. Die Raumbildung im Ortskern und eine maßvolle bauliche Verdichtung dieser zentrumsnahen Grundstücke seien die wesentlichen Zielsetzungen des Bebauungsplanes gewesen. Das Vorhaben entspreche diesen Zielsetzungen und werde daher aus fachlicher Sicht befürwortet.

Auch die Baurechtsabteilung der belangten Behörde gab am 28. Februar 2005 gegenüber der mitbeteiligten Gemeinde eine Stellungnahme ab, die sie ausdrücklich als "unpräjudiziell" bezeichnete. Aus der Textierung der zu beurteilenden Verbalfestlegung, wonach lediglich die Lage der eingezeichneten Gebäude unverbindlich sein soll, könne der Schluss gezogen werden, dass sich aus der somit verbindlichen zeichnerischen Darstellung die Zulässigkeit nur eines Einfamilienhauses ergebe. Dem OÖ Baurecht sei der Begriff "Einfamilienhaus" fremd, in der Fachsprache verstehe man darunter ein Wohngebäude, das zum Bewohnen durch eine Familie bestimmt sei. Da das Vorhaben aus drei Einfamilienhäusern bestehe, sei dessen bebauungsplanmäßige Zulässigkeit daher durchaus fraglich. Die Argumentation des Ortsplaners, wonach es sich bei der zeichnerischen Darstellung im Bebauungsplan nur um eine unverbindliche Illustration handle, lasse sich aus der dazugehörigen Planlegende nicht widerspruchsfrei ableiten. Andererseits sei bei Betrachtung des gesamten Planungsgebietes die Absicht des Verordnungsgebers erkennbar, eine bauliche Verdichtung zu erreichen; diesem Ziel werde eine Auslegung, wonach lediglich ein Einfamilienhaus zulässig sein solle, nicht gerecht. Es erscheine die Anregung der Aufsichtsbehörde gerechtfertigt, im Wege einer Bebauungsplanänderung die für das betreffende Grundstück konkret zulässige Bebauung mit einem oder mehreren Einfamilienhäusern klarzustellen. Dies erscheine angesichts der unklaren und Zweifel an der Konkurrenz mit der grafischen Darstellung aufkommenlassenden Verbalfestlegung im Interesse der Rechtssicherheit geboten.

Mit Bescheid vom 10. Juni 2005 wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde das gegenständliche Bauansuchen ab. In der Begründung schloss sich die Baubehörde jener Auslegung der Baurechtsabteilung der belangten Behörde an, wonach auf dem gegenständlichen Grundstück nur die Errichtung eines Einfamilienhauses zulässig sei. Aus der verbindlichen zeichnerischen Darstellung ergebe sich die Zulässigkeit nur eines Einfamilienhauses. Ein Kleinhausbau mit drei Wohnungen könne daher kein Einfamilienhaus sein. Zu den anderen Einwendungen wurde nicht Stellung genommen.

Eine dagegen von der Bauwerberin erstattete Berufung wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 8. Juli 2005 als unbegründet ab. In der Begründung wurde darauf verwiesen, dass eine von der Baurechtsabteilung der belangten Behörde angeregte Änderung des bestehenden Bebauungsplanes in der Sitzung des Gemeinderates vom 28. April 2005 abgelehnt worden sei. Dieser rechtskräftige Bebauungsplan Nr. 2 sehe nur Einfamilienhäuser vor. Auch die Berufungsbehörde ging auf die übrigen Einwendungen nicht ein.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung der Bauwerberin Folge, hob den bei ihr angefochtenen Berufungsbescheid auf und wies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Gemeinde zurück. Sie stellte fest, dass die Bauwerberin drei eigenständige Objekte mit jeweils einer Wohnung zu errichten beabsichtige, die lediglich in reihenhausartiger Form nebeneinander geplant seien. Das Vorhaben entspreche der Widmung Bauland-Wohngebiet, der vorgesehenen offenen Bauweise mit jeweils zwei Vollgeschoßen und einer Grundflächenzahl von 0,30.

