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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §46 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über den Antrag der B S Privatstiftung in Wien, vertreten durch Dr. Albert Feichtner, Dr. Anneliese Lindorfer und Mag. Dr. Bernhard Feichtner, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Josef-Pirchl-Straße 12, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der Beschwerde gegen den Bescheid der Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 17. Jänner 2008, Zl. LGv- 2422/3-07, betreffend Verlängerung der Bebauungsfrist (§ 11 Abs. 3 TGVG), den Beschluss gefasst:
Spruch
Dem Antrag wird stattgegeben.
Begründung
Mit Berichterverfügung vom 11. März 2008, Zl. 2008/02/0055-2, wurde der Antragstellerin die gegen den oben zitierten Bescheid eingebrachte - zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete und von diesem mit Beschluss vom 5. März 2008, B 362/08, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene - Beschwerde gemäß § 34 Abs. 2 VwGG zur Behebung von Mängeln zurückgestellt.
Mit hg. Beschluss vom 25. April 2008, Zl. 2008/02/0055-5, wurde die Beschwerde für gegenstandlos erklärt und das Verfahren infolge nur teilweiser Erfüllung des Verbesserungsauftrages gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 VwGG eingestellt. Der Einstellungsbeschluss wurde der Antragstellerin am 16. Mai 2008 zugestellt.
Mit am 28. Mai 2008 zur Post gegebener Eingabe begehrte die Antragstellerin - unter gleichzeitiger Nachholung der versäumten Prozesshandlung - die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln und führte aus, in der Kanzlei des Beschwerdevertreters sei der Schriftsatz vom 1. April 2008 (Mängelbehebung) in dreifacher Ausfertigung dem zuständigen Sachbearbeiter zur Unterschrift vorgelegt worden, der der Kanzleileiterin B.H. aufgetragen habe, eine weitere vollständige Ausfertigung der ursprünglichen Verfassungsgerichtshofbeschwerde vorzulegen. Nach deren Unterfertigung habe er der Kanzleileiterin diese Ausfertigung zusammen mit den unterfertigten Schriftsätzen und dem ausdrücklichen Auftrag übergeben, sie dem Schriftsatz vom 1. April 2008 anzuschließen und alles zusammen zu kuvertieren und abzufertigen. Durch ein unerklärliches Versehen müsse die Kanzleileiterin in der Folge dem Schriftsatz vom 1. April 2008 statt der unterschriebenen Ausfertigung der Verfassungsgerichtshofbeschwerde eine nicht unterfertigte, die sich im Handakt befunden habe, angeschlossen haben. Jedenfalls sei die unterschriebene Ausfertigung bei einer Kontrolle des Handaktes nach Zustellung des Beschlusses vom 25. April 2008 am 16. Mai 2008 darin vorgefunden worden. Es handle sich dabei um jene Ausfertigung, die in Nachholung der versäumten Handlung mit dem vorliegenden Antrag vorgelegt werde.
Die betreffende Kanzleiangestellte sei seit 1996 (seit 1999 als Kanzleileiterin) in der Kanzlei des Beschwerdevertreters tätig. Es handle sich um eine sehr versierte, verlässliche und selbständig arbeitende Kanzleikraft, der ein derartiges Versehen noch nie unterlaufen sei.
Sowohl der Beschwerdevertreter als auch die Kanzleiangestellte bestätigten die Richtigkeit dieser Angaben mit ihrer Unterschrift.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Verschulden des Vertreters einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen. Wenn einem Angestellten des Vertreters im Zusammenhang mit der Einhaltung einer Frist ein Fehler unterläuft, hat das die Partei selbst nur dann nicht zu vertreten, wenn ihr bevollmächtigter Vertreter der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber seinen Angestellten nachgekommen ist. Rein technische Vorgänge beim Abfertigen von Schriftstücken kann ein Rechtsanwalt ohne nähere Beaufsichtigung einer verlässlichen Kanzleikraft überlassen. Es ist ihm nicht zuzumuten, sich nach der Übergabe der Poststücke an die Kanzleikraft in jedem Fall noch von der tatsächlichen Durchführung der Expedierung der Sendung zu überzeugen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 24. Februar 1993, Zl. 93/02/0004, sowie die Judikaturhinweise in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit,
3. Auflage, S. 656 ff, insbesondere 658).
Nach dem glaubhaft gemachten Sachverhalt hat der Antragstellervertreter im vorliegenden Fall für die rechtzeitige Fertigstellung des Schriftsatzes zur Mängelbehebung gesorgt. Er hat diesen nach Unterfertigung zusammen mit einer vollständigen Ausfertigung der Verfassungsgerichtshofbeschwerde einer zuverlässigen Kanzleikraft zur Postaufgabe übergeben. Dass er nicht auch noch die näheren Umstände der Postabfertigung überwachte, sodass ihm das Zurückbleiben der weiteren Ausfertigung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof im Handakt zunächst entging, begründete jedenfalls kein - der Antragstellerin zurechenbares - Verschulden, das über einen minderen Grad des Versehens hinausginge.
Dem Antrag war somit stattzugeben.
Wien, am 25. Juni 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008020137.X00Im RIS seit
01.10.2008Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008