TE Vwgh Erkenntnis 2008/6/25 2007/02/0352

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Veröffentlicht am 25.06.2008
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §60;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde der C L in R, vertreten durch Dr. Karl Hepperger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Müllerstraße 27/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 1. August 2007, Zl. uvs- 2007/22/0370-7 und 0911-7, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Beschwerdeführerin - im hier noch gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren - für schuldig erkannt, sie habe am 1. August 2006 um ca. 00.05 Uhr ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug an einem näher genannten Ort gelenkt und sich um 00.40 Uhr auf der Polizeistation R. nach Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht geweigert, ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, dass sie sich beim Lenken in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe.

Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO begangen; über sie wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.200,-- (im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 288 Stunden) verhängt.

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 1. Dezember 2007, B 1845/07-6, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In der im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde bringt die Beschwerdeführerin vor, das zur Entscheidung berufene Mitglied der belangten Behörde sei insbesondere wegen der zeitlich befristeten Bestellung nicht unabhängig und unparteilich, weshalb die belangte Behörde unzuständig sei.

Zu diesem Einwand genügt es (so wie der Verfassungsgerichtshof) auf die unbefristete Ernennung des zur Entscheidung berufenen Mitgliedes der belangten Behörde und zudem auf die im genannten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Dezember 2007 zitierte Rechtsprechung zu verweisen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 29. Februar 2008, Zl. 2007/02/0357; in diesem Verfahren - es handelt sich um einen mit dem vorliegenden Fall vergleichbaren Fall - hat der Beschwerdeführervertreter ebenfalls ein Vorbringen in diese Richtung erstattet).

Soweit die Beschwerdeführerin in der ergänzten Beschwerde die Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten geltend macht (Art. 7 B-VG, Art. 6 EMRK) ist der Verwaltungsgerichtshof zur Prüfung, ob die Beschwerdeführerin in einem solchen Recht verletzt wurde, nicht berufen (vgl. Art. 133 Z. 1 iVm Art. 144 Abs. 1 B-VG).

Zu der von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde aufgeworfenen Frage nach einer Ermächtigung des im Beschwerdefall eingeschrittenen Beamten ist die Beschwerdeführerin auf die unbekämpft gebliebene Feststellung zu verweisen, wonach der Beamte zu der von ihm durchgeführten Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt unter anderem am 22. März 2006 ermächtigt wurde, sodass die von ihm am 1. August 2006 durchgeführte Amtshandlung rechtmäßig war (vgl. auch das Erkenntnis vom 21. September 2006, Zl. 2006/02/0220).

Erkennbar unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin die Beweiswürdigung der belangten Behörde, weil sie trotz Widersprüchen in den Angaben des Taxilenkers seiner Aussage gefolgt sei. Der Widerspruch habe darin bestanden, dass der Taxilenker zwar einerseits Alkoholisierungsmerkmale bei der Beschwerdeführerin festgestellt habe, andererseits jedoch keinen Alkoholgeruch wahrgenommen habe.

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nicht, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung hat nur zur Folge, dass - sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist - die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten stand hält, mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. jüngst das Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2007/02/0360).

In Anbetracht dieser Anforderungen an die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung vermögen die Argumente der Beschwerdeführerin nicht zu überzeugen, zumal der Taxilenker in der Verhandlung vor der belangten Behörde zu diesem Thema ausgesagt hat, die Beschwerdeführerin sei ihm "am nächsten" gewesen, als sie die Beifahrertüre geöffnet habe; er habe also keinen Alkoholgeruch wahrnehmen können. Ein Widerspruch zu den übrigen Angaben des Taxilenkers ist darin nicht zu sehen.

Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde weiter vor, es sei keine Einsicht in die Rufdatenrückerfassung bei der Taxifunkzentrale vorgenommen worden; diese hätte ergeben, dass die Beschwerdeführerin in der fraglichen Zeit nicht angerufen habe. Dazu bringt die Beschwerdeführerin in der Beschwerde selbst vor, die Daten würden nur zwei Monate ab einem Anruf gespeichert werden. War der Vorfall jedoch am 1. August 2006 und datierte das Straferkenntnis vom 12. Februar 2007 kann der belangten Behörde kein entsprechendes Versäumnis im Berufungsverfahren vorgeworfen werden.

Ein Lokalaugenschein - die Beschwerdeführerin rügt die Nichtdurchführung - zur Abklärung des Umstandes, ob der Taxilenker die Beschwerdeführerin "bei herrschender Dunkelheit" hätte erkennen können, wäre nach diesem Vorbringen nicht zielführend gewesen zumal die damals herrschenden Lichtverhältnisse mit der wiedergegebenen Formulierung gar nicht beschrieben wurden.

Zur beantragten Gegenüberstellung mit dem Taxilenker ist die Beschwerdeführerin darauf zu verweisen, dass sie sich für die beiden Verhandlungen bei der belangten Behörde ohne nähere Begründung entschuldigen ließ, weshalb eine Gegenüberstellung gar nicht möglich gewesen wäre.

Die behaupteten Rechtsverletzungen liegen nach dem Gesagten nicht vor, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 25. Juni 2008

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemein freie Beweiswürdigung Sachverhalt Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007020352.X00

Im RIS seit

21.07.2008

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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