TE Vfgh Beschluss 2008/6/18 B652/07

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Veröffentlicht am 18.06.2008
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
Nö ROG 1976 §24 Abs6
  1. B-VG Art. 144 heute
  2. B-VG Art. 144 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  3. B-VG Art. 144 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  4. B-VG Art. 144 gültig von 01.01.1991 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 8/1999
  5. B-VG Art. 144 gültig von 01.01.1991 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  6. B-VG Art. 144 gültig von 01.08.1984 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 296/1984
  7. B-VG Art. 144 gültig von 01.08.1981 bis 31.07.1984 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 350/1981
  8. B-VG Art. 144 gültig von 01.07.1976 bis 31.07.1981 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 302/1975
  9. B-VG Art. 144 gültig von 25.12.1946 bis 30.06.1976 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 144 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 144 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Leitsatz

Keine Legitimation zur Beschwerdeführung gegen eine Erledigungbetreffend Versagung einer Entschädigung nach Rückwidmung derGrundstücke des Beschwerdeführers infolge Unterlassung der Anrufungdes zuständigen Gerichts

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die Beschwerdeführerin stellte mit Schriftsatz vom 5. Märzrömisch eins. 1. Die Beschwerdeführerin stellte mit Schriftsatz vom 5. März

2007 den Antrag an die Marktgemeinde Hadersdorf-Kammern, dass diese, für den Fall, dass eine gütliche Einigung innerhalb von sechs Monaten nicht zustande kommt, bescheidmäßig die Höhe des Ersatzes aus der Rückwidmung der Gst. Nr. 240/2, 241 sowie hinsichtlich einer Teilfläche des Gst. Nr. 242/2 mit dem Betrag von € 139.410,90 festsetze.

2. Mit Schreiben vom 7. März 2007, gerichtet

"An

A - H

Dr. A A

..."

bestätigte der Bürgermeister der Marktgemeinde Hadersdorf-Kammern den Erhalt dieses Schriftsatzes der Beschwerdeführerin und teilte unter Punkt "I. Rückwidmung" mit, dass die Rückwidmung des Baulandes (-Betriebsgebietes) eine gesetzliche Verpflichtung gewesen sei, da die betroffenen Grundstücke sowohl im 100-jährlichen als auch im 30-jährlichen Überflutungsbereich lägen.

Unter Punkt "II. Entschädigung" wird dargestellt, dass zwar allgemein die Verpflichtung von Gemeinden zur Leistung einer Entschädigung im Falle einer Rückwidmung bestehe, dass aber im konkreten Fall gem. §24 Abs1 litc in Verbindung mit §15 Abs3 Z1 bis 3 und 5 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 eine Entschädigung gesetzlich nicht vorgesehen sei.

3. Gegen diese Erledigung richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG), des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Schutz des Eigentums (Art5 StGG) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Erledigung begehrt wird. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin handle es sich bei dem vorliegenden Schriftstück des Bürgermeisters der Marktgemeinde Hadersdorf-Kammern um einen vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpfbaren Bescheid, der als individueller Hoheitsakt in die Rechte der Beschwerdeführerin eingreife.

4. Die Marktgemeinde Hadersdorf-Kammern legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Bescheidqualität der angefochtenen Erledigung verneint, dem Beschwerdevorbringen auch im Übrigen entgegentritt und die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Beschwerde sowie die Verfällung der Beschwerdeführerin in den Kostenersatz beantragt.

II. Die Beschwerde ist nicht zulässig:römisch II. Die Beschwerde ist nicht zulässig:

1. Gemäß Art144 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über "Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden

einschließlich der Unabhängigen Verwaltungssenate ... . Die

Beschwerde kann [jedoch] erst nach Erschöpfung des Instanzenzuges erhoben werden."

2. §24 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 lautet auszugsweise:

"§24

Ersatz von Aufwendungen

  1. (1)Absatz einsDie Gemeinde ist verpflichtet, dem Grundeigentümer eine angemessene Entschädigung für jene vermögensrechtlichen Nachteile zu leisten, die durch Änderungen von Baulandwidmungsarten in andereWidmungsarten unter folgenden Bedingungen entstanden sind:

a) Durch die Umwidmung muß die Bebaubarkeit ausgeschlossen oder weitgehend verringert worden sein.

b) Alle Voraussetzungen, welche die NÖ Bauordnung an die Bebaubarkeit der betreffenden Grundfläche stellt, müssen - mit Ausnahme einer allenfalls noch erforderlichen Bauplatzerklärung gem. §11 Abs2 der NÖ Bauordnung 1996 sowie einer Bausperre nach §23 - bereits erfüllt gewesen sein.

c) Die natürliche Baulandeignung darf nicht durch Hindernisse im Sinne von §15 Abs3 Z. 1 bis 3 und 5 bedroht gewesen sein. c) Die natürliche Baulandeignung darf nicht durch Hindernisse im Sinne von §15 Abs3 Ziffer eins bis 3 und 5 bedroht gewesen sein.

...

  1. (5)Absatz 5Der Grundeigentümer kann innerhalb von fünf Jahren ab Inkrafttreten der Widmungsänderung bei der Gemeinde den Ersatz der Aufwendungen beantragen. Kommt eine gütliche Einigung innerhalb von sechs Monaten nicht zustande, hat der Bürgermeister, in Städten mit eigenem Statut der Magistrat mit Bescheid über die Höhe des Ersatzes zu entscheiden. Gegen diesen Bescheid ist keine Berufung zulässig.