Zur eingangs genannten Signatur b) des Bebauungsplanes führte die belangte Behörde aus, dem Oö. Baurecht sei der Begriff "Einfamilienhaus" fremd. Wenn man davon ausgehe, dass ein Einfamilienhaus zum Bewohnen durch eine Familie bestimmt sei, führe dies noch nicht zur Unzulässigkeit der Objekte, da in der Verbalfestlegung ausdrücklich die Mehrzahl "Einfamilienhäuser" gebraucht werde, somit sei offensichtlich die Mehrzahl festgelegt, weshalb auf Grund der Verbalfestlegung nicht zweifelsfrei argumentiert werden könne, dass dort nicht drei eigenständige Objekte mit jeweils einer Wohnung, also letztlich drei Einfamilienhäuser, errichtet werden dürfen. Berücksichtige man in weiterer Folge, dass das Projekt den sonstigen Festlegungen des Bebauungsplanes entspreche und bei Betrachtung des gesamten Planungsgebietes die Absicht des Verordnungsgebers erkennbar scheine, eine bauliche Verdichtung zu erreichen, so komme man unter Zugrundelegung des Grundsatzes der Baufreiheit zum Ergebnis, dass das Vorhaben dem Bebauungsplan entsprechend zu beurteilen sei. Dieser Grundsatz besage, dass unklare gesetzliche Bestimmungen bzw. Beschränkungen im Zweifel zu Gunsten der Baufreiheit auszulegen seien. Die Auskunft der Baurechtsabteilung der belangten Behörde vom 28. Februar 2005 sei unpräjudiziell erfolgt und enthalte keine konkrete Aussage zur Auslegung der hier gegebenen unklaren Verbalfestlegung. Gerade die dort angeregte Änderung des Bebauungsplanes sei vom Gemeinderat abgelehnt worden.

Äußerungen zu den übrigen Einwendungen wurden im angefochtenen Bescheid nicht getroffen.

In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde beantragen die Beschwerdeführer, den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Sie bringen vor, die Verwendung der Mehrzahl ("Einfamilienhäuser") bedeute keineswegs, dass auf einem Bauplatz mehrere Häuser errichtet werden dürften; diese Formulierung sei in der Legende offensichtlich lediglich deshalb gewählt worden, weil auf dem Bebauungsplan mehrere derartige Grundstücke, auf denen eine Bebauung mit einem Einfamilienhaus erfolgen soll, aufschienen. Unter einem Einfamilienhaus sei ein Haus für eine Familie zu verstehen; im § 4 des OÖ Raumordnungsprogrammes 1998 komme in der Anmerkung 3.4 zu Spalte 2 dieser Begriff vor, und zwar sei dort ausgeführt, dass verdichteten Bauformen grundsätzlich der Vorrang vor dem freistehenden Einfamilienhaus gegeben werden solle. Allein nach dem Wortsinn könne es sich bei einem Einfamilienhaus nur um ein einzelnes, freistehendes Gebäude handeln. Die hier vorgesehene Bebauung sei schon deshalb unzulässig, da zwischen den Einfamilienhäusern die jeweiligen Abstände nach der Bauordnung einzuhalten wären.

Das Projekt entspreche auch nicht den sonstigen für das Baugrundstück geltenden Festlegungen. Dazu verwiesen die Beschwerdeführer auf die Änderungsvorschläge des Sachverständigen in der Bauverhandlung. Das Projekt entspreche daher nicht den Abstandsbestimmungen und den Bestimmungen über die Bebauungsdichte. Auf die Einhaltung dieser Bestimmungen hätten die Beschwerdeführer jedoch ein subjektiv-öffentliches Recht.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Gemeindebehörden haben das Bauansuchen in Anwendung des § 35 Abs. 1 Z 2 OÖ BauO abgewiesen. Nach dieser Bestimmung (in der Fassung LGBl. Nr. 70/1998; BO) ist die Baubewilligung zu erteilen, wenn das Bauvorhaben in allen seinen Teilen den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes sowie sonstigen baurechtlichen Vorschriften nicht widerspricht.

Im Beschwerdefall ist entscheidend, ob das Vorhaben Bestimmungen des Bebauungsplanes widerspricht; konkret geht es hier um die durch die Signatur b) getroffene Festlegung: Geplante Einfamilienhäuser/Garagen (Lage der eingezeichneten Gebäude ist unverbindlich).