  1. (6)Absatz 6Der Grundeigentümer kann binnen 3 Monaten nach der Zustellung des Bescheides beim örtlich zuständigen Bezirksgericht die Neufestsetzung der Entschädigung begehren. Mit dem Einlangen eines solchen Antrages bei Gericht tritt die Festsetzung der Höhe der Entschädigung durch den Bürgermeister außer Kraft. Für das gerichtliche Verfahren sind die Bestimmungen des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes, BGBl. Nr. 20/1970 in der Fassung BGBl. I Nr. 112/2003 sinngemäß anzuwenden ..."Der Grundeigentümer kann binnen 3 Monaten nach der Zustellung des Bescheides beim örtlich zuständigen Bezirksgericht die Neufestsetzung der Entschädigung begehren. Mit dem Einlangen eines solchen Antrages bei Gericht tritt die Festsetzung der Höhe der Entschädigung durch den Bürgermeister außer Kraft. Für das gerichtliche Verfahren sind die Bestimmungen des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes, Bundesgesetzblatt Nr. 20 aus 1970, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 112 aus 2003, sinngemäß anzuwenden ..."

3. Der Verfassungsgerichtshof bleibt auch im vorliegenden Fall bei seiner in den Beschlüssen VfSlg. 17.072/2003 und VfSlg. 13.979/1994 zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach §25 Sbg. ROG 1992 geäußerten Auffassung, dass die durch §24 Abs6 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 begründete Zuständigkeit des Gerichtes zur Neufestsetzung der Entschädigung eine umfassende ist; sie besteht nicht allein dann, wenn die Verwaltungsbehörde eine - dem Grund nach gebührende - Entschädigung in bestimmter Höhe zuerkannt hat, sondern auch dann, wenn sie das Bestehen eines Entschädigungsanspruches dem Grunde nach verneint, den Entschädigungsantrag demnach abgewiesen hat.

4. Selbst wenn die in Beschwerde gezogene Erledigung als Bescheid zu qualifizieren wäre, so wäre der Beschwerdeführerin gemäß §24 Abs6 NÖ ROG 1976 die Anrufung des örtlich zuständigen Bezirksgerichtes offen gestanden.

Wird aber die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der Anrufung eines Gerichtes als ein Mittel, um den Bescheid außer Kraft zu setzen und die Ansprüche anderweitig endgültig durchzusetzen, nicht genutzt, so ist im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 4788/1964, 4972/1965; vgl. auch VfSlg. 3424/1958, 3425/1958, 4266/1962, 5941/1969, 9630/1983, 13.979/1994, 17.072/2003) die Legitimation zur Erhebung einer auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht gegeben. Wird aber die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der Anrufung eines Gerichtes als ein Mittel, um den Bescheid außer Kraft zu setzen und die Ansprüche anderweitig endgültig durchzusetzen, nicht genutzt, so ist im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 4788/1964, 4972/1965; vergleiche auch VfSlg. 3424/1958, 3425/1958, 4266/1962, 5941/1969, 9630/1983, 13.979/1994, 17.072/2003) die Legitimation zur Erhebung einer auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht gegeben.

Die Beschwerde war daher schon im Hinblick auf diese Überlegungen mangels Legitimation zur Beschwerdeführung zurückzuweisen, ohne dass näher geprüft werden musste, ob der Erledigung der Marktgemeinde Hadersdorf-Kammern vom 7. März 2007 überhaupt Bescheidqualität zukommt.

III. Dieser Beschluss konnte - da die Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes offenbar ist - ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG gefasst werden.römisch III. Dieser Beschluss konnte - da die Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes offenbar ist - ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG gefasst werden.

IV. Die Vertretung der Gemeinde durch einen Rechtsanwalt war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich, weshalb in diesem Fall Kosten nicht zuzusprechen sind (vgl. VfSlg 11.298/1987).römisch IV. Die Vertretung der Gemeinde durch einen Rechtsanwalt war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich, weshalb in diesem Fall Kosten nicht zuzusprechen sind vergleiche VfSlg 11.298/1987).

V. Dem in eventu gestellten Antrag, die Beschwerde demrömisch fünf. Dem in eventu gestellten Antrag, die Beschwerde dem

Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten, war nicht Folge zu geben, weil Art144 Abs3 B-VG (§87 Abs3 VfGG) eine Abtretung einer Beschwerde nur für den Fall vorsieht, dass sie abgewiesen oder ihre Behandlung abgelehnt wird, nicht aber für den Fall ihrer Zurückweisung (vgl. zB VfSlg. 13.747/1994).Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten, war nicht Folge zu geben, weil Art144 Abs3 B-VG (§87 Abs3 VfGG) eine Abtretung einer Beschwerde nur für den Fall vorsieht, dass sie abgewiesen oder ihre Behandlung abgelehnt wird, nicht aber für den Fall ihrer Zurückweisung vergleiche zB VfSlg. 13.747/1994).

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Entschädigung, GerichtZuständigkeit - Abgrenzung von Verwaltung, Kompetenz sukzessive, VfGH/ Legitimation, Bescheidbegriff

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:B652.2007

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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