In den §§ 31 ff OÖ Raumordnungsgesetz 1994 (hier in der durch die Novelle LGBl. Nr. 60/2000 geänderten Fassung; ROG) ist der Bebauungsplan geregelt; § 31 Abs. 3 ROG erfordert die sinngemäße Anwendung des die Form und Kundmachung des Flächenwidmungsplanes regelnden § 20 ROG. Nach dessen Abs. 1 hat die Landesregierung durch Verordnung näher zu regeln, wie der Flächenwidmungsplan zu gestalten und zu gliedern ist, welche Planzeichen und Materialien zu verwenden sind und welchen Maßstab die zeichnerischen Darstellungen aufzuweisen haben.

Auf Grund dieser Ermächtigung erging die Planzeichenverordnung für Bebauungspläne, LGBl. Nr. 3/1996 (VO). Nach deren § 2 Abs. 4 sind für die zeichnerische Darstellung des Bebauungsplanes die in der Anlage 1 enthaltenen Planzeichen zu verwenden. Der Abs. 5 VO lautet:

"(5) Werden im Bebauungsplan Festlegungen getroffen, für die in der Anlage 1 dieser Verordnung oder in der Planzeichenverordnung für Flächenwidmungspläne keine entsprechenden Planzeichen enthalten sind, können Planzeichen entsprechend weiterentwickelt werden. Das Gleiche gilt, wenn die vorhandenen Planzeichen für eine eindeutige Festlegung nicht ausreichen."

Nach § 3 Abs. 4 VO sind an geeigneter Stelle oder in einem Anhang zur zeichnerischen Darstellung in einer Legende die verwendeten Planzeichen darzustellen.

Punkt 6 der Anlage 1 enthält Signaturen für Gebäude; unter Punkt 6.5 ist (wie hier bei der Signatur b) ein von einer strichlierten Begrenzungslinie umgrenztes Rechteck dargestellt; verbal wird dieses Planzeichen wie folgt definiert: "Geplante Gebäude (schematische Darstellung)".

Ein Planzeichen, welches Einfamilienhäuser betreffen soll, findet sich in der Anlage 1 VO nicht; auch die Anlage 1 der Planzeichenverordnung für Flächenwidmungspläne (LGBl. Nr. 76/1994 idF Nr. 102/1999), auf welche § 2 Abs. 4 VO verweist, kennt keine Signatur für Einfamilienhäuser.

Aber auch die den Inhalt des Bebauungsplanes regelnde Bestimmung des § 32 ROG kennt keine Regelungen bezüglich Einfamilienhäuser; die am 1. November 2005 in Kraft getretene Novelle LGBl. Nr. 115/2005, die im Abs. 6 eine Festlegung der Höchstzahl der in den Gebäuden zulässigen Wohneinheiten vorsieht, findet noch keine Anwendung.

§ 31 ROG, auf den der Einleitungssatz des § 32 Abs. 2 ROG

Bezug nimmt, und § 32 ROG lauten:

"§ 31

Bebauungsplan

(1) Jede Gemeinde hat in Durchführung der Aufgaben der örtlichen Raumordnung durch Verordnung Bebauungspläne zu erlassen, soweit dies zur Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung oder zur Erreichung eines möglichst wirksamen Umweltschutzes erforderlich ist. Bebauungspläne dürfen den Raumordnungsgrundsätzen, den Raumordnungsprogrammen, Verordnungen gemäß § 11 Abs. 6 und dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen.

(2) Bei der Erlassung der Bebauungspläne ist die im Interesse der baulichen Ordnung erforderliche räumliche Verteilung der Gebäude und sonstigen Anlagen sowie gegebenenfalls das Maß der baulichen Nutzung möglichst so festzulegen, dass eine gegenseitige Beeinträchtigung vermieden wird. Insbesondere ist auf ein ausreichendes Maß an Licht, Luft und Sonne sowie auf die Erfordernisse des Umweltschutzes, der Hygiene und der Feuersicherheit Rücksicht zu nehmen.

§ 32

Inhalt des Bebauungsplanes

(1) Der Bebauungsplan hat auszuweisen und festzulegen:

     1.        die genaue Abgrenzung des Planungsgebietes und die

Darstellung seiner Lage im Gemeindegebiet;

     2.        die im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungen

sowie die Darstellung von überörtlichen Planungen;

     3.        die Fluchtlinien (Abs. 3);

     4.        die Gebäudehöhe (Abs. 4);

     5.        den Verlauf und die Breite der Verkehrsflächen;

nach Erfordernis auch die Angabe der Breite von Fahrbahnen und

Gehsteigen;

     6.        die Art der Wasserversorgung, der

Abwasserbeseitigung und der Energieversorgung;

     7.        bestehende Bauten und Anlagen.

     (2) Der Bebauungsplan kann nach Maßgabe des § 31 darüber

hinaus insbesondere festlegen oder ausweisen:

     1.        die Bauplätze, ihre Mindestgröße und Höhenlage;

     2.        die Bauweise (Abs. 5) und das Maß der baulichen

Nutzung (Abs. 6);

     3.        Baufluchtlinien, an die im Baufall angebaut werden

muss;

     4.        Fluchtlinien für verschiedene übereinander liegende

Ebenen desselben Planungsgebietes;

     5.        Höhenlinien;

     6.        Zu(Aus)gangs- und Zu(Aus)fahrtsverbote gegen

bestimmte Verkehrsflächen;

     7.        den Verlauf der Anlagen der Energieversorgung und

der Fernmeldeeinrichtungen;

     8.        Abstellplätze für Kraftfahrzeuge;

     9.        Flächen für Gemeinschaftsanlagen wie Kinder- und

Jugendspielplätze;

     10.        Bestimmungen über die Anpflanzung und Erhaltung

von Bäumen und Sträuchern sowie Maßnahmen der Dach- und

Gebäudebegrünung;

     11.        die äußere Gestalt von Bauten und Anlagen wie

Schauseitenausbildungen, Arkaden, Überbauungen, Färbelung, Höhe,

Form und Eindeckung der Dächer, Errichtung von Gemeinschaftsantennen;

     12.        Bestimmungen über Einfriedungen, Lärm- und

Schallschutzwände sowie ähnliche Umwelteinrichtungen;

     13.        Bestimmungen über Nebengebäude;

     14.        abzutragende Bauten und Anlagen.

     (3) An Fluchtlinien sind zu unterscheiden:

     1.        Straßenfluchtlinien, das sind die Grenzen zwischen

öffentlichen Verkehrsflächen und anderen Grundstücken;

     2.        Baufluchtlinien, das sind die Grenzen, über die

gegen den Vorgarten, den Seitenabstand (Bauwich), den Hof oder den Garten (vordere, seitliche, innere Baufluchtlinie) mit dem Bau oder Bauteilen nicht vorgerückt werden darf, sofern das Oö. Bautechnikgesetz nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt;

3. Grenzlinien, das sind die Grenzen zwischen Gebieten verschiedener Widmungen.

(4) Die Höhe der Gebäude ist nach der Anzahl der Geschosse über dem Erdboden, der Hauptgesimshöhe oder der Gesamthöhe über dem tiefsten Punkt des Straßenniveaus oder anderen Vergleichsebenen festzulegen; sie kann im Bereich des Bauplatzes auch unterschiedlich sowie mit Mindest- und Höchstgrenzen festgelegt werden.

(5) An Bauweisen sind zu unterscheiden:

     1.        geschlossene Bauweise, wenn straßenseitig von

Nachbargrundgrenze zu Nachbargrundgrenze fortlaufend gebaut werden

muss, sofern das Oö. Bautechnikgesetz nicht Ausnahmen zulässt;

     2.        offene Bauweise, wenn die Gebäude allseits

freistehend mit einem bestimmten Mindestabstand von den seitlichen

Grenzen und der hinteren Grenze des Bauplatzes errichtet werden

müssen, sofern das Oö. Bautechnikgesetz nicht Ausnahmen zulässt;

     3.        gekuppelte Bauweise, wenn auf zwei benachbarten

Bauplätzen die Gebäude an der gemeinsamen seitlichen Grenze

aneinander gebaut, nach allen anderen Seiten aber freistehend

errichtet werden müssen;

     4.        Gruppenbauweise, wenn auf mehr als zwei

nebeneinander liegenden Bauplätzen die Gebäude an den gemeinsamen

Grenzen aneinandergebaut und nur an den Enden der einzelnen

Baugruppen Seitenabstände freigehalten werden müssen;

     5.        sonstige Bauweisen, soweit sie im Bebauungsplan

hinreichend umschrieben sind. (Anm: LGBl. Nr. 83/1997)

(6) Das Maß der baulichen Nutzung der Grundstücke ist durch die Gebäudehöhe, die Geschoßflächenzahl oder die Baumassenzahl auszudrücken. Darüber hinaus kann das Maß der baulichen Nutzung durch Festlegung der Anzahl der Geschosse näher bestimmt oder durch Angabe des Prozentsatzes der bebaubaren Fläche beschränkt werden. Die Geschoßflächenzahl ist das Verhältnis der Gesamtgeschoßfläche zur Fläche des Bauplatzes. Die Baumassenzahl ist das Verhältnis der Baumasse zur Fläche des Bauplatzes. Als Baumasse gilt der oberirdisch umbaute Raum bis zu den äußeren Begrenzungen des Baukörpers

(7) In Gebieten, in denen die zeichnerische Darstellung der Festlegungen oder Ausweisungen im Sinne der Abs. 1 und 2 auf Grund der historisch gewachsenen Struktur oder Bausubstanz nicht zweckmäßig ist, wie z.B. in Altstadtgebieten, Stadt- und Ortskernen, können die Festlegungen des Bebauungsplanes zur Gänze oder zum Teil auch in schriftlicher Form erfolgen. Dabei müssen die im § 31 angeführten Ziele gewährleistet sein."

Es muss hier nicht untersucht werden, ob eine Signatur im Bebauungsplan für "Einfamilienhäuser" mangels ausdrücklicher Nennung in § 32 ROG wie auch in der VO dem Gesetz widerspricht oder ob eine solche Darstellung zur Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung (§ 31 Abs. 1 ROG) zulässig ist. Entscheidend ist nämlich, dass das Merkmal "geplant" den hier gegebenen Signaturen a), b) und c) beigefügt ist. Eine derartige Beifügung kennt im Übrigen die VO nicht nur für Gebäude (Punkt 6.5), sondern auch für Nebengebäude (Punkt 6.6) und Tiefgaragen (Punkt 6.7).

Wenn der Verordnungsgeber Größe und Lage der zulässigen Gebäude eindeutig durch die Baufluchtlinie und die in der Nutzungsschablone enthaltenen Angaben definiert, so bringt er damit zum Ausdruck, dass innerhalb dieser Grenzen gebaut werden darf; damit im Widerspruch stünde aber eine weitere Beschränkung. Unter Außerachtlassung des Attributes "geplant" und unter Bedachnahme auf den Legendenwortlaut "Lage der eingezeichneten Gebäude ist unverbindlich" würde die hier gegebene Signatur (die durch die einspringende Ecke individuell auf das Grundstück angepasst ist und somit keineswegs nur Symbolcharakter aufweist) bedeuten, dass trotz der Grundflächenzahl von 0,30 nur (ca.) 175 m2 verbaut werden dürften; die Grundflächenzahl gewährt aber das Recht, insgesamt 333 m2 zu verbauen.

Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, dass der hier bestehenden Signatur b) durch das Merkmal "geplant" die Verbindlichkeit im Sinne der § 30 Abs. 6 bzw. 35 Abs. 1 Z 2 BO fehlt. Durch das Partizip "geplant" soll möglicherweise zum Ausdruck gebracht werden, dass dem Verordnungsgeber bekannte (eingereichte oder noch nicht eingereichte) Vorhaben dargestellt werden; möglicherweise handelt es sich, wie vom Ortsplaner ausgeführt, um eine Planungsempfehlung.

Die belangte Behörde ist daher im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass dem Vorhaben der von den Gemeindebehörden herangezogene Versagungsgrund, es handle sich nicht um ein Einfamilienhaus, nicht entgegengehalten werden kann.

Allein dies war der Grund, der die Aufhebung des Berufungsbescheides durch die belangte Behörde trägt; die Behörden haben sich mit den übrigen Einwendungen der Beschwerdeführer überhaupt nicht auseinander gesetzt. Daher werden die Gemeindebehörden im fortgesetzten Verfahren darüber abzusprechen haben.

Die Beschwerde erwies sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 23. Juni 2008

Schlagworte

Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2006050008.X00

Im RIS seit

18.07.2008

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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